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Karneval in Rio.

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In der Samba-Schule Sao Clemente war das Karnevalsfieber ausgebrochen – die Generalprobe war angesagt. Isabella wurde von ihrem Trainer zu sich gerufen. Er schaute sie an und sagte: „Du siehst entzückend aus, dein Kostüm ist schön und Du tanzt gut – trotzdem wirst Du in diesem Jahr nicht die Fahnenträgerin werden. Der Chef hat entschieden, dass Dandara die Rolle bekommt, es tut mir leid für dich, aber Du bist ja noch so jung und im nächsten Jahr sehen wir weiter.“

Isabella war wie vor den Kopf geschlagen und machte den Mund auf – und dann wieder zu. Sie fühlte, dass es keinen Zeck hatte, zu protestieren, der Trainer fühlte sich selbst nicht wohl bei der Sache. Tränen rollten ihr über die Wangen.

Sie ging auf die Toilette und heulte sich aus. Wie ungerecht die Welt doch ist, dachte sie und wie gemein zu mir. Und schon schossen ihr wieder die Tränen des Selbstmitleids aus den Augen.

Als sie sich am Waschbecken das verheulte Gesicht wusch, kam die Wut über sie: „Ich werde ihr die Augen auskratzen“, schrie sie plötzlich los und mit ihren roten Fingernägeln machte sie einen Prankenschlag wie eine Raubkatze und fauchte wie eine Tigerin vor dem Toilettenspiegel.

Der Frau neben ihr, die sich gerade die Lippen schminkte, fiel vor Schreck der Lippenstift aus der Hand und sie wich zur Seite.

„Was ist los mit dir?“, fragte sie, „muss ich mir Sorgen um dich machen?“

Isabella sah ihr Gesicht im Spiegel mit der verschmierten Wimperntusche und ihre rote Krallen-Hand und musste plötzlich lachen über die ganze Situation.

„Ach, ich sollte Fahnenträgerin sein in diesem Jahr,“ sagte Isabella, „und jetzt kriegt eine andere die Rolle, die Nichte vom Chef.“

Sie schluchzte herzzerreißend.

„Du bist noch so jung, Du hast noch viele Chancen. Außerdem kannst Du jetzt den Karneval so richtig genießen und nur aus Freude tanzen, das ist doch auch schön.“

Die Worte trösteten Isabella, sie lächelte wieder und wusch sich ihr Gesicht von Neuem.

„Ja, ich will tanzen“, dachte Isabella, „ich will meinen Schmerz weg tanzen.“


Als die Trommeln anfingen zu dröhnen, da zuckte es ihr in den Beinen, sie musste einfach tanzen. Und als sie tanzte und sich dem Rhythmus hingab, da schmolz der Schmerz dahin wie Butter in der Pfanne. 3000 Menschen bewegten sich im Rhythmus der Trommeln, wurden eins in der Bewegung und vergaßen alles um sich herum, ihre Sorgen, den Alltag, ihr persönliches Elend.

Auf allen Gesichtern erschien ein Ausdruck entrückter Seligkeit, der Gott des Tanzes kam über sie und führte sie in sein Reich aus Rausch und Verzückung.

Nach 82 Minuten stoppten die Trommeln auf ein Zeichen des Chefs und seine Stimme kam über alle Lautsprecher: „Das war großartig Leute, ihr seid Spitze, wir werden im Sambodromo den Aufstieg in die erste Liga schaffen.“

Jubel brandete auf und die Trommeln legten wieder los.

Aber der Chef stoppte sie wieder mit einer Handbewegung.

„Mehr als 82 Minuten dürfen wir nicht brauchen für den Zug durch´s Sambodromo, sonst gibt es Punktabzug, merkt Euch das! Für heute ist erst mal Schluss! Gute Nacht! Boa Noite!“

Widerwillig packten die Musiker ihre Instrumente ein und die Versammlung löste sich langsam auf. Ausgerechnet, wenn´s am Schönsten ist, muss man aufhören!

Aber in der nächsten Nacht ging es los mit dem Karneval und man sollte sein Pulver nicht schon vorher verschießen, schließlich ging es um großes Prestige und um viel Geld.

Jugend unterm Zuckerhut

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