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4. Dezember 2014

Angst ist Schmerz aus der Erwartung des Bösen. – Aristoteles

San Diego, Kalifornien

»Wir unterbrechen das Programm für eine Sondersendung von CNN News. Mehrere Explosionen ereigneten sich im Century Link Field im Zentrum von Seattle, der Heimat des Footballteams Seahawks. Die Zahl der Verletzten bleibt bis auf Weiteres unbekannt. Wir schalten zu unserem Reporter vor Ort, der aus einem Helikopter über dem Stadion berichtet.«

»Oh mein Gott«, schnaufte Samantha und schlug sich entsetzt eine Hand vor den Mund.

»Mama, wo steckt Hunter?«, quengelte Haley.

»Er spielt oben in seinem Zimmer«, antwortete Samantha, ohne das Kind anzusehen. »Bist du mal kurz still, bitte?«

»Mama, Mama, ich will Saft«, bettelte Haley weiter, indem sie an der Hose ihrer Mutter zupfte.

»Sekunde, Kleines«, hielt Samantha sie hin.

Das Kind ging nicht auf die Beschwichtigung ein und gellte: »Mama!«

»Haley, bitte Liebes, nur ganz kurz!« Samantha wurde laut. »Mama schaut sich etwas ganz, ganz Wichtiges an.«

Sie konnte den Blick nicht von den Szenen losreißen, die über den Bildschirm flimmerten. Rauchsäulen schraubten sich über dem Stadion empor. Leider standen solche Bilder nunmehr an der Tagesordnung.

Seit dem 6. September kam es fortwährend an unterschiedlichen Orten im Land zu Anschlägen. Ob Autobomben, Selbstmordattentäter oder Amokschützen in Einkaufszentren – Gewalt war fast zur Normalität geworden. Von Miami ausgehend bis nun nach Seattle schien es in den USA keine sichere Gegend mehr zu geben. Der Präsident hatte noch am vorangegangenen Abend versucht, die Bürger in einer landesweit ausgestrahlten Fernsehansprache zu beruhigen. Seinem Versprechen zufolge wurden alle verfügbaren Mittel angewandt, um jegliche weiteren Attacken zu vereiteln.

Unglücklicherweise jedoch erfolgten diese Attacken quer durchs Land in so unschöner Regelmäßigkeit, dass nicht wenige Mittel allmählich erschöpft waren. Die verschiedenen Geheimdienste hatten einige wenige Zellen aufhalten können, doch da diese nur sporadisch in Erscheinung traten, war es unmöglich, sie alle zu stoppen. Ganz Amerika war mit den Nerven am Ende. Viele Bürger frequentierten öffentliche Plätze mit möglichem hohen Personenaufkommen überhaupt nicht mehr. Samantha und Gordon zählten zu denjenigen, die das Ausgehen kategorisch mieden. Trauten sie sich dennoch vor die Tür, dann nur zur Beschaffung dessen, was man nicht online bestellen konnte, und niemals in Begleitung der Kinder. Die Lage war zu sehr angespannt, und die Wirtschaft litt unter den wiederholten Attentaten.

»Gordon!«, rief Samantha.

Eine Minute verging ohne Antwort. So erhob sie die Stimme noch lauter: »Gordon, komm her!«

»Was ist los?«, raunte er aus seinem Büro auf der anderen Seite des Hauses. Gordon besaß das Glück, als Webdesigner von daheim aus arbeiten zu können.

Nach seinem Austritt beim Marinekorps hatte er nichts mit sich anzufangen gewusst; wieder die Schulbank zu drücken war ihm zuwider, doch irgendeinem Job musste er nachgehen. Bevor er sich bei der Armee eingeschrieben hatte, studierte er auf einen Abschluss in Informatik hin, weshalb er sich sehr gut mit Computern auskannte. Schon auf dem College entwarf er Internetseiten, um seine Rechnungen bezahlen zu können, also lag es nahe, sich in diese Richtung auszustrecken.

Er verdingte sich gerne in der Branche, doch die Freiheit der Heimarbeit war ihm noch lieber. Dadurch konnte er mehr Zeit mit seiner Familie verbringen, und jetzt im Zuge all dieser Angriffe schätzte er sich besonders glücklich, nicht zu irgendeiner Bürowabe pendeln zu müssen und sich dadurch als potenzielle Zielscheibe zu präsentieren.

Als Gordon das Wohnzimmer betrat, hockte Samantha nach vorne gebeugt auf der Kante des Sitzpolsters ihrer Couch und stützte die Ellbogen auf den Knien ab, während sie sich mit beiden Händen den Mund zuhielt. Er kannte ihren verzweifelten Gesichtsausdruck, und ein Blick auf den Fernsehschirm gab ihm die Bestätigung: »Scheiße, ist das denn die Möglichkeit. Schon wieder ein Anschlag? Wo?«

Endlich löste sie ihre Hände vom Mund. »In Seattle.«

»Was genau ist passiert?«

»Gordon, sei still, ich verstehe nicht.« Samantha klang äußerst aufgeregt und wirkte überspannt.

Er ging zu ihr hinüber und setzte sich neben sie auf die Couch. Dann nahm er ihre Hand, woraufhin sie sich ihm zuwandte. Tränen schossen in ihre Augen; ihre Stimme brach. »Ich habe Angst, Gordon. Dieser Terror hört einfach nicht auf. Wir wussten ja, dass es uns treffen wird, aber die kennen wirklich kein Erbarmen!«

»Ich verstehe, dass du dich fürchtest, Schatz. Vertrau mir, ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um uns zu schützen. Was auch immer dazu notwendig ist: Niemandem von euch wird ein Haar gekrümmt.« Gordon drückte beim Sprechen ihre Hand und sah ihr in die Augen. Gleichzeitig hob er seine andere Hand, um die Tränen abzuwischen, die nun über ihre Wangen liefen.

»Weiß ich doch, aber versprich mir, dass du gerade für die Kinder alles tun wirst, was sein muss.«

»Ich verspreche es.« Damit legte er eine Hand an ihren Hinterkopf und zog sie sanft zu sich, neigte sich nach vorne und küsste sie. Ihre Lippen schmeckten wegen der Tränen salzig.

»Daddy, wieso weint Mama?«, fragte Haley, die sich jetzt an ihren Vater schmiegte.

»Komm her, Liebes.« Gordon streckte sich nach dem Mädchen aus und nahm sie zu sich. Nun umarmte er beide und sprach: »Uns wird nichts geschehen, das schwöre ich. Egal was passiert, unsere Familie bleibt wohlbehalten.«

Im Fernsehen begann der Live-Reporter im Hubschrauber schließlich, die ersten konkreten Informationen preiszugeben.

»Allem Anschein nach haben sich Selbstmordattentäter an drei unterschiedlichen Stellen in die Luft gesprengt. Uns gibt man an, die erste Explosion habe sich an einer Sicherheitsschleuse ereignet. Offensichtlich war den Wachleuten jemand in der Warteschlange aufgefallen, doch als sie auf ihn zugingen, zündete er seine Bombe. Die beiden anderen Explosionen folgten innerhalb einer Minute nach der ersten. Die Zahlen der Todesopfer, die wir bislang erhalten, widersprechen einander und reichen von 50 bis zu geschätzten 150. Hier herrscht momentan ein einziges Chaos.«

Gordon drückte Samantha und Haley weiterhin an sich, als er die Nachrichtensendung wie gebannt verfolgte. Während immer mehr Qualm aus dem Stadion drang, packte ihn eine immense Wut. Obwohl er alle Register gezogen hatte, um sich vorzubereiten, blieb er in seinen Möglichkeiten doch eingeschränkt. Diese Offensive dauerte nun schon monatelang an.

Er hatte Samantha noch nichts darüber erzählt, doch in letzter Zeit erwog Gordon, mit der Familie in ihre Hütte nach McCall in Idaho umzusiedeln. Angesichts der Bedrohung spekulierte er darauf, dass die geringe Einwohnerzahl von ungefähr 2.500 die Kleinstadt als Ziel von Terroristen ausschloss.

Nach den ersten Wochen der Schreckenswelle befreite Gordon seinen Sohn vom Unterricht und ließ ihn im Übrigen auch nicht mehr anderswohin gehen. Er versuchte sein Bestes, um den Kindern zu erklären, was vor sich ging, ohne sie zu verstören, aber sie waren eben noch klein und begriffen deshalb nur wenig.

Gordon selbst fühlte sich in ihrem Bezirk im North County von San Diego sicher. Sie lebten in einer geschlossenen Wohngemeinde, nur hatte er das Gefühl, seine Familie sei in ihrem eigenen Zuhause gefangen.

Seit der Serie von Attentaten pflegte Gordon enge Kontakte zu Samanthas Eltern. Diese wohnten in Kansas City in Missouri. Samanthas Vater war schwer krank, weshalb er intensiv ärztlich betreut werden musste, also konnte man sie schwerlich dazu bewegen, nach Idaho zu ziehen. Gordon bangte zwar um sie, doch Samantha, Hunter und Haley gingen ihm über alles.

THE END - DIE NEUE WELT

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