Читать книгу Ein süßes Häschen in der Großstadt: Redlight Street #175 - G. S. Friebel - Страница 6
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ОглавлениеCharly hatte an alles gedacht. Wenn er etwas machte, dann machte er es gründlich. Und so hatte er mit viel Mühe den Laden ausgesucht, die halbe Stadt danach abgeklappert, ihn dann endlich gefunden und gekauft. Die Lage war, seiner Meinung nach, ideal. Viele Parkplätze in der Nähe, ein auffallendes Haus, kleine Fenster. was ja sehr wichtig war, und eine schmale Tür. Früher war hier ein Tante-Emma-Laden gewesen. Aber die alte Dame hatte das Geschäft aufgegeben, und Charly hatte sofort die Räume übernommen. Die alte Dame lebte zwei Häuser weiter und freute sich, dass sich doch noch jemand für das Geschäft interessierte. Und noch dazu ein so junger und netter Mensch. Sie erzählte es in der Verwandtschaft und in der Nachbarschaft.
Als Charly zum ersten Mal auftauchte, wollten die Anwohner der Straße es einfach nicht glauben.
Schon der Superwagen war ihnen ein Dorn im Auge. Das sollte solch ein kleines Geschäft abwerfen? Das war doch nicht möglich. Die Hausfrauen fragten sich, ob man wohl bei ihm anschreiben lassen konnte.
Junge Mädchen trippelten jetzt ziemlich oft an dem Haus vorüber, aber nur, wenn Charly mit den Handwerkern sprach. Das war nur immer sehr kurz und knapp, und dann verschwand er wieder. Er hinterließ den Duft eines teuren Rasierwassers. Die kleine Nebenstraße in der Innenstadt stand auf dem Kopf. Es war das erste Mal, dass jemand einziehen wollte, den man nicht kannte und der sich überhaupt nicht darum kümmerte, wer seine Nachbarn wurden. Eigentlich müsste er doch als Geschäftsmann an die zukünftige Kundschaft denken? So sprachen sie, aber sie konnten sich noch so den Kopf zerbrechen, sie erfuhren nichts.
Ein paar ganz besonders neugierige Nachbarn sprachen die Handwerker an.
»Wir wissen von nichts, wir haben den Auftrag, diese Mauern hochzuziehen und die Tür da zuzumauern, alles andere geht uns nichts an. Da müssen Sie schon den Boss unserer Firma fragen, vielleicht weiß er mehr.«
Natürlich taten sie das nicht.
Frau Brauer, die unmittelbare Nachbarin, sagte hinter der vorgehaltenen Hand: »Ich weiß nicht, mir kommt das nicht ganz geheuer vor!«
»Sie hören schon wieder die Flöhe husten«, antwortete Frau Wagner. »So ein netter junger Mann, wirklich, man sollte nicht so böswillig sein und ihm Steine in den Weg legen.«
»Pah«, sagte Frau Brauer. »Glauben Sie, ich merke nicht, wie Sie ihm schöne Augen machen? Bloß wegen Ihrer Liesel? Aber der denkt im Traum nicht daran, auch nur einen Blick an das Mädchen zu verschwenden.«
Oh, da hatte sie wirklich einen wunden Punkt berührt, und natürlich konnte Frau Wagner sich das nicht gefallen lassen.
Aber da kam gerade Herr Brauer nach Hause, und seine Frau musste sich um das Essen kümmern. Seitdem sprachen die Nachbarinnen nicht mehr miteinander.
Charly bemerkte das geheime Rumoren sehr wohl. Aber er grinste nur in sich hinein. Als er Kony das Haus zeigte, riss dieser die Augen auf.
»Haste ’nen Knall? In dieser Gegend! Mann, du hast wohl nicht überlegt, was du machst! Die werden dich lynchen!«
»Nee«, sagte Charly und zog an seiner teuren Zigarre. »Werden sie nicht.«
»Und warum bist du so sicher?«
»Weil sie nie erfahren werden, was hier wirklich gespielt wird, darum!«
»Mensch, Charly, und wenn ein Kerl von dieser Straße zu dir kommt?«
»Ja, glaubst du denn, der ist so blöde und erzählt seiner Alten, was er bei mir angetroffen hat?«
Kony machte noch immer ein bedenkliches Gesicht.
»Ich hab dich gewarnt. Dieser Schuppen hält sich nicht lange hier.«
»Das wird er doch, dafür garantiere ich«, sagte Charly. »Denk doch mal an die günstige Lage. Mitten in der Stadt und dann doch still, kannst vor der Haustür dein Auto abstellen, in einer guten Gegend sozusagen. Mann, ich hab lange gebraucht, um diesen Schuppen endlich zu finden. Und ich sag dir, der wird das lange Geld bringen.«
»Von mir aus, aber ich glaub ganz bestimmt, dass er sich keine vier Monate hält.«
»Sollen wir wetten?«, fragte Charly hitzig. Er konnte es nicht ertragen, wenn jemand an seinem Erfolg zweifelte.
»Ach, lass doch. War doch nur so dahingesagt. Ich muss jetzt gehen, muss noch zur Bank.«
Charly war missmutig, aber er ließ sich nichts anmerken. Einige junge Mädchen promenierten wieder an ihm vorüber. Unter gesenkten Lidern blickte er ihnen nach, sah die engen Jeans und die staksigen Beine, dann zog er die Mundwinkel verächtlich nach unten. Alle machten sie es ihm immer so leicht. Er brauchte nur mit dem Finger zu schnippen, und schon zappelten sie im Netz. Seit er den Superwagen besaß, war es noch einfacher. Manche Mädchen glaubten, er sei vom Film und sei auf der Suche nach neuen Gesichtern. Er nahm ihnen nie die Illusionen. Warum denn auch? Erstens passte es ihm in den Kram, und zweitens war es ja so anstrengend.
Die Maurer waren verschwunden, nun kamen die anderen Handwerker. Das Innenleben der alten Räume nahm ein ganz anderes Gesicht an. Jetzt waren es lauter kleine Zellen, und vorne ein ziemlich großer Raum. Als endlich alles fertig war, kamen die Dekorateure.
Er hatte mit ihnen lange Unterredungen gehabt. Sie hatten sich am Anfang die Haare gerauft, aber er blieb starrköpfig, Charly wollte Samt, und das gleich ganz üppig. Sie hatten die Augen verdreht, aber Charly hatte nur geschimpft.
»Ich will es so haben, und damit basta!«
Dann waren auch sie fertig. Abends ging Charly sein neues Reich begutachten. Er stolzierte wie ein Pfau herum, schnippte da und dort mit dem Finger hin und grinste breit. Für ihn war es die Seligkeit, war es schön und sehr kostbar. Aber jeder Mensch mit ein wenig Geschmack musste unweigerlich eine Gänsehaut bekommen. Alles war so überladen, so schwülstig, der Anblick war kaum zu ertragen.
Kony schaute herein, denn er wollte sehen, wie Charly vorankam. Kony hatte ein wenig Geschmack, für einen Zuhälter sogar eine ganze Menge. Ihm fielen bald die Augen aus dem Kopf, und in den ersten Minuten bekam er kein Wort über die Lippen.
Charly schwebte auf rosaroten Wolken und bemerkte es gar nicht.
»Komm mal mit, ich zeig dir die Hinterräume. Alles super, alles Klasse.«
Er hatte sogar an die Aufenthaltsräume der Dirnen gedacht. »Und in den Nischen stehen die Massagetische«, erklärte er, »dort ist die eigentliche Bedienung. Vorn werden sie empfangen, und dann kriegen sie das Album und können sich die Mädchen aussuchen. Hab ich mal in Paris erlebt. Toll, sage ich dir. Selbst ich wurde erregt, und das will wirklich was heißen. Es ist so ähnlich wie in Paris. Dort war es natürlich ein altes Schloss«, sagte er entschuldigend. »Aber die Innenausstattung hab ich denen nachgemacht. Jetzt sag bloß, das sei nicht umwerfend!«
»O doch!« Kony grinste. »Hör mal, hast du dir das alles allein ausgedacht?«
»Ja«, sagte Charly stolz.
Kony schloss für Sekunden die Augen.
»Und was haben die Leute gesagt, die das machen mussten?«
»Die waren erst sauer, wollten es gar nicht machen. Sie faselten immer was davon, das sei nicht mehr modern und so weiter. Aber ich wollte das wie in Paris haben, verstehst du? Das hat doch wirklich toll gewirkt, und es ist schön. Die Freier werden begeistert sein.«
Kony, der Zuhälter, dachte: Vielleicht hat er recht. Im Grunde genommen kommen sie doch hierher, um die Weiber zu vernaschen, da merken sie gar nicht, wie die Umgebung ist. Die Hauptsache ist doch wohl, dass es sauber ist, da sind sie ganz scharf drauf.
»Wirklich prachtvoll«, versicherte er, um Charly nicht zu verärgern.
»Bist du noch immer der Meinung, dass es nicht hinhaut?«
Kony zog an seiner Zigarette und schwieg.
»Was hast du denn vor?«, fragte Charly den Freund jetzt ein wenig gönnerhaft.
»Ich stehe noch mitten in den Verhandlungen. Bald sind wir soweit.«
»Und?«
»Auch Massage, aber ich hab da so mein Geheimnis.«
»Na, demnächst wirst du es mir ja wohl sagen, oder?«
»Klar doch.«
Charly legte den Arm um den etwas kleineren Kony. »Komm, machen wir einen Zug durch die Bars, ich hab einen Durst.«
Während er die Haustür hinter sich verschloss, wollte Kony wissen:
»Wann ist denn Eröffnung?«
»Morgen!«
»Und wie hast du dir das gedacht?«
»Ich hab Handzettel an die Taxifahrer verteilen lassen und an noch so diverse Bubis. Weißt ja. Leute, die angesprochen werden und die dann Auskunft geben, wo in dieser Stadt was los ist. Hat mich 'ne Stange Geld gekostet. Aber der Schuppen bringt das alles wieder herein.«
»Und die Bullen?«
»Och, solange ich keinen Ärger auf der Straße kriege, kann ich in Ruhe arbeiten.«
»Du wirst Ärger kriegen.«
»Mann, ich hab dir doch schon mal gesagt, die haben keinen blassen Schimmer.«
Sie betraten die erste Bar. Kony brauchte jetzt wirklich etwas, um seine Kehle anzufeuchten.