Читать книгу Ein süßes Häschen in der Großstadt: Redlight Street #175 - G. S. Friebel - Страница 8

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Charly blieb ziemlich lange fort, aber dann tauchte er endlich auf. Er hatte das Auto voller Pakete. Die Dirnen mussten beim Auspacken helfen. Auf der anderen Straßenseite gingen die Gardinen vorsichtig hin und her. Sie fühlten ganz deutlich, dass sie beobachtet wurden, taten aber so, als würden sie nichts bemerken.

Im Salon wurden dann die Herrlichkeiten ausgepackt. Charly hatte an alles gedacht, als er die Arbeitskleidung für seine Mädchen besorgte. Und die war genauso umwerfend wie die ganze Wohnung. Schwarze Unterwäsche, aber so raffiniert und komisch, dass sich die Dirnen wieder das Lachen verkneifen mussten.

»Das werdet ihr tragen und damit die Kerle bedienen. Natürlich sagt ihr, dass ihr Masseusen seid, verstanden?«

»Und wenn jetzt einer auf Krankenschein kommt?«, kicherte Grete.

»Sollte sich wirklich mal so'n blöder Kerl verirren, wird er natürlich auch behandelt«, erwiderte Charly.

»Ich hab doch schon mal gesagt, ich will keinen Stunk. Alles muss nett und propper sein, kapiert?«

»Wir sind nicht schwerhörig, wir wollen ja auch nur wissen, wie wir uns verhalten müssen.«

»Dann wisst ihr es jetzt.«

Die Mädchen gingen in die Kabinen und zogen sich um. Die Mappe mit den Bildern hatte Charly schon fertig. Sie lag auf dem Tischchen. Im Hinterzimmer stand sogar ein riesiger Kühlschrank. Dort wurden die diversen Getränke aufbewahrt, und auf einem Regal standen die verschiedenen Gläser. Aus Erfahrung wusste er, und die anderen Zuhälter hatten es auch schon erwähnt, dass viele Freier nur mit Alkohol mutig wurden. In einem anständig geführten Bordell musste man also auch Alkohol bekommen können. Natürlich wurde dieser mit 100 Prozent Aufschlag verkauft. Der Freier musste für alles bezahlen.

Für eine einfache Behandlung musste er einen Hundertmarkschein auf den Tisch des Hauses legen. Und wenn er mehr wollte, erhöhte sich der Satz natürlich.

Damit glaubte der Zuhälter an alles gedacht zu haben. Nun brauchten sie nur die Zeit abzuwarten, und die Kunden würden nur so angelaufen kommen. In seinen kühnsten Träumen dachte er schon daran, auszubauen und noch mehr Dirnen für sich arbeiten zu lassen. Aber dann musste er sich vorher erst einmal nach geeigneten Mädchen umsehen.

Die Dirnen hatten sich gestärkt, saßen in ihrer Arbeitskleidung da und unterhielten sich. Die Zeit verstrich, und kein Kunde tauchte auf. Charly wurde schon sichtlich nervös.

Grete meinte: »Am ersten Tag, ach was, in der ersten Woche geht es eben noch nicht so, wie man es sich vorstellt. Die müssen doch erst mal wissen, was hier gespielt wird.«

»Verdammt, ich hab genug in die Werbung gesteckt«, schimpfte der Zuhälter. »Ich will jetzt endlich die Mäuse hüpfen sehen.«

Aber die Mäuse hüpften nicht in dieser Nacht. Darüber waren die Dirnen gar nicht böse. Sie genossen die Ruhe, das Nichtstun, und konnten sich erholen. Und in ihrem Herzen war die große Hoffnung, dass es auch weiterhin so bleiben würde. Sie hatten ein Dach über dem Kopf und bekamen ihr Essen. Was wollten sie denn mehr?

Sie wurden von einer ansteckenden Fröhlichkeit erfüllt. Der Zuhälter hingegen wurde immer nervöser und ärgerlicher. Bald hielt er es nicht mehr aus, er raste davon.

Grete kicherte: »Vielleicht geht er jetzt Kunden angeln und schleppt sie hierher.«

»Ach, Kinder, ist das schön«, seufzte Yvonne. »Es ist das erste Mal seit langer Zeit, dass ich mich in der Nacht hinlegen kann und nicht auf Anschaffen gehen muss. Richtig gut tut das. Mann, ist das ein Gefühl, wenn man nicht schuften muss.«

Sie räkelten sich auf den Pritschen herum und machten es sich so gemütlich, wie es in diesen engen Zellen möglich war.

Charly kam in der Nacht in den Bunker zurück und sah sie schlafen. Am liebsten hätte er sie verprügelt, so wütend war er auf sich und auf die ganze Welt. Aber ramponierte Ware ließ sich nicht gut verkaufen. Er ging wieder fort.

Am nächsten Morgen verlangten die Dirnen ihr Frühstück, und er musste wieder bezahlen. Mittags ebenso. Und wenn er an die Miete und die Stromrechnung dachte, dann schwanden ihm fast die Sinne. Düster überschlug er, was sie in der letzten Nacht hätten einbringen können, wenn sie auf dem Straßenstrich gestanden hätten.

Seine Laune war schon auf dem Nullpunkt angelangt, als endlich der erste Kunde erschien. Es war ein unscheinbarer Mann, der zögernd über die Schwelle schritt und dann abrupt stehenblieb.

»Ein Kunde«, flüsterte Mia und schob Charly nach vorn.

Er sollte die Kunden empfangen und weiterleiten. Jetzt, als es endlich soweit war, bekam er ganz feuchte Hände.

Der Mann hatte den Tipp von einem Taxifahrer erhalten. Jedes Jahr kam er in die Großstadt, geschäftlich. Fern von Heim und Herd wollte er etwas erleben. Wer konnte ihm da einen Tipp geben? Die Taxifahrer. Und sie hatten ihm die Adresse dieses Lustbunkers gegeben. Doch als er jetzt hier so stand und entsetzt die Plüschpracht betrachtete, glaubte er, sich in der Haustür geirrt zu haben. Hier musste bestimmt eine alte Dame wohnen, aus vergangener Zeit natürlich. Was um Gottes willen sollte er nur tun, wenn er gefragt wurde, was er hier suche?

Schon wollte er fluchtartig das Haus verlassen, als hinter dem roten Vorhang ein Mann auftauchte.

»Eh, eh«, räusperte er sich, »ich glaub, ich hab mich verlaufen, ich geh ja schon ...«

Charly blickte ihn entsetzt an. »Sie wollen sich nicht massieren lassen?«

Über das platte Gesicht des Kunden ging ein Grinsen. »So bin ich doch richtig?«

»Selbstverständlich. Wir stehen immer zu Diensten! Haben Sie besondere Wünsche?« Diesen Satz hatte er sich aufgeschrieben und dann auswendig gelernt. Er hielt ihn für sehr gebildet

und vornehm.

»Eh, Sonderwünsche, ich versteh nicht so recht, ich meine, was gibt es denn? Sie müssen wissen, ich mach das heute zum ersten Mal. Man will ja mit der Zeit gehen, nicht wahr?«

»Ich mein ja nur, ob Sie einen Wunsch bezüglich der Masseuse haben. Welche Farbe bevorzugen Sie?«

»Ach so«, grinste der kleine Mann. »Jetzt versteh ich Sie vollkommen. Man darf sie sich also aussuchen?«

»Aber selbstverständlich.«

Charly holte das Album.

Schon vom Ansehen der Bilder wurde der kleine Mann ganz aufgeregt und leckte sich über die dünnen Lippen.

»Eh, die Rote da, die sieht rassig aus. Mann, ich wollt schon immer mal 'ne Rote haben. Die sollen ja ganz wild sein.«

»Selbstverständlich können Sie sie haben. Sie haben Glück, sie ist sogar im Augenblick frei. Warten Sie hier, ich werde sie holen.«

Grete war die Rothaarige, denn sie trug eine rote Perücke. Charly flitzte nach hinten.

»Los, Grete, da ist ein Kunde für dich. Und mach deine Sache gut, klar?«

Grete erhob sich träge. »Du tust wirklich so, als wenn ich noch nie 'nen Freier bedient hätte.«

»Benimm dich, hier geht alles vornehm vor sich, nicht wie aufm Strich.«

»Weiß ich, weiß ich.« Grete marschierte davon.

Als sie den kleinen Freier sah, taxierte sie ihn schnell.

Mit dem hatte sie nicht viel Arbeit. Ein bisschen mit den Hüften wackeln, und er würde reif sein. Ach nee, dachte sie, nicht mit den Hüften wackeln, massieren.

»Bitte, kommen Sie mit nach hinten«, sagte sie lächelnd und führte ihn in die erste Kabine.

»Wenn Sie sich bitte ausziehen möchten? Dann kann ich gleich mit der Arbeit beginnen!«

»Eh, so schnell? Aber .. .«

»Zeit ist Geld, bei Ihnen doch bestimmt auch«, sagte sie scheinheilig.

Der Kunde freute sich, denn er glaubte nun, die Dirne hielte ihn für sehr reich.

»Selbstverständlich«, sagte er rasch.

Er hatte sich noch nie vor den Augen einer Frau ausgezogen. Auch vor Berta, seiner Ehefrau nicht. Da ging man entweder ins Badezimmer, oder das Licht wurde gelöscht. Wenn man sich zusammentat, dann passierte das im Dunkeln unter der Bettdecke, so, als würde man etwas tun, was sehr schlimm und verboten war.

Grete mit ihrem superkurzen schwarzen Korsett stand da und sah ihn gelangweilt an. Sie dachte im Traum nicht daran, ihm die Kleidung vom Körper zu reißen. Das war nur im Preis enthalten, wenn dieser hoch genug war und der Kunde es ausdrücklich verlangte. Es gab tatsächlich auch solche Freier, die von einer Dirne vergewaltigt werden wollten, die eben die Rollen tauschten.

»Bitte, drehen Sie sich mal um«, sagte er lispelnd.

Grete grinste und sagte: »Mach nur zu, ich guck dir auch nichts ab, ehrlich nicht!«

Er wurde blutrot, dann wütend, aber sofort sagte er sich: Vielleicht tut das jeder hier, und sie versteht das nicht. Weil er eben als Weltmann gelten wollte, überwand er die Scham, schlug aber die Augen nieder. Als er dann endlich nackt war, huschte er rasch auf die Pritsche, legte sich auf den Bauch und wartete auf die Dinge, die da kommen sollten.

Grete ließ sich noch ein paar Sekunden Zeit und dachte nach. Sie hatten ja gar nicht abgesprochen, was sie machen wollten! Ja, jetzt saß sie in der Falle. Aber Grete wäre nicht Grete gewesen, wenn ihr nicht sofort etwas eingefallen wäre.

Sie stürzte sich auf ihr Opfer und begann den Mann wie einen Brotteig zu kneten. Er schrie und jammerte laut.

Yvonne und Joana blickten sich an.

»Sie bringt ihn um«, zischte Charly wütend. »Ich brech ihr das Kreuz.«

Grete war resolut und machte ihr Sache gut.

»Fühlen Sie sich schon besser?«, fragte sie zwischendurch.

»Ja, ja«, stöhnte der Freier, »aber jetzt hab ich genug, ich kann sonst nicht mehr.«

»Ja, dann hör ich natürlich auf, mein Herr!«

Sie stand vor ihm und feixte.

»Morgen werden Sie die Wirkung erst so richtig spüren. Dann kommen Sie sich gewiss erleichtert vor.«

»Wirklich?«

Mit den Fingerspitzen befühlte er vorsichtig sämtliche Glieder. Sie schienen alle noch heil zu sein.

»Und jetzt möchten Sie sich richtig entspannen, nicht wahr?«

»Wie meinen Sie das?«

»Nun, lassen Sie mich nur machen. Sie werden selig sein, mein Herr.«

In gut zehn Minuten hatte sie ihn vollkommen bedient. Da lag er nun als schlaffes Bündel, mit einem Lächeln auf den schmalen Lippen.

»Das war wirklich fein«, lispelte er. »So was hab ich noch nicht erlebt. Mann, o Mann, du bist aber scharf, Kleine. Na ja, du bist ja auch rot. Eine Rote hätte ich heiraten sollen!«

Grete sagte: »Da hinten ist das Bad. Gehen Sie nur hinein und machen Sie sich frisch.«

Es dauerte ziemlich lange, bis der Kunde wieder zum Vorschein kam. Niemand trieb ihn, denn sie hatten ja nichts zu tun. Im Augenblick war noch kein Massenandrang. Als er dann wieder in den Salon zurückkam, wurde er von dem Zuhälter gefragt, ob ihm die ganze Sache denn auch Spaß gemacht habe. Wieder leckte er sich über die Lippen.

»War schon eine feine Sache, Mann. Ich hab es ja immer gewusst, ihr hier in der Stadt, ihr genießt das Leben so richtig. Ja, ja!«

»Hundert Mark«, sagte Charly.

Der Kunde riss die Augen auf. Richtig, ans Bezahlen hatte er noch gar nicht gedacht. Einen kurzen Augenblick lang wollte er es nicht tun. Hundert Mark, du liebe Güte, da musste man schon ziemlich lange schuften, um die zu verdienen. Aber ein Blick in die kalten Augen des Zuhälters stimmte ihn um. Er fühlte instinktiv, es hatte wohl keinen Zweck, über den Preis zu verhandeln. So zog er denn die Brieftasche heraus und legte mit trauriger Miene den Schein in die Hand des Mannes.

»Empfehlen Sie uns weiter«, sagte Charly und riss ihm die Tür auf.

Der Kunde verschwand.

Auf der Straße war es seltsamerweise ziemlich lebhaft geworden. Und in der Hauptsache strichen immer Männer vorbei. Sonst war die kleine Straße um diese Zeit wie ausgestorben. Die Anwohner saßen dann vor dem Fernsehapparat und ließen sich durch nichts mehr stören.

Charly lugte zwischen den Gardinen hinaus und grinste. »Kommt mal und seht euch die feinen Kunden an! Na. hab ich nicht gesagt, der Laden macht sich bezahlt?«

Grete sagte träge: »Mann, die sind doch draußen und nicht hier drinnen!«

»Sie werden kommen, Süße, sie werden alle kommen. Ein richtiges Gedrängel wird hier noch entstehen, und ich werde noch weitere Mädchen einstellen müssen. Ich hab den richtigen Riecher gehabt. Keiner wollte es mir glauben, aber ich hab es jetzt geschafft.«

Charly warf sich in die Brust. Aber das half auch nicht sehr viel. Die Tür blieb geschlossen, und kein Mann überschritt in dieser Nacht die Schwelle. Er wurde so wütend, dass er am liebsten auf die Straße gerannt wäre und sie einzeln ins Haus gezerrt hätte. Aber die Angst vor der Polizei war dann doch größer, und so hockte er nur auf seinem Ausguck und verstand die Welt nicht mehr.

Mit eigenen Augen sah er doch, wie die Männer das Haus fixierten, wie sie zögernd stehenblieben, wie sie sich verstohlen umblickten. Doch dann gingen sie weiter. Aber nur fast widerwillig. Also klappte die Werbung, Ja, er sah auch hin und wieder ein Taxi auftauchen. Ein Mann zahlte, stieg aus, blieb dann auf der anderen Seite der Straße stehen und blickte sehr lange das Haus an. Aber niemand kam.

Charly raufte sich die Haare.

Die Sonne stieg über die Dächer, und die Dirnen wurden müde vom vielen Warten. Und so schliefen sie auf den harten Pritschen ein. und selbst Charly mit seinem lauten Organ konnte sie nicht wieder aufwecken.

Voller Zorn schloss er das Haus ab und fuhr in die Stadt.

Ein süßes Häschen in der Großstadt: Redlight Street #175

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