Читать книгу Ein süßes Häschen in der Großstadt: Redlight Street #175 - G. S. Friebel - Страница 7

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Am nächsten Morgen kamen die Mädchen an. Charly hatte sie in seinem Superwagen mitgenommen. Sie waren direkt aus ihren Betten geholt worden und machten alle noch einen verschlafenen Eindruck. Vier kleine Dirnen, die zur Zeit für Charly arbeiteten. Gestern Nacht hatten sie noch auf der Strichstraße gestanden. Bis um vier, dann hatten sie sich ins Bett gelegt. Sie waren zum Umfallen müde gewesen.

Gegen acht war dann Charly in die Zimmer gekommen, hatte ihnen die Decken fortgezogen und sie angeschrien:

»Los, aufstehen, sofort!«

Verdutzt hatten sie die Augenlider hochgerissen, direkt ins Sonnenlicht geblinzelt, ohne zu begreifen, was geschehen war.

»Wie? Was? Brennt die Kneipe, oder was ist los?«

»Aufstehen, anziehen, ihr kommt sofort mit!«

Die Mädchen wussten aus Erfahrung, dass es sinnlos war, ihm zu widersprechen. Zum Schluss tat man ja doch, was der Zuhälter wollte. Und Fragen beantwortete er auch nur, wenn er dazu Lust hatte.

Also waren sie schimpfend und fluchend aus ihren Betten gekrochen und hatten sich schlaftrunken angekleidet. Mit dem Waschen nahmen sie es nicht so genau.

Grete war es, die dann doch noch meuterte.

»Also, wenn du denkst, wir gehen ohne Frühstück an die Arbeit, dann irrst du dich. Wir haben Hunger, klar!«

Charly hatte zuvor schon ausgiebig gefrühstückt und konnte es im ersten Augenblick gar nicht glauben, bis ihm einfiel, dass für die Dirnen ja ein ganz anderer Tagesrhythmus galt.

»Gut«, sagte er, »aber ich geb euch nicht viel Zeit, klar? Ihr beeilt euch.«

Er war so aufgeregt, er wollte doch die Gesichter der Mädchen sehen, wenn sie den neuen Salon zu Gesicht bekamen.

Wenig später saßen sie unten in der Kneipe. Das Spülmädchen kam und brachte ihnen das Frühstück. Es sah nicht sehr appetitlich aus. Aber die Mädchen hatten Hunger, und der schwarze Kaffee putschte sie wieder ein wenig auf. Nach der dritten Tasse wurden sie schon richtig munter und verlangten nach Schnaps. Aber da warf Charly sie aus dem Raum.

»So, und jetzt quetscht euch in meine Kutsche, ich fahr euch fort.«

»Wie?« Mia riss die Augen auf. Geht es denn nicht zum Strich?«

»Seit wann baut ihr euch am Tag dort auf? Die Arbeiter würden euch doch steinigen.«

Sie war noch so verschlafen, dass sie jetzt erst einen Blick auf die Uhr warf.

»Verdammt, ich möchte bloß mal wissen, warum du uns so früh aus den Betten gejagt hast, wenn wir nicht auf Anschaffen gehen sollen.«

»Das werdet ihr gleich erfahren. Eines kann ich schon sagen, dort auf der zugigen Straße braucht ihr nicht mehr zu stehen.«

»Ehrlich nicht?«

»Wenn ich es sage! Ihr werdet jetzt ganz noble Huren, verstanden!«

»Wie? Kriegen wir vielleicht alle eine eigene Wohnung?«, fragte sie hoffnungsvoll.

»Hast du einen Knall? Ich hab doch nicht im Lotto gewonnen!«

Die vier Mädchen hatten sich in den Superwagen gedrängelt. Keine kam auf den Gedanken, dass sie es ja war, die das Geld für diesen teuren Schlitten aufbringen musste. Sie und die anderen Mädchen. Und nicht nur für den Schlitten, sondern auch für die Maßanzüge, für seine Superwohnung, für den schweren Siegelring und was er nicht noch alles besaß! Die Mädchen waren sogar so verblendet, dass sie bei den anderen Dirnen noch mit ihrem vornehmen Zuhälter angaben. Aber dass sie sich dafür abrackern mussten, daran dachte keine. Charly war ein ganz abgefeimter Bursche. Jeden Morgen kam er und nahm ihnen alles Geld ab. Wenn sie zum Friseur wollten oder neue Kleidung brauchten, dann mussten sie ihn erst anbetteln. Charly nannte sich noch sozial, bloß weil er ihnen die Zimmer in der Kneipe bezahlte und auch das Essen. Die meisten Zuhälter kümmerten sich nämlich nicht darum, wie ihre Mädchen wohnten, und ob sie regelmäßig warmes Essen bekamen. Sie nahmen ihnen das Geld ab, und wenn sie anständig leben wollten, nun denn, dann mussten sie sich eben noch mehr anstrengen und noch mehr auf dem Strich verdienen. Faule Huren sollte man nicht auch noch unterstützen, war ihr Prinzip. Den festen Betrag mussten sie auf alle Fülle jeden Morgen abliefern, und hatten sie ihn nicht beisammen, dann wurden sie verprügelt.

Im Augenblick lagen die Mädchen in den dicken Polstern und hatten die Lider schon wieder halb geschlossen. Um diese Zeit lagen sie sonst noch in tiefem Schlaf.

Charly fuhr sie quer durch die Stadt und kam dann endlich in der kleinen Seitenstraße an. Hier herrschte noch Stille. Die Männer waren in aller Frühe zur Arbeit gegangen, die Kinder zur Schule. Um diese Zeit saßen die meisten Frauen am Frühstückstisch. tranken in Ruhe eine Tasse Kaffee und lasen die Zeitung dabei. Dies war der schönste Augenblick des Tages. Nachher mussten sie sich wieder um den Haushalt kümmern, einkaufen und kochen.

Weich glitt der Wagen über die Straße und hielt dann vor einer dunklen Tür. Charly blieb sekundenlang sitzen. Sein Besitzerstolz ließ seine Brust weit werden. Er hatte es endlich geschafft. Er hatte nicht nur Mädchen auf dem miesen Strich laufen, sondern besaß einen Salon! Bestimmt würde er in der Unterwelt bald aufsteigen. Jetzt konnte es mit ihm nur noch aufwärts gehen.

»Na, wie findet ihr das?«, fragte er gönnerhaft und drehte sich zu seinen Mädchen um.

»Was?«, fragten sie träge.

»Mensch, das Haus! Reißt doch mal eure Augen auf. Was haltet ihr davon?«

Die Mädchen sahen die braune Tür, daneben die beiden schmalen Fenster mit dem Plakat Massage-Salon. Mehr war auch nicht zu sehen.

»Was soll denn los sein?«, brummte Joana.

»Ihr werdet ab jetzt hier arbeiten! Los, steigt aus, ich zeig euch den Schuppen.«

Nun wurden sie doch ein wenig wach und stießen sich in die Seite.

»Mann, das ist ja eine Wucht. Nicht mehr draußen stehen zu müssen, wenn es kalt wird, ein richtiges Haus, das hab ich mir schon immer gewünscht.«

Charly, der Zuhälter, holte den Schlüssel aus der Tasche und öffnete die Tür.

»Nur herein, meine Damen, gleich ist die Besichtigung!«

Dann standen sie in der kleinen Halle und rissen, wie am Abend zuvor Kony es getan hatte, entgeistert die Augen auf. So viel Plüsch und Samt und Spiegel hatten sie im Leben noch nicht auf einem Fleck gesehen. Und von der Decke hingen auch noch Troddeln herunter. Sie hatten das Gefühl, in ein anderes Zeitalter versetzt worden zu sein.

»Häh«, sagte Yvonne. »Kneif mich mal, lebe ich überhaupt noch?«

Mia tat es mit Vergnügen, und Yvonne quietschte laut.

»Na, da seid ihr baff, was?«, sagte Charly und blickte sie stolz an. »So eine feine Unterkunft habt ihr wohl noch nicht gehabt, was? Da könnt ihr mal sehen, wie gut ich es mit euch meine. Ich hab ’ne ganze Menge investiert in diese Bude, und das muss sich jetzt bezahlt machen. Natürlich wird jetzt noch mehr für 'ne Nummer genommen, habt ihr mich verstanden?«

Die vier Dirnen waren ganz entgeistert. Noch immer rieben sie sich verzweifelt die Augen, doch das Bild wollte nicht verschwinden.

»Mann«, stöhnte Yvonne. »Ich werd verrückt. Du meine Güte, das ist ja. das ist.. .« Aber dann blickte sie Charly zufällig an, und sie spürte, wenn sie etwas gegen diese scheußliche Pracht sagen würde, dann würde er ihr unweigerlich das Kreuz brechen. Er war so stolz wie ein kleiner Junge.

So schluckte sie rasch alles hinunter und zwinkerte die anderen Kolleginnen an.

»Na, was sagt ihr dazu?«, rief sie fröhlich.

»Umwerfend«, murmelte Joana.

»Ehrlich, einfach umwerfend ist das.«

Wenn sie auch alle nur schäbige Dirnen waren, so waren sie früher einmal anständige Mädchen gewesen und hatten zum Teil sogar einen guten Beruf gehabt. Das Gerücht, dass nur verkommene Mädchen, Frauen aus den Slums, diesem Beruf nachgehen, entspricht nicht den Tatsachen. Es gibt sogar viele Dirnen mit Abitur und Realschule. Alles war eigentlich unter den Dirnen vertreten. Nur rutschten sie in diesem Beruf sehr schnell die Leiter hinunter und dachten nicht mehr an die Vergangenheit. Hinzu kam dann noch die gemeine Sprache, ohne die sie sich einfach nicht mehr verständigen konnten, und dann die Jagd nach dem Geld. Wenn sie ihr Soll nicht erfüllten, wurden sie unweigerlich verprügelt. Und das war noch die mildeste Strafe.

Jetzt fühlten sie alle, wie es ihnen kalt den Rücken hinunterlief. Aber sie alle hatten auch großen Respekt vor ihrem Zuhälter, und so schwiegen sie.

»Ab heute werdet ihr hier euren Dienst tun, kapiert?«

Brav marschierten sie durch die Räume und sahen sich dabei immer wieder verstohlen an. Als sie dann die kleinen Abteilungen bemerkten, fragten sie verblüfft: »Was wird denn hier gespielt?«

»Das sind doch die Massageräume«, sagte Charly.

»Waaas?«

»Habt wohl noch nie was davon gehört, wie? Aber das ist jetzt ganz modern. Die Männer lassen sich zuerst massieren. Vor allen Dingen hört sich das dann besser an, klar! Ich gehe immer mit der Zeit.«

»Aber wir können ja gar nicht massieren«, sagte Grete verdattert. »Hab ich noch nie gemacht.«

»Das ist doch nicht schwer. Ihr müsst die Freier nur ein bisschen durchkneten, das ist ja auch schon alles. Wenn die euch sehen, in entsprechender Aufmachung natürlich, dann sind die schon so weg, die wollen euch dann nur vernaschen, das könnt ihr mir ruhig glauben. Und macht mir ja keinen Stunk, habt ihr mich verstanden?«

»Wir haben noch nie Stunk gemacht«, sagte Mia beleidigt. »Was du nicht immer hast!«

»Ich mein ja auch nur, wegen dieser Gegend. Niemand darf erfahren, was ihr wirklich von Beruf seid. Dies ist eine anständige Gegend. Und wenn die Frauen merken, dass hier Huren hausen, dann machen sie euch das Leben zur Hölle.«

»Du meine Güte«, murmelte Grete. Das kann ja heiter werden. Die werden sich doch wundern, weswegen hier nur Kerle reinkommen.«

»Ich habe gesagt, ihr sollt euch anständig benehmen«, schrie Charly sie an. »Und ich will keinen Ärger haben. So, jetzt muss ich in die Stadt und noch was besorgen. Ihr bleibt so lange hier, bis ich wieder zurück bin.

Sprach’s und war verschwenden.

Da saßen nun die vier Dirnen und sahen sich verblüfft an. »Diese miese Type«, murmelte Grete. »Das ist ja nicht zum Aushalten.«

»Ich werd nur mit ’ner Sonnenbrille rumlaufen«, stöhnte Yvonne. »Sonst krieg ich noch Kopfschmerzen, von all dem Plüsch und so.«

»Meine Oma, die hatte auch so 'ne Stube, du meine Güte, hab ich mich immer darüber amüsiert«, lachte Joana. »Und so was sollen die Kerle schön finden?«

»Charly findet es schön.«

Grete kicherte. »Ich hätte nur die Leute sehen mögen, die das machen mussten.«

Nun grinsten auch die anderen.

»Die mussten bestimmt drei Tage krankfeiern, von wegen Augenschmerzen und so.«

»Lass doch«, meinte Mia. »Mir ist es wurscht, ich seh gar nicht hin. Auf alle Fälle ist es hier viel gemütlicher. Hier werden wir uns im Winter keine Frostbeulen holen, hier zieht es nicht, und wir müssen uns nicht alle Augenblicke vor den Bullen verstecken. Und die Kunden können uns hier auch nichts antun. Wir sind immer zusammen und werden sofort merken, wenn ein falscher Hase unter ihnen ist. Den klopfen wir dann gemeinsam hinaus.«

»Das ist ja alles ganz schön und gut«, sagte Joana. Das find ich ja auch in Ordnung. Aber was mir Kopfzerbrechen macht, das ist die Gegend, von der Charly gesprochen hat.«

»Hab ich gar nicht so genau drauf geachtet. Was hat er denn damit gemeint?«

»Hier wimmelt es nur so von braven Ehefrauen«, erklärte Grete düster. »Und wenn die erst mal merken, was wir hier wirklich tun, dann kann es uns dreckig gehen.«

»Na«, sagte Yvonne, »dann werden wir wohl unsere Zelte hier bald wieder abbrechen müssen. Ich seh uns schon wieder gemeinsam aufm Strich stehen.«

»Charly hat dann sein Geld zum Fenster rausgeschmissen«, lachte Mia.

»Machen wir das Beste draus und warten erst einmal ab«, sagte Grete und steckte sich eine Zigarette an.

Ein süßes Häschen in der Großstadt: Redlight Street #175

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