Читать книгу Ich liebe Sie, mein Fürst! Fürstenroman Sammelband 3 Romane - G. S. Friebel - Страница 11
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ОглавлениеWeiter ging die Fahrt, sausend und schnell fegte der Schlitten dahin. Die Leiber der Pferde dampften, die Hufe stampften und stöhnten über dem Eis. Es knirschte und krachte. Manchmal schien es so, als wollte der Schlitten umkippen, die Last unter sich begraben. Sie fegten über zugefrorene Flüsse, deren Eisdecke so klar und durchsichtig war, dass man den Grund sehen konnte, und nicht nur das, auch die Gräser und Büsche. Wie im Märchen wirkte diese Zauberlandschaft, aber wie ein schreckliches Märchen mit einem Frosthauch um Brust und Seele.
Sie fuhren immer weiter gen Osten. Einmal muss es doch ein Ende geben, dachte der Fürstensohn. Doch wie konnte er wissen, dass die Tundra unermesslich groß ist?
Er fühlte sich wohl in seiner Schlittenecke. Jetzt hatte er keinen rauen Wächter mehr bei sich, sondern einen fürsorglichen Vater, der um sein Wohl bedacht war. Schon längst hatte Peter Iwailowitsch die Fesseln gelöst. Fedors Hände waren frei. Peter stopfte die Decken noch fester um den zarten Fürstensohn, war er doch noch dies raue Klima nicht gewöhnt. Und wenn die Reiter erstaunt die Köpfe hoben, so sagte er nur: „Wie soll er schon unterwegs zu Tode kommen? Er ist doch noch ein Kind!“
„Uns ist es gleichgültig“, sagten sie nur, warfen sich auf die Pferdeleiber und fegten dahin.
Fedor dachte, ist das nun Schicksal, Fügung oder Hilfe von Gott? Hier am Ende der Welt, zu einem Augenblick kommt zu mir ein Mensch und bietet mir seine Hilfe an, wo ich sie nicht mehr erwartet habe. Wo ich schon mit meinem Leben Schluss machen wollte. Mein Vater musste ihn vor meinem Onkel retten, und dieser Mensch nun wurde zum Widersacher gegen den Fürsten, meinen Onkel. Er hat mehr Erbarmen mit mir als er. Ein einfacher Mensch ohne Sitten und Adel. Hatte der Vater selbst nicht oft gesagt: ,Adel ist nicht immer zum Guten der Menschen. Viele nutzen es aus, dass sie höher stehen. Adel sagt noch lange nichts über einen Menschen aus.‘
Der Frost legte sich auf sein Haar, es klirrte leise, wenn er den Kopf bewegte. Dort in der Ferne stand ein glutroter Streifen am Himmel.
„Was ist das?“
„Der Morgen, Brüderchen. Im Osten geht die Sonne auf. Wir dürfen sie als Erste begrüßen. Grüße sie Brüderchen, sie meint es gut und ist warm und tröstlich.“
Fedor lächelte.
„Du hättest Dichter werden sollen, Peter Iwailowitsch.“
„Nicht doch“, sagte dieser geschmeichelt, „andere können es besser. Aber wenn man so viel allein ist wie ich und nur sich zur Gesellschaft hat, da kommen einem hin und wieder solche Gedanken.“
Sie schwiegen lange Zeit.
„Nun erzähle mir, welches Verbrechen dich zum Verbannten gemacht hat, Brüderchen. Du weißt, jetzt kannst du mir voll und ganz vertrauen. Ich muss alles wissen, denn ich will handeln, und da ist es wichtig, dass ich alles von dir weiß.“
„Verbrechen?“, sagte der Jüngling erstaunt. „Halst du mich wirklich für einen Verbrecher? Sehe ich so aus? Ich habe kein Verbrechen begangen!“
„Und doch bist du hier? Du willst mir doch nicht sagen, dass ich das alles träume. Und unschuldig? Das würde selbst ein Fürst Iwanow nicht wagen, dich, den Sohn eines reichen und einst so mächtigen Herrn, ohne Grund in die Wüsten von Sibirien zu schicken. Und ich habe doch den Befehl der Zarin Katharina gesehen, der eigenhändig von ihr unterschrieben war. Eine Täuschung ist wirklich nicht möglich. Ich gebe mich zu keinem dunklen Spiele her, Brüderchen.“
Fedor sah ihn mit brennenden Augen an.
„Ganz ohne Schuld bin ich nicht, aber ein Verbrechen habe ich wirklich nicht begangen. Aber du sollst jetzt alles von mir erfahren. So, wie du mir dein Leben geschildert hast, so will ich das meine erzählen. Damit du selbst urteilen kannst und auch siehst, dass du keinem Unwürdigen hilfst.“
Stockend erzählte er nun vom Tode des Vaters und dass dieser selbst den Fürsten in seiner Todesstunde zu Fedors Vormunde ernannt habe. Dann berichtete er, wie dieser gleich seine Macht missbraucht habe. Peter Iwailowitsch knirschte mit den Zähnen, während er den Worten des jungen Mannes lauschte, als dieser von seiner Gefangenschaft erzählte, den empörenden Strafen, unter denen auch die arme Olga leiden musste.
Oh, bei diesen Worten stand der Fürst vor seinen Augen wieder auf. Er sah ihn ganz deutlich wie damals, als der den Befehl gab, ihn zu Tode zu prügeln.
Aber Fedor erzählte schon weiter.
„Du kannst dir denken, wie traurig und niedergeschlagen ich war, als ich nach Moskau reiste. Immer dachte ich an meine liebe Olga, und ich fand nur Trost in der Gewissheit, dass sie mit eben derselben Liebe an mich dachte. Ja, und dann hatte ich ja auch noch das Schreiben meines Vormundes an diesen Pestuscheff. Ich glaubte, seinen Inhalt zu kennen und hoffte, dass der Oberst mich gut und freundlich behandeln würde. Schließlich bin ich der Sohn eines Fürsten und diesem steht eine gute Behandlung zu. Aber war nun das Schreiben doch nicht so, wie ich dachte, oder vielleicht hatte der Oberst besondere Weisungen bekommen, ich weiß es nicht. Mein Empfang bei ihm war jedenfalls nicht so, wie ich es vermutet hatte. Ich dachte, er würde mich freundlich aufnehmen, mich als Junker in seinem Regiment anstellen und mir Lehrer geben, die mir das Soldatenwesen beibringen. Ich verspürte sogar auf einmal Lust, alles zu erlernen, und stellte mir das Soldatenleben gar lustig vor. Und dann freute ich mich auch auf Moskau selbst, denn ich kannte die Stadt ja noch gar nicht. Sicher würde ich auch hier sehr viele Freunde gewinnen, und die Zeit würde schneller verstreichen, als ich zu Anfang dachte. Ja, ich malte mir auch schon aus, dass man Olga nachholen könne.
Als ich nun in Moskau ankam, ließ ich mich sofort beim Obersten melden und wurde auch kurze Zeit später zu ihm geführt. Ich übergab mit Respekt den Brief meines Onkels und wartete. Ich muss hinzusetzen, dass mir der Oberst nicht sehr gefiel. Er hatte sehr raue Züge und so gar nichts Gerechtes an sich. Seine Stirn war umwölkt, und die Augen blickten sehr finster und kalt und durchbohrend. Um seinen Mund lag ein grausames Lächeln. Wohl war mir jetzt gar nicht mehr. Aber dann dachte ich, bestimmt bleibe ich nicht immer in seiner unmittelbaren Nähe.
Mein Schicksal lag nun in seinen Händen, und er würde die nächsten Jahre formen. Ich war noch jung, wenn auch ein Fürstensohn, so musste ich noch viel lernen. Und ich schwöre dir, Peter Iwailowitsch, ich war guten Willens. Ich wollte mir und meinem Geschlecht keine Schande machen. Waren doch viele meiner Vorfahren gute Soldaten gewesen und hatten für den Zaren gekämpft.
Aber ich werde abschweifend. Als Pestuscheff also das Schreiben meines Vormundes gelesen hatte, faltete er es langsam wieder zusammen und sah mich mit einem seltsam höhnischen Lächeln von Kopf bis zu den Füßen an. Das Blut schoss mir dabei in die Wangen, aber ich zeigte meine Erregung nicht. Und blitzschnell wusste ich, dass ich von diesem Mann nichts Gutes erfahren würde.
,Nun‘, sagte der Oberst endlich, ,ich soll dir also den Kopf zurechtsetzen, dir Zucht und Sitte einbläuen und wieder gut machen, was eine schlechte Erziehung verdorben hat. Das wird schwer halten, denke ich. Aber da der Fürst so viel Vertrauen zu mir hat, so will ich doch mein Bestes versuchen.‘
Ich war nun doch ein wenig sprachlos und wütend zugleich. War ich nicht von den besten Lehrern in Petersburg unterrichtet worden? War ich nicht immer der Stolz meines Vaters gewesen? Was sagte dieser ungehobelte Kerl von meiner Erziehung?
,Es tut mir leid, Ihnen widersprechen zu müssen‘, sagte ich vorschnell. ,An meiner Erziehung wurde nichts ausgelassen. Sie ist sozusagen abgeschlossen. Mein Onkel hat mich zu Ihnen geschickt, damit ich ein guter Soldat werde, und nur das und nichts anderes möchte ich bei Ihnen lernen.‘“ Der junge Fürst schwieg lange Zeit. Er mochte an die Ungerechtigkeiten zurückdenken. Plötzlich stand alles wieder vor ihm.
Sein Begleiter sah ihn spöttisch von der Seite an.
„Hat er sich gefreut?“
Er schüttelte den Kopf.
„Nein, wütend wurde er. Ich habe noch nie einen so wütenden Menschen gesehen. Und ich kam mir wie ein Verbrecher vor. Es war schrecklich. Er schrie mich in einem fort an, und was er alles zu mir sagte, bei Gott, hätte ich meinen Degen bei mir gehabt, ich wäre auf ihn losgegangen.“
Peter Iwailowitsch hielt die Pferde an. Sie standen vor einem windschiefen Haus.
„Wir nehmen hier etwas zu uns. Komm, sprechen wir nachher weiter.“
Die Bewohner Sibiriens sind gastfreundlich, das sollte Fedor sehr bald erfahren. Obschon sie wussten, dass er ein Gefangener war, machten sie keinen Unterschied. Im Gegenteil, sie hatten großes Mitleid mit ihm.
Die Kosaken sprachen dem Wodka zu und sangen bald aus voller Kehle. Der Wirt mit dem Kalmückengesicht klatschte sich auf die Oberschenkel und freute sich über das gute Geschäft. Der eine Kosak hatte seinen Kopf auf den Tisch gelegt und schnarchte fürchterlich.
Fedor wischte sich den Mund ab und war voller Erstaunen.
„Werden wir hier übernachten?“, fragte er vorsichtig.
„Nein, wir müssen morgen unser Ziel erreichen“, erwiderte Peter Iwailowitsch.
„Aber was ist mit denen?“ Er wies auf ihre Begleiter.
„Mach dir darum keine Sorgen, Brüderchen, die kommen auch mit!“
„Aber die können im Leben nicht mehr reiten, bei Gott, sie werden vom Pferd stürzen und im Schnee erfrieren.“
„Ein Kosak kann alles, merk dir das, Brüderchen, und wenn sie betrunken sind, können sie erst richtig reiten. Du wirst es sehen, pass mal auf!“
Peter Iwailowitsch klatschte dröhnend in die Hände und schrie wild: „He, hopp, weiter, ihr besoffenen Schweine, los!“
Und wirklich, die Männer rappelten sich hoch, kippten noch einen letzten Wodka, griffen nach ihren Satteltaschen und schlurften zur Tür hinaus. Peter Iwailowitsch beglich die Rechnung. Die Rubelchen rollten über den nassen Tisch. Der Schlitten legte vor das Tor, sie stiegen ein, die Kosaken sangen und schrien in einem fort. Und hui ging die Fahrt weiter, immer gen Osten.
„Wenn wir Glück haben, schaffen wir es jetzt in einem Zug“, sagte er zu Fedor.
Sibirien! Gab es denn noch immer kein Ende? Seit drei Tagen waren sie nun schon unterwegs. Ich werde in dieser weißen Hölle umkommen, irgendwo in dieser weiten Öde wird man meine Knochen verscharren, und Olga wird es nicht wissen und auf mich warten. Sie wird nie aufhören, auf mich zu warten. Geliebte Olga! Fest ballte er die Hände unter der Felldecke zusammen.
„Na, hat der feine Oberst dir dann Lehrer gegeben, Brüderchen?“, fragte Peter.
„Nein“, sagte Fedor spröde. „Nein, das hat er nicht. Damals, du weißt, gleich nachdem ich den Brief überbrachte und er so wütend wurde, schrie er Befehle aus, und sofort waren seine Soldaten zur Stelle. Sie warfen sich über mich, als wäre ich bis an die Zähne bewaffnet gewesen. Fünf gegen einen. Und sie schleppten mich fort. Ich war wie betäubt und brachte zuerst keinen Ton über die Lippen. Irgendwo wurde eine Tür geöffnet. Ich bekam einen Stoß, stolperte, fiel hin und blieb lange Zeit liegen. Endlich spürte ich, dass ich allein war, und vorsichtig sah ich mich um. Man hatte mich in einen Kerker geworfen, einem Loch, das ich meinem übelsten Feind nicht gönne. Der Kerker meines Onkels war ja schon schlimm gewesen. Aber dort hatte ich wenigstens Luft und Licht und ein Bündel Stroh zum Schlafen gehabt. Ich schaure jetzt noch zusammen, wenn ich an die Zeit bei dem Obersten zurückdenke. Grüner Schimmel bedeckte die Wände, und sie waren so nass, dass ständig Wasser an ihnen entlanglief. Und dann der Boden! Er war mit zähem Schlamm bedeckt, der an meinen Füßen klebte und mich aufzusaugen schien. Bis zu den Knöcheln versank ich darin. Und nirgends fand ich ein trockenes Plätzchen. In einer Ecke lag ein großer, dicker Stein, dorthin begab ich mich. Er war einigermaßen trocken, ich konnte nur darauf sitzen. Aber alles roch nach Moder und Tod und eisig war‘s dort unten. Und dort saß ich und dachte über mich nach, über mein Leben, als mein lieber Vater noch lebte. Ach, ich mochte einfach nicht weiter zurückdenken. Meine Lage war schrecklich. Ich ließ mich noch täuschen und dachte: Wenn du dem Oberst nicht so barsche Antworten gegeben hättest, würdest du jetzt nicht im Kerker sitzen. In Zukunft sei vorsichtig und tue deine Pflicht, dann muss es ja besser werden. Du siehst, Peter Iwailowitsch, dass mein Wille gut war, und ich kann dir sagen, dass ich es wirklich so meinte, wie ich es jetzt sage. Denn so viel hatte ich schon gelernt, mit Gewalt kann man nichts erreichen. Also wollte ich nun leiden, dulden und meine Pflicht tun, und so wenigstens mein Los ein wenig erträglicher gestalten. Ach, ich hatte aber nicht auf die Bosheit gerechnet, und zu spät wurde mir klar, dass man mich um jeden Preis verderben wollte. Ich musste vernichtet werden.“
„Freilich, Brüderchen“, sagte sein Bewacher. „Deine Jugend konnte es dir nicht sagen, aber ich weiß jetzt, Fürst Iwanow will nur deine Güter, dein Vermögen, und du bist ihm dabei im Wege. Auf diese gemeine Art und Weise wollte man dich beiseite schaffen. Wie ich sehe, ist es ihnen auch zum Teil geglückt. Du bist auf dem Wege nach Sibirien. Aber sie wissen nicht, dass Peter Iwailowitsch an deiner Seite ist. Aber erzähle weiter, ich muss die ganze Geschichte wissen. Wie hast du es zustande gebracht, dass man dich verurteilen konnte?“
„Das war wirklich nicht schwer“, sagte der junge Fürst mit zuckenden Lippen. „Und nicht nur meine Jugend war Schuld daran, ein jeder hätte so gehandelt wie ich. Wenn einem mal die Galle überläuft, dann kann man nichts mehr tun. Aber ich will weiter erzählen. Nach acht Tagen wurde ich endlich aus meinem Gefängnis entlassen. Die Kost war so schlecht gewesen, dass selbst ein Hund sie nicht angerührt hätte. Ich war bei Gott matt und hinfällig und konnte mich kaum auf den Beinen halten, als man mich holte. Ich wurde wieder vor den Oberst geführt.
,Nun‘, höhnte er. ,Hat sich jetzt dein heißes Blut ein wenig abgekühlt?‘ Nein, er kannte kein Mitleid, im Gegenteil, es schien ihm noch mächtig Spaß zu machen, mich so elend zu sehen. Ich hielt meine Gedanken zurück, und biss die Zähne zusammen, auch wenn mich meine Wut fast umbrachte. Ich spürte aber rechtzeitig, dass er mich nur herausfordern wollte, denn er reizte mich immer wieder. Aber ich tat ihm den Gefallen nicht. Ohne noch ein Wort an mich zu richten, ließ er einen Unteroffizier kommen, dem er befahl, mich einzukleiden und im Dienst zu unterrichten.
,Bei der geringsten Widerspenstigkeit des Burschen‘, sagte er höhnisch, ,wird mir Rapport erstattet. Hörst du, Maximitsch?‘ Der Mensch, der mein Lehrmeister werden sollte, nickte grinsend und warf dem Obersten einen Blick zu, der mich schaudern machte.“
„Na, das hübsche Früchtchen hat dich wohl arg in die Mangel genommen, wie?“, wollte Peter wissen.
„Er hat mich gemartert wie ein Henker, er hat mich beschimpft, verflucht und geschlagen wie einen Hund, mich, einen Fürstensohn“, sagte Fedor mit zuckenden Lippen. „Und ich habe alles geduldet, alles gelitten, was ein menschliches Herz zu dulden vermag.“
Schnee wirbelte auf, und vor Fedors Augen breiteten sich im Mondlicht die weiten, traurigen Öden der sibirischen Wüste aus. Olga, dachte er und blickte zum Himmel. Olga, wenn du mich jetzt sehen könntest! Ich bin ein Gefangener! Und nur, weil mein Onkel mein Hab und Gut haben will. O Olga, was wird er mit dir tun? Ich mag nicht daran denken, ich darf einfach nicht daran denken, sonst werde ich noch irr!
„Aber, Iwailowitsch, zuletzt vergaß ich mich doch. Ich war der Jüngste unter zehn oder zwölf Rekruten, die, wie ich, ihren ersten Unterricht empfingen. Sie waren alle ungeschickter als ich, aber sie empfingen keinen Schlag, kein Scheltwort, während ich täglich, ja, stündlich geschlagen, gestoßen und misshandelt wurde. Sie durften ruhen, wenn die Übungszeit vorbei war. Ich musste immer weitermachen. Oft war ich so matt und erschöpft, dass ich kaum noch das Gewehr zu tragen vermochte.“ Der junge Mann legte die Hände vor das Gesicht. „Lass mich, Peter, ich kann nicht mehr weitererzählen. Es war zu schrecklich. Ich will nur noch den Schluss erzählen. Der Oberst kam zu uns, um den Übungen zuzusehen. Eines Tages, als Maximitsch mich wieder bis zur Verzweiflung gemartert hatte, kam er. Ich ging zu ihm und sagte: ,Herr, dieser Mensch ist ein Unhold. Er martert mich bis zum Tode, und ich will ihm nicht länger gehorchen.‘
Nie werde ich die teuflische Freude vergessen, welche aus seinen Augen blitzte, als er mich so reden hörte. Ohne mir zu antworten, ließ er mich greifen und auspeitschen. Nachdem er mich so gepeinigt hatte, befahl er, mich wieder in den Kerker zu werfen. Aber ehe der Befehl ausgeführt werden konnte, ergriff ich meine Büchse und richtete sie auf den Obersten. Aber bevor ich überhaupt losdrücken konnte, war Maximitsch über mich und schlug mich zu Boden.
Mehrere Tage lang schwebte ich in Lebensgefahr. Und dann kam der Oberst zu mir und las mir den Befehl der Zarin vor: Auf Lebenszeit zur Verbannung nach Sibirien.
Das ist meine Geschichte, Peter Iwailowitsch. Und jetzt lass mich schweigen! Ich kann nicht mehr. Ich bin am Ende, ich habe keine Kraft mehr. Vielleicht wäre es doch besser gewesen, du hättest mich den Wölfen überlassen.“
Weiter flog der Schlitten, ...