Читать книгу Ich liebe Sie, mein Fürst! Fürstenroman Sammelband 3 Romane - G. S. Friebel - Страница 9
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ОглавлениеFürst Iwanow Russky betrat das Zimmer. Hochaufgerichtet stand er da und blickte auf die beiden jungen Menschen herab. Seine dunklen Augen waren kalt und leer. Hinter ihm stand in demütiger Stellung sein Sekretär Petrowitsch.
Ein verächtliches Lächeln schürzte die Lippen des Fürsten. Wasil den Diener übersah er ganz. Seine Blicke glitten schnell über die Figur des Mädchens. Ein Leckerbissen, bei Gott, dachte er, und noch dazu völlig unschuldig. Nur dieser Madonnenblick, der ist nicht nach meinem Geschmack. Dieser Gimpel hat sie eigentlich gar nicht verdient. Nun denn, der Schwager wusste sich immer die besten Kartoffeln zu holen. Und das kleine Dingelchen hat eine ganz hübsche Erbschaft gemacht.
„Bist du bereit?“, herrschte er den Jüngling an.
Fedor stand langsam auf. Noch einmal blickte er Olga an, seufzte und strich ihr leicht über die Wange.
„Ich bin bereit“, erwiderte er dumpf.
„Ja, so ist es recht. Wenn man mir gehorcht, dann bin ich gütig, dann tue ich alles für dein Wohl, merke dir das.“
Fedor sagte nichts, blickte nur den alten Diener an. Dieser machte ein unmerkliches Zeichen mit den Augen.
„Ja“, sagte Fedor. „Ich weiß es jetzt zu schätzen.“
In dem Fürsten stieg die Freude hoch. Nun endlich hatte er es geschafft. War Fedor erst einmal fort von Petersburg, dann konnte er über das ganze Vermögen verfügen, und niemand würde sich ihm in den Weg stellen.
Listig lächelnd überreichte er dem armen Fedor einen Brief.
„Hier, lies die Zeilen, die ich an meinen Freund, den Obersten Pestuscheff nach Moskau geschrieben habe! Überzeuge dich, wie wohl ich es mit dir meine, und suche meine Fürsorge durch ein wackeres Benehmen zu vergelten. Ich möchte keine Klagen über dich hören. Merke dir, das geziemt sich nicht für einen Fürsten Tschernikow!“
Zögernd nahm Fedor das Schreiben und las Folgendes:
Mein lieber Pestuscheff, ich sende Euch hier meinen guten, lieben Neffen, aus dem Ihr einen braven Soldaten erziehen sollt. Haltet ihn, als wenn er mein leiblicher Sohn wäre, denn der Knabe ist wacker und hat nur einen einzigen Fehler, der sich gewiss bald verlieren wird. Dieser Fehler ist ein wenig Eigensinn und Starrköpfigkeit. Schont ihn und trachtet danach, dass Ihr ihn in eine männliche Festigkeit des Willens verwandelt, die jedem tapferen Krieger nur zur Ehre gereicht.
Der junge Fürst traute seinen eigenen Augen nicht, als er diese Zeilen las. Sollte er sich doch in dem Fürsten getäuscht, sollte er ihm allzu sehr misstraut, seine Absichten so ganz verkannt haben?
Fedor wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Er war wie vor den Kopf geschlagen. Schon wollte er sich freudig bedanken, als wieder sein Blick auf den Diener fiel. Nein, Wasil war nicht falsch, Wasil war sein getreuer Knecht.
Die Zukunft wird es mir zeigen, dachte er bei sich, und ich will immer auf der Hut sein. Vielleicht will er mir nur Sand in die Augen streuen.
„Nun?“, fragte der Fürst lauernd. „Warum so schweigsam? Willst du noch mehr? Ist der Brief nicht Empfehlung genug?“
„Doch“, sagte Fedor und reichte ihn dem Fürst zurück. „Doch, es ist eine gute Empfehlung.“
„Du siehst, ich denke nur an dein Wohl. Glaube mir, Moskau wird dir gefallen.“
„Mag schon stimmen“, erwiderte er einsilbig.
Der Fürst, ein wenig unwillig über diese dummen Antworten, wandte sich um und herrschte seinen Sekretär an: „Was stehst du hier herum? Soll der junge Fürst vielleicht warten, nur weil du so faul bist? Die Knute hättest du verdient, jawohl, und ich werde es mir überlegen, ob ich meinen Dienern nicht Bescheid sage, damit man dich züchtige.“
Petrowitsch dienerte tief und sah den Fürsten an.
„Entschuldigung, aber Ihr habt mir noch immer nicht gesagt, was ich tun soll. Sie sagten vorhin, komm mit, und ich ging mit. Nun stehe ich hier und warte auf Ihre Befehle.“
„Hier, du Gimpel, nimm den Brief und versiegle ihn! Du siehst doch, Fedor will abreisen. Er will den Brief mitnehmen. Marsch, beeile dich endlich! Im Nebengemach steht alles bereit.“
Petrowitsch lächelte tückisch. Nach einer tiefen Verbeugung entfernte er sich. Im Vorzimmer zerriss er das Blatt und nahm ein anderes Schreiben aus der Schublade. Der Fürst selbst hatte es dorthin gelegt. Und in diesem Schreiben stand Folgendes:
Mein lieber Pestuscheff, hier sende ich Euch einen jungen, bissigen Hund, dazwischen mir und einer großen Erbschaft steht, von der ein Teil Euch zufallen soll, wenn Ihr dafür sorgt, dass der trotzköpfige Jüngling nach Sibirien geschickt wird, wo wir nichts mehr von ihm zu fürchten haben. Sei schlau und vorsichtig wie immer, denn der Schein muss zu unseren Gunsten sprechen!
Petrowitsch lächelte und leckte sich über die Lippen. Das Huhn saß im Topf, und bald würde er es schröpfen. Der Fürst, dieser Narr, dachte er genüsslich. Wenn er glaubt, die Millionen wären für ihn, irrt er sich gründlich.
Er nahm den Brief, versiegelte ihn, kehrte in das Zimmer zurück und übergab ihn Fedor.
„Nicht jeder bekommt ein so ausgezeichnetes Empfehlungsschreiben, lieber Fedor. Ich würde dir raten, den Brief eigenhändig dem Obersten zu übergeben, damit er nicht womöglich verloren gehe. Und nun marsch, in Moskau erwarten dich gute Kameraden und ein treuer, väterlicher Freund; also Kopf in die Höhe und froh in die Zukunft geschaut, die nichts als eine Reihe von Vergnügen und Ehren in ihrem Schoße birgt.“
Fedor schluckte. Der Fürst schritt zur Tür, und seine Sporen klirrten.
„In ein paar Minuten will ich dich unten sehen, Fedor. Ich begleite dich bis vor die Stadt.“
Fedor sagte: „Ich komme sofort, lasst mich noch eine Minute mit Olga allein sein.“
Der Fürst zuckte die Schultern und knallte die Tür hinter sich zu. Sofort lief Fedor zu Olga und umarmte sie noch einmal heftig. Jetzt, wo sie endgültig Abschied nehmen musste, brachte das junge Mädchen keinen Ton über die Lippen. Schneeweiß saß sie da und starrte Fedor mit übergroßen Augen an, so, als wolle sie sagen, es ist nicht wahr, ich träume das alles nur. Du kannst nicht wirklich gehen, du darfst mich nicht verlassen.
Fedor küsste sie zärtlich, dann wandte er sich nach dem Diener um.
„Wie gern nähme ich dich mit, Wasil, hätte ich doch dann ein vertrautes Gesicht bei mir. Aber es darf nicht sein, und bestimmt will es der Fürst auch nicht. Wasil, bei der Liebe meines toten Vaters, wirst du nie meine liebe Olga verlassen. Du versprichst es mir, ihr Freund zu sein, sie wie ein Vater zu beschützen und umsorgen. Nur wenn ich weiß, dass du ein wachsames Auge auf sie hast, nur dann kann ich in Ruhe fortziehen. Denke daran, sie hat nur dich und sonst niemanden!“
Wasil war tief bewegt.
„Ich schwöre es dir, Fedor, mein Gebieter“, erwiderte der Greis. „Ich werde über sie wachen, man wird ihr kein Härchen krümmen, oder sie müssten zuvor mich totschlagen. Sei getrost, ich tue alles, und ihr Befehl wird immer ausgeführt. Lass das nur meine Sorge sein, Fedor! Gehe, und lass den Fürsten nicht warten!“
Den Degen nehmend schritt Fedor eilig zur Tür. Die junge Fürstentochter streckte ihm sehnsüchtig die Arme nach. Doch er blickte sich nicht mehr um. Er verließ das Gemach und lief nach unten in die weite Halle.
Die Troika stand schon vor der Tür. Unwillig blickte der Fürst auf. Er sprang hinein, wickelte sich in die Felle und blickte geradeaus. Der Fürst auf dem Pferde ritt neben dem Schlitten.
„O du“, murmelte Fedor leise vor sich hin. „Nicht die Fürsorge ist es, die mir als Geleit geziemt, sondern du willst dich davon überzeugen, dass ich auch wirklich aus der Stadt verschwinde, und nicht womöglich noch bei meinen Freunde vorspreche. Ich kenne dich jetzt!“
Weit draußen in der Steppe verabschiedete sich der Fürst. Es hatte wieder zu schneien begonnen. Bald waren die Spuren verwischt. Er saß hochaufgerichtet auf seinem Rappen und starrte gen Osten. Da hinten war er schon!
Ah, jetzt brauchte er nichts mehr zu befürchten. Und wenn er erst mal die Nachricht vom Tode Fedors in Händen hatte, nun, dann würde auch das kleine Täubchen sein werden. So ein hübsches Frätzchen würde er sich nicht entgehen lassen, und erst recht nicht das Geld! Böse auflachend gab er seinem Pferd die Sporen, dass es sich hoch aufbäumte, dann jagten sie der Stadt zu.