Читать книгу Die redende All-Einheit - Gabriele - Страница 13
Ein Wissenschaftler berichtet
ОглавлениеAllen physikalischen Phänomenen in der Natur liegen vier Grundkräfte oder, mit anderen Worten, vier fundamentale Wechselwirkungen zugrunde. Diese Grundkräfte sind: Gravitation, elektromagnetische Kraft, schwache Kernkraft und starke Kernkraft.
Von den Grundkräften kann der Mensch die Gravitation und die elektromagnetische Kraft im Alltag wahrnehmen. Die Gravitation sorgt für das Gewicht aller Lebewesen und Gegenstände und ist dafür verantwortlich, dass die Planeten in bestimmten Bahnen um die Sonne kreisen. Die elektromagnetische Kraft ist für die meisten alltäglichen Phänomene wie Licht, Elektrizität und Magnetismus, Chemie und vieles mehr verantwortlich.
Die Gravitation und die elektromagnetische Kraft besitzen eine große Reichweite und sind im ganzen Weltall wirksam, während die schwache und die starke Kernkraft eine äußerst geringe Reichweite haben und nur im Bereich eines Atomkerns wirksam sind. Die schwache Kernkraft ist für bestimmte radioaktive Zerfallsprozesse verantwortlich, unter anderem auch für atomare Prozesse in der Sonne (Kernfusion), mit deren Hilfe die Sonne ihre Energie erzeugt. Die vierte Kraft ist die starke Kernkraft, die für den Zusammenhalt von Protonen und Neutronen verantwortlich ist. Die starke Kernkraft hält die Welt im Innersten zusammen.
Bei den heute im Universum vorherrschenden Teilchenenergien besitzen die elektromagnetische, die schwache und die starke Kernkraft sehr unterschiedliche Eigenschaften. Bei kurzen Distanzen ist die starke Kernkraft etwa 100-mal stärker als die anderen Kräfte. Man kann in den Experimenten in Teilchenbeschleunigern nachweisen, dass die Stärken der drei Kräfte sich zunehmend aneinander angleichen, je höher die Teilchenenergien und damit auch die Temperaturen sind. Ab einer bestimmten Temperatur kommt es zu einer Vereinigung der elektromagnetischen und der schwachen Kernkraft, was man dann als elektroschwache Kraft bezeichnet. Das Standardmodell der Teilchenphysik geht davon aus, dass es ab einer bestimmten Temperatur und Energie auch zu einer Verschmelzung der starken Kernkraft mit der elektroschwachen Kraft kommt. Bei noch sehr viel höheren Temperaturen und Energien könnte sich dann aus allen vier Naturkräften eine einheitliche „Superkraft“ bilden.
Solche extremen physikalischen Bedingungen können nur beim Urknall aufgetreten sein.
Der Urknall
Der Urknall bezeichnet keine Explosion in einem bestehenden Raum, vielmehr versteht man unter dem Urknall im physikalischen Sinne den Anfangspunkt von Materie, Raum und Zeit.
Die meisten Astronomen gehen davon aus, dass das materielle Universum etwa vor 13,7 Mrd. Jahren mit dem Urknall begann. Das unmittelbare Urknallereignis selber kann physikalisch und mathematisch mit den uns bekannten Formeln nicht beschrieben werden.
Die Astronomen vermuten, dass zu Beginn des sichtbaren Universums ein sehr kleiner Raumbereich (kleiner als ein Stecknadelkopf) aus Raum-Zeit-Quanten-Schaum bestand.
Vermutlich dehnte sich innerhalb eines minimalsten Sekundenbruchteils nach dem Urknallereignis dieser winzige Raumbereich um riesige Dimensionen aus. Die Aufblähung des Universums war gigantisch. Man kann sich das in etwa so vorstellen, als würde sich ein Atom auf ca. 10.000 Lichtjahre ausdehnen. Ein Lichtjahr sind immerhin 9,5 Billionen Kilometer.
Die Wissenschaft hat natürlich nach Erklärungen gesucht, wie es zu dieser Aufblähung des Universums kam. Die meisten Astronomen gehen heute davon aus, dass ein sehr starkes Energiefeld, das sogenannte Inflatonfeld, die Ausdehnung bewirkt hat. Dieses Energiefeld hatte wohl eine abstoßende Schwerkraftwirkung, die mit dem wachsenden Raumvolumen immer weiter zunahm.
Am Ende dieser Aufblähung bestand ein sehr heißes Teilchengemisch mit Temperaturen, die bei rund 1029 (10 mit 29 Nullen) Kelvin lagen – also unvorstellbar hohen Temperaturen. Die anschließende Ära wird als die elektroschwache Ära bezeichnet. In dieser Phase traten die Fundamentalteilchen auf. Das Universum hat sich langsam immer mehr abgekühlt. Nach 380.000 Jahren wurde das Universum für Licht durchlässig. Aus dieser Zeit stammt die kosmische Hintergrundstrahlung, die heute durch Satelliten vermessen wird.
Als das Universum noch winzig klein war, müssen sich Quantenfluktuationen ereignet haben, die sich dann durch die Ausdehnung des Universums zu riesigen Größenordnungen aufblähten. Es entstanden im All Regionen mit mehr Teilchen und andere Regionen mit weniger Teilchen als im Durchschnitt. Innerhalb von einer Mrd. Jahre nach dem Urknall begann die Gravitation die ersten komplexen und massiven Strukturen aufzubauen.
Neueste Messergebnisse deuten darauf hin, dass es im Universum 100 bis 200 Mrd. von Galaxien gibt, die alle mehr oder weniger unserer Milchstraße ähnlich sind. Jede Galaxie besteht aus bis zu 200 Mrd. Sternen; die Gesamtzahl der Sterne im Universum dürfte, in Worten gesprochen, bei 20 Trilliarden Sternen liegen, das ist eine Zahl mit 22 Nullen.
Wenn jeder Stern im Universum einem Feinsandkörnchen entspräche, dann könnte man die gesamte Fläche Deutschlands einen halben Meter hoch mit Sand bedecken.
Lange Zeit glaubte man, mit dem Urknallmodell sozusagen den Schlüssel zum Verständnis des Universums gefunden zu haben. In den letzten Jahren zeigte sich aber zunehmend, dass viele Phänomene im Universum weder richtig erforscht noch verstanden sind. Ein Beispiel ist die dunkle Materie. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts entdeckten Astronomen bei der Beobachtung von Galaxien und Galaxienhaufen, dass deren Dynamik nicht aus der Menge der sichtbaren Materie zu erklären ist. Es muss deutlich mehr Materie im Universum geben als angenommen. Weil diese Materie kein Licht abstrahlt, nannte man sie dunkle Materie. Wie wir heute wissen, befindet sich um die Galaxien ein Hof aus dunkler Materie, der mindestens 10-mal so groß ist wie die Region, in der die Sterne kreisen.
Erst seit wenigen Jahren ist bekannt, dass sich unser Universum ganz anders entwickelt, als bisher angenommen wurde. Entgegen bisheriger Vorstellungen dehnt sich das Universum seit ca. 5 Mrd. Jahren immer schneller aus, was man als kosmische Beschleunigung bezeichnet.
Das Raumvolumen im All muss eine Art innere Energie besitzen, die stets nach außen drückt und versucht, das Universum größer werden zu lassen. Das Besondere daran ist, dass diese Kraft mit zunehmendem Volumen auch zunimmt. Es gibt noch keinerlei wissenschaftliche Erklärung für diese Energie, die man als dunkle Energie bezeichnet.
Man geht heute davon aus, dass das Universum nur zu 4,6 Prozent aus atomarem Material besteht, das wir auch sehen können. Etwa 23 Prozent sind dunkle Materie, knapp 73 Prozent entfällt auf die dunkle Energie.
Wenn die dunkle Energie im Universum die Oberhand behält, wovon Astronomen ausgehen, kommt es zu einer völligen Auflösung aller materiellen Bausteine. Selbst die schwarzen Löcher werden dann vermutlich zerstrahlt; es gibt dann nur noch eine minimale Strahlung.
Wenn aus irgendwelchen Gründen die Schwerkraft im All die Oberhand gewinnen sollte, würde sich das Universum zusammenziehen und irgendwann ganz verschwinden.
Was war vor dem Urknall?
Die allgemeine Relativitätstheorie besagt, dass an einem Punkt in der kosmischen Vergangenheit die Welt ihren Anfang nahm. Fragen nach dem „Davor“ würden keinen Sinn machen. Das Urknallmodell beschäftigt sich mit der Frage, wie der Urknall stattgefunden hat. Sie fragt aber nicht nach dem Grund des Urknalls und stellt schon gar nicht die Frage, was zuvor war. Einige Astronomen und Physiker geben sich mit dem Urknallmodell nicht zufrieden und haben ganz andere Ideen entwickelt.
Es gibt z.B. das Modell eines Urschwungs: Vor unserem Universum bestand ein anderes Universum, das von Quantenfeldern erfüllt war und aus reiner Energie bestand. Andere mathematisch-physikalische Modelle gehen von zyklischen Universen aus. Der Endzustand eines Universums führt automatisch wieder zu einem Neuanfang in Form eines Urknalls.
Physiker haben sich immer wieder gewundert, dass unter den vier Fundamentalkräften der Physik die Gravitation mit großem Abstand die schwächste aller Kräfte ist. Eine Hypothese ist, dass die Gravitation sozusagen in ein Paralleluniversum einsickert und sich dadurch in unserem Universum ausdünnt.
Zusammenfassend kann man Folgendes sagen: Nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand dürfte unmittelbar zum Zeitpunkt des Urknalls eine einheitliche Kraft bestanden haben, aus der sich als erstes die Gravitation abspaltete und im weiteren Verlauf dann die anderen Grundkräfte.
Die vier Quantenzahlen
So wie für die Physik die vier Naturkräfte eine herausragende Rolle spielen, so haben für die Chemie die vier Quantenzahlen eine zentrale Bedeutung.
Als man den Aufbau eines Atoms erforschte, wusste man recht schnell, dass der Atomkern aus Protonen und Neutronen besteht. Um den Kern herum kreisen die Elektronen. Die Elektronenhüllen der Atome spielen für chemische Reaktionen und Verbindungen eine zentrale Rolle. Es dauerte viele Jahre, bis man den Zustand der Atomhülle befriedigend beschreiben konnte.
Um ein Elektron richtig beschreiben zu können, benötigt man vier Quantenzahlen: die Hauptquantenzahl, die Nebenquantenzahl, die Magnetquantenzahl und die Spinquantenzahl.
Eine wichtige Gesetzmäßigkeit in der Chemie und Physik besagt, dass in einem Atom nie zwei Elektronen auftreten können, die in allen vier Quantenzahlen übereinstimmen. Jedes Elektron hat also eine eigene Prägung, das heißt ein eigenständiges Quantenzahlmuster.
Vier Basen bestimmen den genetischen Code.
Die Desoxyribonukleinsäure (DNA) ist der Träger der genetischen Information bei fast allen Lebensformen. Nur einige wenige Virusarten verwenden die Ribonukleinsäure (RNA) als Informationsspeicher. Für die Speicherung und Codierung der genetischen Information sind nur vier Moleküle notwendig, die man als Nukleinbasen bezeichnet: Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin. Eine Dreiergruppe aufeinanderfolgender Nukleinbasen ist der Code für eine Aminosäure. Aminosäuren sind bekanntlich die Bausteine sämtlicher Eiweiße. Die Natur benötigt also nur vier verschiedene Moleküle zur Verschlüsselung der Informationen des Erbguts. Bemerkenswert ist, dass der genetische Code bis auf wenige Ausnahmen für alle Lebewesen gleich ist. Alle Lebewesen bedienen sich also derselben genetischen Sprache.
Vier-Elemente-Lehre
In der Medizin der Antike wurde die sogenannte Vier-Säfte-Lehre entwickelt, die bis Ende des 19. Jahrhunderts dominierend für die Naturwissenschaften und die damalige Medizin blieb. Die vier Körpersäfte waren: Blut, gelbe Galle, schwarze Galle und Schleim. Diesen Flüssigkeiten wurden auch entsprechende Temperamente zugeordnet: Phlegmatiker, Sanguiniker, Choleriker und Melancholiker.
Die Temperamentenlehre inspirierte sogar bis ins 20. Jahrhundert die Persönlichkeitspsychologie. Die antiken Ärzte (z.B. Hippokrates von Kos, Galenos von Pergamon) verstanden unter Gesundheit eine harmonische Mischung der Körpersäfte. Nach ihrem Verständnis entstanden Krankheiten durch eine fehlerhafte Mischung dieser vier Substanzen.
Wichtige Biomoleküle haben Viererstruktur.
Es gibt eine Gruppe von Naturstoffen, die eine ausgeprägte Viererstruktur in ihrem Aufbau aufweisen. Diese Stoffe nennt man Porphyrine; sie bestehen aus vier symmetrisch angeordneten Ringmolekülen. Zur Gruppe der Porphyrine gehören ganz wichtige Moleküle, z.B. der rote Blutfarbstoff Hämoglobin, der rote Muskelfarbstoff Myoglobin, elektronenübertragende Proteine in den Kraftwerken der Zelle, Enzyme zur Entgiftung freier Radikale. Die auf der Erde am häufigsten vorkommende Verbindung dieser Art ist das Chlorophyll der Pflanzen. Mit Hilfe dieses grünen Pigments kann die Pflanze das Sonnenlicht als Energiequelle zur Bildung von Traubenzucker nutzen. Auch das Vitamin B12 hat einen ähnlichen molekularen Aufbau wie Hämoglobin. Interessant bei den Porphyrinen ist, dass im Inneren des Moleküls, eingehüllt von den vier Ringmolekülen, sich unterschiedliche Metalle befinden können, z.B. Eisen beim Hämoglobin, Magnesium beim Chlorophyll und Cobalt beim Vitamin-B12-Molekül. Die wichtigsten Moleküle für die Energiegewinnung sind bei allen Lebewesen ähnlich aufgebaut.