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WAS GANZ ANDERS WAR Vorwort

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Natürlich war nicht alles GANZ ANDERS. Aber doch sehr vieles. Franz Joseph war wirklich Kaiser von Österreich, »Sisi« war seine Frau und Kronprinz Rudolf der Thronfolger. Aber so manche Geschichte, die wir aus der Geschichte kennen, muss durch Erkenntnisse aus jüngerer und jüngster Zeit neu geschrieben werden. Franz Josephs »Seelenfreundin« etwa, die stets als treue Weggefährtin beschriebene Katharina Schratt, war dem Kaiser alles andere als treu. Durch vor Kurzem erst aufgetauchte Korrespondenzen können wir hier mehrere Affären der Schauspielerin belegen, die bisher unbekannt waren – und die genau in die Zeit ihrer Beziehung mit dem Kaiser fallen. Die eindeutigen Belege dafür werden hier zum ersten Mal in einem Buch veröffentlicht.

Angehörige regierender Häuser durften in früheren Zeiten weder eine private oder gar öffentliche Schule noch eine Universität besuchen. Auf Seite 70 findet sich ein prominentes Gegenbeispiel: Der jüngere Bruder Kaiserin Elisabeths, Herzog Carl Theodor in Bayern, war ein überaus angesehener Facharzt für Augenheilkunde und zählt zu den Pionieren der Staroperation. Apropos Sisi: Sie und ihre Schwiegermutter werden in Biografien und in Filmen gerne als erbitterte Gegnerinnen dargestellt, die sich bis aufs Blut bekämpften. Jedoch: Auch das war anders. Die vor nicht allzu langer Zeit entdeckte Korrespondenz der Erzherzogin Sophie wirft ein völlig konträres Bild auf diese Beziehung.

Bis vor Kurzem war man überzeugt davon, dass John F. Kennedy ein einziges Mal in Österreich war, als er nämlich im Juni 1961 in Wien Kremlchef Nikita Chruschtschow traf. Doch JFK war Jahre davor schon in Österreich gewesen, genau genommen in Kärnten. Was ihn damals an den Wörthersee trieb, erfahren Sie im Kapitel »Ein geheimnisvoller Besuch«. Zweieinhalb Jahre nach seiner offiziellen Wien-Visite als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wurde Kennedy in Dallas erschossen. Hier werden verblüffende Parallelen seiner Ermordung zu der eines seiner großen Vorgänger, Abraham Lincoln, zutage gefördert.

Bezüglich der bedeutendsten Direktoren der Wiener Staatsoper müsste man eigentlich meinen, dass sie mit Orden überhäuft und mit großen Dankesreden aus ihrem Amt geschieden sind, aber das Gegenteil ist der Fall: Viele von ihnen gingen – wenn auch aus sehr unterschiedlichen Gründen – im Streit und wollten mit Wien nichts mehr zu tun haben. Im Kapitel »Reicher als reich« geht es darum, wer im Jahre 1910 – berechnet anhand der Steuerunterlagen des k. u. k. Finanzministeriums – die bestverdienenden Österreicher waren. Dass sich in dieser Liste Namen wie Rothschild, Schoeller, Julius Meinl und Mautner Markhof finden, wird kaum verblüffen, dass auch der Komponist Franz Lehár und der Opernsänger Leo Slezak darunter waren, schon eher.

Meine wöchentliche Kolumne im Kurier, aber auch die Bücher mit zeitgeschichtlichen Inhalten, die ich im Lauf der Jahrzehnte veröffentlicht habe, bringen es mit sich, dass mich immer wieder Zeitzeugen, Historiker und Leser aus den verschiedensten Bereichen kontaktieren und mit bislang unbekannten Details aus der Geschichte versorgen. Das beginnt bei leichter Kost – wie im Kapitel über die einst schönsten Frauen Österreichs – und geht bis zu sehr tragischen Fällen: Als mir die Schwester der Dagmar Fuhrich die bisher unbekannte Geschichte hinter dem »Opernmord« des Jahres 1963 erzählte. »Der Opernmörder«, lautet ein Kernsatz, »hat nicht nur meine Schwester getötet, sondern meine ganze Familie.«

Auch ein Sohn des Theodor Rudolf Salvator Pachmann meldete sich bei mir. Sein Vater hatte in den 1960er- und 1970er-Jahren mehrere Prozesse gewonnen, mit denen amtlich bestätigt wurde, dass er ein direkter Nachfahre des Kronprinzen Rudolf ist. Ich ging der Sache nach – und ließ seine DNA und die seines Bruders mit der eines Mitglieds der Familie Habsburg vergleichen. Und gelangte auch hier zu einem verblüffenden Ergebnis, das zu dem Schluss führt: Es war wohl ganz anders.

Ein ganz anderer Grund als bisher angenommen ist es auch, der Ludwig van Beethovens Taubheit erklärt. Die Geschichte, wie zwei Wiener Ärzte die persönliche Tragödie des Musikgiganten anhand von drei Schädelknochen – die rund 150 Jahre nach seinem Tod auftauchten – klären konnten, kommt einem Krimi gleich. Dramatischer noch als vermutet verliefen auch Kindheit und Jugend des Malers Egon Schiele – nicht nur weil dessen Eltern seine frühen Werke verbrannten.

Im bevorstehenden Jahr 2014 wird es mehrere historische Schwerpunkte geben. So begann vor zweihundert Jahren das bis heute bedeutendste Treffen von gekrönten Häuptern, Politikern und Diplomaten in Österreich, bei dem – wie Sie dem Kapitel »Der Wiener Kongress. Eine Richtigstellung« entnehmen können – nicht nur getanzt wurde, wie uns immer so schön erzählt wird. Vor hundert Jahren brach mit der Ermordung des Erzherzogs Franz Ferdinand und seiner Frau Sophie der Erste Weltkrieg aus. Spricht man mit Nachfahren des Thronfolgers, erfährt man, dass auch er nicht so war, wie dies oft kolportiert wird.

Und: Hans Moser, dessen fünfzigster Todestag 2014 begangen wird, stand vor Kurzem im Mittelpunkt eines Theaterstücks, das ihn als Mitläufer der Nazis zeigt. Doch auch hier war manches anders als dargestellt – wundern Sie sich also nicht, wenn sich der große Nuschler in einem satirischen Zwischenspiel dieses Buches persönlich zu Wort meldet.

Ich wünsche mir, dass Sie die nun folgenden dreihundert Seiten als informativ und – dort, wo die Geschichte es zulässt – auch als unterhaltsam empfinden. Das jedenfalls soll, so hoffe ich, NICHT ganz anders sein als in den von mir bisher verfassten Büchern.

Georg Markus

Wien, im August 2013

Es war ganz anders

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