Читать книгу "… und er soll ein Romantiger sein!" - Georg Pachernegg - Страница 13

2.2. Dichtung und Wahrheit

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Überlegen Sie doch einmal kurz: Wann haben Sie eigentlich Ihre letzte Bewerbung auf eine Arbeitsstelle geschrieben? So richtig DIN - gerecht, mit schönem Foto und dem Lebenslauf mit Ihrem privaten und beruflichen Werdegang? Wehe, wenn dort früher irgendwelche Ungereimtheiten auftraten, wenn etwas vergessen worden war oder auch Unwahrheiten ans Licht kamen. Wissen Sie noch? Das konnte schwer ins Auge gehen und bedeutete meistens die ablehnende Antwort der Personalabteilung.

Dies hier ist zwar eine ganz andere Baustelle, aber sie ist doch irgendwie damit vergleichbar im Aufbau und hinsichtlich dessen, was man schreiben und was man besser weglassen sollte. Wir haben hier beim Profil eine Mischung aus einer Bewerbung (auf die freie Stelle an seiner Seite) und einer Stellenausschreibung (zur Neubesetzung der freien Position Ihres Begleiters). Die jeweilige Stärke der Persönlichkeiten von beiden potentiellen Partnern entscheidet darüber, zu welcher Seite das Pendel letztendlich ausschlägt.

Natürlich prüft niemand in Ihrem Börsenprofil, ob das, was Sie voll Überzeugungskraft da hinein geschrieben haben, so und nicht anders auch wirklich der Wahrheit entspricht (Sie glauben das alles beinahe ja schon selbst, stimmt's?). Gerade deshalb sollten Sie aber im Umkehrschluss auch nicht alles, was Sie in anderen Profilen lesen, komplett für bare Münze nehmen, sondern es mit Vorsicht genießen und lieber in der Schublade für Zielvorgaben und Wunschvorstellungen ablegen.

Sehr gern wird hier, natürlich von beiden Geschlechtern, hinsichtlich des Körpergewichtes, des Fitnesslevels, der Schulbildung, der Penisgröße, bei der Oberweite, dem Hüftumfang sowie noch an einigen anderen profilrelevanten Körperstellen die kleine Flügelmutter der Wahrheit etwas nachjustiert. Ein paar Grämmchen weniger, eine halbe Körbchengröße mehr, das nur noch mit chemikalischer Unterstützung zu übertönende Grau im Haar, die überschminkten Krähenfüße vom vielen Lachen oder das fünf Jahre alte Foto, wer merkt das schon?

Sie wären beileibe nicht die Einzige, die das täte. Lügen ist modern und zwar in jeder Lebenslage, nicht nur in den Partnerbörsen. Manche Frauen sollen ja insgesamt, sagt zumindest die „bz - online.de“, bis zu 180 Mal pro Tag lügen (na, das sagen gerade die Richtigen …), da werden wohl, statistisch gesehen, ein paar Profiltextlügen auch mit dabei sein. Aber es ist ja eigentlich nicht immer ein echtes, vorsätzliches Lügen, was diese Frauen betreiben, meistens liegt das Problem einfach im unterschiedlichen Sinnverständnis oder im nicht vorhandenen männlichen Abstraktionsvermögen begründet.

Sie als Frau von Esprit und Stil kennen sicherlich auch schon die oft hieraus resultierende Problematik, wenn nämlich Männer, offenbar gemäß ihrer Natur, die hinter den weiblichen Aussagen liegenden tieferen Bedeutungen nicht verstehen, sondern lediglich die gesagten: Diskussionen ohne Ende, der schale Beigeschmack des aneinander vorbei Redens oder Schweigens auf beiden Seiten und Ihr heimlicher Gedanke: „Ist der jetzt so blöd oder tut der nur so?“

Dabei entpuppt sich die zuerst erwähnte Art der Lüge, also die gezielte mit Täuschungsabsicht, als noch weitaus kontraproduktiver als die letztere, die ja wie gesagt eigentlich nur auf dem unterschiedlichen Verständnis einer Aussage basiert und woran der Mann wegen seiner doch eher einfach strukturierten Denkweise einen Großteil an Mitschuld trägt. Immerhin weiß aber jeder Mann, der jemals nach dem vorhin schon einmal erwähnten Motto: „Schatz, wir müssen reden!“ von seiner Partnerin eines dieser ernsteren Zwiegespräche verordnet bekommen hat (also eigentlich alle Männer), genau, dass zum Beispiel die Bedeutung von Sätzen wie „Ich bin nicht sauer“ so ziemlich genau das Gegenteil von dem ist, was man anhand des Wortlautes glauben würde. Einfach strukturierte Denkweise hin oder her.

Je mehr man mogelt oder besser, die Wahrheit beugt oder interpretiert, desto größer und peinlicher wird möglicherweise allerdings der Erklärungsbedarf, falls man einmal aus Versehen an wirklich mitdenkende Mitmenschen geraten sein sollte oder an solche, die sich an ein paar Einzelheiten aus Ihrem Profiltext erinnern konnten. Wenn Sie es zu doll treiben, glaubt ein potentieller Partner womöglich sogar schon beim ersten Treffen, er habe sich in der Tür oder der Treffpunkt - Laterne geirrt. Und gerade Sie wollen doch eigentlich auch dafür gemocht werden, wer Sie sind und wie Sie sind und nicht für das, was Sie sein möchten.

Aber Halt! So weit sind wir ja noch lange nicht, Sie müssen den armen Mann ja erst einmal kennenlernen.

„Erst wenn alle Hüllen gefallen sind, kann man sehen, wie groß die Oberweite wirklich ist.“

(alte irische Matrosenweisheit, jugendfrei eingedeutscht)



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