Читать книгу "… und er soll ein Romantiger sein!" - Georg Pachernegg - Страница 9
1.2. Unbegrenzte Möglichkeiten?
ОглавлениеWenn man wirklich den stets gern befragten und auch recht oft zitierten ‚(un-)gewöhnlich gut informierten Kreisen‘ Glauben schenken darf, wird es leider von Jahr zu Jahr immer schwieriger für eine eigentlich ja recht anspruchsvolle Frau wie Sie, dauerhaft ihren eigenen neuen Mr. Right zu finden. (Denn einen Herrn dieses Namens suchen offenbar sehr viele Frauen, er muss so etwas wie ein moderner Casanova sein und kommt wohl aus einem englischsprachigen Land.) Hier sei zu Ihrer Sicherheit noch einmal seine von „Isla“ aus Hannover ausformulierte Personenbeschreibung wiedergegeben, ich selbst hätte sie wohl kaum besser in Worte fassen können: „Mr. Right ist absolut ehrlich, tolerant, loyal und treu, tierlieb, humorvoll, spontan und gepflegt, steht mit beiden Beinen fest im Leben, ist freigiebig, zuverlässig und geistig und körperlich jung geblieben. Und natürlich kann er ausgezeichnet küssen.“
Kurz gesagt: Er muss, selbstverständlich, möglichst genau Ihren eigenen Vorstellungen und Wünschen entsprechen, denn Sie suchen ja einen Mann, der nicht schon nach dem klassischen rosaroten ersten Vierteljahr wieder mit fliegenden Fahnen und wehenden Rockschößen aus irgendwelchen Ihnen unerfindlichen Gründen („... Männer ...!“) das Weite sucht. Oder, noch schlimmer, dieses Weite gar von Ihnen gezeigt bekommen muss, damit er nur ja schneller weg ist und Ihre wertvolle Zeit durch seine unnötige Anwesenheit nicht unnötig verplempert.
Dieses statistisch gesehen doch recht bemerkenswerte, um nicht zu sagen höchst erstaunliche, Phänomen der wachsenden Suchschwierigkeiten bei gleichzeitig ständig größer werdendem Angebot hat leider eine schier unüberschaubare Vielzahl von möglichen Ursachen. Aus Platzgründen, und weil sie überdies gähnend langweilig sind, kann ich sie jedoch an dieser Stelle keinesfalls alle aufzählen oder gar kommentieren und gewichten. Da müssen Sie selbst einfach mal etwas im Internet forschen.
Eine, wie ich finde, sehr interessante Tatsache ist hierbei allerdings, dass zwar deutlich mehr Männer als Frauen ihr neues Liebesglück in einer Börse suchen (das Verhältnis ist laut Wikipedia ungefähr zwei Drittel zu ein Drittel), das durchschnittliche Bildungsniveau der Männer jedoch deutlich niedriger ist als das der Frauen: Die Mehrzahl der Herren besitzt nur einen Hauptschulabschluss, die Damen hingegen haben mehrheitlich eher ihr Abitur in der Handtasche. Daraus allerdings abzuleiten, dass Frauen ohne Abitur meistens zu dumm dazu seien, sich von ihrem Partner zu trennen und sich einen neuen, besseren zu suchen, halte ich trotzdem für sehr gewagt. Man muss sich ja nur umschauen, um festzustellen, dass das so nicht stimmen kann.
Es ist leicht nachvollziehbar, dass nur wenige Herren mit Hauptschule gern eine Frau haben möchten, die ihnen in puncto Schulbildung deutlich überlegen ist, das ist nicht so gut für das männliche Ego. Dass andererseits auch keine Frau wirklich daran interessiert sein kann, einen Partner zu bekommen, mit dem sie dann vielleicht nicht über alle für sie wichtigen Themen reden kann, beispielsweise Rosamunde Pilchers Leben und Werk, die Risiken und Chancen einer Wiedergeburt als Schmetterling oder die Finanzierung des geplanten Swimmingpools im Keller des Eigenheims, ist auch verständlich. Es sei denn, er hat sonst noch ganz bestimmte andere Qualitäten, etwa ein pralles Bankkonto.
Die Erkenntnis, dass ein höherer Schulabschluss, genauso wie Geld, nicht alles im Leben bedeutet, hat sich zwar im Allgemeinen schon durchgesetzt, nur im Speziellen eben noch nicht. Nämlich dann, wenn es nicht um andere Leute, sondern um die eigene Person geht, genauer gesagt darum, was die Umgebung denken könnte, wenn man mit jemandem zusammen wäre, mit dessen Schulbildung es nicht gar so weit her ist. Man vergisst dabei allerdings häufig, dass diese Umgebung oft selbst so dermaßen dumm ist, dass sie den doch recht deutlichen Unterschied zwischen Bildung und Intelligenz nicht kennt.
Diese Bilanz liest sich leider fast genauso ernüchternd wie die Liste der Möglichkeiten, die eine Frau in den besten Jahren noch hat, um trotzdem ein vorzeigbares Ergebnis ihrer Suche nach dem fehlenden Traumpartner zu erzielen. Bekam sie mit Vierzehn noch von schweißnassen Knabenhänden dauernd ebensolche Zettelchen zugesteckt, mit der ungelenk hingekritzelten Frage versehen: „Du, wollen wir zusammen gehen?“, wo sie nur noch „ja“, „nein“ oder „weiß nicht“ anzukreuzen brauchte und dann mit ihrer spontanen, unreflektierten Antwort einen ständig und grundlos puterrot anlaufenden, pickeligen Jüngling entweder halt- und besinnungslos glückstaumelnd machte oder ihn damit postwendend in den schieren Freitod trieb, sieht sie sich im nunmehr gesetzteren Alter von …, na ja, sagen wir mal Vierzig - plus, eher konfrontiert mit einer in nachgerade fast Schwindel erregendem Tempo geringer werdenden Zahl der ihr zugesteckten Zettelchen und gleichzeitig einer dafür aber umso stetiger wachsenden ernsthaften Konkurrenz durch garantiert weitaus unattraktivere Frauen als sie selbst eine ist. Sie hat es ja immer schon geahnt: alle Männer leiden an akuter Sehschwäche und einer ebensolchen Geschmacksverirrung. Aber so extrem? Wer hätte das gedacht?
Je nach der Art ihrer persönlichen Bedarfslage oder besser ihrer allgemeinen körperlichen oder seelischen Verfassung, ihres Selbstbewusstseins, je nach Alter, Körperumfang und Gewicht, je nach Geldbeutel, Anzahl der Kinder oder Frustfaktor kennt jede kluge Frau natürlich verschiedene mehr oder weniger Erfolg zumindest versprechende Wege, die sie gehen kann, um diesem eigentlich nach außen hin äußerst unwürdigen, wenn nicht sogar in mancher Leut's Augen blamablen und nach innen hin zutiefst ärgerlichen, der eigenen Wertschätzung und ihrer seelischen und körperlichen Ausgeglichenheit extrem abträglichen partnerlosen Zustand mit etwas Glück ein Ende zu bereiten.
War es früher der Tanztee, im Volksmund oft auch etwas spöttisch ‚Ball der einsamen Nerze‘ genannt, veranstaltet an jedem ersten Sonntag Nachmittag im Monat im Versammlungssaal der örtlichen evangelischen Kirchengemeinde, so ist es heute der regelmäßige, schminktechnisch sorgsam vorbereitete und akribisch durchgeplante, aber dennoch jedes Mal anscheinend total spontan und locker angegangene Besuch der Stammkneipe um die Ecke oder dieser angesagten Disco in der Altstadt. Oder das Gassi Gehen mit dem Hund des netten, allein lebenden Nachbarn in der leisen Hoffnung, er käme vielleicht irgendwann mal auf die Idee, sie zu begleiten. Oder eine stille Mitgliedschaft im örtlichen Pantomime-Workshop, im gemischten Kirchenchor oder im Schützen-, Laienspiel- oder Verschönerungsverein, die paar wertvollen Urlaubswochen (endlich!) allein auf Malle oder auch in St. Moritz. Oder vielleicht auch der ungehemmte, mit allen blank gezogenen Waffen und den sonstigen entblößten, beeindruckenden Argumenten einer schönen Frau gefochtene, kompromiss- und gnadenlose heimliche Flirt mit dem so attraktiven Ehegespons ihrer (zurzeit noch) allerbesten Freundin.
Sogar das neuerdings so häufig veranstaltete, von allen gefürchtete Speed - Dating probiert sie aus: einen Saal mit hundert Tischen, an jedem sitzt eine Frau einem Mann gegenüber, man hat fünf Minuten Zeit zum Reden, dann ertönt ein Gong, und gemäß dem uralten Prinzip „der nächste Herr, dieselbe Dame“ rücken die Männer einen Tisch weiter und das Spiel beginnt von vorn, verbunden mit der absurden Hoffnung beider Seiten, dass man auf diese Art einen interessanten Menschen kennenlernen möge, mit dem ‚es‘ vielleicht klappen könnte.
Alle diese Möglichkeiten interessieren uns jedoch hier an dieser Stelle nicht wirklich, denn sie haben leider eines gemein: Sie zeitigen zwar manchmal trotz ihrer so vollmundigen Heilsversprechungen zufällig einen Erfolg, aber in den meisten Fällen gar nichts. Sie bringen den Damen lediglich oft ganz zwangsläufig den Verlust ihrer besten Freundinnen ein und führen letztendlich über kurz oder lang, gelegentlich auch nur auf Um- und Irrwegen, zur letzten aller Optionen, zum offenbar einzigen noch gangbaren Weg: zu einer der vielen sogenannten Partner- oder auch Singlebörsen im Internet. Oder auf Wunsch auch zu mehreren: Es scheint nämlich, als würden täglich neue derartige Börsen eröffnet. Sind es inzwischen fünfzig, sind es schon hundert? Man weiß es nicht.
Findige und windige Geschäftemacher haben für jeden Geschmack das speziell passende Modell entwickelt: Börsen für Menschen, die heiraten wollen und für solche, für die das eher nicht infrage kommt, Börsen für die Dummen und für die, die nicht glauben wollen, dass sie dumm sind, Foren für die, die nur spielen, reden, verhauen, Fotos tauschen oder ganz bestimmte benutzte Anziehsachen ergattern oder loswerden wollen, natürlich auch eine für die putative akademische Elite unseres Landes, die, ist doch selbstverständlich, unter sich bleiben möchte.
Man findet im Netz Kontaktforen für evangelische Hörgerät - Trägerinnen und für katholische zweimal geschiedene Mönche, Internet - Treffs für Alte und für Übergewichtige und für alte Übergewichtige sowieso, aber sogar auch Börsen für Zyniker, Platoniker, Allergiker, Biker, Phonetiker, Agnostiker, Lethargiker, Asthmatiker, Legastheniker, Akribiker und wie sie sonst noch alle heißen mögen. Und sogar welche für die armen, bedauernswerten Opfer des Tourette - Syndroms, Ihr verfluchten Dreckschweine!
Um eine mögliche Interessenkollision zu umgehen, widme ich mich in diesem Buch bewusst nicht denjenigen Singleportalen, gern hinter vorgehaltener Hand Frischfleischbörsen genannt, die, offen und ohne einen Hehl daraus zu machen, ausschließlich auf die eine ganz bestimmte, an dieser Stelle ungenannt und auch nicht näher definiert verbleiben wollende Art und Weise zwischenmenschlicher Freizeitgestaltung abzielen. Ich beziehe mich nur auf diejenigen ihrer Art, die zumindest versuchen oder vorgeben zu versuchen, halbwegs seriös zu sein und ein bestimmtes Mindestniveau nicht zu unterschreiten. Bei allen anderen ist sowieso jedes Wort eines Ratgebers absolut überflüssig, sie sind selbsterklärend …
Falls Sie allerdings gerade zufällig im Begriff sind, sich für eine solche Sexbörse (oha, da habe ich es ja doch verraten) zu erwärmen, kann es immerhin nicht nur von Schaden sein, sich mindestens die Buchseiten über das Profilfoto und den Profiltext zu Gemüte zu führen. Ignorieren Sie dabei in diesem Fall lediglich sorgfältig alle meine Empfehlungen hinsichtlich einer eher nicht so provokanten Gestaltung Ihres Profils, sondern tun Sie genau das Gegenteil, dann wird der Erfolg Ihrer Suche bestimmt nicht auf sich warten lassen!
Die einschlägigen Tipps bezüglich der Qualität des verfügbaren Männermaterials oder der eventuell beim Suchen entstehenden und leider nicht auf den zukünftigen Partner abwälzbaren Kosten bei bestimmten Börsen werden stets teuer gehandelt. Und sie werden gern gespickt mit den spektakulärsten Erfolgs- oder den lächerlichsten Misserfolgsnachrichten aus dem persönlichen Umfeld, und zwar bei Kaffeekränzchen, Kita - Grillfesten, Tai Chi-, Selbstfindungs- oder Bastelgruppen, beim beliebten Volkshochschulseminar ‚Freies Kubanisches Trommeln Für Allein Erziehende Mütter‘ (jeden Mittwoch von 19:00 bis 21:00 Uhr in der kleinen Turnhalle der Biene - Maja - Grundschule, eigene Zigarren sind mitzubringen!), im örtlichen Piercing-, Tattoo-, oder Nagelstudio, übers hohe Gemüseregal hinweg und vor oder hinter den Eingangstüren von Schulen und Kindergärten, respektive in deren nikotingeschwängerten rauchgläsernen Raucherkabinen. Dabei wird aber, nach dem Motto ‚Keiner liebt mich und Schuld haben immer die anderen‘ geflissentlich und gern die immense Wichtigkeit der Art und Weise der Profilgestaltung einfach übersehen oder auch die objektive Qualität des eigenen Profils subjektiv hoffnungslos falsch eingeschätzt.
Man ignoriert gern, dass der süße, betörende Duft einer erfolgreichen Partnersuche im Netz am Wohltuendsten nur auf eine einzige Art und Weise geschnuppert werden kann, nämlich dann, wenn er durch eine positive und anspruchsvolle, aber dennoch angemessen selbstkritische Präsentation der eigenen Person zustande kam. Und nicht etwa durch die Internetvarianten des alten, immer wieder gern gespielten Gesellschaftsspiels Lügen und Betrügen oder ähnlicher Spielchen, die nach einem vergleichbaren Prinzip funktionieren. Und dabei sollte jede Frau das mit der nötigen Eigenleistung ja eigentlich selbst am besten wissen, denn jede hat ihrem Ex - Mann doch auch schon mindestens einmal, ach, was sage ich, hundertmal im Leben diesen ehernen, handgeschmiedeten Lehrsatz ins speckige und zerfledderte Hausaufgabenheft diktiert: „Wenn man wirklich ernsthaft etwas in seinem Leben verändern will, dann muss man bei sich selbst anfangen!“