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Kapitel 2 Kapitel 2

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Wie so oft kommt die Euphorie nach dem Motto:

"Wir gehen niemals als Band auseinander!"

Tja, Pustekuchen...schon war nix mehr mit Reggae, sondern jetzt kam Jazz. Die Zeit der Heroen wie David Sanborn, George Duke,

Lee Ritenour und Konsorten, brach plötzlich an.

Der Proberaum blieb, die Leute und Inventar nicht ganz. Aber dafür gab es dann die neuesten Verstärker und Effektgeräte. Überall wo Papi und Mami ihre Finger finanziell noch drin hatten, war dies möglich. Ich konnte mich nicht beklagen, mein Opa war sogar noch mit von der Partie und hatte mal eben zu Weihnachten 16.000 DM locker gemacht für seinen Liebling-Musiker-Enkel ! Irre, oder ? Ich fand´s toll..dazu kamen noch der Riesen-Oschi von Verstärker und ein Rhythmusgerät vom Allerfeinsten.

Einige Jahre zuvor hatte ich bereits mit der extrem schnell aufkeimenden Technik zu tun gehabt, einem Synthesizer, der heute wieder angesagt ist.

Wie sollte es anders sein, mit Steckpanel, vielen Kabeln und Weltraumsounds.

Leider für mich als Schüler noch zu unerschwinglich, aber ich durfte ihn mal in meinem Haus und Hof-Musikgeschäft des Vertrauens ausleihen, um eine 1 im Musikunterricht zu generieren. Echt klasse !!!

Dann kam so ein kaum auszuschlagendes Angebot in meinem Turnverein zur Fußball-Meisterschaftsfeier zu spielen. Na Ja, ich war jung und brauchte das Geld. Hihi.

Für 50 DM pro Stunde Anfang der 80er , wer kann da schon widerstehen ?

Also nahm ich meinen Cousin im Schlepptau und meinen Vater mit seinem Transporter um das Equipment anzukarren.

In den Pausen meiner Tätigkeit wurden dann die selbsterstellten Musikkassetten durch die Musikanlage gequält.

Das war jedoch nicht meine Profession, vor angeheitertem, bis zum Eichstrich und darüber hinaus gefülltem Publikum zu spielen. Zumal sich das eine oder andere Bäuerchen dann auch schon mal elegant auf der Bühne verewigte, auf der wir agierten. Uuaaahhhh:-(:-(

Ach war das schön, im zarten Alter von 15 im Weihnachtsgeschäft im Kaufhof im blauen Breitcordsakko, interessierten Kunden die wundervolle Welt der Heimorgeln, spielerisch live zu präsentieren.

Und dafür gab's sogar noch Geld. Ich meine es wären 5 DM die Stunde gewesen.

Also wie man sieht, war ich schon von klein auf immer bestrebt und in der Lage mit Musik etwas zu verdienen.

Heute, 40 Jahre später, ist das immer noch so.

Für die Musikszene hatte ich noch nicht das passende Alter, das kam erst Mitte der 80er Jahre und dann massiv auf mich zu. ich war nun in der Lage auch durch Hinzuverdientes in unserem Blumengeschäft als Fahrer für Auslieferungen und auch durch mein Lehrlingsgehalt andere Instrumente zu erwerben. Die große Orgel nahm ihren Hut und überließ dem ersten Synthesizer, einem Korg DW 8000, das Feld.

Das war ein Mega Teil und ich konnte die ersten Nächte nicht schlafen, zumal ich auch noch direkt neben dem Synthie nächtigte.

Damit begann meine kreative Phase und ich suchte immer nach neuen kompositorisch wertvollen Arrangements und Songs.

Interessant waren vor allem die Proberäume außerhalb des schönen, trockenen und relativ schallgedämmten Raumes, den ich in unserem Hause hatte. Das war die Luxusklasse, die Queen Mary 2 im Verhältnis zum Vergleich.

Es gab welche wie Nussschalen, also Boote, die ihren besten Jahre längst hinter sich hatten und für Brennholz noch getaugt hätten.

Wir hatten Proberäume in einem Fabrikkeller mit Plastikgeruch, einen Raum unter einer Kneipe, wo ausgerechnet während unserer Proben die Fässer für den Gerstensaft an uns vorbei rollten.

Man hätte das Geräusch aufnehmen und in der Produktion des Musikstückes verwenden sollen. Auch in einer Scheune unterm Spitzdach hatten wir Spaß und fühlten uns im Hochsommer passend, wie Grillhähnchen kurz vor dem Verzehr.

Es waren nur selten Räumlichkeiten in eigenen Häusern der Musiker zu beziehen, so wie in unserem Haus. Aber einmal hatten wir das große Los gezogen und einen Proberaum in einem UFO unser Eigen nennen dürfen.

Wahnsinn, der Einstieg war wie über eine Leiter in ein Raumschiff und der Raum war rund.

Echt krass, die Akustik war futuristisch, genau wie das Gebilde in dem wir uns befanden.

Ursprünglich waren die Teile als Wohnungen vorgesehen, aber konnten leider über Jahre in diesem Erzkonservativen Nest von Stadt nicht verkauft werden. Also blieben sie ungenutzt und verrotteten vor sich hin, bis wir kamen.

Dann gab es auch Räume ohne Fenster, ohne Lüftung und ohne Toilette. Wir spielten in Büroräumen, die ihre besten Zeiten auch hinter sich hatten und sogar unter einem Hallenbad im Ruhrgebiet, wo wir das Gefühl hatten das wir uns auflösen aufgrund des hohen Chlorgehaltes. Nun, wir haben überlebt...

Es gab tatsächlich auch Vermieter, die ohne jegliche Skrupel eine horrende Summe von uns für die Nutzung der Räumlichkeiten ohne Fenster und WC oder Wasser verlangt hatten.

Aber in den 80ern waren Proberäume so begehrt wie heutzutage McDonalds oder Burger King.

Irgendwie gibt es immer in jeder Stadt und in jedem Land einen Dreh-und Angelpunkt für die Kontaktaufnahme zu anderen Musikern und Bands.

Hier war es eine Jazzkneipe in der Innenstadt, wo wir uns fast täglich trafen, um einige Gehirnzellen zu vernichten und den neuesten und besten Jazz-Funk oder Jazz-Rock zu empfangen.

Immer kamen neue Leute dazu und stellten sich als Musizierende vor. Termin gemacht, los gelegt.

Es gab kaum Menschen in dieser Kneipe, die nicht irgendwie musikalisch oder künstlerisch begabt waren. Für mich und meine Kollegen natürlich ein gefundenes Fressen, denn angeklickt an eine Band mit Proberaum, war die Sorge schon mal eine weniger.

Über Umwege, die ich heute kaum noch nachvollziehen kann, landete ich im Ruhrgebiet in einem Tonstudio. Der erste Versuch im Bereich der Produktion mit einer eigenen Komposition Fuß zu fassen. Der Studiotag von ca. 7 Stunden kostete mich schlappe 750 DM.

Der Hammer für 1986. Aber egal, ich wollte eine professionelle und qualitativ hochwertige Aufnahme meines Könnens auf Band besitzen.

Der Studioleiter war ein echtes Original : " Hömma Kollege, da muss noch wat klangvolles bei, verstehse ?"Ich liebe diese Originalität, damals war es noch sehr neu und ungewohnt für mich, aber man hilft sich mit landestypischen Köstlichkeiten. Mantaplatte rot-weiß oder Asischale oder die allseits beliebte Kurzform CPM.

Im vergangenen Jahr hatte ich Peter nach langen Jahren wieder mal besucht und wir haben alles Revue passieren lassen und Tränen gelacht. Die Trinkhalle aus jener Zeit und der Currytempel waren mittlerweile weggebeamt worden.

Nach der Soloproduktion, oder sogar währenddessen, hatten sich auch der eine oder andere Musikerkollege im Studio eingefunden und so entstand direkt der Kontakt und die Idee für ein Ensemble im Stile von Bon Jovi.

Im kommenden Jahr war es dann soweit. "Unchained".

Gesang, Bass, Drums, Gitarre und Keyboard, fertig.

Unser Peter wollte uns gerne ganz groß rausbringen und war bereit uns ohne Kost und Logis für ein halbes Jahr zu produzieren. Demnach lebten wir in dieser Zeit überwiegend von Musik, Bier, CPM, Kippen und unorthodoxem Schlafritual.

Nachmittags um 4 ging's los, bis morgens um 4..dann in die Falle usw.

Das war schon cool und wir haben einige wirklich schöne und kraftvolle Stücke produziert.

Es war April und wir hatten das große Glück, vielmehr ich hatte das Glück im Ruhrgebiet zusammen mit der Band im Haus gegenüber des Tonstudios logieren zu dürfen. Natürlich fuhr ich auch mal ab und zu nach Hause, damit die Familie mich noch in Erinnerung behielt.

Ich bin mir sicher zu der Zeit besaß ich einen roten Ford Fiesta, der mich auch nicht im Stich ließ während des halben " Auslandsjahres".

Nach der langen Anreise von fast 80 Kilometern wurde erst mal ein Bierchen geköpft oder auch 2 oder 3, damit man den Straßenstaub besser wegspülen konnte.

Da alle anderen Bandmitglieder in der näheren Umgebung wohnten, waren wir schnell komplett und glühten flüssigkeitstechnisch erst mal richtig gut vor.

Im Regieraum war relativ wenig Platz und aus bautechnischen Gründen war es nicht möglich auch den Aufnahmeraum gegenüber zu integrieren, also befand sich dieser im Keller des Studioanbaus. Demnach gab es nur eine Sprechverbindung zwischen den Räumlichkeiten, aber keine Sichtverbindung. Man konnte sich daran gewöhnen, denn alle technischen Informationen kamen ja ungefiltert oben an.

Es ging uns gut, wir hatten uns und unsere Musik und die Kreativität Göttern gleich, etwas Großes zu erschaffen.

Nur leider kam es nicht ein Einziges Mal zu einem Live Gig, sondern nur zu zahllosen unter anderem auch sehr lustigen Besuchern in unseren Räumlichkeiten.

Die ganze "Hautevolee" des Ruhrgebietes gab sich in Peters Studio ein Stelldichein.

Nach einigen Wochen hatten wir ein Programm von ca. 1,5 Stunden zusammengestellt und hätten auftreten können. Egal wo, in Egons Currytempel oder Helgas Lockenparadies von mir aus auch im Löwenpark Westerholt, ohne Löwen.

Keine Chance.

Die Jungs wollten größer hinaus und das bereitete mir extremes Kopfzerbrechen. Wir hatten nicht offen darüber gesprochen, da an manchen Wochenenden das bernsteinfarbene Material auch nur so in einer Tour durch unsere Kehlen geronnen ist.

Dann eines schönen Tages bei einer Probe kamen die Herren mit der Wahrheit heraus.

" Wir müssen auf uns aufmerksam machen und uns zu 100 % vermarkten."

Aber wir sollten doch erst mal überregional live unser Publikum aufbauen und unsere Popularität festigen," warf ich ein.

" Ach Quatsch," sagte unser Bassist," wir müssen Fotos machen und ein Demoband und das direkt an eine große Plattenfirma schicken."

Ich dachte damals schon, noch bevor es die Fanta 4 gab :" ihr seid verrückt, ich will auf die Bühne und das Publikum spüren.

Doch ich hatte keine Chance, aber ich sollte dann einen Sponsor oder Manager oder beides besorgen, dafür war ich dann wieder gut.

Nun kannte ich in meiner Heimatstadt ja schon viele wichtige Leute, aber keinen, der bereit war Geld oder Zeit in eine Band zu investieren.

Nebenbei bemerkt wollte ich doch nur mit den Jungs auf Tour gehen und spielen, spielen, spielen..Uns feiern lassen und Spaß haben, natürlich auch damit ein wenig Kohle verdienen.

Gerne erinnere ich mich auch daran, wie es konkret wurde und ich einen Manager gefunden hatte, der uns einen Aufenthalt in einem Fotostudio in Köln und einen Trip zu Virgin Records nach London ermöglichen wollte.

An dieser Stelle sei gesagt, dass dieser lustige Kerl von Manager auch noch auf Papas Tasche lag und wahrscheinlich dessen Portokasse geplündert hatte , um uns zu featern.

Ich sackte ihn ein und nahm ihn mit ins Studio, um ihn den Jungs vor zu stellen.

Er bekam auch sofort einige Live-Kostproben, damit er direkt wusste, wo die musikalische Reise hinging und das sein Geld sehr gut angelegt war.

Wir organisierten gemeinsam und hatten schnell unseren Ablaufplan geschmiedet.

Es sollte nach Köln zu einem Profifotografen gehen, der speziell für Bandfotografie ausgerüstet war. Jedoch musste jeder vorher noch mal zum Friseur.

Der Studiotag war absolut spitze; hätte nicht gedacht dass wir hinterher aussehen wie die Teletubbies oder intergalaktische Sternenkrieger und ihre Stormtrooper.

Bis zu dem Tag hatte ich noch nie zuvor Profifotos von mir machen lassen.

Ein schöne neue Erfahrung die man da macht.

Die ganze Aktion von ca. 3 Stunden posieren und knipsen kostete unseren vermeintlichen Manager ca.1000 DM.

Wir bekamen Fotos und Dias unmittelbar nach der Aktion und fuhren sehr glücklich und motiviert wieder ins Studio.

Noch heute erinnere ich mich gerne daran wie stolz wir waren und das wir uns wie eine international bekannte Rockband fühlten ,wie Stars halt und auch genauso wirkten.

Nun kam die nächste Planungsphase, wie geht's weiter. Ich hatte mich nicht rausgehalten, ich bemerkte : " Jetzt brauchen wir noch eine passende Bandinfo zur Historie und Personen."

"Nach Möglichkeit in Farbe und vernünftig gedruckt, auf bestem Papier."

Da waren wir uns einig. Unser Bassist, der Ulli, arbeitete zufällig in einer Druckerei in der Rotation, somit war dieses Problem auch bereits gelöst.

Dann kann die elementar wichtigste Frage auf : Wer will das wissen und wen kann man davon mit Bild und Tonmaterial überzeugen ?

In der Tat nicht so einfach.

In den 80er Jahren schossen die Bands wie Pilze nach einem warmen Sommerregen aus dem Boden. Jeden Tag 100 neue in unserer Republik.

Aber wir waren ja etwas Besonderes, wir waren UNCHAINED und wollten die Welt rocken.

Im Grunde genommen wollten wir da hin, wo die ganz Großen schon waren und unser selbst ernannter Manager hatte eine grandiose Idee.

" Virgin Records in London ", sagte er. " Da sind die Großen unter Vertrag und haben ihre goldenen Schallplatten hängen."

"Ja nee, is klar und wie kommen wir da hin und wer ?"

" Wofür habt ihr einen Manager, Jungs ?"

Stimmt genau, dann sollte er mal machen. Wir waren alle noch motivierter als vorher und stießen darauf an. In den nächsten Tagen sollte die Planung abgeschlossen sein und die Firma Virgin Records bekam vorab ein Telex mit einer Ankündigung des Besuches. Ebenfalls wurde mit dem zuständigen Vertriebsmanager in London eine ungefähre Zeit vereinbart.

Jetzt wurde es endlich mal konkret und ernst. Wer sollte mit nach London, natürlich ich. Aber nicht mit dem Flieger, sondern mit einem Leihwagen aus Good Old Germany auf die Fähre von Calais nach Dover. Na super, dachte ich.

9 Stunden Überfahrt und auch noch mit der Fährgesellschaft, die im März des laufenden Jahres 193 Passagiere beim Untergang mitgenommen hatte.

Der Plan war wie folgt...

Da ich besser Englisch sprechen und verstehen konnte und das solventeste Auftreten besaß, musste ich mit und mich um die Konversation kümmern.

Unser Manager war der englischen Sprache ebenfalls nicht mächtig, also war ja alles klar.

Ich war voller Vorfreude, da ich nie zuvor in England gewesen war...

Ein Leben als Doppelgänger - eine unterhaltsame Musikbiografie

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