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Viertes Kapitel
ОглавлениеAls der Vater Caillaud sah, dass man ihm den stärksten und tätigsten der Zwillinge zuführte, war er hoch erfreut darüber und empfing ihn mit großer Freundlichkeit. Er wusste recht gut, dass es viel gekostet haben würde, bis man zu einem Entschluss gekommen war, und da er ein wackerer Mann und ein guter Nachbar war, der mit Vater Barbeau auf freundschaftlichem Fuße stand, bot er alles aus, den jungen Burschen durch ermunterndes Entgegenkommen zu ermutigen. Er ließ ihm rasch die Suppe vorsetzen und einen Krug Wein dazu, um ihm den Sinn wieder aufzufrischen, denn es war leicht zu erkennen, dass der Kummer ihn drückte. Dann nahm er ihn mit hinaus, um die Ochsen anzuspannen und zeigte ihm, auf welche Art er dies zu tun pflege. Aber, wahrlich, Landry war kein Neuling in diesen Dingen; sein Vater besaß ja selbst ein stattliches Ochsenpaar, das er schon oft angeschirrt und zum Staunen aller, ausgezeichnet geführt hatte. Sobald er die großen Ochsen des Vater Caillaud erblickte, welche von der größten und schönsten Rasse, und die am besten gepflegten und am besten genährten in der ganzen Gegend waren, fühlte er, wie es seinem Stolz schmeicheln würde, ein so schönes Gespann mit seinem Stachel leiten zu dürfen. Und dann machte es ihm auch Freude zu zeigen, dass er weder ungeschickt noch feige sei, und dass man ihm nichts zu zeigen brauche, was er nicht schon verstehe. Sein Vater unterließ nicht, ihn zu loben und seine guten Eigenschaften herauszustreichen; und als es nun Zeit geworden war auf die Felder hinauszugehen, kamen alle Kinder Vater Caillauds, Knaben und Mädchen, groß und klein, freundlich herbei, den Zwilling zu begrüßen. Das jüngste von den Mädchen befestigte mit Bändern einen Blumenzweig an seinem Hut, weil dies der erste Tag seines Dienstes war, den die Familie, bei der er einstand, wie einen Festtag feiern wollte. Sein Vater gab ihm noch, bevor er sich zur Heimkehr anschickte, in Gegenwart seines neuen Herrn einige Ermahnungen, worin er ihn anwies, diesen in allen Dingen zufriedenzustellen und das Vieh mit derselben Sorgfalt zu pflegen, als ob es sein eignes wäre.
Landry versprach sein Möglichstes zu tun und zog dann an die Arbeit hinaus. Er hielt sich tapfer und arbeitete den ganzen Tag über tüchtig, und nach der Rückkehr vom Feld hatte er großen Appetit. Es war das erste Mal, dass er so streng gearbeitet hatte, und ein wenig Ermüdung ist das beste Mittel gegen Kummer.
Der arme Sylvinet war unterdessen auf dem Zwillingshof viel übler daran. Dies war nämlich, wie hier gesagt werden muss, der Name, den man im Marktflecken la Cosse dem Anwesen des Vaters Barbeau seit der Geburt der beiden Knaben gegeben hatte; umso mehr, da einige Zeit später auch eine Magd des Hauses ein paar Zwillingsmädchen geboren hatte, welche freilich tot zur Welt gekommen waren. Da nun die Bauern stark darin sind, allerlei Geschwätz aufzubringen und Spitznamen zu erfinden, hat das Haus mit den dazu gehörenden Grundstücken den Namen: ›Der Zwillingshof‹ erhalten; und überall, wo Sylvinet und Landry sich blicken ließen, wurden sie von der Dorfjugend mit dem Geschrei empfangen: »Seht da! die Zwillinge vom Zwillingshofe!«
Der erste Tag der Trennung wurde auf dem Hof des Vaters Barbeau in großer Traurigkeit verbracht. Sobald Sylvinet erwachte und seinen Bruder nicht mehr an seiner Seite fand, ahnte er die Wahrheit; aber er konnte doch nicht begreifen, dass Landry so ohne Abschied von ihm zu nehmen, fortgegangen sein könne. Sylvinet war deshalb bei alle seinem Schmerz etwas böse auf seinen Bruder.
»Was kann ich ihm nur getan haben?« fragte er seine Mutter, »und wodurch sollte ich ihn wohl erzürnt haben? In alles, was er mir zu tun riet, habe ich mich stets gefügt. Wenn er nur sagte, ich solle in Gegenwart unserer lieben Mutter nicht weinen, habe ich die Tränen zurückgedrängt, wenn auch der Kopf zu springen drohte. Er hatte mir versprochen, dass er nicht fortgehen wolle, ohne mir vorher noch einmal Mut eingeredet zu haben, und ohne mit mir am Ende des Hanfackers zu frühstücken, grade an der Stelle, wohin wir sonst immer miteinander gingen, um zu plaudern und zu spielen. Ich wollte ihm seine Sachen zusammenpacken und ihm mein Messer schenken, das viel besser ist als das seinige. Nun hast du ihm wohl gestern Abend seine Sachen gepackt, ohne mir etwas davon zu sagen, und du wusstest also darum, liebe Mutter, dass er fortgehen wollte, ohne mir Adieu zu sagen?«
»Ich habe nach dem Willen deines Vaters gehandelt«, lautete die Antwort der Mutter.
Und sie sagte ihm dann alles, was sie nur ersinnen konnte, um ihn zu trösten. Er aber wollte auf nichts hören, und erst als er bemerkte, dass auch die Mutter weinte, bat er sie mit zärtlichem Kuss um Verzeihung, dass er ihren Schmerz vergrößert habe und gab ihr das Versprechen, dass er wenigstens bei ihr bleiben wolle, um ihr einen Ersatz zu gewähren. Sobald sie ihn aber allein gelassen hatte, um nach dem Geflügel zu sehen, oder die Wäsche zu besorgen, machte er sich fort und lief in der Richtung nach la Priche, ohne nur daran zu denken wohin er ging, ganz sich seinem Instinkt überlassend, wie der Tauber, der seinem Täubchen nacheilt, ohne sich um den Weg zu bekümmern.
Er würde in dieser Weise nach la Priche gekommen sein, wenn er nicht seinem heimkehrenden Vater begegnet wäre. Dieser aber nahm ihn bei der Hand, um ihn wieder mit zurückzunehmen und sprach zu ihm: »Wir wollen heute Abend zu ihm gehen. Dein Bruder darf bei der Arbeit nicht gestört werden; das würde seinen Herrn verdrießen, und überdies ist bei uns zu Hause die Mutter sehr betrübt, und ich rechne darauf, dass du sie trösten wirst.«