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Vorwort
ОглавлениеIn diesem Text geht es um staatliche Macht. Üblicherweise sprechen wir von drei Staatsgewalten. Als vierte werden die Medien oft bezeichnet. Die Kirchen als fünfte Gewalt im Staatsgefüge anzusehen, habe ich mir einfallen lassen, weil ihr Einfluss unübersehbar ist. Die Strukturen der Kirchen weisen diese zudem als Macht-Apparate aus. Ihren Einfluss werden wir auf absehbare Zeit hinnehmen müssen – wenn sie ihn nur nicht mit uralten Märchen begründen würden!
Über Macht im Staat zu schreiben, geht eigentlich gar nicht, ohne ausführlich auf wirtschaftliche Einflüsse einzugehen. National und international sind Konzerne, Banken und Finanzjongleure so mächtig, dass man zweifeln kann, ob die Regierungen und Parlamente überhaupt über eigene Gestaltungsspielräume verfügen. Ich habe dennoch dieses Thema ausgespart. Es ist so umfangreich, dass es hier keinen Raum hätte und ich es ohnehin nicht bewältigen könnte. Mit einer pauschalen Kapitalismuskritik wäre es ja nicht getan.
Wir Bürgerinnen und Bürger sollten uns dafür engagieren, die staatlichen Verhältnisse zu verbessern. Damit hätten wir schon mal genug zu tun. Selbstverständlich müssen wir dabei die Verflechtungen mit der Wirtschaft im Blick behalten. Der Titel „Entrüstung reicht nicht“ bezieht sich hauptsächlich auf den Vorschlag, regionale und kommunale Versammlungen zu organisieren, um damit die Parteienlandschaft zu ergänzen.
Ich bin Sozialdemokrat und habe nicht die Absicht, freiwillig aus der SPD auszuscheiden. Wenn ich dennoch dazu auffordere, den Parteien „ein Schnippchen zu schlagen“, mag das widersprüchlich erscheinen. Ich bin aber überzeugt, das würde den Parteien keineswegs schaden, Staat und Gesellschaft aber insgesamt nützen.
Die folgenden Seiten wurden geschrieben, bevor Sahra Wagenknecht öffentlich zu einer Sammlungsbewegung aufrief. Ihr Projekt „#Aufstehen“ kann möglicherweise die von mir angeregten Versammlungen überflüssig machen. Ich glaube das aber nicht.
Wagenknechts Gründungsaufruf besteht aus einer anklagenden Auflistung politischer und wirtschaftlicher Fehlentwicklungen sowie einer Auflistung ihrer Ziele. Sowohl die Kritik an den derzeitigen Zuständen, die mit dem einleitenden Satz „Wir leben in einem Land voller Widersprüche“ zusammengefasst sind, wie auch die Ziele sind so allgemein formuliert, dass wahrscheinlich die meisten Vertreter/innen der etablierten Parteien sie im Wesentlichen unterschreiben könnten.
Der Knackpunkt wird die Umsetzung in konkrete politische Schritte sein. Dazu soll mit allen Anhängern ein Programm ausgearbeitet werden. Ich vermute, es wird das Programm einer Protestpartei.
Ohne ein Programm, das bundesweit abgestimmt werden muss und dann auch bundesweit gilt, scheint mir basisdemokratisches Engagement auf regionaler und kommunaler Ebene besser funktionieren zu können.
Mainz, im Dezember 2018, Gerd Kallweit