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KAPITEL 1

DIE WINZER UND IHRE WEINE

WARUM SCHEINBAR GLEICHE WEINE OFT GAR NICHT VERGLEICHBAR SIND


Genau wie der ehrgeizige und gute Koch, wird ein Winzer, von dem Sie einen guten Wein gekostet haben, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch seine anderen Gewächse mit der gleichen Sorgfalt produzieren.

So was ist ihnen möglicherweise auch schon mal passiert: Es ist schier zum Verzweifeln – da haben Sie unlängst bei Freunden endlich mal einen Wein getrunken, der Ihnen super geschmeckt hat.

Schlau wie Sie sind, haben Sie sich den Namen sorgfältig vom Etikett abgeschrieben: z.B. »2011 Riesling trocken – Oberbickelheimer Kirchberg«.

Dann haben Sie im Internet nach genau diesem Wein gefahndet, auch einen Anbieter gefunden und sich Ihren vermeintlichen Lieblingstropfen spornstreichs nach Hause bestellt. Und jetzt – oh je, große Enttäuschung! Im Glas bloß eine saure, muffige Brühe, die mit dem, was Sie bei Ihren Freunden getrunken haben, so gar nichts zu tun hat. Nach längerem Recherchieren (und einem Anruf bei den Freunden, die extra noch mal für Sie im Altglas das Etikett rausgesucht haben) des Rätsels Lösung: Der Wein, den Sie mochten, stammte vom Weingut Müller; der, den Sie gekauft haben, vom Weingut Schmidt. »Aber wie kann denn das angehen?« werden Sie nun fragen.

«Gleicher Wein, gleiche Traubensorte, gleicher Jahrgang, sogar der gleiche Weinberg – die müssen doch zumindest ähnlich gut schmecken.«

QUALITÄT UND MACHART ENTSCHEIDEN

So einfach ist das leider nicht. Denn, und das ist ganz wichtig: Die Qualität eines Weines wird ganz wesentlich vom Winzer bestimmt!

Stellen Sie sich vor, Sie haben in einem Restaurant ein leckeres Wiener Schnitzel gegessen, mit schöner krosser Panade, knusprigen Bratkartoffeln und knackigem Gurkensalat. Wiener Schnitzel ist ab sofort Ihr Leibgericht – bis Sie in einem anderen Lokal ein fades, trockenes Schnitzel mit matschigen Kartoffeln und welkem Salat serviert bekommen. Der Fall ist klar: Der eine Koch kann was und kauft beste Zutaten ein, der andere ist ein lustloser Stümper, der vielleicht auch noch minderwertige Lebensmittel verwendet. Logisch, dass das völlig unterschiedlich schmeckt – auch wenn beides »Wiener Schnitzel« heißt.

Versetzen Sie sich nun einmal in die Lage des Winzers, der ja die Trauben erzeugt und dabei maßgeblich Einfluss auf deren Qualität nimmt.

Und: Er bereitet aus den Trauben den Wein zu.

Der Winzer gleicht also einem Koch, der seine Zutaten selber anbaut und von der Qualität des Rohproduktes bis hin zur Zubereitung alles selbst in der Hand hat. Dabei haben die Winzer natürlich völlig unterschiedlich eingerichtete Weinkeller, genau wie jede Köchin und jeder Koch, ob daheim oder im Restaurant, in einer anders ausgestatteten Küche werkelt. Der eine mit Dampfgarer, Induktionsherd und erstklassigem Kochgeschirr, der andere mit einem alten Dreiplattenherd und verbeulten Blechtöpfen. Und so extrem sind die Unterschiede auch in den Kellern der Winzer.

Ein Winzer erntet die Trauben schonend in 25 Kilo-Kistchen, steckt alles Geld in Edelstahltanks, bei denen er die Temperatur kontrollieren kann, vermeidet den Wein strapazierende Pumpvorgänge durch ein horizontal ausgerichtete System der Weinverarbeitung (alles von oben nach unten) und keltert die Weine mit einer schonenden pneumatische Presse, sodass keine Bitterstoffe aus den Kernen in den Most gelangen.

Ein anderer haut die Trauben schon mal in einen alten Erntewagen, wo sie sich die ersten Verletzungen einfangen, nutzt seit Jahrzehnten die gleichen Betontanks, in denen die Gärung warm durchrauscht, bis die schönsten Aromen verflogen sind, pumpt im Keller munter hin und her und quetscht die Trauben mit größtem Druck durch eine alte Spindelpresse.

Kommen wir zurück auf unser eingangs erwähntes Beispiel: Winzer Müller und Winzer Schmidt haben ihre Weinberge nebeneinander liegen und ähnliche geographische und klimatische Voraussetzungen. Aber: Müller ist ein qualitätsorientierter, blendend ausgebildeter Weinmacher. Er erntet wenige, aber konzentrierte Trauben pro Hektar, macht viele Lesedurchgänge, dünnt die Trauben aus, um Erträge zu reduzieren, schneidet alle faulen Beeren sorgfältig von Hand heraus und baut den Wein in seinem blitzblanken, bestens ausgestatteten Keller sorgfältig aus.

Das Ergebnis ist der tolle Wein, der Ihnen so gut gefallen hat. Schmidt ist das alles egal, weil er den meisten Wein sowieso anonym im Fass verkauft. Er holt aus seinen Weinbergen so viel Menge raus wie möglich mit so wenig Arbeit wie nötig. Wenn mal eine faule Traube mitgepresst wird – was soll’s, und seine muffigen alten Fässer hat er auch schon lange nicht mehr geputzt. Seine paar Kunden kaufen den Wein seit 40 Jahren so und kennen es nicht anders. Und d e n Wein haben Sie nun erwischt …



Wenn Sie mal einen Wein getrunken haben, der Ihnen besonders gut geschmeckt hat: Merken Sie sich in allererster Linie den Namen des Erzeugers, und erst in zweiter Linie die Angaben zur Traubensorte, der Qualitätsstufe oder dem Jahrgang.

Crashkurs Wein

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