Читать книгу Umgang mit Sterben und Tod im Feuerwehrdienst - eine Chance für die Seelsorge?! - Gerhard Deißenböck - Страница 7

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Vorwort

Der Umgang mit Sterben und Tod im Feuerwehrdienst – warum beschäftigt man sich in dieser Intensität mit den dunklen Seiten des Lebens und das auch noch ausdrücklich im Kontext der Feuerwehr – sind sie doch eigentlich die Helden und großen Retter. Die eigenen Erfahrungen und Erlebnisse mit Sterben und Tod im ehrenamtlichen Dienst bei der Freiwilligen Feuerwehr sind ein maßgeblicher Antrieb dieses Dissertationsprojektes. Im Rahmen dieses Vorwortes möchte ich die persönliche Motivation noch etwas differenzierter in den Blick nehmen. Die Worte der Einleitung meiner Diplomarbeit „Grenzerfahrung Tod. Idee und Konzept einer Schulung für AusbilderInnen der Bayerischen Jugendfeuerwehren“ aus dem Jahr 2008 drücken auch neun Jahre später immer noch die Beweggründe aus, die im tiefsten Innern hinter dieser Arbeit stehen:

Es war der 3. November des Jahres 1996. Ein typischer Sonntag im Herbst. Um 7.30 [Uhr] begann die Sirene der Freiwilligen Feuerwehr in Heldenstein zu heulen. Unfall mit Schienenfahrzeug, eine Person Exitus, auf der Bahnstrecke Mühldorf a. Inn nach München, in Höhe B12 Ausfahrt Küham, lautete die Meldung der Polizei. Vor diesem Unfall haben sich schon mehrere Personen im Zeitraum eines Monats an dieser Stelle das Leben genommen. So auch zweifelsfrei an diesem Sonntag. Als damaliges Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Heldenstein rückte ich mit aus. Als 18-Jähriger und damit frisches Mitglied in der aktiven Mannschaft saß ich im zweiten Fahrzeug. Auf der Anfahrt dachten wir uns – durch die »Routine« dieser Einsätze – nicht mehr viel. Auf einer Brücke über der eigentlichen Unfallstelle blieben wir auf Bereitschaft und machten noch Witze über die verunfallte Person. Zum Schluss des Einsatzes durften wir den Gleiskörper reinigen. Jung und motiviert gingen wir ans Werk. Es machte mir nichts aus, denn wir kannten die Person nicht. Und damit war die notwendige Distanz gegeben. Der Einsatz war schnell abgearbeitet und nach Herstellung der Einsatzbereitschaft gingen wir alle nach Hause zu unseren Familien. Ca. um 10.00 [Uhr] vormittags, ich war gerade nach dem Besuch der heiligen Messe zu Hause angekommen und im Gespräch mit meiner Schwester und meiner Großmutter vertieft, schellte die Glocke an der Haustür. Ich öffnete diese und sah den Beamten der Kriminalpolizei, der auch an der Unfallstelle war, an der Türe stehen. Wir sahen uns in die Augen und er sagte: »Herr Deißenböck ich brauche Ihnen ja nichts mehr sagen, sie waren ja dabei.« Verdutzt blickte ich ihn an. Er setzte fort: »Es war ihre Mutter, …«.

Sterben und Tod sind Begleiter im Leben einer oder eines Feuerwehrdienstleistenden. Der soeben geschilderte Fall war nur ein Punkt neben weiteren auf dem Weg, wo sich Sterben und Tod mit meiner ehrenamtlichen Arbeit als Feuerwehrdienstleistender und damit auch mit meinem Leben und meinem Glauben gekreuzt haben. Das Sterben, der Tod und vor allem das Leid im Angesicht dieser Protagonisten begleiten mich. So kam eines zum anderen. Aus diesem Grund ist auch diese Arbeit entstanden. Trotz aller konträren Erfahrungen sehe ich eine große Chance in der Seelsorge, in diesem Themenfeld Lösungen, Wege und vielleicht auch Antwortversuche andenken zu können.

Seit über fünfzehn Jahren bin ich selbst als Peer und Psychosoziale Fachkraft (PsF) in der Betreuung von Feuerwehrkameradinnen und -kameraden unterwegs. Neben den eigenen Erfahrungen mit Sterben und Tod im Feuerwehrdienst ist diese Tätigkeit ein weiterer Anreiz, sich mit dieser Herausforderung intensiv auseinanderzusetzen und vor allem mögliche Ansatzpunkte für die Seelsorge herauszuarbeiten.

Natürlich gilt es auch weiterhin, seine eigenen Erfahrungen ein Stück weit zu reflektieren, in einem neuen Licht zu sehen und damit auch weiter aufzuarbeiten. Dieser Aspekt, der auf meine eigene Person in diesem Projekt bezogen ist, muss benannt und erkannt werden. Ein sorgfältiger Umgang mit dieser intrinsischen Motivation ist in jedem Fall gewährleistet.

Es gilt vielen Menschen an dieser Stelle zu danken. Sie alle sind im wahrsten Sinne des Wortes Seelsorgende ohne deren Dasein, Begleitung und Sorge diese Arbeit nie hätte gelingen können. Die Intimität, die sich im Antlitz des Lebensendes einstellt und vor allem die damit verbundene Herausforderung braucht ein tragendes Fundament, um erlebt, durchlebt und überlebt zu werden. Eine Betreuung, die bei aller Fachlichkeit verbunden war mit Einfühlsamkeit und gleichzeitigem Ansporn wurde vor allem durch Pater em. Univ.-Prof. Dr. Friedrich Schleinzer OCist gelebt. Ihm zur Seite standen in der heißen Phase Frau Univ.-Prof. Dr. Angelika Walser und Herr Ass. Prof. Dr. Andreas Michael Weiss. Ein Mentor und Impulsgeber war insbesondere Prof. Dr. Bernhard Sill – ohne seine Initiative und stetige Begleitung wäre es nie zu dieser Dissertation gekommen.

Eigentlich an erster Stelle zu nennen wäre jedoch meine Frau Regina Spiegler. Sie hat geduldig, liebevoll und mit langem Atem die stressige Zeit ertragen, Texte korrigiert und meine Motivation gestärkt. EPHK Rainer Zwislsperger reiht sich ein in die Liste der Wegbegleiter: als Freund, Trauzeuge und Kamerad in der Feuerwehr ist er ebenfalls immer mit Rat und Tat sowie Halt und Unterstützung zur Seite gestanden. Daneben meine Schwester Bianca Deißenböck – Hand in Hand haben wir das factum brutum des Todes geschaut und durch die geschwisterliche Verbundenheit konnten wir das Leid und den damit verbundenen Schmerz durchstehen.

Ein Schlagwort dabei war und ist immer wieder die Begleitung. Hierbei verdienen zwei Menschen, zwei pastores boni, eine besondere Erwähnung. Zuallererst mein herzlichster Dank an Landespolizeidekan und 1. Vorsitzenden des Klerusverbandes e. V., Monsignore Andreas Simbeck. Er war lange Jahre geistlicher Begleiter, Beichtvater und vor allem Übersetzer für die vielen Fragen und Klagen an Gott in meinem Leben. Als mein späterer Dienstvorgesetzter hat er mir die Freiräume gelassen, um dieses Projekt zu einem guten Ende zu führen. Seine Rolle als Begleiter übernahm nicht weniger herausfordernd und damit bereichernd Pfarrer Martin Hetzel, Leiter der katholischen Klinikseelsorge im Universitätsklinikum Großhadern.

Diakon Matthias Holzbauer ist ein guter Freund, Kamerad und vor allem Pionier in der Betreuung von Einsatzkräften. Christoph Kober ist sein säkulares Pendant. Beide sind – jeder auf seine Weise – Ratgeber und Mahner im positivsten Sinne.

Der Mitarbeiterin in der Geschäftsstelle des Klerusverbandes e. V., Frau Susanne Hagendorn, gilt ein herzlicher Dank für ihre Geduld und die Unterstützung in der letzten Zeit. Meinem Vorgänger als Geschäftsführer, Herrn Dr. Florian Trenner, sei gedankt für das unermüdliche Lektorat und die Unterstützung. Es gäbe sicherlich noch viele Menschen zu bedenken und ihnen Dank zu zollen. Stellvertretend für sie darf ich zum Schluss den Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr in Bayern für ihren unermüdlichen Einsatz danken und an dieser Stelle ganz besonders den Wehren aus Heldenstein, Waldkraiburg und aus meiner neuen Heimat Mühldorf a. Inn für das Mitgehen, Mitleiden und für die Begleitung.

„Der Herr hat gegeben, der Herr hat genommen; gelobt sei der Name des Herrn.“1

Mühldorf a. Inn am XV. Oktober MMXVII

1 Ijob 1,21; Stellen der Heiligen Schrift werden zitiert nach: Bischöfe Deutschlands u. a. (Hg.), Die Bibel. Altes und Neues Testament. Einheitsübersetzung, Freiburg im Breisgau 2004.

Umgang mit Sterben und Tod im Feuerwehrdienst - eine Chance für die Seelsorge?!

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