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Оглавление...aber hütet euch vor den 5 Sonnen in Kreise, denn das Ungemach ist schlimmer als der Tod. Seid fest im Geiste eurer Ahnen bei der Verteidigung des freien Willens des Gerichts...
(Aus „Die Artefakte des zentristischen Geschehens“. Archiv der Jünger des Geistes)
Wim Van Hanroy glaubte einen Gong zu hören. Doch als sein Bewusstsein aus den unteren Sphären des Schlafes in immer höhere Schichten vordrang, kam ihm schließlich in den Sinn, dass der wohltönende Dreiklang doch nicht von einem Gong, sondern nur von seinem ABC stammte, dem er am Vorabend befohlen hatte, ihn um 7:30 Uhr TZ zu wecken. Als der ABC erkannte, dass die Gehirnströme schon fast den Wachzustand erreicht hatten, fragte er mitten in den verfliegenden Traumzustand hinein: „Möchtest du schon die Zusammenfassung der letzten Nachrichten hören?“
„N’ja, bitte nur die Headlines und den Kurzkommentar“, war die noch etwas verschlafene Antwort des terranischen Präsidenten an seinen „Advanced Brain Chip“ – den in seinem Nacken implantierten Chip, der aus ganz gewöhnlichen Menschen plötzlich solche mit ungeheuren Fähigkeiten machte.
Der ABC begann die Headlines der wichtigsten Holostationen und Newsagenturen in die virtuelle Sicht Van Hanroys einzuspielen. Zuerst kamen die Nachrichten des Solaren Empires, dann die News der wesentlichen Fremdrassen.
Natürlich befassten sich die meisten Kommentatoren mit der >Galaktischen Direktive<, jenem nur alle 10 Jahre stattfindenden Treffen der höchsten Volksvertreter der GU. Während sich praktisch alle terranischen Kommentatoren mit der bevorstehenden Aufnahme des Solaren Empires in den OGG befassten, war dieser Aspekt den fremdrassigen Kommentatoren unterschiedlich viel Raum wert.
Unterdessen begab sich Wim Van Hanroy in die Hygienezelle, um sich dort seiner Morgentoilette zu widmen. Dabei gab er den fremdrassigen Nachrichten eine höhere Zeitgewichtung als den solaren. Die Meinungen der anderen kannte er naturgemäß nicht ganz so genau wie die Meinungen im eigenen Reich.
Nachdem ihn die Warmwasserdüsen ausgiebig massiert und die Warmluftdüsen wieder getrocknet hatten, war er mit dem aktuellen Weltgeschehen vertraut, welches er während seiner 7-stündigen Schlafperiode versäumt hatte.
Er legte frische Kleidung an und bat seinen ABC um die aktuellen Schiffsnachrichten, um auch in diesem Punkt auf der Höhe der Dinge zu sein.
Wim Van Hanroy war 86 Jahre alt und hatte bereits eine Rejuvenation hinter sich, was ihm Aussehen und Spannkraft eines 50-jährigen verschaffte. Er hatte graue, kurz geschnittene Haare und das blasse Gesicht von jemand, der selten Gelegenheit hat, von natürlicher UV-Strahlung bestrahlt zu werden. Seine fast 2 Meter große hagere Gestalt war allen Bürgern des Solaren Empires schon seit 2 Amtsperioden bekannt. Von Terra nach Zeiss III waren es rd. 24.000 LJ, eine Entfernung, welche die >Solares Empire< in 25 Tagen zurücklegen sollte. Präsident Van Hanroy hatte also genug Zeit, sich und seinen Stab auf die Feierlichkeiten anlässlich des Beitritts des Solaren Empires zum OGG und auf die >Galaktische Direktive< vorzubereiten.
Da die aktuellen Schiffsnachrichten keinerlei echten Neuigkeitswert hatten, beschloss Van Hanroy, einen Blick ins Weltall zu werfen. Der bewusste Gedanke genügte, damit sein ABC eine Schmalwand seiner Kabine in einen Holoschirm verwandelte, der ein dunkelgraues Nichts zeigte, in dem schwarze Schlieren ein undefinierbares Durcheinander zeichneten. Van Hanroy reagierte verärgert über sich selbst. Wie konnte er nur annehmen, dass man während des Fluges im Hyperraum auf einem Außenschirm etwas sehen könne? Ein Gedankenbefehl stellte den Urzustand der Schmalwand wieder her und der Holoschirm verschwand. Dann ließ er sich die aktuellen Flugdaten in seine virtuelle Sicht einblenden und erfuhr, dass bis zum nächsten Orientierungsausbruch noch etwa 3 Stunden vergehen würden. Dieses Mal würden er und sein Tross – eine Delegation von Politikern, Wirtschaftsfachleuten und Journalisten – zum ersten Mal Gelegenheit haben, in einem terranischen Hantelraumschiff in das Zeiss-System einzufliegen. Sicher erfuhren sie dabei Dinge, die man als Passagier eines zeissonischen Raumers niemals mitbekommen würde.
Van Hanroy überlegte, wie oft er bereits die Fragen durchgegangen war, die sich mit der Tatsache beschäftigten, dass Terra nun 3 Richter und 300.000 Soldaten an den OGG zu entsenden hatte.
Warum wollte alle Welt bei diesen Fragen mitreden?
Sahen die Regierungskollegen, die Abgeordneten der Kammern, die Generäle und die Leitartikler nicht, dass es für die diversen Führer der Kaargh, der Zeissonen oder gar der Alorer gar keinen Unterschied machte, ob die entsandten Richter nun dieser oder jener terranischen Partei angehörten? Warum bloß war Demokratie so ein schwieriges Geschäft?
An dieser Stelle seiner Überlegungen meldete sich sein Adjutant - Georg Atahasi – über den ABC, als der Alarm losging.
In allen Räumen des hantelförmigen Raumschiffes ertönten schrille Alarmpfeifen mit kurzem, immer wieder nach oben gerichtetem Klang. Ähnliche Töne gab auch der ABC direkt an das virtuelle Gehör aus, während auf allen aktivierten Holoschirmen ein rot blinkendes Gefahrensymbol aufblinkte.
Der ABC meldete, dass sein Adjutant und der Kapitän - Commander Hegenbosch - fast gleichzeitig versuchten, sich mit ihm in Verbindung zu setzen. Es wurde auch bereits an seine Tür geklopft. Die Geräusche der Maschinen hatten sich plötzlich ebenso verändert wie die Geräusche der Menschen.
Sein ABC aktivierte die Verbindungen zu beiden Anrufern, und Van Hanroy begab sich zur Tür und öffnete sie.
Innerhalb weniger Sekunden hatte sich der ereignislose Flug vom Orionarm ins Zentrum der Galaxis plötzlich zu einem hektischen Abenteuer entwickelt. Er wäre jedoch nicht der Führer der Menschheit geworden, wenn ihn diese mehr oder minder gleichzeitig ablaufenden Ereignisse völlig erschüttern hätten können.
Er nahm die Meldung des Commanders zur Kenntnis, dass ein Ereignis eingetreten sei, das es gar nicht geben könne. Die >Solares Empire< sei an noch unbekannten Koordinaten in den Normalraum zurückgestürzt. Man wisse noch nicht warum. Der Wachführer meldete, dass alle sofort eingeleiteten Überprüfungsmaßnahmen keine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben des Präsidenten ergeben habe. Mehr wisse man noch nicht.
Nach und nach trafen bei Commander Hegenbosch aus allen Sektionen des Schiffes mehr oder weniger beunruhigende Nachrichten ein, deren Tenor war: „Keine unmittelbare Gefahr, aber wir wissen nicht, was eigentlich passiert ist.“
Dann wurde der Alarm abgestellt, und das enervierende Pfeifen verstummte ebenso wie das Blinken der Gefahrensymbole auf den Schirmen.
Entschlossen benachrichtige Van Hanroy seinen Adjutanten: „Wir sehen uns mal in der Zentrale um. Ich denke, wir brauchen einen persönlichen Eindruck von den Dingen“, sendete er und verließ die Präsidentensuite. Atahasi und Van Hanroy machten sich auf den Weg durch die Gänge und Antigravlifte, um zur Zentrale zu gelangen.
Dort angelangt, fanden die beiden Neuankömmlinge ein geordnetes Chaos vor. Die ABCs der Zentrale-Besatzung waren imstande, eine ungeheure Datenflut fast gleichzeitig zu verarbeiteten. Man sollte daher meinen, dass es so viele Minuten nach der Alarmauslösung zumindest Meinungen über die Ursache des unerwarteten Hyperraumausbruchs geben sollte. Tatsächlich schwirrten aber noch immer die unterschiedlichsten Theorien durch die virtuelle Welt, und einige Besatzungsmitglieder diskutierten sogar mit Worten.
„Die nächste Sonne - Spektraltyp A2 – befindet sich rd. 9,2 LJ an den Koordinaten...“, ertönte eine Stimme in diesem Augenblick und rasselte in schneller Folge einige Zahlen und Ziffernkombinationen herunter, die weder Van Hanroy noch Atahasi etwas sagten.
„Soweit wir festgestellt haben, ist diese Sonne der am nächsten gelegene Stern. Er befindet sich direkt hinter uns“, übersetzte Commander Hegenbosch die Angaben der Scannerbesatzung. „Der Hyperfunk funktioniert ebenfalls nicht. Der Normalfunk scheinbar schon. Bis jetzt haben wir noch immer keine Ahnung, warum wir aus dem Hyperraum in den Normalraum zurückgefallen sind. Es geschah ohne erkennbare Auswirkungen auf das Schiff. Unsere Datenbanken sagen, dass so etwas in der Raumfahrtgeschichte Terras noch nie vorgekommen ist“.
„Und wir sind 9 Lichtjahre weit weg von der nächsten Sonne?“
„Ja. Und wir waren genau auf Kurs. So viel haben wir festgestellt.“
„Haben Sie schon eine Idee, was wir jetzt machen?“
„Als nächstes versuchen wir herauszufinden, ob uns etwas geschehen kann, wenn wir versuchen, wieder eine Hyperraumphase einzuleiten.“
„Ich würde gerne hier bleiben und die Vorgänge an Ort und Stelle verfolgen.“
„Gerne, Mr. President, nehmen Sie beide hier Platz.“ Mit diesen Worten deutete Commander Hegenbosch auf eine Sesselgruppe, die zu Besprechungszwecken in der Nähe des Kommandostandes stand.
Präsident Van Hanroy und Atahasi schalteten ihre ABCs wieder auf die Kommandofrequenz des Schiffs und sahen sich interessiert um. Seit dem unerhörten Zwischenfall waren nun schon mehr als 15 Minuten vergangen und niemand hatte eine vernünftige Idee, was ihren Flug durch das unbeschreibbare Kontinuum des 5-D-Raumes wohl unterbrochen haben könnte.
Nach einigen weiteren Minuten konnten sie verfolgen, wie Commander Hegenbosch und die Zentralebesatzung beschlossen, die Reise durch Einleitung eines weiteren Hyperraumfluges fortzusetzen. Kaum hatte der Pilot die entsprechenden Kommandos abgesetzt, als er auch schon, an den Kommandanten gewandt, meldete: „Chancenlos, Sir. Es werden alle Kommandos ausgeführt und alle maschinellen Sequenzen abgearbeitet. In jener Millionstelsekunde, in der das Eintauchen in das übergeordnete Kontinuum erfolgen soll, passiert dann – nun – genau überhaupt nichts, absolut nichts, kein einziges Kontrollinstrument sagt uns, warum nichts passiert. Es geschieht halt nur einfach nichts.“ Seiner Stimme war eine gewisse Verzweiflung anzuhören.
Diesmal schwirrten auch keine anderen Vorschläge oder Meinungen durch die virtuelle Welt. Niemand hatte mehr einen konkreten Vorschlag.
Auf dem umlaufenden Holoschirm, der in zwei Meter Höhe über dem Boden der Zentrale begann und sich über die gesamte Zentralekuppel erstreckte, waren Millionen von funkelnden Sternen zu sehen. So nahe dem Zentrum der Milchstraße, waren manche Sternballungen schon zu einem gleißenden Lichtfleck zusammengewachsen. Die Aussicht war eigentlich überwältigend, hätte das Gefühl der Hilflosigkeit nicht alles andere überwogen. Unter dem Panoramaschirm waren die vielen kleineren Nebenschirme der einzelnen Stationen angeordnet. Sie zeigten die unterschiedlichsten Diagramme, blitzende Zahlenreihen, Kolonnen von sich ändernden Parametern oder auch stillstehende Werte und Grafiken. Bloß niemand hatte eine Idee, wie es jetzt weitergehen könnte.
„Ich muss wohl kaum in Erinnerung rufen, wieviel 9,2 Lichtjahre durch den Normalraum sind?“, fragte Commander Hegenbosch in diesem Moment mit etwas belegter Stimme. „Und ob diese Sonne dann Planeten hat und ob diese dann auch bewohnt sind, und wenn ja, von wem, wissen wir natürlich genauso wenig.“ Nach einer Pause des Überlegens setzte er dann fort: „Abgesehen von der Zeitdilatation, die eintreten würde, wenn wir 9,2 LJ mit annähernd Lichtgeschwindigkeit zurücklegen wollten. Für uns würden mehr als 9 Jahre vergehen, für den Rest der Galaxis aber viele Jahrzehnte.“
Van Hanroy fasste das Wesentliche der inzwischen bekannten Fakten zusammen: „Wir fielen also mehr als 9 LJ von der nächsten Sonne entfernt in den Normalraum zurück. Wir wissen nicht, warum, und ein neuerlicher Hypersprung gelingt ebenfalls nicht. Zusätzlich ist der Hyperfunk ausgefallen“. Nach einem Rundblick durch die gesamte Zentrale setzte er fort: „Das alles soll ich für einen Zufall halten?“
Hegenbosch klang ziemlich verzweifelt: „So viel Zufall gibt es nicht, Sir. Allerdings haben wir keine andere Erklärung.“
„Hat sonst noch jemand eine Idee?“
Niemand meldete sich. Betretenes Schweigen dehnte sich in der Zentrale aus, das man fast körperlich spüren konnte.
Hegenbosch ließ sich neuerlich vernehmen: „Wir können uns keinen Weg vorstellen, den es geben könnte, ein Raumschiff zu orten, das sich im Hyperraum befindet. Es gibt keine Möglichkeit, es zu sehen, anzufunken, oder was auch immer. Es ist in unserem normalen, vierdimensionalen Raum einfach nicht vorhanden.“
„Commander, in etwa 100 km Entfernung ist plötzlich etwas aufgetaucht“, ertönte eine aufgeregte Stimme mitten hinein in die grübelnde Stimmung.
„Was ist denn das für eine Meldung?“, fragte Hegenbosch ungeduldig. „Was soll den hier >etwas< heißen? Und was ist aufgetaucht?“
„Tut mir leid, Commander. >Etwas< heißt, dass sich die Entfernungsmessung ununterbrochen ändert. Einmal scheint das Objekt 120 km weit weg zu sein, dann 80 km, dann wieder 100 km, und so weiter. Wieso die Langstreckenscanner das nicht schon sehr viel früher wahrgenommen haben, ist auch völlig unklar. Außerdem ist es scheinbar nicht stofflich, aber auch nicht energetisch und auch nicht... Hmmm. Sehen Sie einmal das Bild auf der Steuerbordseite.“
Auf dem riesigen Holoschirm, der in 360 Grad die gesamte Wand der Zentrale umlief, waren in Fahrtrichtung die gleißenden Sternhaufen des galaktischen Zentrums zu sehen. Auf der Backbordseite glitzerten einzelne, entfernte Sternhaufen. In Gegenfahrtrichtung leuchteten sehr viel weniger Sterne, und auch die ca. 9 LJ entfernte Sonne war bei dieser Entfernung nur ein winziger Punkt. Auf der Steuerbordseite konnte man allerdings neben den Nebeln und Sonnen auch ein merkwürdiges Gebilde erblicken, das bläulich wabberte, dann wieder wie eine exakte Kugel aussah und im nächsten Moment die Form einer zerfließenden Amöbe annahm.
Der Commander hatte inzwischen alle Scanner und die Schutzschirme auf höchste Leistung befohlen. „Hat jemand eine Idee, was dieses Gebilde sein soll?“, fragte er mit angespannter Stimme.
Einige Sekunden lang war außer dem gepressten Atem der Zentralebesatzung nichts zu hören. Dann meinte Wim Van Hanroy vernehmlich: „So etwas habe ich noch nie gesehen, aber ich lasse mich vierteilen, wenn das nicht etwas mit unserer Fahrtunterbrechung zu tun hat.“
„Objekt im Raster vergrößern“, befahl Hegenbosch, und im nächsten Moment machte das zerfließende Bild auf dem Schirm einen Sprung nach vorn, als wollte es in die Zentrale hineinspringen. Obwohl das Objekt nun die Hälfte der Steuerbordseite einnahm, konnten die Augen der Beobachter kaum klare Grenzen wahrnehmen. Immer wieder sah man eine blaue Kugel, die im nächsten Moment aussah wie eine lichtdurchlässige Blase aus Rauch, deren Ränder instabil waren. Während noch alle Augen auf das seltsame Objekt gerichtet waren, machte dieses plötzlich einen Satz auf die >Solares Empire< zu und materialisierte in 1 km Entfernung vom Schiff in der Art einer Wasserkugel mit bläulich fluoreszierender, sich ständig verändernder Oberfläche.
„Objekt ist nun exakt 1 km entfernt“, meldete die Scannerstation, „Material, Beschaffenheit und Herkunft unbekannt“.
Die Funkstation meldete: „Keinerlei Aktivitäten auf dem Normalfunk, Hyperfunk ist noch immer ausgefallen.“
In diesem Augenblick vernahmen Präsident Van Hanroy, sein Adjutant Atahasi und Commander Hegenbosch eine Stimme in ihrem Gehirn: „Ich komme in friedlicher Absicht und werde in 10 Ihrer Minuten die Kabine Mr. Van Hanroys aufsuchen. Bitte sind auch Sie dort anwesend.“
Commander Hegenbosch sprach laut aus, was seine Gedanken eingefangen hatten. Dann befahl er, den Normalfunk auf sein Mikrofon zu schalten, beugte sich leicht vor und fragte mit belegter Stimme: „Wer sind Sie? Identifizieren Sie sich.“
Es kam keine Antwort.
Hegenbosch überzeugte sich ein weiteres Mal, dass alle Schutzschirme auf höchste Leistung geschaltet waren. Kein Geschoß, keine Strahlenergie, keine bekannte Waffe konnte diesen Schirm so ohne weiteres durchdringen.
Es wiederholte seine Aufforderung: „Bitte identifizieren Sie sich. Was wollen Sie?“
Der Normalfunk blieb still.
Van Hanroy meinte dann: „Wer oder was immer das auch sei. Wenn es imstande war, uns aus einem Flug durch den Hyperraum zu holen, unseren Hyperfunk zu stören und in 100 km Entfernung neben uns aufzutauchen, ohne dass wir in der Lage waren es vorher zu bemerken, dann traue ich ihm auch zu, in meiner Kabine zu erscheinen.“
„Sie meinen, obwohl unsere Schutzschirme auf 100 Prozent Last laufen?“, fragte Hegenbosch.
„Ja“, war die knappe Antwort.
Nun fragten die wichtigsten Mitglieder der Zentralebesatzung der Reihe nach an, was denn los sei. Es wurde ganz offensichtlich, dass sie die Meldung des oder der Unbekannten nicht mitbekommen hatten.
„Der oder die Fremden teilten uns mit, dass er oder sie in 10 Minuten in der Kabine des Präsidenten erscheinen“, gab Hegenbosch bekannt. „Die Mitteilung war so eine Art einseitige Telepathie. Jedenfalls habe ich es so gehört.“
Wim Van Hanroy nickte zustimmend. Er hatte dasselbe >gehört< konnte man wohl nicht sagen. Aber da sie keine Telepathen waren, blieb es unklar, auf welche Weise sie es wahrgenommen hatten. Auch Atahasi hatte die Nachricht nicht anders einordnen können, obwohl er ein Mutant war. Er stammte aus dem indischen Teil Terras und war neben seiner Rolle als Adjutant in Wirklichkeit auch so etwas wie eine Art „Superleibwächter“. Ein auch bei den Mutanten seltener Dreier, der neben der Telepathie auch Telekinese und Teleportie beherrschte. Da diese Tatsache aber nicht allgemein bekannt war, beschloss er, auf weitere Kommentare zu verzichten.
In der Zentrale wurde es wieder still. Jeder überlegte für sich die Konsequenzen des eben Gehörten.
Sie waren aus dem Hyperraum gefallen.
So etwas konnte es gar nicht geben.
Gleichzeitig war der Hyperfunk ausgefallen.
Zufall?
Dann tauchte ein Gebilde auf, wie man es noch nie vorher gesehen hatte.
Dieses gab dann eine Nachricht in >einseitiger Telepathie< an genau drei wichtige Menschen ab, ohne dass die anderen etwas davon bemerkt hatten.
„Ich gehe in meine Kabine“, meinte Van Hanroy in die Stille hinein. „Bitte begleiten Sie mich“, wandte er sich an Atahasi und Hegenbosch.
Nachdem er einige Schritte Richtung Ausgang zurückgelegt hatte, begannen die beiden ihm mit nachdenklicher Miene zu folgen.
Van Hanroy verständigte den Wachführer von seinem Vorhaben, und dieser protestierte dagegen durch Aufzählung aller Risiken, die ihm in der Geschwindigkeit der Ereignisse einfielen. Der Präsident ließ sich jedoch von seiner vorgefassten Meinung nicht abbringen. Er sprang auf und verließ auf schnellstem Weg die Zentrale. Schließlich wollte er zusammen mit Hegenbosch und Atahasi in seiner Kabine sein, wenn die angekündigten 10 Minuten vorbei waren.
Die Gruppe erreichte die Kabine des Präsidenten. Der Wachführer postierte seine Leute vor der Tür und um die Kabine herum. Die Zentralebesatzung war in höchstem Maße angespannt. Alle Scanner, der Normalfunk und die Schutzschirme liefen nach wie vor auf höchst möglicher Leistung.
Die bläulich schimmernde Amöbe aus Wasser oder Rauch oder Energie oder sonst etwas blieb unverändert in genau 1 km Entfernung von der Hantel der >Solares Empire< entfernt.
Als die 10 Minuten vorbei waren, befand sich eine kugelhafte >Gestalt< in der Kabine Van Hanroys, deren Umrisse sich ständig änderten. Das Ding hatte etwa 1 m Durchmesser, leuchtete schwach in einem dunklen, samtenen Rot und hatte keine erkennbaren Körperteile.
Hegenbosch versuchte verzweifelt, seinem ABC eine Meldung darüber zu entlocken, wie das Ding die Entfernung zwischen der bläulichen Amöbe und der >Solares Empire< zurückgelegt hatte, oder gar, wie es die Schutzschirme durchdrungen hatte, ohne dass ein Rotalarm losgegangen wäre.
Aus der roten Wabberkugel erklang eine fein modulierte, angenehme Bassstimme. „Wie ich bereits sagte, komme ich in friedlicher Absicht. Mein Name ist Hortal.“
Auf der Oberfläche der seltsamen Energiegestalt bildeten sich kleine Antipodien und formten sich zu Tentakeln, die dann ebenso plötzlich, wie sie erschienen waren, in die Gestalt zurückflossen. Es vergingen einige Sekunden, dann wurde die Gestalt exakt kugelförmig und sank auf einen freien Stuhl. „Es ist für mich zwar völlig egal, wie ich gerade aussehe, aber ich hatte ganz vergessen, dass das für euch möglicherweise einigen Unterschied macht.“, beschied Hortal. „Ab jetzt werde ich mit euch als Kugel kommunizieren“.
„Ich bin Wim Van Hanroy“, sagte der Präsident.
„Ich bin der Kommandant dieses Schiffes und heiße Frank Hegenbosch“, stellte sich auch der Commander vor.
„Ich heiße Georg Atahasi und bin der Adjutant des Präsidenten der Menschheit“, gab sich Atahasi würdevoll, während er gleichzeitig versuchte, die Kugel mit allen seinen Sinnen zu espern.
„Ich weiß“, meinte Hortal nur, und die drei Menschen bildeten sich ein, so etwas wie ein Lächeln in der wohlmodulierten Stimme zu hören. „Sinnlos“, raunte er Atahasi telepathisch zu.
„Wir wissen jetzt Ihren Namen“, versuchte Van Hanroy den Faden wieder aufzunehmen. „Aber was sind Sie? Und was ist eigentlich passiert? Haben Sie etwas mit unserem Ausbruch aus dem 5-D-Raum zu tun? Haben Sie unseren Hyperfunk unterbrochen? Was ist das für ein seltsames Gebilde außerhalb unseres Schiffs?“
„Viele Fragen auf einmal“, schmunzelte die rötliche Kugel nun deutlich. „Ich werde versuchen, sie so zu beantworten, dass es auch verständlich bleibt. Auch wenn das nicht immer ganz einfach sein wird.“
Langsam entspannten sich die drei Zuhörer. Scheinbar war dieser Hortal keine unmittelbare Gefahr. Wenngleich er offensichtlich über ungeheure Machtmittel verfügte.
„Also zuerst: Was bin ich? Ihr müsst euch vorstellen, dass Intelligenzen, die im Zuge ihrer Entwicklung immer älter und reifer werden, schließlich die unterschiedlichsten Konsequenzen aus ihrer Stammesentwicklung ziehen. Die einen bekämpfen sich aus rassistischen Gründen und vergehen in einem alles vernichtenden Atomkrieg. Wieder andere bekriegen sich mit anderen Völkern um irgendwelche Ressourcen aus religiösen oder anderen Gründen und bringen sich dabei ebenfalls gegenseitig um. Die dritten wiederum schaffen es, alle diese Entwicklungsstufen zu überleben und wirklich weise zu werden. Auch hier gab es in der Vergangenheit schon ein paar unterschiedliche Entwicklungen. Bei den Hortal war es so, dass sie beschlossen, sich zu einer Zentralintelligenz zu integrieren.
Was ihr hier vor euch seht, ist nicht ein einzelnes Wesen, sondern sind viele Wesen, die zu einem Bewusstseinszustand verschmolzen sind.“
Nun entstand ungläubiges Schweigen.
Was sollte denn eine Zentralintelligenz sein?
„Moment mal“, unterbrach Atahasi seine ausufernden Gedankengänge. „Wollen Sie damit andeuten, dass Sie mehrere Personen gleichzeitig sind?“
„Stellt euch vor“, war die Antwort Hortals, „dass die Menschheit noch weitere 100.000 Jahre lebt und sich technisch, organisatorisch, mentalitätsmäßig und spirituell weiterentwickelt. Eines Tages könnte es dann soweit sein, dass eure Rasse beschließt, ihre Individualität zu beenden, um zu einem Gemeinschaftswesen zu verschmelzen. Die Entwicklung muss nicht so sein. Es ist aber eine der Möglichkeiten.“
Nachdem Hortal den Zuhörern einige Sekunden des erschütterten Nachdenkens gegönnt hatte, setzte er fort: „Wir jedenfalls haben das so gemacht. Damals vor rund 50.000 eurer Jahre.“
Die Stimme der Kugel bekam nun wieder einen geschäftsmäßigen Klang: „Zu den anderen Fragen: Ich habe euren Hyperflug unterbrochen, da ihr zu einer wichtigen Mission in das politische Zentrum der Galaxis unterwegs seid. Das blaue Gebilde – wie ihr es nennt – ist mein Raumschiff.“
In diesem Augenblick klopfte es an der Tür, und der Wachführer wollte mit lauter Stimme wissen, wieso sein ABC keinen Kontakt mit den ABCs der Delegation mehr habe. Commander Hegenbosch beruhigte ihn und bat, dass man sie so lange nicht mehr störte, bis sie sich von selbst wieder meldeten.
„Sie sind also 50.000 Jahre alt und bestehen aus vielen Personen?“, wollte Wim Van Hanroy noch einmal wissen.
„So ungefähr“, klang die tiefe Stimme aus der Kugel wieder etwas belustigt. „Und ich bin gekommen, um euch zu warnen. Und nun sagt einfach >du< und Hortal zu mir.“
„Du bist gekommen...?“, setzte nun Commander Hegenbosch nach einer neuerlichen Nachdenkphase fort. „Du hast uns aus dem Hyperraum geholt, den Funk unterbrochen und willst uns warnen?“
„Langsam nähern wir uns den Fakten“, beharrte Hortal auf seiner Geschichte. „So ist es. Hört zu:
Im Galaktischen Zentrum entwickelten sich vor Äonen die ersten Intelligenzen. Diese haben nach und nach die Raumfahrt erfunden. Sie haben sich bekämpft oder sind friedlich geblieben, haben sich zusammengeschlossen oder sind für sich geblieben, haben eine Religion entwickelt oder auch nicht. Manche haben sich selbst vernichtet, viele haben sich gegenseitig umgebracht. Einige wenige haben sich weiterentwickelt. Diese wiederum sind unterschiedliche Wege gegangen. Gleichzeitig aber konnte keines dieser Wesen die Naturgesetze auf den Kopf stellen oder außer Kraft setzen. Auch wenn so manche technologische Entwicklung so ausgesehen haben mag. Die Grenzen der Physik des 7-dimensionalen Raumes kann niemand sprengen.“
„Gibt es etwa 7 Dimensionen?“, rief Hegenbosch aufgeregt.
„Ja, aber von dieser Antwort hast du gar nichts“.
„Immerhin erfahren wir soeben etwas, was wir vorher noch nie gehört haben.“
„Nun, herausragende Neugier scheint mir eine der Voraussetzungen gewesen zu sein, warum sich die Solaner im Verhältnis zu anderen Völkern so rasch entwickelten. Aber hört nun weiter zu. Meine Erzählung hat nichts mit Wissenschaft zu tun:
Irgendwann - lange vor eurer Zeit – wurden viele Völker der Milchstraße von Unbekannten angegriffen und in ihrem Fortbestand bedroht. Erst nach langem und verlustreichem Kampf konnte die Bedrohung schließlich besiegt werden. Der Preis war allerdings sehr hoch. Hunderte Sonnensysteme wurden vernichtet. Milliarden intelligenter Lebensformen wurden getötet. Sogar die geschichtlichen Überlieferungen gingen verloren. Heute weiß in eurer Galaxis kaum noch jemand über die damaligen Ereignisse Bescheid.“
Hortal legte eine Pause ein, um den drei Menschen Gelegenheit zum Nachdenken zu geben.
Van Hanroy fragte schließlich mit nachdenklicher Stimme: „Und woher weißt du etwas davon?“
„Wir sind ihnen damals entkommen.“
„Den Unbekannten?“
„Da waren sie nicht mehr so unbekannt. Jedenfalls erhielten wir dann den Auftrag, so einen galaktischen Krieg in Zukunft verhindern zu helfen.“
„Es gibt jemanden, der so mächtigen Wesen, wie ihr es scheinbar seid, Aufträge erteilt?“ Die Stimme Van Hanroys zitterte leicht bei dieser Frage.
„So kann man das nicht bezeichnen. Wenn ich euch diese Dinge so erzählen wollte, wie sie wirklich sind, würdet ihr mich nicht verstehen.“
„Wieso nicht?“
„Stellt euch vor, ihr müsstet jemandem von einem Planeten, auf dem man noch mit Ochsenkarren die geernteten Früchte vom Feld holt, erklären, was ein Hyperraumantrieb ist. So ähnlich geht es mir jetzt.“ Und mit einem unüberhörbaren Schmunzeln in der Stimme setzte er fort: „Aber ich bemühe mich sehr!“
Van Hanroy beschloss, vorsichtshalber einmal die Überlegenheit Hortals anzuerkennen. Es war sicher besser, solche Wesen zum Freund zu haben: „Bitte noch einmal ganz langsam. Du willst uns also vor einer Gefahr warnen, die im Galaktischen Zentrum auf uns lauert? Warum?“
Die rote Kugel stieß nun ein echt amüsiertes Lachen aus: „Lassen wir es einmal dabei, dass ich euch vor einer Gefahr warne. Was ich eigentlich von dir will“, - und nun hatte Van Hanroy den Eindruck, dass jetzt er ganz allein gemeint war - „ist folgendes: Ihr habt nun das Recht und die Pflicht, 3 Richter und 300.000 Soldaten an den OGG abzustellen. Das solltet ihr so nicht tun.“
„Augenblick“, warf Van Hanroy ein, „was soll denn das heißen? Wir arbeiten seit Jahren daran, Vollmitglied nicht nur der GU, sondern auch des OGG zu werden. Jetzt haben wir es endlich geschafft und ich darf vor der >Galaktischen Direktive< sprechen.“
„Langsam, langsam“, warf Hortal ein. „Lass mich ausreden. Terra soll ruhig seine 3 Richter an den OGG stellen. Auch 300.000 Soldaten sollen es sein. Aber innerhalb der Soldaten sollen mindestens 100 Superior sein, die als Offiziere ausgebildet sind.“
Van Hanroy warf einen bedeutungsvollen Blick auf Hegenbosch und meinte „Nun, nicht einmal der Kapitän meines Flaggschiffes wüsste etwas über das, was du zuletzt gesagt hast. Da kannst du ja wohl nicht erwarten, dass ich jemand von der GU darüber informiere.“ Nach einer kleinen Pause setzte er noch seufzend hinzu: „Woher weiß ein Wesen wie du etwas über eines der größten Geheimnisse Terras?“
„Außerdem musst du dafür sorgen“, ignorierte Hortal den Präsidenten, „dass diese Offiziere Bataillonskommandanten oder ähnliches werden.“
„Soll ich die Kabine verlassen, Sir?“, warf Hegenbosch ein.
„Bleiben Sie, Commander. Ich weiß im Moment gar nicht, was ich sagen soll.“
„Zusätzlich informierst du die Delegierten der >Galaktischen Direktive<, dass ich kommen werde, um eine Rede zu halten.“ Hortal hatte nicht die geringste Absicht, sich um die politischen Probleme Terras zu kümmern.
Während Van Hanroy, Atahasi und Hegenbosch noch überlegten, wie man auf diese Vorschläge reagieren solle, war die rote Kugel plötzlich verschwunden.
Der Wachführer meldete über ABC, dass er wieder online sei, der Erste Offizier, dass das bläuliche Gebilde plötzlich verschwunden war und die Funkstation, dass Hyperfunkempfang bestehe. Man hätte noch nicht versucht zu senden.
Commander Hegenbosch machte einen Rundruf an alle Stationen, in dem er mitteilte, dass sie eine interessante Unterhaltung mit einem Fremdwesen gehabt hätten und man auf weitere Weisungen warten solle.
Dann wandte er sich an den Präsidenten: „Wie geht es jetzt weiter, Mr. President?“
„Bleiben Sie beide noch hier bitte. Wir müssen überlegen, was unsere Sprachregelung sein wird.“
Während eine brodelnde Gerüchtewelle durch das Schiff kochte, machten sich die drei daran, die Ereignisse zu analysieren:
Van Hanroy blickte zuerst auf Hegenbosch: „Es gibt nur ein paar Handvoll Menschen, die wissen, dass wir Mutanten in allen möglichen - auch hohen - militärischen Rängen eingesetzt haben. Grund ist, dass wir uns im Falle eines Konflikts Vorteile daraus erwarten, dass die Gegenseite davon nichts weiß. Ich ersuche Sie, darüber zu schweigen.“
„Selbstverständlich, Sir“.
Atahasi meinte: „So wie ich diesen Hortal einschätze, könnte er wohl seinen Willen bei uns durchsetzen. Warum bloß hat er es wie harmlose Vorschläge dargestellt? Warum sollen wir aller Welt plötzlich erzählen, dass es im Solaren Militär Mutanten gibt und welche militärischen Fähigkeiten diese haben? Ich konnte ihn im Übrigen auch nicht espern.“
Letztere Bemerkung trug ihm natürlich einen vielsagenden Blick Hegenboschs ein. Aber Atahasi fand, dass es gegenüber dem Kapitän mit der Geheimhaltung ohnehin nicht weiter klappte.
Van Hanroy gab ihm recht: „Und warum sollen wir diese dem OGG zur Verfügung stellen, und was will Hortal dort erzählen?“
„Genau. Und wie will er nach Zeiss III gelangen und in den Ratspalast der GU eindringen?“, meldete sich Hegenbosch zu Wort. „Wir haben die Verteidigungsanlagen des Zeiss-Systems zwar noch nicht gesehen, aber diese sind legendär.“
Nun schwiegen alle drei, und jeder wog in Gedanken die Zukunftsperspektiven dieser Geschichte ab. So etwas wie Hortal warf alle ihre bisherigen Lebens- und Berufserfahrungen über den Haufen.
Van Hanroy bat dann Commander Hegenbosch, eine weitere Hyperraumphase einzuleiten und meinte: „Lassen Sie uns eine Nacht darüber schlafen, bevor wir Entscheidungen treffen, deren Tragweite wir im Moment nicht beurteilen können.
Nachdem sich sehr rasch herausgestellt hatte, dass einem weiteren Hyperraumflug nichts mehr entgegenstand, war nach und nach wieder der normale Ablauf an Bord eingekehrt, und am nächsten Morgen bat Präsident Van Hanroy seinen Adjutanten und den Kapitän zu einer neuerlichen Gesprächsrunde.
„Inzwischen kommt mir der gestrige Vorfall noch mysteriöser vor, als unmittelbar danach“, begann er die Besprechung, „Ich stellte mir vor, was unsere Journalisten sagen und schreiben würden, wenn sie erführen, dass die Politik Sols von geheimnisvollen roten Kugeln bestimmt wird, die in noch geheimnisvolleren blauen Amöben angereist kommen“, setzte er dann schmunzelnd fort. „Aber je länger ich darüber nachdenke, was Hortal uns eigentlich sagen wollte, desto mehr bin ich überzeugt, dass wir auf seine Vorschläge eingehen müssen.“
„Mir geht es ähnlich, Mr. President“, war die Reaktion Atahasis. Wenn wir es schaffen, 100 Superioroffiziere in gehobenen Stellungen bei der GUPOL unterzubringen, kann das auf keinen Fall ein Nachteil sein.“
„Auch ich denke, dass Sie das machen sollten, was Hortal vorgeschlagen hat, Mr. President“, stimmte auch Hegenbosch zu. „Natürlich werden Menschen, die diesen gestrigen Auftritt nicht miterlebt haben, nicht so leicht zu überreden sein, aber das Holo des merkwürdigen Raumschiffs wird viele überzeugen. Schade, dass es in Ihrer Kabine keine Überwachungskamera gibt, sonst hätten wir auch eine Dokumentation über Hortal.“
„Sie meinen also beide, dass ich Terras >Geheimwaffen< öffentlich machen und die Delegierten der >Galaktischen Direktive< davon überzeugen soll, dass Hortal eine Rede halten will?“, fragte Van Hanroy nochmals zurück.
Nachdem beide zugestimmt hatten, war Van Hanroy froh, dass die beiden Berater seine innerliche Haltung teilten. Nachdenklich beendete er die Sitzung.
Ob Hortal sie mit irgendeinem Trick beeinflusst hatte?
Außerdem schien dieses Sammelwesen einen merkwürdigen Humor zu besitzen. Wovor aber fürchtete es sich, wenn es so mächtig war als es den Anschein hatte, und warum war es plötzlich verschwunden?