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Wie alles begann

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Interview mit Rektor i. R. Michael Dorsch (MD)


Bild 3: Rektor i. R. Michael Dorsch, 2016.

Herr Dorsch, Sie sind einer der Gründungsväter des Kirchbauvereins. Wie stand es um die Kirche wenige Jahre nach der Wiedervereinigung:

MD: Zur Gründung des Vereins war die Zeit der DDR noch sehr präsent. Dort verstand sich die Kirche als eine Zeugnis- und Dienstgemeinschaft. Ich nenne dies in unserem Zusammenhang die ekklesiologische Dimension der Vereinsgründung. Der Terminus ”Ekklesia” bedeutet ”Versammlung, Gemeinde”. In der Zeit nach der Wende war das Selbstverständnis der Kirche neu gefragt: Wie ist das jetzt mit Zeugnis und Dienst im Glauben an diesen Kyrios? Wo wird die christliche Gemeinde jetzt verortet und wie lebt sie mit dem Haus, das die Mütter und Väter für ihre Versammlungen gebaut haben? Was für eine Botschaft geht von diesem Kirchgebäude heute aus?

Der Altstadtverein drängte schon bald, er wollte dem Kirchturm-Torso des Krieges wieder eine Renaissancehaube geben:

MD: Diese Frage zielt auf die Entstehungsgeschichte, die historische Dimension. Bereits 1992 hatte der Altstadtverein für die Turmhaube Geld gesammelt. Die Kirchengemeinde fühlte sich zu diesem Zeitpunkt außerstande, tätig zu werden. Sie hatte nicht die notwendigen eigenen Mittel und sah sich auch vor anderen essentiellen Aufgaben. Es begannen heftige Diskussionen um die Frage, ob die Geschichte in ihren Spuren, etwa dem Notdach auf dem Turm, nicht sichtbar bleiben sollte, als Erinnerung an Schuld und Mahnung zum Frieden. Eine ähnliche Diskussion fand ja auch um den Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden statt.

Wie fühlte sich das für den damaligen Superintendenten Michael Dorsch an?

MD: Zum entscheidenden Faktor wurde schließlich die konservatorische Verantwortung! Der Kirchturm befand sich in einem desolaten Zustand, eine Sanierung war unumgänglich. Das Landesdenkmalamt forderte die Gemeinde auf, eine Konzeption vorzulegen. Die Situation gipfelte in der Konstellation: Entweder einfache Sanierung mit vorwiegend kircheneigenen, nicht vorhandenen Mitteln und das Notdach behalten oder gemeinsam mit anderen Geldgebern, besonders dem Altstadtverein, ein Gesamtkonzept zu erarbeiten, das den Wiederaufbau der Renaissancehaube beinhaltete. Damit geriet ich in die Situation des Moderators zwischen retardierenden Kräften in der Gemeinde und Vorstellungen in der Bürgerschaft Jenas, eine sanierte Kirche als Silhouette und Symbol der Stadt zu erhalten.

Und da kam die Idee von der Gründung eines Kirchbauvereins?

MD: Tatsächlich kam jetzt eine neue Dimension hinzu, die der Vernetzung. Jörg Eduard Krumsiek war Chef der Deutschen Bank in Jena. Sein Selbstverständnis als Johanniter motivierte ihn, „Ecclesia“ zu befördern. Er trug die Idee eines Kirchbauvereins an mich heran. Doch Jörg Eduard Krumsiek kam nicht allein, er hatte Dombaumeister Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Deurer als exzellenten Fachmann zur Seite. Dr. Lothar Späth sprach ich erstmals 1995 beim Neujahrsempfang von Jenoptik auf die Stadtkirche hin an. Im September 1996 sagte er die Mitgliedschaft in einem zu gründenden Kirchbauverein zu. Er wurde später Kurator primarius. Lothar Späth holte Vertreter von Kirche, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in der 13. Etage des ehemaligen Zeiss-Hochhauses zusammen; die Vernetzung setzte sich so entscheidend fort. Ich konnte mir dann das Mandat der Gemeindeleitung einholen, bei der Bildung des Jenaer Kirchbauvereins als Superintendent mitzuwirken.

Was geben Sie dem Kirchbauverein mit auf seinen weiteren Weg?

MD: Zunächst eine große Anerkennung und einen Dank für die professionellen Leistungen der zwei Jahrzehnte, aber auch die Bitte, dass die oben erwähnten ekklesiologischen Fragestellungen nicht aus dem Blick geraten mögen. Und: Das Exempel St. Michael begründet meine Hoffnung, dass der Weg dieser spätgotischen Kirche ein Zeichen geheilten und versöhnten Lebens für Suchende und Sehnsüchtige wird und bleibt!

Das Gespräch führte Gerhard Jahreis


Bild 4: Nur aus der Vogelperspektive ist die komplett restaurierte Stadtkirche als harmonische Einheit wahrnehmbar. allround pictures (Jörg-UweJahn)

20 Jahre Jenaer Kirchbauverein e.V.

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