Читать книгу Die Ehebrecherin - Geri Schnell - Страница 7
Mumbai
ОглавлениеIhre muslimische Kleidung fällt nicht auf. Auch scheint sie niemand zu suchen. Das ist eine andere Welt. Keinen interessiert, was der andere macht. Ein krasser Unterschied zu ihrer Heimat. Da kontrolliert man jeden Schritt des Nachbarn. Kommt er verspätet zum Gebet? Ist die Kleidung korrekt? Erst in der eigenen Wohnung hat man gewisser Freiheiten, doch selbst da, wachen Vater und Mutter darauf, dass die Regeln eingehalten werden.
Noch immer folgt sie dem Menschenstrom. Bei Kreuzungen wählt sie die Strasse, auf der am meisten Menschen sind. Ein ungewohntes Gefühl, sie wird nicht beachtet. Es ist ihr recht, das Wasser im Hafen war schmutzig und nun sind ihre Haare verklebt. Auch der Rock, der ist jetzt wieder trocken, aber total zerknittert. Noch immer geniesst sie ihre Freiheit. Ohne Kontrolle zu Leben ist etwas Neues für sie.
Während sie durch die Strassen schlendert, beginnt sie nachzudenken. Mumbai? Die Stadt sagt ihr nichts, in Saudi-Arabien hört die Welt nach Riad und Mekka auf, danach gibt es nichts mehr. Einige Gebäude sind mit einer Flagge geschmückt. Nun erinnert sie sich, die Flagge könnte auf Indien hindeuten. Nur, das hilft ihr nicht weiter, über Indien weiss sie nichts, das wurde in der Schule nicht erwähnt und auch Elin hat sich nie mit Indien befasst. Eins ist ihr wichtig, Moslems sieht man hier keine, oder sie sind so gekleidet, dass man sie nicht erkennt. Von der Seite droht wenig Gefahr.
Nun geht es darum, wie und wo sie die Nacht verbringen soll. Noch sind die Strassen voller Leute, die Stadt scheint nicht zu schlafen. Eigentlich braucht sie keinen Schlaf, die letzte Zeit hat sie sehr viel geschlafen. Auch der Hunger hält sich in Grenzen, trotzdem sucht sie nach einem ruhigeren Platz, die Gefahr entdeckt zu werden ist gering. Jetzt muss sie ihr Leben selber in die Hand nehmen.
Nun ändert sie ihr Vorgehen. An Kreuzungen folgt sie der Strasse mit weniger Menschen. Schliesslich legt sie sich in einem verlassenen Park hinter einer Bank ins Gras und döst vor sich hin. Nun ist sie plötzlich allein. Passanten gehen vorbei, ohne sie zu beachten. Sie fühlt sich sicher, hier kann sie einige Stunden bleiben. Erfreut stellt sie fest, die Flucht aus Saudi-Arabien ist gelungen. Zu gerne hätte sie das Gesicht gesehen, welches der Kadi macht, wenn er erfährt, dass die Auspeitschung nicht stadtfinden kann, weil die Delinquentin verschwunden ist.
Es ist noch dunkel, als sie aufwacht. Nun wird ihr bewusst, dass sie das Leben selber in die Hand nehmen muss. Bereits vor Sonnenaufgang erwacht die Stadt, auch in den Aussenbezirken langsam zum Leben. Der erste Tag als freie Frau beginnt. Was wird er ihr bringen? Doch frei sein, heisst auch, sich selber versorgen. Was kommt als nächstes?
Sie steht auf und wagt sich wieder auf eine grössere Strasse. Es beruhigt sie, auch jetzt, da weniger Leute unterwegs sind, nehmen die Leute sie nicht wahr. Jeder hat genug mit sich selber zu tun. Sie gelangt in eine Strasse mit Hütten auf beiden Seiten. Vor der einen hängen Kleidungsstücke an der Wäscheleine. Masa bleibt stehen und beobachtet die Umgebung, weit entfernt sind noch Leute unterwegs, doch die entfernen sich weiter, ohne sie zu beachten.
Die Versuchung ist zu gross. Sie will endlich ihren schwarzen Muslimrock loswerden. Sie schlüpft aus dem Rock und steht nackt auf der Strasse. Dann ergreift sie von der Wäscheleine vier Kleidungsstücke und schlüpft hinein. Nun sieht sie wie eine Einheimische aus. Ihren schwarzen Rock hängt sie an der Stelle auf, wo vorher die gestohlenen Kleider hingen, dann eilt sie davon. Alles bleibt ruhig. Nun beeilt sie sich, den Stadtteil zu verlassen. Zweifel kommen auf, sie hat gestohlen, beruhigt sich aber, es war für sie eine Notlage. Der schwarze Rock war sicher teurer, als dieser indische Rock und die dazu passenden Hosen. Nun fühlt sie, dass sie in der Stadt angekommen ist. Sie bevorzugt wieder die belebteren Strassen.
Nun ist sie weit genug vom Ort ihres Diebstahls entfernt und sie beruhigt sich. Wie geht es weiter? Sie sieht ein Schild, das auf einen Strand hinweist. Zumindest deutet sie das Wellensymbol so, lesen kann sie es nicht, es ist in der lokalen Sprache geschrieben.
Kurz darauf hört sie die Brandung. Vorbei an Verkaufsständen erreicht sie den Sandstrand. Nur wenige Leute stehen am Strand herum. Ab und zu steigt eine Frau bis zu den Knien ins Wasser, aber Leute im Badeanzug, wie sie es auf Bildern gesehen hatte, die Elin angeschaut hatte, sieht man keine. Sie setzt sich an eine Mauer, welche den Strand von einer Strasse trennt und beobachtet die Leute.
In einiger Entfernung entdeckt sie eine Dusche. Eine Frau steht in ihrem Rock darunter und wäscht sich die Haare. Das sieht doch sehr verlockend aus. In einiger Entfernung wartet sie, bis die Frau fertig ist, dann tut sie es ihr gleich. Mit der Hand nimmt sie noch etwas Schaum auf, welcher dem Ablauf zuströmt. Es reicht, ihre Haare schäumen und sie spürt, wie das Öl herausgewaschen wird.
Nach der ausgiebigen Wäsche geht sie zurück an ihren Platz und lässt die Haare und ihre Kleidung trocknen.
Sie beobachte nun erneut die Leute, die mehrheitlich am Strand herumstehen. Sie ist beeindruckt, wie unbekümmert alles abläuft. Wenn sie an die Strandbesuche zuhause denke, wie verkrampft unsicher und ängstlich sich die Leute am Strand bewegen, weil sie Angst haben, sie könnten ein Gesetz des Islams übertreten, da ist die Atmosphäre hier ganz anders, viel gelöster. Es gibt keine Moschee, welche die Männer zu Gebet ruft. Es wird ihr bewusst, wie stark die Religion in Saudi-Arabien das Leben beherrscht. Doch wozu das alles? Ist das Leben nach dem Tod wichtiger als das wirkliche Leben? Hier leben die Leute im Jetzt, was wird aus ihnen nach dem Tod? Auf jeden Fall haben sie keine Angst davor und leben ihr vorbestimmtes Dasein.
Nachdem ihre Haare trocken sind, fallen sie in sanften Wellen auf ihre Schulter. Im Unrat am Strand findet sie sogar einen Kamm und kann die Haare etwas ordnen. Nun kann sie sich wie eine einheimische Schönheit am Strand bewegen.
Nur mit der schönen Haarpracht ist ihr Leben nicht einfacher geworden. Was ist nun das Dringendste? Sie hat bemerkt, dass nur wenige Leute englisch sprechen. Sie muss die örtliche Sprache erlernen. Einfacher gesagt als getan. Ein Sprachkurs kommt für sie nicht in Frage.
Weiter unten am Strand sieht sie eine Gruppe von Kindern, welche zusammen
spielen. Sie nähert sich der Gruppe so weit, dass sie hören kann, was die Kinder rufen. Die sind zum Glück sehr laut, wie sie es auch von Zuhause gewohnt ist. Mit wachem Blick und offenen Ohren verfolgt sie das Spiel der Kinder. Die lassen sich von Masa nicht stören. Masa wirft ihnen ab und zu einen Ball zu, welcher abseits der Gruppe gelandet ist. Die Kinder bedanken sich mit einer Geste.
Am späteren Nachmittag werden die Kinder von der Aufsichtsperson aufgefordert, ihre Sachen zusammen zu räumen und ihr zu folgen.
Masa ist zufrieden, sie hat die Bedeutung von einigen Worten erkannt. Noch reicht es nicht für eine Unterhaltung, aber sie ist mit ihrem Start in die Freiheit zufrieden.
Mit beginnender Dämmerung leert sich allmählich der Strand. Die Leute gehen nach Hause. Einige sind sehr unordentlich und lassen ihren Müll am Strand zurück. Das ist die Gelegenheit für Masa, sie durchstreift den Strand. Zuerst findet sie eine Plastiktasche und beginnt nun alles einzusammeln, was sie für brauchbar hält. Sie findet auch einige Früchte und ein Brot, in einigen Flaschen ist noch ein Rest übrig. Mit ihren Schätzen verlässt sie den Strand und sucht sich einen ruhigeren Ort. Der erste Tag als freie Frau neigt sich dem Ende entgegen. Sie ist zufrieden, das Leben kann weitergehen.
Masa sucht sich in einem Park eine Bank zum Schlafen. Unter den gefundenen Schätzen befindet sich auch eine Decke. Sie wickelt sich in die Decke und legt sich hinter der Bank hin, so können Passanten sie nicht gut sehen.
Als sie aufwacht, fühlt sie sich in Sicherheit. Es ist immer noch dunkel, sie verlässt den Park und schlendert ziellos durch die Strassen. Sie weiss nicht, wo sie sich befindet, spielt auch keine Rolle, alles ist hier fremd. In einer Strasse nimmt sie den Duft von Räucherstäbchen wahr. Etwas Abseits bemerkt sie einen Tempel. Die Bewohner von Mumbai scheinen doch einer Religion zu huldigen. Der Tempel ist schön geschmückt und leuchtet in vielen Farben. Sie beobachtet die Leute, welche sich hinknien. So früh am Morgen sind es noch nicht viele.
Aus der Entfernung beobachtet sie, wie die Zeremonie abläuft. Feste Regeln gibt es nicht, die einen knien kurz hin und gehen weiter, andere verweilen länger. Als keine Leute im Tempel sind, geht sie näher und schaut sich den Tempel genauer an. Der Geruch der Räucherstäbchen sticht ihr unangenehm in die Nase. Zurzeit sind keine Leute im Tempel. Auf einer Art Platte werden kleine Körbchen und verzierte Schalen mit Geschenken an die Göttin hingestellt. Meistens erkennt sie frische Früchte. Das Obst ist nicht vergammelt, wie die Früchte, welche sie am Strand gefunden hat.
Die Versuchung ist gross. Masa schaut sich um, immer noch niemand im Tempel. Sie langt zu und packt einige Früchte in ihre Tasche und entfernt sich schnell in Richtung Stadt. Dort fühlt sie sich sicherer, bereits sind viele Leute unterwegs und sie taucht in der Menge unter. Alles bleibt ruhig, ihr Diebstahl wurde nicht entdeckt. Sie sucht sich eine abgelegene Bank und verzehrt ihr Diebesgut sofort, so bleiben keine Spuren zurück.
Nachdem das so gut gelungen ist, sucht sie nach weiteren Tempeln.
Es gibt anscheinend einige. Bei jedem beobachtet sie genau, ob sie einen weiteren Diebstahl riskieren kann. Noch zwei Mal kann sie Lebensmittel stehlen. Darunter eine Schale Reis und ein totes Huhn. Doch dann sieht man die Sonne aufgehen und es sind zu viele Leute in den Tempeln, für heute muss das reichen.
Mit der Ausbeute ist sie zufrieden. Sie sucht einen Strand, das Hinduwort Beetch kennt sie mittlerweile und findet ihn schnell. Am Strand gedenkt sie, den Tag zu verbringen. Es ist ein anderer Strand als gestern, sieht aber ähnlich verwahrlost aus. Sie hat Glück und entdeckt eine Feuerstelle, welche noch leicht raucht. Sie sucht nach Brennmaterial, um das Feuer neu zu entfachen. Zuerst gibt sie sich mit Plastikabfällen zufrieden. Das Feuer brennt schon wieder stark, stinkt aber erbärmlich. Danach sucht sie nach Holz, welches in der Nacht angeschwemmt wurde. Diese Holzstücke brennen erstaunlich leicht, nur die Oberfläche ist nass. Schon nach kurzer Zeit im Feuer sind sie abgetrocknet und brennen schön und vor allem lange.
Nun hängt sie an einem Stock das Huhn über das Feuer. Der Duft ist verführerisch, das hat sie hat schon lange nicht mehr gerochen. Sogar zuhause gab es selten gegrilltes Huhn. Die Schenkel und Flügel sind am ersten gar zu Essen. Sie geniesst jeden Bissen. Bis sich der Strand mit Leuten füllt, hat sie das Huhn und allen Reis gegessen und löscht das Feuer.
Frisch verpflegt sucht sie den Strand nach Kindern ab. Dieses Mal spielen nur zwei Geschwister und ihre Mutter. Sie setzt sich in ihre Nähe und lauscht ihren Gesprächen.
Bis die Sonne untergeht hat sie ihren Wortschatz in Hindi leicht vergrössert. Es ist eine schwere Sprache, das wird noch Zeit brauchen.
Zufrieden mit dem Tag, sucht sie eine Stelle, an der sie übernachten kann. Sie will zeitig schlafen, denn am frühen Morgen ist es einfacher, im Tempeln Speisen zu stehlen. Es ist mit weniger Leute zu rechnen. Sie will kein Risiko eingehen.
Am nächsten Morgen ist sie schon vor Sonnenaufgang unterwegs. Die Tempel sind schon gut bevölkert und mit Opfergaben gefüllt. Zwischen den Besuchen der Betenden, gibt es noch einige Lücken in der sich keine Leute im Tempel aufhalten. In kurzer Zeit hat sie ihren Tagesbedarf an Essen beschafft und sucht den Strand auf.
Ab jetzt hat ihr Tagesablauf eine Struktur. Morgenfrüh Essen für den Tag beschaffen, danach Kinder beobachten und die Sprache lernen.
In den nächsten Wochen führt sie ein strukturiertes Leben. Das Risiko beim Stehlen entdeckt zu werden ist inzwischen gering, sie kennt sich bestens aus.
Eines Morgens, die Beschaffung von Lebensmittel ist bereits abgeschlossen, nutzt sie die Zeit, bis es am Strand interessant wird, sich mit der riesigen Stadt vertraut zu machen.
An diesem Morgen findet sie eine grüne Wiese, eine Seltenheit in Mumbai. Die Wiese ist von Hecken umgeben. Was Masa hier interessiert sind die Gräser. Besonders die mit langen breiten Blättern.
Mit solchen Gräsern hatte sie als Kind Körbchen geflochten. Ihre Mutter hatte ihr das beigebracht. Sie konnte sogar einige verkaufen. Wenn die Gräser trocken sind, kann sie damit Körbchen für Opfergaben flechten, welche sich für das Überreichen der Opfergaben eignen würden.
Nun nützt sie die Zeit, bis die ersten Kinder am Strand auftauchen mit dem Flechten von Körbchen. Nach einer Woche sind die ersten drei Körbe fertig. Nun steht sie am Morgen als Erstes vor einem Tempel und bietet die Körbchen zum Kauf an. Die Pilger sind begeistert und die drei Körbchen sind schnell verkauft. Sie löst den Preis, welchen sie für angemessen erachtet. Keinem der Pilger ist es zu teuer, bei Opfergaben wird nicht gefeilscht. Nach einem Monat in Mumbai, hat sie ihr erstes Geld eingenommen und kann sich am Stand richtiges Essen kaufen.
In den nächsten Tagen erntet sie so viel Gras wie möglich und flechtet daraus Körbchen. Nun sucht sie sich zum Verkauf schönere Tempel aus, die hat sie beim Stehlen eher gemieden. Trotz erhöhtem Preis sind die Körbchen schnell weg. Sie fühlt sich wie eine Millionärin.
Mit dem Geld kauft sie sich einen Rucksack und drei schöne Röcke. Dazu kauft sie ein Stück Seife um sich regemässig die Haare zu waschen, denn die langen Haare wirken schnell verwahrlost und zudem juckt es weniger, wenn die Haare sauber sind.
Aus der verschmutzen Obdachlosen ist eine gepflegte Obdachlose geworden. Sie ist mit ihrer Verwandlung zufrieden. Leider geht ihr bald das Rohmaterial, die Gräser aus, so dass ihre Einnahmenquelle zu versiegen droht.
Masa beschliesst, mit einer Ritschka ausserhalb der Stadt nach Gräser zu suchen. Die Fahrt kostet sie für ihre Verhältnisse ein Vermögen. Mit Hilfe des Fahrers findet sie eine Wiese und reisst so viele Gräser wie möglich aus und verstaut sie im Rucksack. Die Investition hat sich gelohnt, sie hat wieder Gräser für drei Wochen Arbeit gesammelt.
Nun läuft das Geschäft wieder ausgezeichnet. Ab jetzt leistet sie sich einmal in der Woche eine Nacht in einem günstigen Hotel. Dort kann sie in einem Bett schlafen und besonders wichtig, am Morgen richtig mit warmem Wasser duschen und ihre Röcke waschen.
Noch immer belauscht sie Kinder am Strand. Neue Wörter lernt sie allerdings nur noch selten, der Wortschatz der Kinder ist begrenzt, reicht aber aus, um ihr Tagesgeschäft erfolgreich zu gestalten.
An einem Morgen zahlt es sich aus, dass sie gepflegt und gewaschen am Strand erscheint. Eine Mutter spricht sie an.
«Ich habe bemerkt», beginnt die Frau das Gespräch, «dass du sehr gut mit Kindern umgehen kannst. Möchtest du bei uns als Kindermädchen arbeiten? Ich könnte dann länger arbeiten.»
«Ich weiss nicht», Masa ist vorsichtig, «ich habe das noch nie gemacht.»
«Wir können es einfach ausprobieren, wenn es dir nicht gefällt, kannst du wieder aufhören. Ich bin Saira, komm mit, ich zeige dir unser Haus.»
Mit klopfendem Herzen folgt Masa Saira, was würde diese Änderung für sie bedeuten? Saira bewohnt ein kleines Häuschen mit Garten.
«Mein Mann kommt erst um sechs Uhr nach Hause, er arbeitet als Computertechniker. Wir können schon dein Bett ins Kinderzimmer stellen.»
Nun ist Masa also zum Kindermädchen aufgestiegen. Sie muss Tochter Yava und Sohn Raj betreuen. Als Lohn bekommt sie eine feste Bleibe und regelmässig Essen. Dazu als besonderen Luxus, ein eigenes Bett. Jetzt wartet sie gespannt, was Sairas Mann dazu sagt, denn der weiss noch nichts vom spontanen Entscheid seiner Frau.
«Das ist Masa», erklärt Saira ihrem Mann, «sie wird bei uns als Kindermädchen eingestellt. Natürlich nur, wenn du nichts dagegen hast, ich würde gerne länger arbeiten. – Das ist Liem, mein Mann!»
Liem mustert Masa überrascht und mit einem kritischen Blick, dann stimmt er der Entscheidung seiner Frau zu.
Nun deckt Masa den Tisch fürs Nachtessen und sitzt mit der Familie beim Essen mit am Tisch. Die erste Mahlzeit seit langem, fast wie früher mit ihrer Familie.
Masa lebt sich schnell in der neuen Familie ein. Die Arbeiten, welche sie erledigen muss, sind nicht schwer. Beide Kinder haben sie akzeptiert und unterstützen Masa beim Einstieg in ein neues Leben.
Die Tochter Yava ist sechs Jahre alt und startet demnächst mit der Schule, Raj, ihr Bruder ist drei Jahre älter und hat zurzeit Schulferien. Masa lässt sich immer neue Spiele einfallen, das gefällt den Kindern.
Nebst den Kindern, einem Dach über dem Kopf, einem eigenen Bett und regelmässigem Essen, profitiert Masa auch davon, dass sie nun viel mit Erwachsenen reden kann, was ihren Wortschatz, sowohl in Hindi und auch in Englisch wesentlich erweitert.
Inzwischen hat ihr Vater Liem seinen alten Computer überlassen, denn er braucht für seine Arbeit eine aktuelle Topausrüstung. Auf dem PC ist bereits ein Englischkurs gespeichert. Damit beschäftigt sich Masa, wenn die Kinder anderweitig beschäftigt sind. Oft sitzt sie auch mit Raj am PC und sie inspirieren sich gegenseitig, möglichst viel aus dem Gerät herauszuholen.
Saira ist mit Masa sehr zufrieden, es läuft besser als sie erwartet hatte. Sie überlässt ihr auch einige schöne Röcke, denn sie haben die gleiche Grösse, nun ist Masa eine richtige Dame geworden. Vom Typ Frau her unterscheidet sich Masa nicht von Saira, beide sind gross gewachsen und schlank, haben lange schwarze Haare und braune Augen. Das macht es Masa einfacher, ihre Nachbarn halten sie für eine Inderin aus der Provinz.