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Familienleben

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Masa lebt bereits ein Jahr bei der Familie. Sie spricht jetzt ein einfaches Englisch und auch etwas Hindi. Ausserdem ist sie auf dem Computer ein richtiges Ass geworden. Die Unterstützung durch Liem zahlt sich aus. Er versteht es, ihr die kompliziertesten Programme auf einfache Art zu erklären.

So surft sie jetzt in ihrer Freizeit im Internet. Ihr Wissensdurst ist gross und so holt vieles nach, was sie in Saudi-Arabien verpasst hatte.

Wenn die Familie Verwandte besucht, nehmen sie Masa mit, als ob sie zur Familie gehören würde. Liem versucht sogar sie mit jungen Männern bekannt zu machen. So funktioniert das in Indien, der Vater muss sich bemühen, seine Töchter gut zu verheiraten.

Noch hat Masa kein Bedürfnis, sich mit einem Mann einzulassen. Die schlechten Erfahrungen wirken nach. Trotzdem ist sie bei Besuchen willkommen. Ihre reservierte Haltung fordert die Männer heraus. Zudem bringt sie in Diskussionen, neue, für Inder ungewohnte Aspekte zur Sprache. In Sachen Liebe sind die Inder ähnlich kompliziert wie die Moslems. Auch hier gibt es zahlreiche Tabus und Vorschriften, welche einzuhalten sind.

Als Masa an einem Morgen mit Saira allein zuhause ist, nimmt Masa ein Bad und wäscht sich die Haare. Plötzlich spürt sie, dass sie von Saira sanft berührt wird.

«Armes Mädchen», flüstert Saira, «was haben sie dir angetan?»

Saira streicht sanft über Masas Narben auf dem Rücken.

«Ich möchte nicht darüber sprechen», meint Masa.

«Das verstehe ich», Saira streichelt sie weiter.

Masa weiss nicht, wie ihr geschieht. Gestreichelt zu werden ist ein völlig unbekanntes Gefühl für sie. Sie weiss nicht, wie damit umzugehen. Verunsichert lässt sie Saira gewähren und geniesst das neue Gefühl. Nun streichelt die Hand von Saira über ihren Busen und drückt ihn sanft.

«Er ist grösser und fester als meiner», stellt sie fest, «das mögen die Männer.»

Später greift Sairas Hand zwischen Masas Schenkel. Nun ist Masa noch mehr verwirrt. Nicht weil sie Sairas nichts abschlagen kann, sondern weil es ihr gefällt. Sie spreizt die Beine, dass Saira besser agieren kann. Das unbekannte Gefühl überwältigt sie. Masa lässt sich gehen und geniesst.

Nun streif sich Saira ihren Rock über ihren Kopf und führt die Hand von Masa zwischen ihre Schenkel. Masa lernt schnell und weiss, wie ihre Hand dort agieren muss. Die Ektase geht weiter und Masa kann ihren ersten richtigen Orgasmus nicht zurückhalten. Sie bebt am ganzen Körper.

Nach einigen Minuten kommen Schuldgefühle auf. In Saudi-Arabien würde ihr das weitere Peitschenhiebe einbringen. Nur, sie ist nun drei Jahren nicht mehr in Saudi-Arabien und die Mullas können sich ihre Moral an den Hut stecken. Ihr haben die Berührungen gefallen und nur das zählt.

Mit den Worten.

«Davon muss Liem nichts erfahren, das bleibt unter uns», zieht sich Sairas wieder an.

Danach verlässt Saira das Badezimmer. Masa ist froh, dass das Erlebnis geheim bleibt.

Die Zeit, welche sie am Computer und im Netz verbringen kann, ist für Masa sehr aufregend. Die Seiten, welche ihr in Saudi-Arabien zugänglich waren, liessen viele Fragen offen. Jetzt bewundert sie die Wunder der Natur. In Saudi-Arabien gibt es nicht viel Tiere, ausser im Roten Meer, aber da sie nicht Schnorcheln durfte, hat sie davon nicht viel gesehen. Nun staunt sie über die Vielfältigkeit der Tierwelt. Hat das alles Allah geschaffen? Je länger sie sich damit beschäftigt, umso mehr kommt sie zum Schluss, das schafft einer allein nie.

Als sie versucht, der Sache mit der Vielfalt der Tierwelt auf den Grund zu gehen, liest sie das erste Mal von Darwin und seiner Evolutionstheorie. Damit kann sie sich eher anfreunden und gedanklich nachvollziehen. Natürlich bewundert auch sie die Natur, es ist unglaublich, was Allah geschaffen hat, ja es ist so unglaublich schön, dass es nicht zu fassen ist. Wann hat Allah gelebt, wann Moses? Es ist nicht vorstellbar, dass in dieser kurzen Zeitspanne ein solches Werk entstehen konnte.

Geleitet von den schlechten Erfahrungen mit den Führern des Islams, ist für sie klar, der Islam schmückt sich mit fremden Federn und dabei scheint er nicht allein zu sein, nein, das wenige, welches sie über andere Religionen weiss, deutet darauf hin, dass viele Religionen darauf aufbauen.

Mit welchem Recht massen sich die Mullas an, über ganz private Dinge im Leben eines Menschen zu entscheiden, was Recht und was verwerflich ist?

Sie beschliesst herauszufinden, wie das Leben auf dem Planeten Erde funktioniert. Dass sie dazu schlechte Voraussetzungen mitbringt, ist ihr klar. In der Schule hat sie nur Koranferse auswendig gelernt, inzwischen hat sie die meisten vergessen. Sie muss sich die Informationen, die sie braucht, aus dem Web beschaffen und da ist das nächste Hindernis, die englische Sprache versteht sie noch zu schlecht. Sie will keine Doktorarbeit schreiben, sondern selber verstehen, wie es mit dem Leben funktioniert.

Dass es einige Regeln braucht, damit Leute miteinander zusammenleben können, versteht sie. Sie weiss bestens, wie man sich fühlt, wenn man etwas stiehlt. Sie entschuldigt sich, indem sie sich einredet, aus einer Notlage gehandelt zu haben. Zudem konnte sie die Speisen besser brauchen als irgendeine Göttin, welche die Speisen nur vergammeln liesse.

Doch wie funktioniert das Leben? Sie macht sich auf die Suche. Mehrmals versetzt sie diese Suche in Staunen, es gibt Tiere mit unglaublichen Eigenschaften und es braucht einiges, bis sie begreift, wie das alles zusammenhängen könnte. Eine wichtige Funktion übernimmt dabei die Sexualität. Ist das der Grund, warum sich die Mullas so intensiv damit beschäftigen? Vermutlich haben sie herausgefunden, dass wenn man den Leuten das Sexleben einschränkt, sie sich besser steuern, respektive beherrschen, lassen. Das Sexleben ist zu einem Grossteil an den Entscheidungen, die jedes Lebewesen trifft, beteiligt. Vom kleinen Käfer, bis zu den grossen Elefanten bestimmt das Sexleben den grössten Teil ihrer Handlungen. Dieser Trieb wird bei den meisten Tieren, nur noch vom Mutterinstinkt übertroffen und ist wie der Mutterinstinkt genetisch bedingt, wobei sie nicht weiss, was genetisch genau bedeutet.

Auf jeden Fall gibt sie Darwin eher recht, als den Religionsführern. Die werden aus ihrer Sicht durch ihren Egoismus gesteuert. Sogar Masa hat davon profitiert, dass man bei Ausgaben für das Seelenheil nicht knausrig sein darf. Masa weiss am besten, dass sie die Körbchen zu einem überhöhten Preis verkauft hatte, tröstet sich aber damit, dass die Kunden freiwillig zahlten.

Inzwischen hat sich in ihrem Kopf eine grobe Theorie festgesetzt. Sie merkt aber selber, dass da noch grosse Lücken bestehen. Sie sucht weiter. Manchmal muss sie von Saira ermahnt werden, dass es Zeit ist, den Tisch zu decken. Saira ist grosszügig und versteht den Wissensdurst ihres Kindermädchens. Unter dem Strich ist das Zusammenleben für beide ein Gewinn.

Masa muss lange suchen, bis sie die einfachste Formel des Lebens findet. Zwei ähnliche Lebewesen, eines männlich, das andere weiblich, vereinigen sich. Ihre Gene werden dabei vermischt. Das Ergebnis ist ein neues Lebewesen, allgemein als Kind bekannt. Dieses Kind muss sich nun bewähren. Nur wenn es eine gewisse Zeit überlebt hat, kann auch das Kind weitere Kinder zeugen. Dieser Kreislauf funktioniert seit Millionen von Jahren so. Ein Paar erzeugt ein neues Lebewesen. Ist das Kind lebensfähig, kann es neues Leben zeugen.

In unzähligen Paarungen werden Unmengen an Varianten erzeugt. Danach erfolgt die Auslese, entweder das neue Leben stirbt, oder pflanzt sich weiter fort. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Paarung rein zufällig, oder nach einer ausgeklügelten Strategie erfolgte.

Anfänglich bestimmte eher der Zufall, wer sich paarte, doch mit zunehmender Komplexität der Lebewesen, entwickelten sich Strategien, mit denen erfolgreichere Paarungen zu erzielen waren.

Bei den höher entwickelten Lebewesen entschieden die Weibchen, mit welchen Partnern sie sich paaren. Weibchen suchten gezielt einen Partner, welcher dem Nachwuchs bessere Überlebenschancen auf den Weg gibt. Es kam also ein neues Kriterium dazu, die Weibchen achteten auf spezielle Merkmale, welche sie als vorteilhaft erachteten. Das Prinzip hat sich bestens bewährt.

Dabei machten die Weibchen unbewusst den Fehler, dass sie nur die stärksten Männchen zur Fortpflanzung nutzten. Über die Jahrtausende wurden die Männchen immer stärker. Bei einigen Tieren sind die Weibchen den Männchen so unterlegen, dass diese sich einen Harem leisten können und so ihre Leaderstellung zurückerobern konnten.

Entscheidend war, dass sich die Lebewesen kontinuierlich an die wechselnden Lebensbedingungen anpassten. Wer nicht mit ihnen klar kam, konnte sich nicht Fortpflanzen. So einfach war das Konzept. Das Einzige was es brauchte, war ausreichend Nachwuchs und Zeit.

Könnte das der Grund sein, warum Männer begannen Regeln aufzustellen, wie sich Weibchen zu verhalten hatten? Wollten sie so die Evolution in eine für sie günstigere Richtung lenken und ihre Dominanz zurückerobern? War das die erste Forderung nach Gleichberechtigung? Das erste Auflehnen gegen festgefahrene Rituale, welche damals noch genetisch diktiert waren?

Waren die männlichen Menschen die ersten, welche sich bewusst gegen die Dominanz der Weibchen stellten? Gegen genetisch vorgeschrieben Rituale, war es schwer anzukämpfen. Es brauchte etwas, welches eine starke Wirkung erzeugte. Da bot sich das Leben nach dem Tod als starkes Kriterium an. Man muss den Leuten genügend Angst einjagen, dann werden sie sich anpassen. Niemand weiss, wie das Leben nach dem Tod weiter geht. Es kann auch niemand beweisen, wie es wirklich ist, oder eben wie es nicht ist. Doch die Männer waren sehr kreativ. Sie erfanden die Hölle, das Fegefeuer, die Unterwelt und zahlreiche Abarten. Damit machten die Führer den Leuten Angst oder konnten sie zumindest verunsichern. So konnten sie sie besser steuern und kontrollieren. Das Prinzip wurde laufend erweitert und perfektioniert. Bald setzte der Gruppenzwang noch weitere Eckpfeiler. Die erwiesen sich als so stark, dass sie nicht mehr unberücksichtigt blieben. Die Religion hatte ihren festen Platz erobert. Erfolgreiche Systeme sprechen sich schnell herum und Nachahmer, setzten lokale Varianten ein, um noch bessere Kontrollmöglichkeiten zu erhalten. Wer mit dem System angefangen hat, konnte Masa nicht herausfinden. Die ersten Versuche gab es schon zu Zeiten, als es noch keine Schrift gab. Die Geschichten wurden von den ältesten Männern, an die jüngere Generation weitergegeben. Die Geschichten wurden immer grusliger und geheimnisvoller. Durch dauerndes Widerholen wurden sie auch glaubwürdiger. Die Menschen begannen zu Glauben.

Jetzt ist Masa vorerst mit ihrem Weltbild zufrieden. Sie muss sich nur mit den verschiedensten Tierarten befassen. Es ist unglaublich, welche Wege die Natur findet, um zu überleben. Je härter die Lebensbedingungen, umso ausgefallener die Lösungen, welche die Natur gefunden hatte.

Dass der Mensch ein besonderes Lebewesen darstellt, ist offensichtlich. Wie es dazu kam, spielt nun auch keine Rolle mehr, es ist einfach so. Die Menschen sind flexibel und passen sich jeweils den gestellten Anforderungen an.

Welche Schlüsse Masa aus dieser Erkenntnis zieht, ist noch offen. Sie muss sich nicht entscheiden, sie ist immer noch eine Suchende.


Die Ehebrecherin

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