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Die Lagererweiterung

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Paul Merz, Kurt Weber und Herr Schöpf treffen sich um neun Uhr im kleinen Sitzungszimmer. Herr Schöpf, der Projektleiter des Dino-Projekts trägt ein dickes Bündel Akten bei sich und legt sie auf den Tisch. Er trennt das Bündel in drei Häufchen und schiebt sie den beiden anderen Herren zu. Nach einer kurzen Begrüssung kommt Herr Schöpf auf das eigentliche Thema der Sitzung zu sprechen.

«Ihr wisst, dass wir eine neue Walzstrasse, von allen Dino genannt, bestellt haben. Mit der Bestellung von Dino sind aber noch nicht alle Probleme gelöst. Die produzierten Rollen müssen transportiert und zwischengelagert werden. Dino kann seine Blechvariante nicht so schnell ändern, deshalb muss eine bedeutend grössere Menge als bisher zwischengelagert werden. Der Lieferant von Dino hat jetzt, in Zusammenarbeit mit unserm Verkauf und der AVOR, die ersten verbindlichen Zahlen erstellt, mit denen wir rechnen können. Das gesamte Ausliefer- und Lagerkonzept muss neu organisiert werden. Als sicher gilt, dass das Lager modernisiert und vergrössert werden muss.»

Nach dem Monolog von Herr Schöpf geht die Sitzung in ein Frage- und Antwortspiel über. Im Verlauf der langen Sitzung werden die Daten vom Verkauf auseinandergepflückt. Paul wird zum technischen Projektleiter für den Lager und Auslieferbereich eingesetzt. Herr Weber hat ihn dabei so gut wie möglich zu unterstützen. Als Erstes ist ein Pflichtenheft zu erstellen, nach welchem bei der Firma Lagra in Brugg eine Offerte eingeholt werden kann. Weitere Anbieter wären wünschenswert, zurzeit ist aber nicht bekannt, wer als weiterer Anbieter in Frage käme. Für das Abfassen der Anfrage steht vom Einkauf Daniel Gautschi zur Verfügung. Er wird bei der Offerte, die rechtliche Seite betreuen.

Nach der Mammutsitzung ist Paul müde, geht aber zufrieden nach Hause. Nachdem er jetzt ein Jahr lang nur an kleinen Projekten mitarbeiten durfte, hat er nun die Projektleitung für eine grössere Aufgabe erhalten. Er macht sich aber keine Illusionen, dieses Projekt hat er nur erhalten, weil die andern vom TB, mit Dinos Hauptproblemen beschäftigt sind und sich nicht noch mit dem Nebenprojekt Lager, herumschlagen können. Ausserdem ist er vom TB so etwas wie der Lagerspezialist geworden. Alle Aufgaben, die in letzter Zeit im Lager erledigt werden mussten, wurden ihm übertragen.

Er hat den Kopf noch voll von Gedanken an seine neue Aufgabe, als er in seinem kürzlich bezogenen neuen Zimmern, unter der Dusche steht. Das Zimmer im Zentrum von Reinach war ihm zu laut und zu teuer geworden. Auch das Feldbett und das improvisierte Mobiliar waren auf die Dauer zu unbequem.

Sein möbliertes Zimmer hatte er jetzt bei Familie Gerig gemietet. Die Gerigs bewohnten ein Einfamilienhaus am Sonnenberg. Dadurch gibt es die Möglichkeit, in den eigentlichen Kellerräumen ein sonniges Zimmer einzurichten, das bis vor kurzem, von ihrem Sohn bewohnt wurde, der ist jetzt mit seiner Freundin zusammengezogen, so dass das Zimmer samt Mobiliar frei wurde. Der siebzehnjährigen Tochter wollen sie es nicht geben, da das Zimmer einen eigenen Eingang hat und diese Freiheit wollen sie ihrer Tochter noch nicht bieten. Priska besucht in Aarau das Gymnasium und wird zu Hause recht streng gehalten. Am Anfang mochte Priska Paul überhaupt nicht, da sie ihn für den Hauptschuldigen hielt, dass sie das Zimmer nicht bekommen hat. Inzwischen hat sie sich an ihn gewöhnt, er ist so etwas wie ein Ersatzbruder geworden.

Abends hängt sie gewöhnlich mit ihrer Clique an der Strassenecke, zwei Strassen weiter unten, herum. Doch um spätestens acht Uhr ist sie auf ihrem Zimmer und macht ihre Aufgaben. Vom Vorplatz seines Zimmers, wo er einen Liegestuhl aufgestellt hat, kann Paul ihr Fenster sehen. In letzter Zeit zieht sie die Vorhänge nicht mehr ganz zu, so hat er schon einige Male beobachten können, wie sie sich auszieht. Irgendwie hat er das Gefühl, dass sie absichtlich diese kleine Show abzieht. Egal, er richtet es so ein, dass er die Show möglichst selten verpasst, das kleine Biest hat ihn in seinen Bann gezogen, besonders seit seine Hoffnungen auf Regula, an jenem Abend zerstört wurden.

Seit drei Wochen arbeitet Paul intensiv an der Ausarbeitung des Pflichtenhefts. In dieser Zeit arbeitet er viel mit Yvonne zusammen. So langsam wird allen Beteiligten klar, dass neben Dino ein weiteres Grossprojekt in Angriff genommen werden muss. Die Lagerkapazität die bereitgestellt werden muss, ist enorm. Dazu kommt, dass man nicht viel Zeit hat, die schweren Rollen ein- und auszulagern. Es müssen entweder mehrere oder sehr leistungsfähige Transportfahrzeuge angeschafft werden. Als sicher gilt, dass es mehrere Fahrzeuge werden, schon aus Gründen der Verfügbarkeit. Doch wenn allzu viele Fahrzeuge umherkurven, behindern sie sich gegenseitig. In der jetzigen Phase des Projektes, ist es noch nicht wichtig zu entscheiden. Die Problematik muss den aussenstehenden Lieferanten nur möglichst gut mitgeteilt werden, so dass diese geeignete Fahrzeuge offerieren können.

Auf heute hat man eine Sitzung einberufen, an der Yvonne, Kurt, Daniel und Paul teilnehmen. Es gilt aus den vielen Unterlagen, das Wichtigste in die Offerten-Anfrage zu packen und ein möglichst umfassendes Pflichtenheft zu erstellen, das auch den kritischen Fragen von Daniel standhält. Man hätte es nicht für möglich gehalten, was alles falsch oder zu ungenau sein kann. Paul hat Verständnis für die Einwände von Daniel, während sich Yvonne über den Tüpfle Schiesser aufregt, was sie nur sehr schlecht verbergen kann. Yvonne trägt heute, da es endlich einmal angenehm warm ist, eine bunte Bluse. Wenn sie sich vorbeugt, kann Paul sehen, dass sie heute keinen BH trägt. Dieser Umstand macht es Paul schwer sich zu konzentrieren.

Kurz vor Mittag ist das mehrseitige Werk soweit bereinigt, dass sich Daniel zurückziehen kann. Er muss nur noch das fertige Schriftstück einer abschliessenden Kontrolle unterziehen. Am Nachmittag haben Yvonne und Paul die Aufgabe, das Ganze ins Reine zu schreiben, wozu auch Kurt nicht mehr benötigt wird.

«So, das ging aber flott!», meint Yvonne, «vor allem, nachdem sich Daniel zurückgezogen hat! Kommst du mit in die Kantine, es ist Essenszeit, da können wir noch etwas plaudern?»

Kurze Zeit später sitzen sie gemütlich am Tisch, Yvonne verzehrt ihre Riesenportion Salat. Paul macht sich über ein richtiges Menü her, er ist hungrig. Endlich kann er erzählen, dass er die neue Saison vermutlich in der ersten Mannschaft spielen kann.

«Und was hast du am Wochenende gemacht?», fragt Paul Yvonne. «Ich war mit meiner Freundin auf einer Wanderung. Zwei Tag wandern, mit Übernachtung in einer Alphütte. Es war sehr anstrengend.»

Während sie ihnen von der letzten Tour erzählt, welche sehr harmlos verlief, kommt ihr immer wieder die Tour mit Cornelia vor drei Jahren in den Sinn. Seit dieser Tour will Conny immer wieder Bergtouren machen.

Yvonne muss aufpassen, dass sie nicht rot wird. Sie muss sich zwingen an den letzten Samstagabend in der Berghütte zu denken und nicht an jenen Abend vor drei Jahren, als sie in einer Berghütte mit Cornelia vier Jünglinge verführte.

Am Nachmittag hat Yvonne Mühe, sich auf die Offerte zu konzentrieren. Zum Glück kann Paul nicht Gedanken lesen, sonst hätte auch er einige Konzentrationsprobleme.

Lieben, kämpfen, leiden!

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