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Begegnung am Meer

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Der einfarbige Regenbogen

Das klatschende, gurgelnde, mahlende Geräusch schwillt an und ebbt wieder ab. Es wiederholt sich ständig. Sie steht schon lange barfuß am Ende des Holzstegs, der mit seinen grauen Querlatten durch die Dünen führt. Ihre Schuhe hält sie in einer Hand. Der frische Wind stößt – genauso wie der hier durch ihn aufgewirbelte Sand – ab und zu gegen ihre nackten Beine.

Zwischen ihr und dem Tosen der Wellen liegen nur wenige Meter. Ein Streifen heller loser Sand zieht den Blick auf sich. Dahinter lauert die dunklere glatt gewalzte, mit Quallen bestückte Ufermasse, die regelmäßig überspült wird. Und jedes Mal wird dabei ein Teil der entstehenden wilden Schaumberge eingesaugt, bevor die restliche Gischt wieder hinter der Strandkante im Wasser verschwindet. Land und Meer, denkt sie, die sich in ewiger Fehde verschlingen, um nie zu verlieren und nie zu gewinnen.

Weit draußen über dem Horizont liegt Nebel. Die Trennungslinie zwischen Himmel und Wasser ist nicht mehr zu erkennen. Trennungen? Nein, nicht schon wieder zurückblicken, denkt Isa. Vergessen möchte ich doch, einfach alles Vergangene auslöschen. Warum nur war mein Hirn nicht so barmherzig und hat mich davor geschützt?

Gleißendes Licht von den nahenden Wellenkämmen sticht in Isas Augen. Sie weiß nicht mehr, wie lange sie hier schon steht. Sie bemerkt nicht einmal das Frösteln, das über ihren Körper zieht. Das Wasser schiebt sich immer weiter zu ihr heran, der Streifen des hellen Sandes wird zusehends schmaler. Zurzeit muss Flut sein, überlegt sie. Wann wird mich diese herankommende brodelnde Masse erreichen?

Wie aus weiter Ferne kommend, nimmt sie ein knirschendes Geräusch wahr. Räder!, denkt sie. Räder, die auf sandigen Bohlen niemals lautlos in Bewegung sind. Plötzlich ist es wieder still, unheimlich still. Sie weiß, da ist jemand hinter ihr, jemand, der sich vielleicht nicht bemerkbar machen will.

Ihre Erstarrung zieht sich zu einer fast schmerzhaften Endlosigkeit. Irgendwann gelingt es ihr, diese in Bewegung umzusetzen. Sie dreht sich um – und schaut in die stahlblauen durchdringenden Augen des Richters.

Der einfarbige Regenbogen, Kriminalroman

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