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Einleitung

»Masturbation ist Sex mit jemandem, den ich wirklich liebe.«

Woody Allen

Im Zuge der Titelfindung für dieses Buch bat ich meinen Partner, mir bei der Masturbation zuzusehen und mir hinterher seine Gedanken und Beobachtungen zu schildern. Ich versprach mir davon, den ultimativen Titel für ein Buch über Masturbation aufzudecken, der wie die Faust aufs Auge passt. So weit, so gut. Mein Partner freute sich über meinen Vorschlag und legte sich also mit glühenden Augen neben mich, während ich mich selbst befriedigte. Danach stellte er anerkennend fest: »Wahnsinn, das war ja total liebevoll. Du warst ganz in dir versunken, in deiner eigenen Welt. Es wirkte auf mich, als wenn du dich währenddessen selbst ge-, nein beliebt hättest.« Wir überlegten von da an, die Selbstbefriedigung nur noch »Selbstbe-LIEBigung« zu nennen und das gleich auch als Titel für dieses Buch zu verwenden. Ich mag die Idee nach wie vor, doch hat sie sich im Laufe der Zeit nicht durchsetzen wollen. Nicht für unseren alltäglichen Sprachgebrauch und ebenso wenig für das vorliegende Werk, wie ihr unschwer erkennen konntet.

Unser Selbstversuch hatte dennoch seine Berechtigung, denn er hat mir etwas Wichtiges gezeigt. Nämlich einmal mehr, dass es an der Zeit ist, gescheite Wörter für die Selbstbefriedigung zu finden und überhaupt darüber zu sprechen. Oder wie kommt es, dass wir bis heute eher klinisch-mechanische als lustvolle Begriffe dafür kennen? Im weiteren Verlauf dieses Buches werdet ihr auch noch die genauere Bedeutung der Begriffe »Masturbation« und »Onanie« erfahren. Seid ehrlich: »Ich gehe mal kurz masturbieren/onanieren/rubbeln« klingt ähnlich ungeil wie: »Ich befriedige mich mal eben selbst/besorge es mir/habe Solosex.« Wer hier geeignetere Bezeichnungen einzufügen vermag: Glückwunsch – und bitte umgehend bei mir melden. Letztendlich findet oder kreiert wohl jeder im Laufe seines Lebens seine eigenen Lieblingswörter, oder auch nicht. Im Grunde ist der Klang des Begriffes auch viel weniger wichtig als die Güte des Aktes an sich. Aber woher wissen wir, was sich wo und wie gut anfühlt?

Genau hier liegt der Hase im Pfeffer, denn es beginnt mit mangelnden Begrifflichkeiten und endet in einer allgemeinen Sprachlosigkeit. Nun ja, wir sprechen nicht wirklich darüber und unsere Gesellschaft unterstützt diese Art von Lernen wenig bis gar nicht. »Das konnten doch schon die Neandertaler«, würde mein Vater jetzt einwerfen. Wahrscheinlich stimmt das – und die hatten zudem den Vorteil, dass sie mit einem natürlicheren Bezug zu ihrem eigenen Körper aufwachsen durften. Den Begriff »Bodyshaming« kannte damals mit Sicherheit noch keiner. Im Idealfall haben die jungen Steinzeitmenschen ihre Eltern und den Rest ihrer Sippe als sexuelle Wesen gesehen, von ihnen gelernt und mit der Zeit sich selbst auch als solche identifiziert. Mit einer sexuellen Identität lässt sich auch die Masturbation als fester Bestandteil der Sexualität, ja des gesamten Lebens, erkennen. Dahinter steht ein echtes sexuelles Bedürfnis, das so normal wie verbreitet ist. Doch die Realität zeigt ein anderes Bild. Wir sind nach wie vor gefangen in Altlasten, die sich durch ein verzerrtes Frauenbild sowie das Gefühl von Schuld und Scham äußern. Ein sehr unfruchtbarer Boden für Sinnlichkeit und Lust.

Masturbation ist deshalb immer noch ein Tabuthema und vor allem Frauen haben oft Blockaden, ihren Körper als das zu erkennen, was er ist: einzigartig und wunderschön. Ohne echte Vorbilder orientieren sie sich stattdessen an dem, was von den Medien und der Gesellschaft als schön und erstrebenswert definiert wird. So kommt es, dass der Bezug zum eigenen Körper und damit auch zum eigenen Geschlecht bei vielen gestört ist. Ein Thema, das daran dicht gekoppelt ist, ist der weibliche Orgasmus. Wenn wir nie gelernt haben, was Erregung und Lust für uns bedeutet, ist auch das Erreichen eines Orgasmus ein hehres Ziel. Manche Frauen erleben selten, manche nie einen Orgasmus und viele können ihn zwar durch die Masturbation, nicht aber durch Sex erreichen.

Die gute Nachricht ist: All dies ist erlernbar, wie das Radfahren. Es braucht nur Geduld und die Muße, etwas zu verändern. Nach unserer Historie könnte man schließen: Na, kein Wunder, dass wir so sind! Gleichzeitig sage ich aber auch: Hey, das muss nicht sein! Lasst uns die Altlasten endlich über Bord werfen und unser eigenes Bild von Schönheit und Sinnlichkeit definieren. Wir wurden in unserem Körper geboren, er begleitet uns in jeder Sekunde, ein ganzes Leben lang. Also ist es nur ein fairer Deal, wenn wir uns mit ihm vertraut machen, ihn wertschätzen und ihn feiern. Lasst ihn uns erkunden, stets neugierig sein und herausfinden, welches sexuelle Potenzial in uns steckt. Einverstanden?

WIR SIND WIE BÄUME

Als Freundin von Metaphern möchte ich euch ein Bild mitgeben: Wir als sexuelle Persönlichkeiten sind wie Bäume. Unsere Wurzeln symbolisieren unsere Erregungsfähigkeit. Daraus entwickelt sich nach einiger Zeit ein zartes Pflänzchen, aus dem ein kräftiger Stamm hervorgeht, der immer mehr Äste ausbildet und Blüten austreibt. Mit unserer sexuellen Persönlichkeit verhält es sich ähnlich. Unser Wachstum wird durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst. Im Laufe der Zeit lernen wir, worauf wir reagieren und was wir erregend finden. Zunächst an uns selbst, dann an einem Partner. Wir bekommen ein Gespür für das eigene Geschlecht, entwickeln Techniken, Stellungen und Fantasien. Wir lernen das Verführen und empfinden Liebe, Intimität und Freude. Im besten Fall entsteht dann mit der Zeit sexuelle Selbstsicherheit. Unser ganzes System bleibt, wie bei einem Baum, in ständiger Veränderung und entwickelt sich weiter.

Dieses Buch ist also für all diejenigen geschrieben, die einen mangelnden Bezug zu ihrem Körper oder ausbleibende Orgasmen beklagen. Freut euch auf Theorie und Praxis, die euch dabei helfen werden, diesen Bezug wiederherzustellen und die Freude an euch selbst zu zelebrieren. Es richtet sich aber auch an diejenigen, die keinerlei Probleme dieser Art kennen, sondern vielmehr einen Blick über den Tellerrand wagen möchten. Vielleicht sind sogar regelrechte Masturbationskünstlerinnen unter euch. Dann sage ich: Schön, dass auch ihr hier seid. Lasst euch inspirieren und anstecken, neue Dinge zu lernen und auszuprobieren. Nicht zuletzt ist dieses Buch auch für eure Partner geschrieben und allgemein für Männer, die Frauen besser verstehen wollen. Euch möchte ich am liebsten um den Hals fallen und mein Lob aussprechen. Ich verspreche euch Aha-Momente und wertvolle Erkenntnisse, sowohl während als auch nach der Lektüre.

Doch dieses Buch ist mehr als ein Fachbuch, es geht hier um mehr als die reine Vermittlung von Wissen oder Techniken. Es ist, wie der Name sagt, ein Plädoyer, also nach dem Duden eine »engagierte Befürwortung«. Ja, ich spreche mich hiermit in aller Form und Begeisterung für die Masturbation aus. Sie ist in meinen Augen mit der wichtigste Schritt in eine erfüllte Sexualität. Masturbation ist mehr als ein rein mechanischer Vorgang, der möglichst in einem Orgasmus gipfelt. Es ist ein Ausdruck von Lust, von Gefühlen und dem eigenen Selbstbild. Dahinter steckt der Begriff »Selbstliebe«, den wir immer häufiger vernehmen und der so viel bedeuten kann. Masturbation als Ausdruck von Selbstliebe, das mag pathetisch klingen, trifft aber den Kern ziemlich gut. Und: »Du kannst jemand anderen nicht lieben, bevor du dich nicht selbst liebst«, so heißt es nicht umsonst.

Seht dieses Plädoyer als eine Art Reise an, auf die ich euch mitnehmen möchte. Eine Reise mit verschiedenen Stationen, die uns Selbsterkenntnisse und -erfahrungen liefern. Sie wird gleichzeitig ein Lern- und Reifungsprozess sein, der, wie ihr sehen werdet, am Ende zu euch selbst führt. Ich freue mich darauf, euch zu begleiten, und kann euch schon mal eins versprechen: Die Zeit des Schweigens ist ab hier endgültig passé. Ich werde Tacheles reden und die Dinge beim Namen nennen. Hand drauf!

Hand drauf!

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