Читать книгу Die hauptsächlichsten Theorien der Geometrie - Gino Loria - Страница 15

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Inhaltsverzeichnis

Das Streben nach Verallgemeinerung, welches die geometrischen Untersuchungen leitete, seitdem sich der Einfluß der Analysis auf dieselbe mehr oder weniger offen geltend gemacht, trieb alsbald die Gelehrten dazu, sich mit den Erscheinungen des Raumes zu beschäftigen, welche Analogien mit den schon in der Ebene betrachteten darbieten. Daher sehen wir denn auch die Forschungen über die Oberflächen bald denen über die ebenen Kurven folgen. Die Theorie dieser Gebilde ist jedoch neueren Ursprungs.

Den griechischen Geometern waren in der That nur einige wenige besondere Oberflächen bekannt (die Kugel, die Cylinder und Kegel, Konoide und Sphäroide, die plektoidischen Oberflächen und wenige andere). Erst W r e n (1669), P a r e n t und E u l e r begannen sich mit den Oberflächen zweiten Grades zu beschäftigen, und wir müssen zur Schule von M o n g e gehen, um die Eigenschaften von grösserer Wichtigkeit dieser höchst bemerkenswerten Oberflächen anzutreffen.[125] Zu diesen ersten Eigenschaften wurden in unserem Jahrhundert durch das zahlreiche Heer von Geometern, welche die Flächen zweiter Ordnung einer besonderen Betrachtung unterwarfen, viele andere hinzugefügt, und dank den Arbeiten so ausgezeichneter Gelehrter, wie J a c o b i,[126] M a c C u l l a g h (1809-1847),[127] C h a s l e s,[128] H e s s e,[129] S e y d e w i t z (1807-1852),[130] S c h r ö t e r[131] konnte die Theorie der Oberflächen zweiter Ordnung in den mehr elementaren Unterricht eingeführt werden und methodisch auf analytischem sowohl wie synthetischem Wege behandelt werden.[132]

Aber nach der Lehre von den Oberflächen zweiten Grades entstand und entwickelte sich alsbald die der Oberflächen höherer Ordnung. C h a s l e s[133] und G e r g o n n e,[134] als die ersten, entdeckten an diesen Gebilden wunderbare Eigenschaften. P o n c e l e t bestimmte die Klasse einer in ihrer Ordnung allgemeinen algebraischen Oberfläche[135] und eröffnete so die Untersuchungen, welche zu den Beziehungen führen sollten, mit welchen S a l m o n[136] und C a y l e y[137] die Lösung der analogen Aufgabe zu derjenigen versuchten, welche P l ü c k e r durch seine berühmten Formeln gelöst hatte.

J a c o b i[138] und später R e y e[139] beschäftigten sich mit den Kurven und Gruppen von Punkten, die durch den Schnitt von algebraischen Oberflächen entstehen. C h a s l e s,[140] C r e m o n a,[141] R e y e,[139] E s c h e r i c h,[142] S c h u r,[143] mit ihrer Entstehung vermittelst projektiver oder reciproker Systeme von Oberflächen niederer Ordnung, G r a ß m a n n (1809-1877)[144] mit anderen Erzeugungsweisen; S a l m o n,[145] C l e b s c h,[146] S t u r m,[147] S c h u b e r t[148] und andere behandelten eine wichtige Klasse von Aufgaben, welche sich auf Gerade beziehen, die mit einer gegebenen Oberfläche Berührungen von vorher bestimmter Ordnung haben; schließlich entdeckte S c h u r vor kurzem eine lineare Konstruktion[149] für Flächen beliebiger Ordnung. Eine interessante Erweiterung der Polarentheorie der Oberflächen beliebiger Ordnung verdanken wir R e y e.[150]

Trotz dieser und anderer Arbeiten, die ich der Kürze halber stillschweigend übergehen muss, trotz der schönen Darlegungen, welche S a l m o n[151] und C r e m o n a[152] über sie gemacht haben, kann man doch nicht sagen, daß die Theorie der Oberflächen weit vorgeschritten sei. Die Fragen, die noch zu lösen bleiben, sind zahlreich und von fundamentaler Wichtigkeit, und die Mittel, die zur Überwindung der Schwierigkeiten, welche deren Lösung bietet, zur Verfügung stehen, sind noch nicht genügend vervollkommnet. Vielleicht ist das der Grund dafür, daß so viele Gelehrte sich zum Studium besonderer Flächen wandten, indem sie hofften, nicht nur auf diesem Felde eine reichlichere Ernte von Wahrheiten zu machen, sondern auch zu Untersuchungsmethoden zu gelangen, die der Verallgemeinerung fähig sind. — Und daß ihre Erwartungen teilweise nicht getäuscht worden sind, das beweisen die zahlreichen Resultate, die man schon über die Oberflächen dritten Grades, sowie über einige von der vierten Ordnung erhalten hat, über welche es mir noch obliegt, Bericht zu erstatten.

Es ist allgemein bekannt, daß die beiden hervorragendsten Eigenschaften einer Fläche dritter Ordnung die sind, 27 Gerade zu enthalten, und ein Pentaeder zu besitzen, welches zu Ecken die Doppelpunkte und zu Kanten die Geraden der Hesseschen Fläche jener Oberfläche hat. England und Deutschland können sich um die Ehre, sie entdeckt zu haben, streiten. Wenn auch schon im Jahre 1849 C a y l e y und S a l m o n[153] die Geraden einer kubischen Fläche bestimmt haben, und im Jahre 1851 S y l v e s t e r[154] das Pentaeder entdeckte, so ist doch nicht minder wahr, daß S t e i n e r unabhängig von ihnen die Existenz jener und dieses in seiner berühmten Mitteilung, welche er der Berliner Akademie im Jahre 1853 machte, behauptet hat.[155] Aber während die Studien der englischen Geometer fast gänzlich der Fortsetzung entbehren,[156] steht die Arbeit von Steiner an der Spitze einer langen Reihe von Schriften, durch welche die Theorie der Oberflächen dritter Ordnung schnell einen ungehofften Grad der Vollendung erhielt. Indem ich die Abhandlungen von S c h r ö t e r,[157] A u g u s t[158] u. s. w., in welchen einige der von Steiner ausgesprochenen Sätze bewiesen werden, nur kurz erwähne, will ich mich darauf beschränken, die Aufmerksamkeit der Leser auf die mit Recht berühmten Schriften zu lenken, die von C r e m o n a[159] und v o n S t u r m[160] über diese Oberflächen verfaßt und im Jahre 1866 von der Berliner Akademie mit dem Steiner-Preise gekrönt sind, Arbeiten, auf welche jeder zurückkommen muß, welcher sich mit diesen wichtigen geometrischen Gebilden vertraut machen will. Ich kann mich nicht aufhalten bei den verschiedenen Erzeugungsweisen einer Fläche dritter Ordnung, die G r a ß m a n n,[161] A u g u s t,[162] A f f o l t e r[163] und P i q u e t[164] den von Steiner angegebenen hinzugefügt haben, bei der Konstruktion dieser Flächen, welche L e P a i g e[165] gegeben hat, bei den vielen Sätzen, die sich auf die Verteilung der Geraden, der dreifach berührenden Ebenen und die Kurven einer kubischen Fläche beziehen und welche vor kurzem von C r e m o n a,[166] A f f o l t e r,[167] v o n S t u r m[168] und B e r t i n i[169] entdeckt wurden, endlich bei den von C r e m o n a,[170] C a p o r a l i,[171] R e y e[172] und B e l t r a m i[173] studierten Eigenschaften gewisser Hexaeder, welche mit einer Fläche dritter Ordnung verknüpft sind, sowie bei den von Z e u t h e n[174] betrachteten zwölf vollständigen, in sie einbeschriebenen Pentaedern. Ich will noch anführen, daß eine Einteilung dieser Oberflächen, die auf die Betrachtung der 27 auf ihr gelegenen Geraden sich stützt, von S c h l ä f l i gemacht ist[175] und eine neuere von R o d e n b e r g,[176] die sich auf das Pentaeder gründet, daß ferner ein genaues und eingehendes Studium der Regelflächen dritten Grades (von denen eine von Cayley entdeckt wurde) den Gegenstand wertvoller Arbeiten C r e m o n a s,[177] E m. W e y r s[178] und B e n n o K l e i n s[179] bildet, daß schließlich die sogenannte Diagonalfläche einen wichtigen Teil in einer Untersuchung von C l e b s c h über die Gleichungen fünftes Grades bildet[180] und daß andere besondere Fälle von C a y l e y[181] und E c k a r d t[182] in einigen wertvollen Abhandlungen betrachtet wurden. Wenn ich dann noch gesagt habe, daß die Untersuchungen von S a l m o n,[183] C l e b s c h,[184] G o r d a n[185] und d e P a o l i s[186] die geometrische Bedeutung für das Verschwinden der fundamentalen invarianten Formen der quaternären kubischen Form festgestellt haben, welche gleich Null gesetzt in homogenen Koordinaten eine Fläche dritter Ordnung darstellt, daß schließlich J o r d a n[187] von Grund auf die Natur der Gleichung studiert hat, welche zur Bestimmung der Geraden einer kubischen Fläche dient, dann glaube ich dem Leser genug Momente an die Hand gegeben zu haben, um daraus den (von mir eben angedeuteten) Schluß zu ziehen, daß die Theorie dieser geometrischen Gebilde, von welchem Punkte man sie auch betrachten mag, heute einen beachtenswerten Grad der Vollendung erreicht hat.

Solches kann man jedoch nicht von der Theorie der Oberflächen v i e r t e n Grades behaupten, vielmehr sind von ihnen nur wenige Klassen genauer studiert; über jede derselben werde ich kurz sprechen. An die erste Stelle will ich die Developpabele vierter Klasse setzen, die zweien Flächen zweiten Grades umbeschrieben ist, und die geradlinigen Flächen vierten Grades; jene wurde von P o n c e l e t[188] und C h a s l e s[189] untersucht, diese von demselben Chasles,[190] von C a y l e y[191] und vollständiger von C r e m o n a.[192]

Dann lasse ich die Oberflächen vierter Ordnung folgen, auf welchen Scharen von Kegelschnitten existieren und welche alle mit außerordentlichem Scharfsinne von K u m m e r[193] bestimmt wurden. Unter diesen sind zwei besonderer Erwähnung wert, da sie das Objekt zahlreicher Untersuchungen gewesen sind: die Oberfläche vierter Ordnung mit einem Doppelkegelschnitt und die römische Fläche von Steiner.

Von der ersteren entdeckte K u m m e r im Jahre 1864 die bemerkenswerte Eigenschaft, daß die ihr doppelt umgeschriebene Developpabele aus fünf Kegeln zweiter Ordnung besteht. Gleichzeitig fand M o u t a r d[194] dieselbe Eigenschaft für den Fall, daß die Doppelkurve der Oberfläche der unendlich entfernte imaginäre Kugelkreis ist,[195] und er bemerkte weiter gleichzeitig mit D a r b o u x,[196] daß in diesem Falle die Oberfläche zu einem dreifachen Systeme von orthogonalen Oberflächen, gebildet von Flächen derselben Art, gehören kann. Von jener Zeit ab wurden die Oberflächen vierter Ordnung, welche als Doppelkurve den unendlich entfernten imaginären Kugelkreis haben, wiederholt von D a r b o u x,[197] von L a g u e r r e (1834-1886)[198] und von C a s e y[199] studiert; hingegen diejenigen, welche als Doppelkurve einen beliebigen Kegelschnitt besitzen, von C r e m o n a,[200] G e i s e r,[201] S t u r m,[202] Z e u t h e n,[203] von C l e b s c h,[204] K o r n d ö r f e r,[205] B e r z o l a r i[206] und D o m s c h[207] — welcher auf sie die hyperelliptischen Funktionen anwandte — und diejenigen, welche einen Kuspidalkegelschnitt haben, von T ö t ö s s y.[208] Was die Klassifikation dieser Oberflächen betrifft, so möge es mir gestattet sein, meinen Namen anzuführen[209] neben dem meines teuern Freundes S e g r e.[210]

Die römische Fläche von Steiner hat wiederholt die Aufmerksamkeit der Geometer auf sich gezogen und zwar vorzüglich zweier Eigenschaften wegen; die eine derselben, nämlich von jeder Tangentialebene in zwei Kegelschnitten getroffen zu werden, wurde besonders von den Synthetikern betrachtet, die andere, dass die homogenen Koordinaten ihrer Punkte sich als ganz allgemeine ternäre quadratische Formen darstellen lassen,[211] wurde mehr von den analytischen Geometern verwertet. Wer Lust hat, alle Eigenschaften, die sie besitzt, kennen zu lernen,[212] wird dieselben in den synthetischen Abhandlungen von C r e m o n a,[213] S c h r ö t e r[214] und S t u r m,[215] auf den Seiten, welche R e y e ihr in seiner Geometrie der Lage (2. Bd.) gewidmet hat, und in den analytischen Abhandlungen von C a y l e y,[216] B e l t r a m i,[217] C l e b s c h,[218] E c k a r d t,[219] L a g u e r r e[220] und G e r b a l d i[221] finden.

K u m m e r verdanken wir auch die Kenntnis einer anderen wichtigen Klasse von Flächen vierter Ordnung; dieselbe besteht aus Oberflächen, die nicht singuläre Linien enthalten, sondern nur singuläre Punkte.[222] Wir werden in kurzem (§ VII) sehen, welche Untersuchungen Kummer zu diesen Oberflächen geführt haben; für jetzt genüge es, hervorzuheben, dass die interessanteste unter ihnen (welche man heute die Kummersche Oberfläche nennt) 16 singuläre Doppelpunkte und 16 singuläre Tangentialebenen hat und daß Specialfälle derselben die Wellenfläche von F r e s n e l[223] und das von C a y l e y 1846 untersuchte Tetraedroid[224] sind. Eine solche Oberfläche ist zu sich selbst dual.[225] Ihre asymptotischen Kurven wurden von K l e i n und L i e bestimmt[226] und R e y e[227] zeigte, daß jede die Grundkurve eine Büschels von Oberflächen vierter Ordnung ist; zwischen ihnen und den Thetafunktionen existiert eine innige Beziehung, welche C a y l e y und B o r c h a r d t (1817-1880)[228] entdeckt haben und die H. W e b e r[229] zusammen mit anderen entwickelt hat;[230] die algebraischen Fragen, welche sich an die Bestimmung ihrer Singularitäten knüpfen, wurden von J o r d a n[231] gelöst; endlich kann man dieselbe, wie R o h n[232] es gethan hat, vermittelst der Theorie der hyperelliptischen Funktionen[233] behandeln.

Indem ich die Oberflächen vierter Ordnung, welche als Doppelkurve einen in zwei getrennte oder zusammenfallende Gerade degenerierten Kegelschnitt haben und andere, mit denen Cayley[234] sich beschäftigt hat, übergehe, will ich noch die Monoide erwähnen,[235] die von R o h n studiert sind,[236] und diejenigen Flächen, welche, ohne geradlinig zu sein, eine gewisse Anzahl von Geraden enthalten. Dieselben sind der Ort der Punkte, in welchen vier entsprechende Ebenen von vier kollinearen Räumen sich schneiden; C h a s l e s hat ihre Ordnung bestimmt und S c h u r eine Menge eleganter Eigenschaften derselben gefunden.[237]

Ich will diesen Abschnitt meiner Musterung beschließen, indem ich noch einige Oberflächen von höherer als der vierten Ordnung anführe, welche die Gelehrten schon beschäftigten. Zuerst verdienen die geradlinigen Oberflächen erwähnt zu werden, welche im allgemeinen von C h a s l e s,[238] S a l m o n,[239] C a y l e y,[240] von P l ü c k e r,[241] L a G o u r n e r i e (1814-1883),[242] V o s s[243] und im besonderen von C h a s l e s,[244] C r e m o n a,[244] S c h w a r z,[245] L a G o u r n e r i e[246] (Regelflächen, die in bezug auf ein Tetraeder symmetrisch sind), von C l e b s c h,[247] A r m e n a n t e[248] (rationale und elliptische Regelflächen), von E m. W e y r[249] (Regelflächen, erzeugt durch die Verbindungslinien entsprechender Punkte zweier gerader Punktreihen in der Korrespondenz [m, n]), von E d. W e y r[250] (Oberflächen, erzeugt durch die Bewegung eines variabelen Kegelschnittes), von E c k a r d t[251] und C h i z z o n i[252] (Regelflächen, erzeugt durch die Verbindungslinien entsprechender Punkte zweier ebener projektiv bezogener Kurven). Dann folgen solche, die, wenn sie auch nicht Regelflächen sind, doch Gerade enthalten und die von S t u r m[253] und A f f o l t e r[254] untersucht sind, ferner die algebraischen Minimalflächen, bei welchen G e i s e r[255] und L i e[256] bemerkenswerte Eigentümlichkeiten fanden. Dann will ich noch einige Flächen nennen, die aus einer Oberfläche zweiten Grades abgeleitet sind (Ort der Krümmungscentren; Fusspunktflächen, Aspidalflächen etc.), sowie die Örter der Spitzen der Kegel zweiten Grades, die m Gerade berühren und durch (6-m) Punkte gehen, welche Flächen eingehend von C h a s l e s,[257] L ü r o t h,[258] H i e r h o l z e r[259] und von C a y l e y[260] studiert wurden, da sie zur Auflösung gewisser Probleme aus der Theorie der Charakteristiken der einfach unendlichen Systeme von Kegeln zweiter Ordnung dienten; schließlich diejenigen, welche unendlich viele lineare Transformationen zulassen, die kontinuierlich aufeinander folgen;[261] diejenigen, welche die eigenen reziproken Polaren in bezug auf unendlich viele Flächen zweiten Grades sind,[262] diejenigen, welche durch reciproke Cremonasche Systeme erzeugt werden,[263] und diejenigen, welche dieselben Symmetrie-Ebenen wie ein reguläres Polyeder besitzen.[264]

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