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DIE BULT

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In Hannover gibt es ein anderes Hundeparadies: das Gelände der alten Pferderennbahn, die Bult. Es ist auch ein Paradies für die Begleiter der Hunde, daher kommen sie vielfach aus dem Umland, denn die Hunde können ungestört frei laufen, toben und spielen. Keiner ist da, der meckert und schimpft. Keiner, der sich aufregt. Keiner ist unbegründet ängstlich … Nur manchmal gibt es jemanden, der seine Hundephobie überwinden möchte, doch der kommt freiwillig. Auch viel später, als wir schon auf unserem Hof leben, besuchen wir, wenn wir in Hannover sind, die Bult, solange es Paulas Gesundheit zulässt. Und natürlich lernen wir das Gelände durch Frau Messmer mit Andi und Berti kennen.

Bevor dieses Spielparadies erreicht wird, verlässt man am Bismarckbahnhof die Hauptstraße und biegt in eine kleine Sackgasse ein, die zu Kleingärten führt. Dort kann man parken. Manchmal muss man aber auch schon an der Hauptstraße den Wagen stehen lassen, denn es ist kein freier Platz zu finden, besonders zur Zeit des Leinenzwangs. Schon beim Einbiegen in diese Sackgasse erhebt sich immer ein Geheul hinter mir im Auto. Die Vorfreude ist so groß! Haben wir dann einen Parkplatz gefunden, lasse ich Paula sofort, ohne sie anzuleinen, aus dem Wagen, denn aus allen Ecken tauchen Hunde mit ihren Chauffeuren auf! Hunde verstehen sich immer bedeutend besser ohne Leine. Auch Reiter auf ihren Pferden kreuzen hier die Wege. Diese sind so souverän, dass sie sofort ihr Pferd wenden und auf den Hund zugehen, falls dieser es gewagt hat, sich an des Pferdes Fersen zu heften. Auf dem Parkplatz lernen wir zunächst die Rückkehrer mit ihren Hunden kennen, dann folgen wir dem Weg durch ein kurzes Waldstück. Hier ist Aufpassen nötig: Radfahrer! Danach öffnet sich der Wald, und wir schauen auf das Gelände der Bult, ursprünglich eine kleine bewachsene Erhebung über dem Wasserspiegel eines Moores. Sie wirkt heute wie eine englische Parklandschaft, zur Hälfte umgeben von Wald, sanft hügelig mit so manchem Kaninchenbau. Sträucher, Baumgruppen und Solitäre, vereinzelt auch Sitzbänke sind hier zu finden, und das ganze Gelände ist mit kleinen und größeren Trampelpfaden durchzogen, die von durcheinander wuselnden Hunden in bunt gemischter Vielfalt in Besitz genommen sind. Sie ziehen mit ihren Besitzern ihre Bahnen rechts oder links herum, in kleinen oder großen Gruppen, zu zweit, zu dritt oder manchmal auch allein. So kommt es zu immer neuen Begegnungen und Begrüßungen. Von großer Anteilnahme bis zu völligem Desinteresse ist alles dabei. Die Hunde wissen sofort, ob ihnen ihr Gegenüber behagt, und mancher Besitzer wechselt nach der Begegnung seine Laufrichtung und sie gehen noch ein Stück gemeinsam, weil die Hunde Gefallen aneinander gefunden haben. Bei diesen Runden erlebe ich, dass Paula bestimmte Hunderassen wie West Highland Terrier (Westis) und Bobtails nicht mag – höchstwahrscheinlich begründet durch die Erfahrungen in unserem Dorf –, dass sie vor Doggen einen mächtigen Respekt hat, Hovawarts schon von Weitem erkennt und mit Münsterländern besonders gerne spielt. Einmal treffen wir auf ein älteres Ehepaar mit einem Golden Retriever, das sich ausführlich nach Paula erkundigt. Ja, sie hätten schon zweimal eine schwarzmarkene Hovawarthündin gehabt – tolle Hunde, aber anstrengend. So hätten sie sich jetzt im Alter für einen Retriever entschieden, der sei doch bedeutend leichter zu handhaben.

Als ich das erste Mal allein mit Paula zur Bult fahre, kommt ein junger Münsterländer in Paulas Alter, zehn Monate, wie aus dem Nichts auf uns zugeschossen, und schon sind die beiden in ein übermütiges Spiel verwickelt, jagen sich gegenseitig, werfen einander auf den Rücken, gnibbeln sich in die Lefzen … Die beiden werden schnell unzertrennbar und der Kleine geht mit uns mit. Kein Besitzer ist weit und breit zu sehen. Das geht eine lange Weile so, dann kommt Herrchen auf dem Fahrrad daher. Er habe gerade seine Gartenlaube repariert, und da Felix schon unruhig wurde, seien sie kurz mal hergekommen, und kaum hätten sie das Gelände erreicht, sei Felix schon weg gewesen. Nun gehen wir gemeinsam die nächste Runde. Felix, der Glückliche, ist durch Paula noch beglückter. Er liebt sie und sie liebt ihn – es ist nicht zu übersehen. Die Zeit vergeht und die Heimfahrt steht bevor. Wir werden zum Parkplatz begleitet, denn Felix hätte sich nicht von Paula trennen lassen ohne Leine, die ihr Besitzer an diesem Tag in der Laube vergessen hatte. Er wäre zu uns ins Auto gestiegen, hätte sein Herrchen uns nicht gefunden. Wir sagen »Auf Wiedersehen« – unter Abschiedstränen, gäbe es sie bei Hunden – und setzen uns ins Auto, mit dem Versprechen, so lange mit der Abfahrt zu warten, bis ich sicher sei, dass Felix nicht mehr zu uns zurückkehrt. So verharren wir wieder eine lange Weile, währenddessen Paula schon mal Wasser trinkt, das ich mitgenommen habe, nachdem sie sich die Anstrengung des Spiels abgehechelt hat. Auf Felix treffen wir häufiger, wenn wir zur Bult fahren. Jetzt ist die Leine immer dabei. Und so heißt es in Zukunft oft: »Wollen wir schauen, ob Felix da ist?« Leuchtende Augen sind die Antwort und Paula flitzt zur Haustür.

Ja, Felix – mein Freund …


Paula und Nasho

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