Читать книгу Grünes Licht für flotte Bienen: Kriminalroman - Der Baron 28 - Glenn Stirling - Страница 10
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ОглавлениеKurz nach Mitternacht kam Le Beau ins Apartment des Barons. Der drahtige, mittelgroße Mann, der eine so frappante Ähnlichkeit mit Frankreichs Filmidol Belmondo besaß, zog sich den triefend nassen Mantel aus, schleuderte ihn achtlos über einen der Plüschsessel und nahm sich ein Handtuch, um das nasse Haar abzureiben.
Alexander Baron Strehlitz schob den Block mit Notizen zur Seite, stellte die Schreibtischlampe höher und blickte gespannt auf den Freund, mit dem er schon so viele Abenteuer gemeinsam durchgestanden hatte.
„Hast du sie gesprochen?“
Le Beau nickte, flocht sich das Handtuch um den Kopf wie ein Muselmann, ließ sich in den anderen Sessel sinken und griff zur Cognacflasche, die auf dem Tisch stand. „Sie ist ein Bild von Weib, blutjung und relativ naiv. Sie macht es erst seit zwei Tagen. Der Bulle muss das Bild von ihr geknipst haben, als man sie gerade auf die Menschheit losgelassen hat. Ich habe mit ihr ausführlich gesprochen.“
„Michel, hoffentlich wirklich nur gesprochen!“, sagte Alexander, und das war kein Scherz.
Le Beau schüttelte den Kopf. „Nein, Alexander, nichts weiter, obgleich sie ein Typ ist, für den ich mich wahrhaft erwärmen könnte. Kurzum, aber zu mehr als einem bezahlten Miniakt wäre es nie gekommen. Sie ist süchtig. Ich habe die Einstiche deutlich auf dem Arm gesehen. Am Oberschenkel hat sie auch welche. War übrigens kein Problem, sie dort zu sehen, denn sie ist darauf abgerichtet, dich nackt zu empfangen.“
„Was?“
„Ja, wenn sie dir gefällt und du gehst mit ihr zu ihrem Zimmer mit, lässt sie dich vor der Tür einen Augenblick warten, dann ruft sie wie beim Weihnachtsmann, du darfst hinein, und da steht sie dann in einem absolut durchsichtigem Netzumhang, der übrigens violett ist. Bengalische Beleuchtung im Zimmer, meine Güte, und da sagst du, ich sollte nur mit ihr reden. Das war eine Leistung von mir, dass ich wirklich nur geredet habe. Möglich, dass ich es mir nie verzeihe. Sie hat natürlich dumm geguckt, als ich sie begann auszuquetschen. Als ich die Stiche sah, wusste ich schon die Hälfte. Alexander, das ist eine schrecklich einfache Sache: Sie hat mit LSD, Marihuana angefangen, ist indessen bei den härteren Geschichten, und dafür langt das Geld natürlich nicht mehr, was sie durch ein paar Nachhilfestunden verdient hat. Der Joker, den sie sich angelacht hat, ist ganz sicher einer von denen. die schon länger spritzen, jedenfalls hat er sie auf den Strich geschickt.“
„Und das hat sie dir einfach so erzählt?“, fragte Alexander verblüfft.
„Einfach so? Na, du hast vielleicht ‘ne Vorstellung. Alexander, du weißt doch, dass ich auch nicht von Pappe bin.“
„Du hast also doch …“
„O nein, das nicht. Ich habe keinen Film von den Bahamas mitgebracht, und ich habe auch kein Buch darüber geschrieben. Aber bei diesem verkrachten Amerikaner, diesem Nervenarzt, habe ich alles über Hypnose gelernt. Und zum ersten Male in der Praxis konnte ich das bei der Kleinen ausprobieren. Sie hat geredet wie ein Buch.“
„Du hast sie hypnotisiert?“
„Du sagst es. – Sie hat von ihrem lieben Piet erzählt, geplaudert hat sie, und ich kenne diesen Salzknaben wie meine Westentasche, ohne ihn je gesehen zu haben.“
„Der Scheich von ihr?“
Le Beau nickte. „Richtig, der, von dem du gesagt hast, er stamme von einem Fliegeroffizier ab. Jedenfalls war der Bursche schon ziemlich weit drin in der Rauschgiftsuppe, als ihm die Idee kam, sein Mädchen auf den Strich zu schicken. Sie verdient sozusagen für beide den Stoff. Den bekommt sie übrigens von der Firma, bei der sie – wie sie das nennt – arbeitet. Also erst wollte ihr Piet sie ja sozusagen privat vermieten. Aber da gibt es hier in Amsterdam weniger die Polizei, die da was gegen hat, mehr eine handfeste Organisation der vereinigten Zuhälter e. V. Also so heißt das natürlich nicht, aber es ist nicht viel anders. Viele von den Miezen sind süchtig, alle aber sind sie mitsamt ihren Zuhältern bei der Liga untergekommen, der auch das Eros Center und der ganze Nachtlokalkram rundherum gehört Die haben einen eigenen Arzt, eigene Rechtsanwälte und vor allem ein eigenes Rollkommando, das kurzen Prozess mit denen macht, die ohne Genehmigung dieser Liga Freier werben. Die sind übrigens ganz genau, diese Burschen. Wenn die so ein Schätzchen an Land gezogen haben, wird es sofort beim Arzt unter die Lupe genommen, von da an regelmäßig, man meldet sie der Sitte, und so lässt sich denken, dass die Bullen ein äußerst freundliches Verhältnis zu dieser Liga pflegen. Was noch alles drin ist, kann man nur ahnen, Alexander. Tatsache, unsere Dina macht in Sachen Liebe, und wenn wir sie dort herausnehmen wollen, dann nicht ohne Entziehungskur und ohne ein paar neckische Schwierigkeiten mit den Jungs vom Rollkommando. Den Eltern würde ich zunächst nicht sagen, was das liebe Töchterchen treibt.“
„Das sind ja wunderbare Nachrichten, die du da bringst. Ja, Bovenkampers darf das vorerst wirklich nicht hören. Der dreht durch. Aber wir müssen das Mädchen dort herausholen. Und das innerhalb der nächsten sechzig Minuten.“
„Großer weiser Vater, wie stellst du dir das vor? Die kommt ungesehen nie im Leben dort weg. Und überall flanieren die Jungs vom Rollkommando als Freier getarnt durch die schöne Nachtlandschaft. Das würde ein Schlachtfest geben, lieber Alexander, bei dem wir zu Presskopf in Aspik verarbeitet werden.“
„Angst?“, spöttelte Alexander.
Le Beau zeigte auf seine Nase. „Sie sieht nicht gerade wohlgeformt aus, aber so wie bei einem glücklosen Catcher braucht sie nun auch wieder nicht auszusehen. Jeder hat so seine Eitelkeiten.“
„James und Robert sind unterwegs. Wir schaukeln das Ding zu zweit. Der Gedanke, die kleine Bovenkampers könnte noch ein paarmal unter die Räder kommen, duldet keine Verzögerung.“
„Hör mal, Häuptling. Vielleicht will sie gar nicht gerettet werden? Sie ist schließlich achtzehn.“
„Wer süchtig ist, verfügt nicht mehr über eine eigene Meinung. Los, Michel!“