Читать книгу Drei Trümpfe für Old Joe: Texas Wolf Band 62 - Glenn Stirling - Страница 8
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ОглавлениеJohn Tilgham half seinen Männern draußen im Camp eine Gruppe Stiere auszusondern.
Als Tom Cadburn auf seinem herrlichen Blauschimmelhengst im Camp eintraf, war es bereits Nachmittag. Der Umweg über die Ranch zum Camp hatte ihn vier Stunden gekostet. Er war schlecht gelaunt und mürrisch, als er auf die Staubwolke zuritt, die die Luft über dem Corral schwängerte. Mit Staub paniert waren auch die Reiter, die aus einer großen Herde, die abseits stand, die Stiere herausgefangen hatten und jetzt in den Corral trieben.
John Tilghams wuchtige Gestalt war von Weitem zu erkennen. Tom Cadburn winkte ihm, und John Tilgham kam langsam auf ihn zugeritten. Groß, breitschultrig war er, wie die Felsen drüben in den Apache Mountains schroff, verwittert und knochenhart
„Was gibt es, Ranger?“, rief er mit heiserer Stimme, spie den Staub aus und parierte seinen Fuchswallach direkt vor Thunder.
„Sie wissen, dass Spencer freigelassen ist.“
John Tilgham nickte, nahm seinen Hut ab und schlug den Staub heraus. Auf seiner Stirn war dort, wo sie der Hut bedeckt hatte, ein heller Streifen. Die Haut darunter war graubraun vom Staub.
„Ich habe es nicht anders erwartet. Meine beiden anderen Söhne, Johnny und Bruce, sind in San Antonio. Sie werden sich um ihn kümmern, und ich bin sicher, sie sorgen auch dafür, dass er nicht in das verdammte Flatstone kommt, wo Irre genug vorhanden sind, die ihn am Ende noch deswegen lynchen, weil sie ihn am Galgen sehen wollten.“
„Mr. Tilgham, ich hoffe, Sie sind sich darüber klar, dass Ihr Herr Sohn auch dann in Gefahr ist, wenn er sich nicht in Flatstone aufhält.“
Tilgham nickte, wischte sich mit einem bunt-gewürfelten Taschentuch den Staub aus den Augen, schnäuzte sich dann und sagte heiser: „Die Leute in Flatstone sind schon immer auf mich neidisch gewesen. Das heißt, nicht immer. Am Anfang war das anders. Da lebten sie noch von den Siedlern, die hier durchgezogen sind und denen sie mit etwas Schmiede- und Stellmacherarbeiten, mit Proviant und all diesem Zeug, was die Siedler brauchten, das wenige Geld abknöpfen konnten, was die besaßen. Da bin ich hierhergekommen, und ich habe damit begonnen, hier Vieh zu züchten. Ausgelacht haben sie mich. Wo es gar nicht genug Wasserstellen gäbe, könne man auch kein Vieh züchten. Aber dann, als ich damit begonnen habe, Bäche umzuleiten und mir die Wasserstellen, die ich nicht hatte, einfach einzurichten, als ich oben in den Bergen und bei glühender Hitze Dämme gebaut und Gräben gezogen habe, um die Bäche umzuleiten, da hielten sie mich für einen Irren. Aber mit der Zeit haben sie begriffen, dass sich diese Arbeit lohnt. Und als keine Siedler mehr gekommen sind, da wollten sie auch teilhaben an diesem Geld, das ich verdiene. Sie haben auch damit begonnen, Vieh zu züchten. Aber sehen Sie sich doch diese Drei-Kühe-Rancher an! Was haben sie denn? Kühe, an denen sie ihren Hut aufhängen können, so dürre sind die, wandelnde Kleiderständer.“
„Es geht nicht um Ihre Herden, Mr. Tilgham“, sagte Tom. „Es geht um Ihren Sohn. Ich kenne die Einzelheiten seiner Freilassung noch nicht und erwarte noch den Bericht aus San Antonio. Deshalb kann ich Ihnen noch nicht einmal sagen, ob seine Entlassung ihn auch gleichzeitig von jeglichem Verdacht befreit. Ich persönlich hatte von Anfang an meine Zweifel, dass er mit dieser Tat etwas zu tun haben konnte. Sie wissen das, denn wir beide haben darüber gesprochen, als ich ihn verhaftet habe. Es gibt aber Leute in der Stadt, die ihn am Galgen sehen möchten, und deshalb befindet er sich in Lebensgefahr. Ich würde ihn am liebsten zurück nach San Antonio bringen und in Schutzhaft nehmen lassen, oder er geht an einen anderen Ort, weit weg von hier, wo er absolut sicher ist. Auf Ihrer Ranch ist er es nicht.“
Tilgham nickte. „Bin ganz Ihrer Meinung.“ Er sah an Tom vorbei und deutete nach Norden. „Da kommen meine Söhne. Vielleicht bringen sie uns Neuigkeiten. Sie sind ja beim Prozess dabei gewesen.“
Umhüllt von Staub, kamen die beiden Reiter an. Sie warfen Tom einen misstrauischen Blick zu, dann sagte Johnny zu seinem Vater: „Hallo! Er ist frei.“ Und mit einem erneuten Seitenblick auf Tom fügte er hinzu: „Will er ihn etwa wieder festnehmen?“
Tilgham schüttelte den Kopf, und Tom sagte: „Und wo ist er jetzt?“
Die beiden sahen ihn nur an, aber keiner sagte einen Ton.
„Es ist nicht wichtig, dass sie es Ihnen sagen, Ranger“, erklärte Tilgham. „Ich habe meinen Jungs befohlen, darüber zu schweigen, und sie hatten den Plan schon gefasst, da befand sich der Junge noch in Haft.“
„Ich habe den Verdacht, es war ein Befreiungsplan“, meinte Tom. „Nun gut, er ist jetzt regulär entlassen worden, aber, wie ich Ihnen vorhin schon sagte, befindet er sich in Lebensgefahr.“
„Ich glaube nicht, dass er dort, wo er sich aufhält, in Gefahr ist“, meinte Johnny. „Und ich bin der Meinung, er sollte da auch bleiben.“
„Gibt es irgendwen in Flatstone, der dieses Versteck möglicherweise kennt?“, fragte Tom. Er hob abwehrend die Hände. „Sagt nichts. Wenn es so ist, dass nur irgend jemand weiß, wo Spencer stecken könnte, ist dieses Versteck nicht nur absolut wertlos, sondern für ihn tödlich gefährlich.“
Bruce pfiff durch die Zähne. „Das sind ja tolle Töne. Das hört sich ja an, als wären Sie auf unserer Seite, Ranger.“
„Ich bin auf eurer Seite, solange ihr euch auf der Seile des Rechts befindet. Immerhin gibt es in Flatstone Leute, die versprochen haben. Spencer Tilgham zu lynchen, falls man ihn nicht an den Galgen bringt. Und es gibt ein Versprechen von Spencer Tilgham, das er etwas übermütig und leichtfertig herausgebrüllt hat, bevor ich ihn wegschaffen konnte. Da hat er versichert, er werde jeden, der gegen ihn als Zeuge auftritt, zur Rechenschaft ziehen.“
„Es gibt nur einen Mann, der dafür in Frage kommt“, erklärte Johnny, sah seinen Vater an und lächelte. Dann griff er in die Tasche und zog einen Lederbeutel heraus. Er ließ ihn an der Schnur rotieren und warf ihn dann seinem Vater zu, der ihn geschickt auffing.
„Das ist bestes Geld“, behauptete Bruce, „Clark & Gruber Dollars im Wert von etwa sechshundert Bucks. Erste Anzahlung von Reevers.“
„Ihr habt mit Reevers gesprochen?“, fragte John Tilgham.
Die beiden Söhne nickten. „Und ob wir mit ihm gesprochen haben! Wir haben ihm Zeit gelassen bis nächste Woche, seine Schulden zu bezahlen. Sechshundert von den etwa fünftausend haben wir schon. Den Rest bekommen wir sicherlich auch.“
„Das musste nicht sein. Das hätte Zeit gehabt.“ Tilgham zog die Stirn in Falten. „Man muss die Leute nicht unnötig reizen.“
„Um was handelt es sich?“, fragte Tom und sah John Tilgham an.
„Reevers hatte Schulden. Nicht bei uns, aber ich habe die Schuldscheine gekauft. Ich habe es getan, nachdem er lauthals verkündet hat, er hätte gesehen, wie der Sheriff und Shepman von meinem Sohn niedergeschossen worden seien. Shepman ist in den Rücken getroffen worden. Kein Tilgham würde jemals so etwas tun. Das ist eine Beleidigung für sich, ein Tilgham, der einen anderen in den Rücken schießt!“
Tilgham hatte den Beutel noch immer in der Hand. Er öffnete ihn, blickte hinein und nahm eines dieser Zwanzig-Dollar-Stücke heraus. Das Gold glänzte matt in der grellen Sonne.
„Kann ich mal sehen?“, fragte Tom, und Tilgham reichte ihm den Beutel. Tom nahm zwei dieser Goldstücke heraus, betrachtete sie prüfend und ließ sie klingend wieder hineinfallen.
„Ich frage mich nur, woher Reevers dieses Geld hat. Ihr habt es doch von ihm, nicht wahr?“
„O ja. Er war nicht sehr begeistert, schon eine Anzahlung zu treffen, aber letztendlich hatte er nichts dagegen. Wir haben ja von dem Stationer an der Relaisstation alles bestätigen lassen. Er war auch dabei.“
„Also gut. Dann wollen wir annehmen, Spencers Versteck wäre gut. Ich glaube, es hängt sein Leben davon ab.“
„Lassen Sie das meine Sorge sein, Mister Cadburn“, erklärte Tilgham. „Meine Söhne und ich kümmern uns um Spencer. Sehen Sie zu, dass Sie den wirklichen Mörder finden. Mein Sohn jedenfalls ist es nicht gewesen.“
Tom zog seinen Hengst ein wenig herum, als wolle er wegreiten. Doch dann wandte er sich noch einmal in Tilghams Richtung um. „Eine Frage noch, Mister Tilgham: Soviel ich weiß, hat Ihr Sohn Spencer nicht nur mit Indianer-Blackfeather seine rauen Scherze getrieben, sondern auch mit Nelson, dem alten Klauenschneider.“
„Dummejungenstreiche. Spencer ist neunzehn. In diesem Alter fällt einem jungen Burschen schon eine Menge ein.“
Tom nickte. „Das kann man wohl sagen. Das letzte Mal hat er Nelson auf dem Karren gefesselt und dem Pferd Dornenreiser an den Schwanz gebunden. Er hat das aber nicht irgendwo hier im Flachland getan, sondern weit da drüben in den Bergen. Als das Pferd durchging mit dem Karren hintendran, hätte dieser Karren umstürzen und Nelson erschlagen können. Es war Glück, dass dieses Tier in einen Seitencanyon rannte und dann zwischen den Felsen hängenblieb.“
„Mein Gott, haben Sie nicht auch Streiche gemacht, als Sie jung gewesen sind?“, rief der Rancher.
„Nicht solche, Mister Tilgham! Denn das sind keine Streiche mehr, das ist schon fast versuchter Totschlag. Ich wollte das nur einmal erwähnen, damit Sie ihn nicht etwa für einen Engel halten.“ Tom tippte an die Hutkrempe und ritt rasch davon.
Bruce pfiff wieder durch die Zähne und sagte, während er Tom nachsah: „Der hat es uns ja ganz schön besorgt!“
Tilgham sah Bruce an. „Ist er in der Hütte?“
„Alles klar, Pa. Sie haben ihn freisprechen müssen. Pride hat sich geweigert, den Eid zu leisten. Und was Reevers angeht, war von Meineid die Rede. Sie wollen es noch untersuchen.“
„Ihr seid mir hoffentlich mit Reevers nicht zu rau vorgegangen!“
„Der Stationer war dabei. Wir haben ihn nicht einmal angerührt.“
„Ihm auch nicht gedroht?“
„Was heißt drohen?“, meinte Bruce. „Wir haben ihm gesagt, dass wir ihn ein klein wenig auseinandernehmen, wenn er die Anzahlung nicht leistet.“
„Und der Stationer hat das gehört?“
„Er hat es nicht gehört. Mach dir keine Sorgen, Pa. Es ist alles in bester Ordnung. Reevers ist sicher schon seit einer guten Stunde wieder in Flatstone, und er wird sich den Kopf zerbrechen, wie er uns die restlichen Schulden bezahlt. Was hast du vor, Pa, wenn er es nicht tut?“
„Dann gehen wir rechtliche Wege. Keine Gewalt! Ich möchte diesen Burschen in Flatstone keine Handhabe bieten. Du, Bruce, wirst dich darum kümmern, dass Spencer alles hat, was er braucht. Und pass sehr gut auf, dass dir keiner folgt. Wir sind Leute genug hier. Wir können auf dich notfalls verzichten. Sobald es dunkel wird, reitest du los, und reite nur nachts. Niemand darf dich sehen. Du wirst sofort zur Ranch reiten und dort bis zur Dunkelheit bleiben. Wir anderen haben hier noch zu tun.“
Er verschwendete keinen Blick mehr auf den davonreitenden Bruce. Alles würde so laufen, wie er es wollte. Jedenfalls dachte er das. Aber er wäre bei Weitem nicht so ruhig gewesen, hätte er von den Vorgängen in Flatstone auch nur die geringste Ahnung gehabt.