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5. Kapitel
ОглавлениеNachdem ich mich wieder gefangen hatte, fragte ich Erich:
„Wer setzt sich schon freiwillig auf einen Schleudersitz, der jeden Moment hochgeht?
Kannst du mir einen Grund nennen, warum ich mich auf den Job des stellvertretenden Schulleiters an dieser Schule bewerben soll?
Da müsste ich doch vom Mopps behobst sein, wenn ich das täte“
„Ja eigentlich hast du ja Recht. Aber wer nicht du kann ihm die Stirn bieten! Ich kenne dich mittlerweile mehr als sieben Jahre. Was mir immer an dir imponiert hat war, dass du sagst, was du denkst, keine Angst vor Autoritäten hast und – falls es sich als notwendig erweist – keinen Konflikt aus dem Wege gehst.
Ich kenne Kollegen deiner jetzigen Schule, die mich in dieser Meinung bestärkt haben.
So sollst du als Mitglied des Lehrerrats die Interessen der Kolleginnen und Kollegen nicht nur gegenüber deinen nicht immer einfachen Schulleiter vertreten haben, sondern auch gegenüber dem für eure Schule zuständigen Schulaufsichtsbeamten.
Wenn es jemanden gibt, der gegen Hartmann und Frau Schirrmeister bestehen kann, dann bist du es.“
Einerseits fühlte ich mich sehr geschmeichelt, andererseits hatte ich ein mulmiges Gefühl.
Sollte ich mein schönes Leben als Fachleiter aufgeben, um in der Höhle des Löwen, so kam es mir nach Erichs Schilderungen vor, Bändiger zu sein?
„Wir brauchen unbedingt einen stellvertretenden Schulleiter, der Biss hat, der sich Hartmann, wenn nötig auch mal in den Weg stellt.
Unsere Schule hat sonst keine Chance. Hartmann ist jetzt knapp über sechzig. Spätestens in drei Jahren geht er in Pension.
Wir haben seit längerer Zeit das unbestimmte Gefühl, dass er alles dransetzt, die Schule vor die Wand zu fahren. So verhält er sich gegenüber den Eltern wenig kooperativ, Schüler vergrault er mit seiner autoritären Art.
Er schreit sie aus nichtigen Gründen an und lässt auch keine Gelegenheit aus, sich bei ihnen unbeliebt zu machen. Außerdem hat die Schule wegen der Ohrfeigenaffäre einen denkbar schlechten Ruf. Wie dramatisch die Situation ist, kannst du schon daran erkennen, dass wir für das laufende Schuljahr nur noch 25 Anmeldungen hatten.
Früher waren wir mal dreizügig. Jetzt haben wir nur noch eine Eingangsklasse. Das kann das Aus für die Schule bedeuten und Hartmann hätte das erreicht, was er will! Wir fragen uns aber alle, warum er sich so ein negatives Denkmal setzen will. Er handelt, so scheint es, nach dem Motto `Nach mir die Sintflut´.
Jürgen du musst uns helfen, sonst haben wir keine Perspektiven. Die Stimmung im Kollegium ist jetzt schon mies genug.“
Zu Hause angekommen, sagte ich meiner Frau nur, dass Erich mir mitgeteilt habe, dass die Position des stellvertretenden Schulleiters an seiner Schule neu zu besetzen sei und dass er der Ansicht sei, ich sei der richtige Mann dafür.
Auf die besondere Situation an der Schule ging ich bewusst nicht ein. Ich wusste, wie meine Frau reagieren würde. „Tu dir das bloß nicht an.“
So aber meinte sie: „Das ist eine gute Möglichkeit für dich. Zudem ist Erich ja an der Schule. Er kann dir sicherlich mit Rat und Tat zur Seite stehen.“
Ich konnte und wollte mich jetzt noch nicht entscheiden. Ich musste darüber noch einige Nächte schlafen. Eine solche Bewerbung auf diese Position kam einer Bewerbung um einen Schleudersitz gleich.
Da mich aber Herausforderungen reizen und ich durchaus Chancen auf Veränderungen sah, rief ich drei Tage später Erich an, um ihm mitzuteilen, dass ich trotz großer Bedenken meine Bewerbung nach Münster abgeschickt hätte.
Wenn ich nur im Geringsten geahnt hätte, was in den nächsten Wochen und Monaten auf mich zukommen würde, ich hätte es sicher sein gelassen.