Читать книгу Ich hatte keine Chance, aber ich habe sie genutzt - Günter Neumärker - Страница 3

Einleitung

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Ich möchte gleich zu Beginn dem Anschein entgegentreten, dass in meinen Erinnerungen nun die große Abrechnung mit meiner Mutter statt findet. Wie das so im Leben ist, gibt es Höhen und Tiefen. Beide habe ich reichlich ausgekostet. Leider auch viele Tiefen im Verhältnis meiner Mutter zu mir. So manches Kapitel handelt davon. Wenn auch erst sehr spät, aber doch noch zu ihren Lebzeiten haben wir vieles bereinigt, und mit der Formel: „Sie hätte sich mir gegenüber sicherlich anders verhalten, wenn sie es besser gewusst hätte“, konnten wir beide gut leben.

Etwa drei Wochen vor ihrem Tod besuchte ich meine Mutter in Köln zum letzten Mal. Sie lag apathisch im Bett, die Augen geschlossen. Ich begrüßte sie mit den Worten: „Hallo Mütterchen, ich bin´s, der Günter “. Keine Reaktion, still lag sie da. Dann fütterte ich sie und gab ihr etwas zu trinken. Wenn es schmeckte, streckte sie die Hand aus. Schmeckte es nicht, schob sie meine Hand energisch weg. Dies waren die einzigen Lebenszeichen von ihr, und das schon seit Monaten, wie mir meine Schwester sagte. Bis ich gehen musste, streichelte ich meine Mutter, die nur noch aus Haut und Knochen bestand, und sang ihr Kirchenlieder vor, so wie ich es auch bei den Kindern im Krankenhaus machte, die ich ehrenamtlich betreute. Kurz vor sechs verabschiedete ich mich von ihr. Ich nahm eine Hand von ihr in meine beiden Hände, und sagte: „So Mutter, das nächste Mal sehen wir uns im Himmel wieder. Weißt Du, ich bin doch froh, dass wir alles, was zwischen uns stand, bereinigt haben“. Da legte sie ihre freie Hand auf unsere Hände, und ich wusste, dass sie mich verstanden hatte. Am 13. 2. 2008, ist sie dann gestorben, und ich konnte sie in Frieden ziehen lassen.

In meinem Leben gibt zwei Männer, die Johannes heißen: Johannes Schäfer, der Bruder meiner Mutter, der ein erfolgloses Leben führte. Er heißt hier durchgängig "Onkel Johannes". Johannes Rau, den jeder kennt, ein Vetter meiner Mutter. Hier wird er von wenigen Ausnahmen abgesehen, die insbesondere seine Zeit als Bundespräsident betreffen, nur Johannes genannt.

Meine erste Frau und mein Sohn haben mich darum gebeten, dass ihre Namen in meinem Buch nicht genannt werden. Selbstverständlich respektiere ich ihren Wunsch. Dies führt nun gelegentlich zu etwas merkwürdigen Formulierungen.

Für Tante Ruth


Ich hatte keine Chance, aber ich habe sie genutzt

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