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Ein Blechschaden Kling, Glöckchen, klingelingeling,
kling, Glöckchen kling! (deutsches Weihnachtslied aus dem 19. Jahrhundert)

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Peter kehrte nun endgültig zu seinem Wagen zurück, um sich sofort auf den Rückweg nach Röthenbach zu machen. Für einen kurzen Moment hatte er erwogen den Unfallflüchtigen zu verfolgen. Den Gedanken ließ er aber schnell wieder fallen, denn die Strecke war sehr kurvenreich und in Folge des Neuschnees tückisch glatt. Es gab also keine realistische Chance, den Flüchtigen einzuholen. Einige Minuten waren bereits vergangen bis er den Schaden bemerkt hatte, seitdem war er zum Haus des Zahnarztes zurückgekehrt, hatte noch einmal mit der Nachbarin gesprochen und war dann erst wieder zu seinem eigenen Auto gelaufen. Insgesamt dürfte der Kerl einen Vorsprung von fast zwanzig Minuten haben. Eine Verfolgung war sogar rein rechnerisch unmöglich. Er musste einstweilen aufgeben. Wie hätte er ihn auch erkennen sollen. Der auffällige Schal als einziger Anhaltspunkt, zudem in einem fahrenden Auto. Keine Chance.

Trotzdem hatte Peter bereits einige Anhaltspunkte gesammelt. Da waren die Fußabdrücke und die Reifenspuren. Wenn er Glück hatte, dann gehörten sie zu einem Fahrzeugtyp, den es nicht allzu oft gibt. Er würde gleich morgen früh zur Werkstatt gehen, um einerseits das defekte Blinklicht tauschen zu lassen und sich andererseits über die Aussichten, den Übeltäter anhand der Spuren ausfindig machen zu können, zu informieren. Es gab nur eine Werkstatt im Umkreis von zwanzig Kilometern. Vielleicht hatte er ja Glück und auch der Unfallfahrer kam dorthin, um seine Delle ausbessern zu lassen.

Schade, dass die einzige Zeugin den Verdächtigen nicht ausreichend gut gesehen hatte, um hier für Aufklärung zu sorgen. Immerhin vermutete sie einen jungen Mann, alleine schon aufgrund seiner Art sich zu bewegen.

Peter ließ sich Zeit, über die glatten Straßen zurück nach Hause zu fahren. Zum Glück hatte er noch kaum etwas getrunken, als das Malheur mit seinem Zahn passierte, gerade mal ein halbes Bier und einen Schnaps. Zwischen dem Eintreffen der Gäste und dem Unglück waren ja kaum mehr als vierzig Minuten vergangen. Trotzdem war Vorsicht geboten, die Betäubungsspritze die er während der Behandlung erhalten hatte, mochte seine Reaktionsfähigkeit zusätzlich eingeschränkt haben. Eigentlich wäre er ohnehin wohl besser nicht selbst gefahren. Er wollte aber nicht die ganze Gesellschaft sprengen und hatte die Gäste gebeten doch zu bleiben, da er sicher gleich wieder zurück sein würde und man dann erst Recht, um eine interessante Geschichte reicher, die Feier fortsetzen könnte.

Als er zuhause ankam, war die Stimmung dann auch tatsächlich bereits in eine neue, vom reichlichen Alkoholgenuss beflügelte Phase eingetreten.

„Ja dou isser ja widder, unser Nussgnagger!“, rief ihm Simon, schon etwas angeheitert und mit hochrotem Kopf entgegen. Seine Diät hatte er schon lang wieder aufgegeben, was seiner Gesundheit sicher nicht gerade zuträglich war. Er hatte mittlerweile wieder sein altes Kampfgewicht plus ein paar zusätzliche Pfunde erreicht, wobei der Begriff Kampfgewicht eher irreführend ist. In Simons Fall leitet sich diese Bezeichnung hauptsächlich von den Mühen ab, die der Freund jedes mal auf sich nehmen muss, wenn er eine Treppe erklimmen will, wenn er sich also im wahrsten Sinn des Wortes Stufe für Stufe nach oben kämpfen muss.

Und wie es oft so ist, wenn ein relativ nüchterner Mensch zu einer Gruppe angeheiterter Feiernder dazu stößt, fand er auch nicht mehr so richtig den Anschluss an das muntere Treiben. Er erzählte zwar von seinem beschädigten Fahrzeug, machte aber keine allzu große Sache daraus. Von den Freunden hätte er ohnehin in dieser fortgeschritten Phase der Feier keinen vernünftigen Vorschlag mehr erwarten können. Zudem war er geistig immer noch zu sehr mit dem kürzlich Erlebten beschäftigt. So war er auch nicht böse, als sich die Besucher gegen Mitternacht allmählich verabschiedeten. Den üblichen Absacker brachte er heute gar nicht mehr von sich aus ins Gespräch.

Als die letzten gegangen waren und Peter mit Marga allein in der Küche stand, um den gröbsten Abwasch zu erledigen, bevor sie Gläser und Geschirr in die Spülmaschine räumten, wollte sie dann doch wissen, wie es ihm beim Zahnarzt ergangen war.

„Naja, der Zahn iss erschd amal versorchd, wenn aa nedd ganz ferdich wordn.“

Marga sagte nichts, zog aber fragend die Augenbrauen hoch. Peter erzählte ihr daraufhin die ganze Geschichte, von der plötzlichen Unterbrechung der Behandlung bis zu der Delle am Kotflügel, dem Gespräch mit der schneekehrenden Nachbarin bis hin zu seiner glücklichen Rückkehr, wobei er vor allem die Reaktion des Arztes in allen Details schilderte.

„ …. und wäi der Zahnarzt dann widder zrückkommer iss und mit mein Zahn weidermachn hodd wolln, woss er dann ja gar nimmer gschaffd hodd, dou hodd der gladd ausgschaud wäi in Hufnagl sei Keeskoungschabloner, doodnbleich und keesweiß.“

Dazu muss man wissen, dass der zitierte Herr Hufnagel Besitzer und Betreiber der örtlichen Bäckerei - Konditorei ist, der bei der Herstellung seiner Backwaren allerdings nicht auf die lediglich sprichwörtliche Käsekuchenschablone angewiesen ist. Seine Käsesahne gerät auch ohne Vorlage immer blütenweiß und duftig frisch.

„Abber nu bläider muss ich ausgschaud hobn, wäi ich nauskumm und unser Audo hodd an Dreffer. Goddseidank hobbi damid noch fahrn könner. Abber den Bläidl schnabb er mer. Haud einfach ab, als ob äso a Rebberadur gar nix kosdn däd.“

Dummerweise kam der Plan, die Nachforschungen selbst in die Hand zu nehmen, bei der Marga überhaupt nicht gut an und er löste bei ihr augenblicklich einen automatischen Reflex aus. Wahrscheinlich aus einem unvermeidlichen Beschützerinstinkt heraus und vor dem Hintergrund leidvoller Erfahrungen und infolge seiner früheren Verwicklungen in etliche Kriminalfälle, verbot sie ihm kurzerhand jegliche Einmischung in diese geradezu lebensgefährliche Affäre, wie sie es auf völlig übertriebene Weise darstellte.

„Beder! Du wassd doch nedd woss dess für anner iss. Villeichd iss der gfährlich. Hald dich dou raus, dess iss eindeudich a Sach für die Bollizei. Woss iss denn scho bassierd, außer ann kabuddn Blinker? Ich konn nedd Jahr für Jahr meine Nervn bis aufs Äußerste von dir schdrabbaziern lassn. Glaub mers, irgendwann machd dou amal mei Herz nimmer mit und dann is für mich Maddäih am Ledzdn, nou konnsd mi am Friedhof bsuchn!“

Peter schwieg zunächst, denn er brauchte eine gewisse Zeit bis er sich eine passende Antwort zu Recht gelegt hatte, die einerseits die Marga beruhigte, andererseits aber ihm unter Vermeidung einer direkten Lüge nicht nur ein winziges Schlupfloch, sondern gleich ein riesiges Scheunentor für seine eigenen Pläne offen ließ.

„Ka Sorg nedd, Marga, ich hald mi scho zrügg, su goud wäi ich konn“. Vor allem der einschränkende Zusatz „Su goud wäi ich konn“ erschien ihm schließlich die geeignete Formulierung zu sein für den Fall, dass er sich dann doch nicht zurückhalten konnte. Oder wollte.

„Und so gfährlich wäi du dousd, wars bisher ja schließlich aa nedd, dou lass ner amal die Kirch im Dorf! Dessmal gäihds ja schließlich nedd amal um an Mord. Die aanziche Leich bis etz iss mei Blinker links vorn und a leichd verletzder Kotflügl.“

Damit schien die heikle Angelegenheit fürs Erste erledigt zu sein, denn die Marga verzichtete auf weitere Einwände und wechselte freiwillig das Thema.

„Abbrobo Kirch, morgn nachmiddach um vierer fängd der diesjähriche Adventsbasar vor der Kirch an. Die Maria und ich homm heier fleißich mitgholfn beim Bassdln und Schdriggn. Morng wird des dann alles verkaufd, woss mer über die Monade zammbrachd homm. Was zum Essn und Drinkn gibbds nadürlich aa und es iss ja alles für an goudn Zwegg. Heier gäihd der ganze Erlös an die syrischn Flüchdling, die der Pfarrer aufgnommer und derweil im Pfarrheim underbrachd hodd, bis die armer Leit woss eigns finden.“

Peter war ziemlich froh für die Verlagerung des Gesprächs auf weniger gefährliches Terrain. Er kannte seine Marga nur zu gut. Es musste immer erst ein bisschen Gras über eine neue, von ihr als unerwünscht oder gar gefährlich eingestufte Angelegenheit gewachsen sein, bevor Peter letztendlich doch immer wieder, unter strengsten Auflagen bezüglich Vorsicht natürlich, ihren Segen bekam. So hatte er auch keinerlei Einwände als seine bessere Hälfte, einmal in Schwung, ihn für den kommenden Vormittag zum Arbeitsdienst einteilte.

„Morng früh werrn die Budn aufbaud, dou derfür däd der Pfarrer Stiegler noch a boar Freiwilliche suchn, Rentner wäi dich im Besondern. Die andern müssn ja morgen noch größtndeils arbeidn. Der Simon hodd genuch zu dou, dasser die ganzn Brodwörschd und Schaschligg herrichd und beim Lodaah iss Samsdoochs sowieso immer Großkampfdooch. Also richd di drauf ei! Und etz gäihsd am bestn derwall ins Bedd, dassd morgn aa gscheid ausgschlafn hosd. Ich machen noch gar ferdich und dann kummi aa.“

Mords-Krach

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