Читать книгу Die Kolonie Sammelband 1 - Interstellare Bräute Programm - Grace Goodwin - Страница 11
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ОглавлениеRyston
„Ich will meinen Anwalt sprechen. Sofort.“
Am Funkeln in Rachels Augen konnte ich erkennen, dass sie es ernst meinte. Wir würden sie nicht ohne dieses Gespräch zum Transport bewegen können.
„In Ordnung.“ Die Aufseherin wandte sich an einen Untergebenen, der dem Ganzen beiwohnte, und bedeutete ihm, die Bitte weiterzuleiten.
Rachel lief im Transporterraum auf und ab, während wir warteten.
„Rachel?“, ertönte eine Männerstimme aus in den Wänden verborgenen Lautsprechern.
Sie blickte hoch, ihre wunderschönen Gesichtszüge von Hoffnung erhellt. „Hallo, John. Ich bin...ähm, aus dem Gefängnis entführt worden.“
„Ja, habe ich schon gehört. Die haben mich vor ein paar Minuten angerufen.“ Er stockte, und im Zimmer herrschte Stille. „Aufseherin Egara hat das Richtige getan. Vom Planeten zu gehen ist nun das Einzige, das Ihr Überleben sichern kann.“
„Aber—“
„Sie wären tot, bevor die Woche vorüber ist. Die Frauen, die lebenslange Strafen ohne Bewährung absitzen, haben nichts zu verlieren. Sie werden Sie töten, und es wird keine Konsequenzen für sie geben. Für Sie...“
Er beendete den Satz nicht. Das musste er nicht.
„Das ist doch verdammter Unsinn. Das kann doch nicht sein.“ Da brach ihre Stimme, und Tränen flossen ihr über die Wangen hinunter. Ich blickte zu Maxim, damit er zu ihr ging und sie tröstete, aber das tat er nicht. Er konnte es nicht. Noch nicht.
„Wollen Sie sterben?“, fragte Aufseherin Egara.
Rachel wischte sich mit dem Handrücken die Tränen von den Wangen. „Natürlich nicht! Aber ich möchte gerne mein eigenes Schicksal bestimmen!“
„Rachel“, schnitt die Stimme des Anwalts durch den Raum. „Sie haben keine Wahl. Sie können ins Gefängnis zurück und auf ein improvisiertes Messer in der Dusche warten, oder mit ihren Gefährten in eine neue Welt ziehen und am Leben bleiben.“
„Das ist Ihre Wahl“, fügte Aufseherin Egara hinzu.
„Diese Auswahlmöglichkeiten will ich aber nicht. Ich will nach Hause, an meine Arbeit, zu meiner verdammten Katze!“
„Dieses Leben existiert nicht mehr. Ich werde an der Berufung arbeiten und daran, Gerechtigkeit zu erlangen, aber Sie müssen auf sich selbst aufpassen. Machen Sie sich aus dem Staub“, sagte John nachdrücklich.
Sie wirbelte zu uns herum, und ihr Haar schwang mit der Bewegung über ihre Schultern. „Ich kenne euch nicht. Keinen von euch.“
Schließlich sprach Maxim. Er legte sich die Hand an die breite Brust. „Du kennst mich, hier drin. Die Zuordnung, sie war nahezu perfekt. Unser Verstand braucht etwas Zeit, sich daran zu gewöhnen. Aber tief drin weißt du, dass ich gut für dich sorgen werde.“
„Das wollte ich aber nicht“, entgegnete sie, beäugte unsere Größe und verschränkte die Arme vor der Brust. So tapfer.
Maxim schüttelte langsam den Kopf. „Es tut mir so leid, Gefährtin. Aber ich habe dich gerade erst gefunden. Ich will dich nicht verlieren. Ich kann nicht untätig zusehen, wie du dein Leben aufs Spiel setzt.“
Sie seufzte, wandte sich ab. Sie fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, stöhnte vor Frust. „Gott. Das darf nicht wahr sein.“
„Sie werden sterben, Rachel“, wiederholte der Anwalt. „Gehen Sie nur. Zur Hölle mit all diesen Mistkerlen. Verschwinden Sie von hier. Sie haben die Chance auf ein neues Leben. Leben Sie es.“
Sie schüttelte den Kopf, aber der Anwalt konnte sie nicht sehen. „Das ist nicht mein Leben“, wiederholte sie.
„Jetzt ist es das.“
Sie drehte sich am Absatz herum, zu Aufseherin Egara. „Die Regeln des Interstellaren Bräute-Programms besagen, dass ich dreißig Tage Zeit habe, meine Zuordnung anzunehmen, richtig?“
Die Aufsehern nickte, während meine Magengrube zusammensackte. Ich kannte die Regeln der Zuordnung nicht gut genug, als dass ich das gewusst hätte.
„Das ist zutreffend. Sie können die Zuordnung innerhalb von dreißig Tagen widerrufen, allerdings“—die Aufseherin kam näher und nahm Rachels Hand—„sind Sie der Kolonie zugewiesen worden, und daher werden Sie, sollten Sie Maxim und seinen Sekundär ablehnen, vom Test-Zentrum einem anderen Krieger dort zugeordnet werden. Sie kommen nicht wieder zur Erde zurück.“
„Sie sind zurückgekommen“, entgegnete Rachel. „Bestimmt sind auch andere Bräute wieder zurückgekommen.“
Das Gesicht der Aufseherin wurde glatt und ausdruckslos. „Ja, das tat ich. Sowie auch zwei andere. Jeder dieser Vorfälle war ein ganz besonderer Fall, ganz anders als Ihrer. Eine Frau, die auf Trion geschickt worden war, ist vor Kurzem zurückgekehrt, aber ihr Gefährte wurde für tot gehalten und sie wurde mitten in einer Schlacht transportiert. Sie ist inzwischen mit ihrem Sohn nach Trion zurückgekehrt. Meine Gefährten wurden beide von den Hive getötet, und ich habe mich versetzen lassen, um anderen zu helfen, ihr Glück zu finden. Ihre Männer sind am Leben und kämpfen nicht länger an der Front. Es herrscht Frieden auf der Kolonie, und Ihre Zuordnung ist stark. Sie können sich aussuchen, einem anderen zugewiesen zu werden, wenn diese beiden Sie nicht für sich gewinnen können, aber Sie werden nicht zurückkehren.“
„Treffen Sie Ihre Wahl, Rachel“, sagte der Anwalt. „Sie sind nun offiziell ein entflohener Häftling. Ich kann zwar die Wogen glätten, aber es wird für Sie nur noch schlimmer, je länger ich mich nicht zurückmelde. Falls Sie ins Gefängnis zurück wollen.“
Rachels Aufregung explodierte, und sie entriss der Aufseherin ihre Hand und lief mit zitternden Händen im Zimmer auf und ab. Ich sehnte mich danach, sie in die Arme zu nehmen, aber ich wagte es nicht, sie anzufassen. Es schien, als würde sie beim geringsten weiteren Druck in Stücke zerfallen. Und ich wusste auch, dass sie nicht glücklich darüber sein würde, was als Nächstes passierte. Maxim stand mit ausdruckslosem Gesicht da und wartete auf ihre Entscheidung. Aber der Prillon-Kragen, den wir für sie mitgebracht hatten, hing nur schlaff in seiner Hand. Dieser Kragen würde unsere Gefährtin mit uns beiden verbinden, den intimsten Bund schließen, der nur möglich war. Ihre Emotionen würden zu unseren werden. Sie würde äußerst sensibel darauf werden, wie sehr ich sie begehrte. Kombiniert mit den Gefühlen, die Maxim wohl hatte, bezweifelte ich nicht, dass unsere explosive kleine Gefährtin überwältigt sein würde.
Es herrschte angespanntes Schweigen, während Rachel sich mit den Händen in einer selbst-tröstenden Geste über Gesicht und Nacken fuhr, die ich ihr liebend gerne abgenommen hätte. Die Zärtlichkeit, die in mir aufwallte, begrüßte ich zwar, sie war aber auch völlig unerwartet. Ich war für lange Zeit ein grober Klotz gewesen. Ich hatte mich nicht zu solch zarten Gefühlen fähig gehalten. Aber das war das Wunderwerk dessen, eine Gefährtin zu haben, und ich betete zu den Göttern, dass sie uns nicht abweisen würde.
„Also gut. In Ordnung! Dann geh‘ ich halt.“ Sie klang nicht überzeugt, aber das spielte keine Rolle. Sie hatte zugestimmt. Sobald wir sie auf der Kolonie hatten, konnten wir ihr zeigen, wie sehr wir sie begehrten. Sie brauchten. Sie würde herausfinden, was es hieß, von zwei gnadenlosen Prillon-Kriegern geliebt und beschützt zu sein.
„Alles Gute, Rachel. Ich werde die Aufseherin von hier aus auf dem Laufenden halten“, sagte der Anwalt. „Aber bis sie ihren offiziellen Bericht einreicht, hat dieses Gespräch nie stattgefunden.“
„Dem stimme ich zu.“ Aufseherin Egara ging an einen Tisch, nahm ein Tablet, wischte mit den Fingern über den Bildschirm und studierte es eingehend. „Rachel Pierce, gemäß dem Koalitions-Protokoll muss ich Ihnen noch ein paar Fragen stellen. Sie haben der Zuordnung zugestimmt, die vom Teststystem des Interstellaren Bräute-Programms getroffen wurde und in Ihrem Profil gespeichert ist. Trifft dies zu?“
Rachel blickte zu Maxim, dann zu mir, und hob ihr Kinn in einer entschlossenen Geste. „Ja, das ist zutreffend.“
„Sind sie derzeit gesetzlich verheiratet?“
„Nein.“
„Haben Sie jeglichen Nachwuchs?“
„Nein.“
„Sehr gut. Für gewöhnlich würden Sie an dieser Stelle für ihren zugewiesenen Planeten abgefertigt und danach transportiert werden, allerdings haben wir es hier mit eher ungewöhnlichen Umständen zu tun. Ihr Gefährte und sein Sekundär sind hier. Daher entziehe ich Ihnen hiermit die Erdenbürgerschaft. Sie sind nun offiziell Bürgerin von Prillon Prime und dessen Sekundärplaneten, der Kolonie. Sie sind nun offiziell eine Prillon-Braut.“
Ein kleiner Laut entfuhr Rachels Kehle, aber sie sagte nichts. Ihre neue Realität war nun eingetreten. Sie gehörte offiziell—rechtmäßig—uns.
„Vielen Dank, Aufseherin“, sagte Maxim. „Rachel, ich gebe dir mein Wort: wir werden dir niemals Leid zufügen. Du hast von mir oder von Ryston nichts zu befürchten. Es ist unsere Aufgabe, dich zu beschützen und zu achten. Dich in Besitz zu nehmen.“
Ich sah zu, wie sie schluckte und dann mit großen Augen nickte.
„Du gehörst nun mir, und Ryston“—niemand im Raum konnte verpassen, dass sie das Wort gehörst störte, ihre Augen sich zu schmalen Schlitzen verengten und sie die Arme vor der Brust verschränkte—“und wir müssen für deine Sicherheit sorgen. Du kannst ohne das hier nicht in die Kolonie transportiert werden.“
Er hielt den Kragen hoch, der eines Tages die Farbe meines eigenen annehmen würde, und von dem um Maxims Hals. Es war ein Trinity-Kragen, und der Kreis würde sich schließen, sobald sie ihren um den Hals hatte.
Sie blickte ihn verwirrt an. „Was...wozu ist das?“
„Das hier wird dich als Prillon-Braut kennzeichnen und alle anderen warnen, dass du in Besitz genommen worden bist.“ Seine Stimme war ein tiefes Knurren, aber sie schien nicht eingeschüchtert zu sein. Den Göttern sei Dank. Wenn Maxim seine Kommandanten-Stimme einsetzte, machten sich schon mal ausgewachsene Männer in die Hose.
Sie blickte zu Aufseherin Egara. „Wie ein Ehering?“
Die Aufseherin zog eine Augenbraue hoch und nickte leicht. „So in der Art. Ein äußerlich sichtbares Zeichen, dass Sie Gefährten haben, ja. Aber es ist mehr als das.“
„Ich verstehe nicht.“ Rachel blickte von Maxims Hals zu meinem. Ihr Blick verweilte auf mir, als ich ihre Frage beantwortete.
„Ohne den Kragen können wir herausgefordert werden, um dich zu kämpfen. Es gibt nur sehr wenige Frauen auf der Kolonie. Wir sind verbannte, vergessene Krieger,. Du bist die erste Interstellare Braut, die zu uns geschickt wird. Ohne den Kragen um deinen Hals wird jeder Krieger, der dich sieht, versuchen, dich für sich zu beanspruchen.“
„Nein.“ Ihre Weigerung war umgehend und vehement.
„Ich teile dein Empfinden, Gefährtin.“ Maxim trat näher und beobachtete, wie ihr Puls raste. „Du gehörst mir. Ich werde jeden vernichten, der versucht, dich mir wegzunehmen.“
„Und ich werde dabei helfen“, fügte ich hinzu, und Rachels Blick fuhr zwischen uns beiden hin und her. Aber es war nicht Angst, die nun ihren Blick vernebelte, sondern Lust.
Ihre Hand fuhr sich in einer entzückend nervösen Geste um den Hals, und ich wollte ihr die Hände hinter dem Rücken festhalten und sie auf der Stelle küssen. Aber es war Maxim, an den sie das Wort richtete. „Was für ein Höhlenmenschen-Gehabe ist das denn?“
Aufseherin Egara lachte. Ich wusste nicht, was die Frage meiner Gefährtin bedeutete, aber die Aufseherin bewahrte mich davor, eine Antwort finden zu müssen. „Die sind dort ein wenig intensiv, Rachel. Aber ich versprechen Ihnen, dass sie Sie wie eine Göttin behandeln werden. Das liegt in ihren Genen.“ Die Aufseherin deutete mit dem Kinn auf den Kragen. „Der Kragen wird Sie mit Ihren Gefährten verbinden, auf eine Art, die schwer zu erklären ist. Die Männer werden über ihn Ihre Emotionen spüren können, und Sie werden wissen, was sie empfinden, wenn Sie alle einander nahe sind.“
Maxim hielt den Kragen hoch, und sein Kinn spannte sich an, als ihre kleine Hand über seine Haut streifte und ihn aus seiner viel größeren Hand entgegennahm. „Faszinierend. Wie funktioniert es?“ Ihr Blick hob sich zu meinem, und ich sah mit Erleichterung Neugier darin, nicht Furcht.
„Ich bin kein Wissenschaftler, Gefährtin. Ich weiß es nicht.“
Maxim stimmte zu. „Auch ich nicht. Ich war Kommandant. Nun bin ich Gouverneur von Basis 3. Aber wenn wir dort ankommen, kannst du den Arzt alles fragen, was du möchtest. Ich werde ihm den Schädel einschlagen, wenn er keine zufriedenstellenden Antworten gibt.“
„Ihr Kerle seid mir zu viel.“ Ihre Finger strichen über das glatte schwarze Band. Darin eingebettet waren mikroskopische Schaltkreise, die sie für immer mit uns verbinden würde. Und wenn wir sie erst offiziell in Besitz genommen hatten, würde der Kragen farblich zu Maxims und meinem passen, und der tiefe feurige Kupferton würde auf ihrer cremefarbenen Haut umwerfend aussehen.
Sie seufzte und hob den Kopf. „Ich muss das wirklich tragen, wenn ich hier weg will?“
Sie hinterfragte alles, und das konnte ich ihr nicht verübeln, aber langsam wurde ich ungeduldig. Ich wollte sie auf der Kolonie haben, wo niemand sie uns wegnehmen konnte und wir sie beschützen konnten. Wo sie nicht weglaufen konnte.
Maxim schenkte ihr ein seltenes Lächeln. „Du weißt nicht viel über die Kolonie. Du musst uns vertrauen. Du bist nun das Einzige, was für uns noch wichtig ist. Wir werden niemals zulassen, dass dir etwas passiert.“
Sie schüttelte den Kopf. „Große Worte, Krieger.“ Sie leckte sich über die Lippen, aber wandte ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Kragen. „Ziemlich große Worte.“ Ihr Zweifel war offensichtlich, aber dagegen konnte man nun nichts tun. Sie war von ihrem eigenen Volk betrogen worden. Es würde Zeit brauchen, ihr Vertrauen zu gewinnen. Zeit, die wir haben würden, sobald wir sie von diesem verdammten Planeten wegbekamen.
„Wir sind ein Planet von Ausgestoßenen, wurden verbannt, sobald wir nicht länger zum Leben auf unserer Heimatwelt passten. Wie du waren wir gegen unseren Willen eingesperrt, aus Gründen, die außerhalb unserer Kontrolle lagen. Wir verstehen deinen Frust, und auch deine Angst.“ Maxim trat vor und legte ihr seine Hand an die Wange. Sie lehnte sich seiner Berührung nicht entgegen, aber sie wich auch nicht zurück. Das war ein Anfang.
„Also gut“, sagte sie, und ihre Schultern entspannten sich. „Machen wir das eben.“
Ich hielt den Atem an, während ich wartete. Und wartete. Sie hob den Kragen hoch und legte ihn sich an den Hals. Sie hob ihr Haar hoch und legte die Enden aneinander. Ich konnte den Moment spüren, in dem sie sich automatisch, nahtlos verschlossen. Mit einem Mal fühlte ich den Gefährtenbund.
Ich spürte sie.
Rachel
Ich griff nach dem dünnen schwarzen Stoffstreifen. Das Band sah so unscheinbar aus wie ein Stück Seide, das ich mir als kleines Mädchen vielleicht ins Haar gebunden hätte, aber als ich es mir an den Hals führte, fühlte ich mich eher wie ein Hund, der ein Halsband anlegt. Ich hätte es verweigert, wenn meine Gefährten nicht selbst jeder eines trugen.
Andere Länder...
Die Kragen waren nicht viel mehr als zwei Zentimeter breit und betonten irgendwie die dicken Muskelstränge in den Hälsen meiner Gefährten. Meiner war schwarz, aber die Kragen meiner Gefährten hatten eine tiefe, wunderschöne Kupferfarbe. Anstatt dass sie damit feminin oder schwach wirkten, verliehen ihnen die Kupferbänder das Aussehen von wilden Kriegern, von Stärke. Von Fremdartigkeit. Exotisch und sexy und unmöglich, alles auf einmal zu begreifen.
Und diese Reaktion, die meine Pussy zusammenzucken ließ, passierte, bevor ich überhaupt damit anfangen konnte, ihre seltsame Haut- und Augenfarbe zu verarbeiten.
Der Größere, Maxim, mein zugewiesener Partner, war beinahe 2m 15 groß. Er trug eine Art dunkle, gemusterte Uniform, die wie Tarnmuster aussah, um sich in den Schatten zu verbergen oder im Weltraum. Seine Gesichtszüge waren größtenteils menschenähnlich, aber ein wenig zu scharf geschnitten, und seine Haut war von dunklem Rotbraun, dem satten Farbton eines Afrikaners, aber eher kupferfarben. Es war eine eigenartige Farbe, die sich einer genauen Beschreibung entzog, aber sie war umwerfend. Bemerkenswert. Ich wollte die Wärme hinter dieser Farbe spüren, sie berühren. Seine Augen waren dunkel, ein sattes Braun, bei dem ich das Gefühl hatte, zu ertrinken. Ich konnte nicht klar denken, wenn ich seinen Blick erwiderte. Verdammt, ich konnte nicht einmal atmen, während ich in diese Augen sah. Und das jagte mir höllische Angst ein.
Klar, er hatte die Gitterstäbe meiner Gefängniszelle auseinandergezogen, als wäre er Superman, also brachte er jedes Bisschen Östrogen in meinem Körper auf Hochtouren. Wenn ein Mann das mit seinen Händen anstellen konnte, fragte ich mich, was er noch so alles konnte.
Mein zweiter Gefährte, Ryston, war ebenso riesig, nur ein paar Zentimeter kleiner. Er trug die gleiche seltsame, gepanzerte Uniform, aber er sah aus wie ein wandelnder, goldener Heiligenschein. Seine Haut und sein Haar, selbst seine Augen waren von blassem Gold, so hell, dass es beinahe silbern aussah. Sein linkes Auge und seine Schläfe waren mit irgendwelchen Cyborg-Implantaten modifiziert worden, die seltsame, silbrig-blaue Bahnen in seiner Haut bildeten und dem inneren Kranz seines Auges einen eigenartigen, silbrigen Glanz verliehen.
Ich blickte zur Aufseherin, während ich den Kragen um meinen Hals verschloss. Sobald die Enden einander näher kamen, verschlossen sie sich automatisch, wie zwei Magnete, die ihren Gegenpol fanden. Eine berauschende Wärme durchflutete meinen Hals, bevor sie mir über das Rückgrat auf und ab lief. Ich schauderte, als die Hitze sich in meinem Schädel ausbreitete, als würde mir jemand einen Krug heißes Wasser in den Kopf gießen und mich damit füllen.
Etwas machte Klick. Anders könnte ich nicht beschreiben, was geschah. Und dann...
Oh Gott.
Schmerz. Lust. Sorge. Sehnsucht. Macht. Sehnsüchtige Einsamkeit.
Die Emotionen meiner Gefährten durchfluteten mich mit solcher Heftigkeit, dass ich in die Knie ging.
Bevor ich am Boden aufschlagen konnte, hatten mich Maxims kräftige Arme bereits hochgehoben und hielten mich an seine Brust, als wäre ich ein kleines Kind. In der Tat fühlte ich mich klein und hilflos, während das Chaos, das in mir wütete, mit dem Körperkontakt nur noch intensiver wurde.
Es tat ihm tatsächlich weh, mich zu berühren. Es war kein körperlicher Schmerz, sondern ein emotionales Bedürfnis, das so tief war, so ausgehungert über so lange Zeit, dass der Kontakt zu mir ihm Schmerzen bereitete.
Ich wusste, dass Maxim mich aufrecht hielt, aber ich schloss die Augen und entspannte mich an seiner Brust. Ich hatte meine Entscheidung gefällt. Jetzt war es sinnlos, dagegen anzukämpfen.
„Wir sind bereit zum Transport, Lady Egara.“ Maxims tiefe Stimme grollte in seiner Brust und durch mich hindurch, machten meine Brüste schwer und meine Mitte sehnsüchtig.
Du lieber Gott. Ich saß verdammt tief in der Scheiße.
„Nennen Sie mich nicht so.“ Die Stimme der Aufseherin klang zum ersten Mal, seit ich ihr begegnet war, getroffen.
Ryston antwortete ihr. „Sie werden auf Prillon Prime für immer eine Lady sein. Der Bruder Ihres Gefährten möchte Sie gerne grüßen lassen.“
Maxim bemühte sich wohl, seine Emotionen zu beherrschen, denn die Explosion von Empfindungen aus seiner Richtung verblasste. Ich holte tief Luft, dankbar darüber, dass ich die Kontrolle über meinen Körper wiederhatte. Die Kontrolle, aber ich würde die Erinnerungen nicht zurückhalten, die mich nun durchfluteten, als ich zwei Männer für mich hatte. Zwei Gefährten. Zwei riesige Körper, die mich zwischen sich legen konnten. Zwei riesige Schwänze, die mich weit dehnen konnten, mich füllen, mich zum Schreien bringen...
Heilige Scheiße. Der Abfertigungs-Traum lief plötzlich in Endlos-Schleife in meinem Kopf ab, und ich konnte an nichts anderes denken als ans Ficken. Daran, genommen zu werden. In Besitz genommen. Begehrt.
Lust war ein zu zahmes Wort für den Emotionswirbel, der in mir kreiste. Meine. Maxims. Rystons. Ich konnte nicht sagen, welche Gelüste meine waren und welche ihre. Aber ihre Emotionen schmeckten anders in meinem Kopf. Maxims wie kaltes, aufgestautes Feuer, so intensiv, dass es mich bis auf die Knochen verbrennen würde, wenn ich es anfasste. Und Ryston war wie ein wilder Sturm in mir, glühend, ungeduldig und begierig.
„Beherrsche dich.“ Maxims Befehl drang kaum zu mir durch, aber schon bald darauf hatten meine beiden Gefährten wohl ihre Emotionen so weit wie möglich unterdrückt, denn ich konnte plötzlich klar denken. Ich dachte immer noch daran, wie ihre Schwänze mich füllten, ihre Hände überall an meinem Körper waren, aber zumindest konnte ich denken.
Vielleicht war das das Schlimmste.
Ich öffnete die Augen und stellte fest, dass Maxim mich in einen seltsamen Raum getragen hatte, in dem überall um uns blaue Lichter glühten. Neben uns auf Boden befand sich ein eigenartiges Becken mit leuchtend blauem Wasser, das seltsam einladend aussah und roch.
Ryston stand neben uns. Aber er blickte nicht zur Aufseherin. Seine blassgoldenen Augen waren ganz auf mich gerichtet.
Und ganz plötzlich keuchte ich auf, zuckte in Maxims Armen zusammen, als Rystons Emotionen mich durchfluteten. Sehnsucht. Angst vor Zurückweisung. Hoffnung. Verlangen. Zorn darüber, dass ich bedroht worden war. Scham darüber, dass er mich so sehr berühren wollte, aber sturer Stolz darauf, dass es ihm gelang, seinem Wunsch zu widerstehen.
Alles, was in mir feminin und sanft war, reagierte auf den Schmerz meiner Gefährten. Ich wollte sie trösten. Ich wollte ihnen Trost spenden im Angesicht solch stoischer emotionaler Qualen.
„Gott, ich sitze in der Scheiße.“ Ich murmelte die Worte mir selbst zu, aber beide Gesichter meiner Gefährten wandten sich mir zu. Und sie waren fokussiert. Restlos. Als würde nichts im Universum von Bedeutung sein außer dem, was ich als Nächstes sagen würde. Es war gruselig und wunderbar zugleich.
Ich hielt Ryston meine Hand hin, unfähig, ihm noch einen Augenblick länger zu versagen, was er so verzweifelt brauchte.
Seine riesige goldene Hand legte sich um meine, und ich wurde durchflutet von seiner Dankbarkeit und seiner Zufriedenheit, seinem Wunsch, mich glücklich zu machen, noch bevor er sprach. „Mein verseuchtes Fleisch macht dir keine Angst?“
Ich drückte seine Hand und kniff verwirrt die Augen zusammen. „Verseuchtes Fleisch?“
Die vielen Jahre des physiologischen und biochemischen Wissens versetzten meinen Verstand in Alarmbereitschaft, während ich auf seine Antwort wartete. Egal, was mit ihm nicht stimmte, ich konnte einen Weg finden, es wieder gut zu machen. Biochemischen Reaktionen auf den Grund zu gehen, war mein Leben. Also, war mein Leben gewesen. Vor GloboPharma und dem Gefängnis und...Aliens.
Vielleicht brauchten mich diese Aliens. Vielleicht konnte ich auf ihrem Planeten von Nutzen sein. Die Aussicht darauf, ein Rätsel zu lösen zu haben, glich meine Sorge um Rystons Gesundheitszustand beinahe wieder aus. Beinahe. „Was meinst du? Womit bist du verseucht? Wo ist es?“
Maxims scharfer Atemzug besagte, dass ich etwas Unerwartetes gesagt hatte, noch bevor ihre beiden Reaktionen in mein Bewusstsein flossen. Schock. Unglaube. Verwirrung.
„Das hier, Gefährtin. Mein Gesicht. Mein Auge. Maxims Arm. Wir beide tragen bleibende Narben von unserer Zeit beim Feind.“ Ryston hob seine freie Hand hoch, um auf die silbernen Stellen an seiner Schläfe zu zeigen.
Ich betrachtete die einzigartigen, computerisiert aussehenden Schaltkreise, die in Rystons Haut eingebettet worden waren. Der gesamte Bereich war nicht größer als meine Handfläche. Nicht gerade ein überwältigendes Stück Tätowier-Kunst. Ich wollte es berühren, nur um zu sehen, wie es sich unter meinen empfindlichen Fingerspitzen anfühlen würde, aber das war schon alles. Und meine Hoffnung darauf, etwas Sinnvolles mit meiner Zukunft anstellen zu können, schwand ebenso. „Jeder hat doch Narben. Deine stören mich nicht.“
Es war die Wahrheit. Ein paar komische silberne Linien? Was soll‘s. Ich hatte schon tätowierte Biker gesehen, deren gesamter Oberkörper chaotisch bunt verziert war, inklusive Totenköpfen, nackten Frauen, keltischen Designs, Tieren und allen Arten von Verrücktheiten. Ich hatte Leute gesehen, die Verbrennungen überlebt hatten und deren Narben wesentlich größer und auffälliger waren als ein paar Silberstriche. Verdammt, ich hatte auf der Radiologie-Station im Krebsbehandlungs-Zentrum Schlimmeres gesehen.
Rystons Lächeln versetzte mir einen Stich ins Herz, und er beugte sich herab, um die Rückseite meiner Hand zu küssen. „Du bist wahrlich ein Wunder, Gefährtin.“
„Das würde ich so nicht sagen.“ Ich verstand nicht, was daran so eine große Sache war, aber anscheinend war meine Reaktion wichtig. Sehr sogar. Maxims Reaktion war beinahe gleich stark, seine Emotionen bombardierten mich mit Hoffnung und Erleichterung.
Meine Gefährten sollten mal in die Welt hinaus und ein paar wirklich grauenhafte Dinge sehen, wenn sie dachten, dass ich mich von einem silbernen Schimmer auf ihrer Haut abschrecken ließ. Ach bitte.
Sie hatten mich aus dem Gefängnis befreit. Sie hatten mich so ziemlich beim ersten Hallo schon von sich überzeugt.
Maxim küsste mich auf die Stirn, und ich war von der Geste irrational verzückt, meine Brust ganz mit Wärme erfüllt über seine offene Zuneigungsbekundung.
Es sollte mir egal sein. Emotionale Bindung war völlig irrational. Ich kannte diese beiden Männer gerade mal fünfzehn Minuten lang. Aber sie waren mir nicht egal. Aus irgendeinem Grund waren sie mir weniger egal, als ich gerne zugeben wollte. Und nachdem ich während der Festnahme, der Verhandlung und der Verurteilung alleine gewesen war, fühlte es sich gut an, gehalten zu werden, berührt. Geachtet—zumindest gab mir der Kragen das Gefühl, dass ich das war.
„Wir sind bereit zum Transport, Aufseherin.“
„Noch nicht ganz, Gouverneur. Obwohl ich bereits ihre NPU implantiert habe, damit ihr einander verstehen und miteinander kommunizieren könnt, muss ihr Körper erst für den Transport auf die Kolonie abgefertigt werden.“
Maxim seufzte, sichtlich ungeduldig, aber nicht gewillt, mit der Aufseherin zu diskutieren. „Was müssen wir tun?“
„Legt sie ins Wasser und tretet zurück. Ich werde erst euch beide transportieren. Sobald das Protokoll initiiert ist, wird sie nur wenige Minuten später folgen.“
Ryston drückte meine Hand und ließ mich los, wenn auch widerwillig. Auch Maxim schien seltsam verstört von dem Gedanken, selbst für kurze Zeit von mir getrennt zu sein.
Für große, hartgesottene Aliens benahmen sie sich eher wie Wackelpudding. Und es gefiel mir. Sehr sogar.
Maxim küsste mich auf die Stirn, bevor er sich hinunterbeugte und mich im blauen Wasser absetzte, mitsamt Kleidung und allem Drumherum. Das Wasser war warm, wie ein schönes heißes Bad, und ich fühlte mich sofort träge, schläfrig.
Für den Transport abgefertigt? Was zur Hölle sollte das überhaupt heißen?
Ich drehte meinen Kopf herum, um Aufseherin Egara anzusehen, aber meine Fragen verblassten bereits in meinem Kopf, als wären sie inzwischen egal. Alles war egal. Ich fühlte mich wie im Traum. Einem unglaublichen, gemütlichen, wunderbaren Traum. Die Aufseherin winkte mir zu und wischte mit dem Finger über ihr Tablet. „Alles Gute, Rachel. Ihr neues Leben beginnt in drei...zwei...eins...“
Ich bemühte mich, wach zu bleiben, aber das grelle blaue Licht umgab uns und mein Kopf war plötzlich zu schwer, als dass ich ihn aufrecht halten konnte.
Die Wand machte ein leises, schabendes Geräusch, als große Platten sich verschoben und uns umgaben wie Ratten in einem Käfig. Eine Sekunde lang konnte ich an nichts anderes denken als die wissenschaftlichen Fakten zum Transport, darüber, wie mein Körper in Milliarden Datenstückchen zerrissen wurde und irgendwie hunderte Milliarden Meilen weit strömte, quer durchs Universum, zu einem fremden Planeten, den ich noch nie gesehen hatte.
Wenn ich davon ausging, dass all diese Milliarden winziger Stückchen meines „Ich“ wieder zu einem Stück zusammengesetzt werden konnte, dann würde ich trotzdem nie wieder die Erde sehen. Ich würde mir nie wieder meinen weißen Labormantel überziehen oder mein Auto fahren. Oder an einer Rose riechen. Oder Schnee in den Bergen fallen sehen. Oder ein Hündchen halten. Dämliche Dinge. Kleine Dinge. Aber sie alle zu verlieren, in einem großen Brocken, tat weh.
Ich war darauf nicht vorbereitet. Wenn ich mich freiwillig zu diesem Bräute-Programm gemeldet hätte, oder vorgehabt hätte, eine Zuordnung anzunehmen, hätte ich mich mit dem ganzen Scheiß anfreunden können, bevor ich alles aufgab. In der Eile fühlte es sich an, als würde mir etwas geraubt werden. Als würden mir die Millionen von Kleinigkeiten, die mich zu dem machten, wer ich bin, weggenommen werden. Und ich hatte keine Wahl.
Ja, ich hatte zwei scharfe Aliens, die schworen, mich zu beschützen, aber irgendwie war ich mir nicht ganz sicher, dass das ausreichen würde. Der Gedanke daran, nie wieder in meinem eigenen Bett zu schlafen, trieb mir die Tränen in die Augen. Dämlich, aber so war es nun eben. Ich konnte sie nicht aufhalten.
Ein kleines Wimmern entkam mir, bevor ich mich beherrschen konnte, aber Maxims Stimme drang zu mir durch und beruhigte mich.
„Du gehörst mir, Rachel. Ich werde nicht zulassen, dass dir Leid geschieht.“
Das Versprechen sickerte in meinen Kopf und mein Herz, und ich spürte die Ernsthaftigkeit dieser Worte durch Maxims Körper fließen. Er meinte, was er sagte.
Er gehörte mir. Mir alleine. Dieser riesige, mächtige, wilde Krieger war mir verschrieben, und mir alleine. Verschrieben auf eine Art, dass er für mich sterben würde.
Es war kein neues Leben, aber es war ein Anfang.
Und verdammt, das machte es vielleicht ein wenig zu leicht, ihm zu vertrauen und sich der Dunkelheit hinzugeben, die aufstieg, um mich zu verschlingen.