Читать книгу Ein Foto vom Mörder - Göran Norström - Страница 7

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„Egon Bergström ist also aus dem Hinterhalt erschossen worden. Das geschah etwa um 13 Uhr. Die Person, die geschossen hat, hatte sich mit großer Wahrscheinlichkeit in einem Schuppen versteckt und durch ein Loch in der Wand geschossen. Für das Motiv gibt es noch keine Hinweise. Wir wissen auch nicht, wer den Schuß abgefeuert hat. Dagegen glauben wir zu wissen, daß er den Tatort mit einem grauen Peugeot verließ.“

Der Landrat, der Torn hieß, schwieg. Das Licht des Kristalleuchters glänzte auf seiner Glatze. Er war klein und hatte ein rundes Gesicht. Die Augen musterten uns, mich besonders lange.

„Haben Sie noch Fragen?“

Die Journalistin von Dagens Nyheter, Aftonbladet, dem Express und anderen großen Zeitungen fragten alle durcheinander. Und alle wollten sie etwas über die drei Schüsse wissen.

„Ich will nicht behaupten, daß es so war, aber es kann der Täter gewesen sein, der zum Tatort zurückkehrte.“

„Haben Sie eine Beschreibung des Mannes?“ fragte Söder.

„Er trug eine Schultertasche und hatte blonde Haare.“

Ich machte mich ganz klein auf meinem Stuhl hinter einem kräftigen Kerl vom Svenska Dagbladet.

„Haben Sie schon Spuren?“ fragte Margaretha.

„Wir suchen ihn mit Hunden im Wald oben bei den Sennhütten. Wir haben Verstärkung vom Militär aus Gävle angefordert.“

„Ist er bewaffnet?“

„Vermutlich.“

„Mit was für einer Waffe?“

„Eventuell mit einem Kleinkalibergewehr, aber das wird die Obduktion zeigen.“

„Wie alt ist er Ihrer Meinung nach?“

„Die Polizisten, die ihn durch den Fluß waten sahen, schätzen, daß er über dreißig ist, gewöhnt, sich in unwegsamem Gelände zu bewegen und gut zu Fuß.“

Neben dem Landrat saß ein grauhaariger Kommissar mit einer ungewöhnlich langen, krummen Nase und freundlichen, grauen Augen. Er stand auf und zeichnete eine Skizze der Gebäude auf Egon Bergströms Hof an eine Tafel. Er beschrieb, wo das Gewehr durchgesteckt worden war, und wo Egon Bergström tot gefunden worden war.

Die Fotografen blitzten wie verrückt. Ich blieb sitzen.

„Willst du denn kein Foto machen?“ fragte Söder.

„Nicht nötig“, antwortete ich.

Söder schaute mir in die Augen, die Falte an der Nasenwurzel wurde tiefer, und dann nickte er. Vielleicht begriff er alles. Er vertraute mir auf jeden Fall.

Der Landrat stand auf, schüttelte den Kopf und sagte:

„Ich kann jetzt keine weiteren Fragen beantworten.“

„Wer hat es denn entdeckt?“

„Das kann ich aus ermittlungstechnischen Gründen nicht sagen“, sagte er und verließ das Zimmer. Der Kommissar ging ihm nach, und wir gingen auch. Es hatte aufgehört zu regnen, aber der Nebel wurde immer dichter. Es war fast 9 Uhr. Söder schlug vor, daß wir uns ins Auto setzen und über alles reden sollten.

Wir konnten vor uns kaum noch die Umrisse des Kungsbergs sehen. Von weitem hörte man eine Kuh muhen und das schwache Rauschen des Lillflusses, der sich durch die Felder am Fuß des Berges schlängelte.

Söder ließ den Motor laufen, damit die Heizung funktionierte. Ich fror. Wir hatten keine Zeit gehabt, zu Hillbloms zu fahren, damit ich trockene Sachen hätte anziehen können. Söder hatte darauf bestanden, daß wir in der Nähe des Tatorts blieben. Margaretha sagte, daß ich die Hosen und das Hemd ausziehen und mich in die Decke auf dem Rücksitz wickeln solle. Das tat ich. Dann schwiegen wir eine ganze Weile. Plötzlich drehte Söder sich zu mir um.

„Na du“, sagte er, „wie hast du dir das hier eigentlich gedacht?“

Ich zögerte. Ich wollte es noch einen Moment auskosten.

Dann sagte ich: „Die haben nach mir geschossen.“

Söder und Margaretha schauten mich lange an. Sie konnten vor Überraschung nichts sagen, und das genoß ich.

„Soso, nach dir“, sagte Söder. „Hast du deshalb einen Kratzer auf dem Rücken?“

Da konnte ich es nicht mehr aushalten. Ich erzählte alles, holte die Kamera heraus, spulte, den Film zurück, nahm ihn heraus und gab ihn Söder.

„Toll, Junge“, sagte er.

Aber es klang nicht überzeugt.

„Wir sind auf jeden Fall die einzigen, die ein Foto vom Tatort haben“, sagte ich.

„Das schon, aber es ist eben noch die Frage, ob wir uns auch trauen, es zu veröffentlichen.“

Also wieder diese Kiste. Letzten Sommer hatte ich ein Superbild von einem Mann gemacht, der außerhalb von Gävle einen Kopfsprung ins Wasser machte, am Grund aufstieß und ertrank. Das Foto konnte nicht in der Zeitung erscheinen, es war zu realistisch. Dann hatte ich ein Foto von einem weißen Elch geschossen, aber das war zu unwahrscheinlich. Das konnten sie auch nicht gebrauchen.

„Ich habe mich nicht auf verbotenem Gelände befunden“, sagte ich. „Da waren keine Absperrseile.“

„Aber du bist verfolgt worden“, sagte Söder. „Du hast die Polizei auf eine falsche Fährte gelockt.“

„Die glauben bestimmt nicht, daß es der gleiche Typ war“, sagte ich. „Die glauben doch, daß er über dreißig war.“

Die Argumente halfen nicht. Söder war immer noch nicht überzeugt. Schließlich sagte er: „Das kann ich nicht entscheiden. Das müssen wir mit Blomberg bereden.“

Blomberg war der Chefredakteur.

Ich war enttäuscht. Ich hatte fast das Gefühl, daß er sauer war. Margaretha sagte gar nichts.

„Wir fahren jetzt nach Hause“, sagte Söder und fuhr los.

„Nach Gävle?“ fragte ich.

„Ja sicher, die brauchen doch irgendwann einen Text.“

„Und wenn sie inzwischen hier den Mörder finden?“ sagte ich.

„Wer will denn wohl hier im Nebel herumtapsen und darauf warten?“ fragte Söder.

„Ich“, sagte ich.

Jetzt sagte er wieder eine Weile nichts. Wir fuhren über die Brücke bei Kungsfors. Ein Polizeiauto hielt uns an, sie durchsuchten das Auto und schauten uns genau an, obwohl Söder den Presseausweis vorgezeigt hatte.

„Verdammt merkwürdig“, sagte Söder. „Jetzt suchen sie dich.“

„Du bist schon einer“, sagte Margaretha und lachte, daß es nur so gluckste.

„Setz mich bei Hillbloms ab“, sagte ich.

Söder hielt auf dem Hof an.

„Melde dich sofort, wenn du etwas weißt“, sagte er. Jede Information ist verdammt wichtig.“

„Aber ja“, sagte ich.

„Und merk dir, du bleibst freiwillig hier, ich habe dich nicht darum gebeten.“

„Ich besuch doch nur Tage“, sagte ich.

„Genau“, sagte Söder. „Ich werde zusehen, daß du bis um eins noch Informationen liefern kannst. Sie müssen den Druckbeginn eben verschieben.“ Ich wickelte mich in die Decke und nahm Hemd und Hose in die Hand. Als er zur Straße hinauffuhr, streckte er noch einmal den Kopf aus dem Fenster und rief:

„Junge, du hast wie immer tolle Arbeit geleistet, damit du das weißt.“ Dann winkte er noch, und Margaretha lächelte so nett, wie nur sie lächeln kann, und dann fuhren sie los mit einem Schnellstart, daß die Kieselsteinchen gegen Hillbloms Glasveranda spritzten.

Ein Foto vom Mörder

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