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5. Zusammenfassung und Fazit
ОглавлениеLiteralität ist der Schlüssel zur Teilhabe an der Mediengesellschaft. Sie ist die Voraussetzung für autonomes und lebenslanges Lernen und befähigt Individuen somit, sich stetig weiterzuentwickeln. Literalität beschränkt sich im 21.Jahrhundert aber nicht mehr auf die Rezeption mündlicher oder schriftlicher monolingualer Texte. Der kompetente Umgang mit einer großen Diversität medialer Darreichungsformen in verschiedenen Sprachen ist bereits jetzt von immenser Wichtigkeit für das Lehren und Lernen und wird mit voranschreitender Globalisierung und technologischem Fortschritt weiter an Bedeutung gewinnen. Die frühe Förderung von Multiliteralität muss deshalb Kernanliegen einer modernen Pädagogik sein. Wenngleich die Förderung von Literalität Hauptaufgabe der Schule ist, kann die Ausbildung von Lesekompetenz nicht allein darauf beschränkt bleiben (vgl. Ehmig & Reuter, 2011). Für eine wahrhaft wirksame Förderung müssen alle am Bildungsprozess von Menschen beteiligten sozialen AkteurInnen einbezogen werden. Dazu gehören neben professionellen Institutionen wie beispielsweise Bibliotheken und Jugendzentren auch die Familien – als der Ort, an dem die Lesesozialisation ihren Anfang nimmt. Hertel, Jude & Naumann (2010, S.272) konstatieren dazu:
Neben der Bereitstellung von Ressourcen und der aktiven Gestaltung der Lernumgebungen im Elternhaus sind auch die Einstellungen und Überzeugungen der Eltern zum Lesen sowie ihre eigene Lesepraxis wichtige Faktoren der Lesesozialisation. Das Verhalten der Eltern wirkt sich nicht nur im Sinne einer Vorbildfunktion aus, vielmehr ist auch davon auszugehen, dass sich deren Einstellung zum Lesen wiederum auf die vorhandenen Ressourcen und die Leseförderung auswirken.
KOINOS bezieht die verschiedenen AkteurInnen ein, um eine nachhaltige Förderung von Literalität zu ermöglichen. Zugleich erkennt KOINOS die kulturelle und sprachliche Diversität aller SchülerInnen an und nimmt sie explizit in den Lehr- und Lernprozess auf. Damit trägt das Projekt dazu bei, einen Grundstein für Multiliteralität zu legen. Zweifelsohne ist die Voraussetzung einer nachhaltigen Entwicklung die fortwährende Förderung dieser Kompetenzen. Das KOINOS-Projekt entstand in Zusammenarbeit mit Grundschulen; Melo-Pfeifer und Helmchen (2019) geben allerdings bereits einen Ausblick auf eine mögliche Fortführung der in den Grundschulen begonnenen Arbeit in der Sekundarstufe, in der eine dialogische Auseinandersetzung mit der eigenen Mehrsprachigkeit und der Mehrsprachigkeit der Anderen aufgegriffen wird, um Mehrsprachigkeit insgesamt zu würdigen und wertzuschätzen. Dabei wäre die Beibehaltung der dem Projekt zugrundliegenden didaktischen Prinzipien denkbar. In fortgeschrittenen Altersgruppen mit bereits weiter ausgebildeten technischen Fähigkeiten könnten SchülerInnen der Sekundarstufen I und II beispielsweise „[…] ‚multilingual digital narratives‘ erstellen und die Erzählung mit vielgestaltigen ästhetischen Elementen verknüpfen (z.B. Filmsequenzen)“ (ebd., 6). Darüber hinaus wäre es denkbar, die Kommunikation und Kollaboration zwischen den SchülerInnen der verschiedenen Länder zu synchronisieren, um eine simultane und interaktive Ko-konstruktion von Wissen zu ermöglichen. Dies würde auch den multilingualen Charakter des Projekts weiter dynamisieren. Die SchülerInnen hätten reale Sprechanlässe und Motivation, in verschiedenen Sprachen zu interagieren, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Ein höheres Maß an für den Fremdsprachenunterricht immer wieder geforderter Authentizität bzw. authentischer Sprachverwendung ist anders kaum zu erreichen. Bislang wurden relativ einfache digitale Kommunikationswege verwandt (E-Mail, KOINOS-Plattform), da vor allem der Inhalt im Vordergrund stand. Viele Digital Natives wären allerdings zur Nutzung (teils deutlich) komplexerer Anwendungsprogramme fähig, die es in ein Folgeprojekt einzubinden gälte. Schließlich ist es Ziel des Projekts, Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Medien zu erweitern.
Auf einer transdisziplinären Ebene der Kollaboration könnte der Blick auf einen Gegenstand aus der Perspektive verschiedener Sprachen und vor verschiedenen kulturellen Hintergründen die Ambiguitätstoleranz der SchülerInnen fördern und sie zu multiperspektivischem Denken anregen, ähnlich wie dies im bilingualen Unterricht geschieht. Zu bedenken wäre hierbei allerdings, dass SchülerInnen auf die Kommunikation mit SchülerInnen anderer Länder vorbereitet werden müssten. Insbesondere eine simultane Kommunikation würde eine bereits gut ausgebildete interkulturelle Sensibilität (savoir être / savoir comprendre, vgl. Byram, 1997) erforderlich machen, um Offenheit der SchülerInnen gegenüber anderen Perspektiven sowie die Relativierung eigener Standpunkte zu gewährleisten und so Missverständnissen etc. vorzubeugen und eine einvernehmliche Kollaboration zu ermöglichen. Dieser Aspekt wurde im KOINOS-Projekt bislang nicht berücksichtigt. Im Fokus stand zunächst vor allem der Kontakt mit sprachlicher und kultureller Vielfalt; eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema des Umgangs mit kultureller Fremdheit wäre eine wünschenswerte Erweiterung.