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Оглавление»Hinter die Fassade schauen«. Ein Interview mit Tatjana Frey | Corinna Griesbach
Liebe Tatjana! Hast du Zeit und Lust, mit unserem Interview zu beginnen?
Fünfundzwanzig deiner Collagen aus dem vorliegenden Bildband waren Inspiration für Autorinnen und Autoren. Zu ihrer Person und ihrem Werdegang findet sich am Ende des Buches eine kurze Vita. Magst du uns auch etwas über dich und deine Kunst erzählen?
Ich habe mal nachgedacht … Ich war schon immer ein sehr neugieriger Mensch, der versucht, Abläufe zu verstehen und hinter die Fassade zu schauen.
Das, was wir sehen, ist der erste Eindruck von Dingen, Menschen und auch Situationen. Das ist die sichtbare Ebene, aber darunter liegen oft viele weitere, die sich nach und nach erschließen. Die Bilder, die wir täglich sehen in den Zeitschriften, Magazinen, in der Werbung, bilden eine Realität ab, die es so nicht gibt. Es sind Inszenierungen. Meist zum Zweck des Verkaufs.
Ich nehme diese erste Ebene der Bilder und zerlege das Bild, füge es neu zusammen und erzähle eine neue Geschichte. Vielleicht suche ich das Märchen, die alten Mythen hinter den profanen Bildern des Alltags.
Wie bist du bei der Zusammenstellung deiner Bilder für diesen Bildband vorgegangen? Gibt es für dich etwas wie ein Thema, das die Bilder verbindet?
Also auf den Bildern sind Protagonisten, die etwas erlebt haben oder gerade erleben. Momentaufnahmen einer Geschichte, die wir nicht kennen. (Und jetzt schon, nachdem sie von den Autoren betrachtet und niedergeschrieben wurden …) Meine Figuren befinden sich in einer Situation, mit der sie umgehen müssen. Und es sind Porträts dabei, bei denen sie ganz bei sich sind in ihrer Andersartigkeit.
Wie frei ist dein Umgang mit vorgefundenen Bildern? Ist es eher so, dass du auf ein Bild stößt und es dich dazu inspiriert, etwas Neues daraus zu machen, oder ist die Idee zuerst da?
Ich zerlege die Bilder. Meist gehe ich so vor, dass mir beim Blättern durch Zeitschriften bestimmte Teile der Bilder ins Auge springen und die schneide ich aus. Wie bei einem Puzzle lege ich verschiedene Ausschnitte zueinander. Dabei entsteht intuitiv etwas Neues, das mit dem Ursprungsbild nichts mehr zu tun hat. Ich filtere höchstens den Ausdruck einer Figur heraus. Oder ich habe eine Grundidee und schaue nach passenden Motiven, die dem Ausdruck verleihen könnten.
Bist du eigentlich Autodidaktin? Und gleich hinterher gefragt: Gibt es Vorbilder für deine Arbeiten?
Ja, das kann man sagen.
Direkte Vorbilder habe ich nicht. Ein Betrachter meinte bei einem Bild, es würde ihn an Hannah Höch erinnern, aber ich finde, sie hat etwas völlig anderes gemacht. Und ich würde mich jetzt nicht mit ihr messen wollen. Natürlich verbindet man Collage mit Dada und ja, Dada hat mich sehr beeinflusst und begeistert. Ich würde eher Unika Zürn als Inspiration nennen. Ihre Gedichte entstanden durch die Zerlegung der Wörter in ihre Einzelteile, die sie dann zu etwas Neuem, Absurdem zusammenfügte.
Ganz lieben Dank, Tatjana, für deine ausführlichen Antworten. Jetzt freue ich mich mit dir auf das Buch!