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OPERATIVE BEGRIFFE DER REFORMATIONSDEUTUNG ZUR EINFÜHRUNG IN DIESEN BAND Michael Moxter

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Der Begriff der Konstellationen steht im Titel dieses Bandes für die Absicht, eine Gleichsetzung reformatorischer Theologie mit dem theologischen Denken und reformatorischen Handeln Martin Luthers, sei sie explizit oder implizit, zu vermeiden. Die reformatorische Theologie umfasst Luthers Theologie, hat in dieser ihren Anstoß und Ausgangspunkt, aber sie kann mit dieser nicht identifiziert werden und muss es nicht. Es gibt die reformatorische Theologie nur als Konstellation unterschiedlicher Autoren und Reformatoren, ohne die Geschlossenheit eines gemeinsamen Programms und ohne die Möglichkeit, das sie tatsächlich Verbindende auf einen von ihnen ausschließlich zurückzuführen. Ob daraus auch schon folgt, die einzige Gemeinsamkeit sei die Opposition der Reformatoren gegen Rom, also sozusagen ihr antirömischer Affekt, wird wohl davon abhängen, wie detailgenau das Gesamtbild ausfallen soll. Denn trotz der Faustregel, dass Einigkeit in dem, was man ablehnt und bekämpft, leichter zu identifizieren ist als Übereinstimmungen in der eigenen Sache, sind inhaltliche Familienähnlichkeiten der reformatorischen Theologien durchaus beschreibbar. Sucht man nicht nach Identität in sämtlichen Lehrstücken, sondern nach geteilten Horizonten, Plausibilitätsstrukturen und praktischen Orientierungen, fällt die Bestimmung des gemeinsam Reformatorischen anders aus.

Verweist der Begriff reformatorische Theologie also auf Konstellationen reformatorischer Theologien, so gilt doch auch, dass ein solcher Begriff nicht allein historisch-deskriptiv, sondern zugleich normativ gebraucht wird und infolgedessen eventuell auch kritisch gemeint ist. Das wird vor allem dann deutlich, wenn man die Suche nach den Gehalten reformatorischer Theologie nicht allein an den Schriften der Reformatoren, sondern am Verhältnis zwischen expliziten Bekenntnistexten und der Aufgabe einer gegenwärtigen Verantwortung kirchlicher Lehre und Praxis ausrichtet. Der aktuelle Anspruch, eine reformatorische, eine nach Gottes Wort reformierte oder eine Kirche der Reformation zu sein, konkretisiert sich in der Berufung auf ein Bekenntnis – freilich unter der Voraussetzung, dass ein in allen evangelischen Kirchen formal geltender Bekenntnistext nicht zu identifizieren ist. Das lässt die Frage nach dem, was als reformatorisch gelten kann (und vor allem: gelten soll), zu einer kritischen Frage werden: Eine Antwort bedarf der Urteilskraft bzw. systematisch-theologischer Entscheidungen darüber, was an den historisch rekonstruierten (oder allererst zu rekonstruierenden) Theologien der Reformationszeit als Impulsgeber für Veränderungen wirkte oder wirken konnte und was u. U. auch heute noch unausgeschöpft bleibt, also aufgenommen zu werden verdient (im Sinne der Formel Schleiermachers: »Die Reformation geht noch fort«1). Der die gegenwärtige Lehre und Praxis orientierende Sinn fürs Reformatorische bildet sich an den überlieferten Texten und ihren gestaffelten Verbindlichkeiten für und in Bekenntniskirchen, aber er bildet sich als Wahrnehmung einer kritischen Aufgabe, die in Auseinandersetzung mit dem Wahrheitsbewusstsein und Gehalten heutiger Wissenschaft steht. Solche Identifikation des Reformatorischen kann gewiss misslingen und muss dann als Entstellung des gemeinsamen Bekenntnisses abgewiesen werden. Aber die angedeutete Plastizität des Normativen bleibt auch dann erhalten, gehört es doch zum Strukturprinzip reformatorischer Theologie, Bekenntnis und Heilige Schrift (norma normata und norma normans), Bibeltext und Gottes Wort, göttliche Setzung und menschliche Tradition zu unterscheiden und sie unterscheidend aufeinander zu beziehen. Es gibt in der evangelischen Theologie keine Grundlagen, die nicht durch Leitunterscheidungen organisiert wären bzw. gebraucht würden. Reformatorische Identität bildet sich im Umgang mit Differenzierungen, in der Ausübung der Kunst der Unterscheidung. Deshalb tritt zu den in höchst-möglicher Genauigkeit zu rekonstruierenden historischen Ausgangspositionen des 16. Jahrhunderts die anders gelagerte, aber unverzichtbare Frage (man dürfte sie die Frage einer divinatorischen Interpretation im Sinne Schleiermachers2 nennen): inwiefern eine historische Position als Anfang späterer Reformentscheidungen wirken konnte und warum sie heute Fortsetzung verdient oder gegebenenfalls auch der Korrektur bedarf. Die Auskunft Ernst Troeltschs, Wesensbestimmung sei Wesensgestaltung,3 verband jedenfalls die historische Rekonstruktion mit dem systematischen Interesse an gegenwärtiger Praxis und mit aktueller Selbstkritik – eine Verbindung, deren methodisches Gewicht verspielt würde, wollte man die Frage nach dem Wesen für nichts anderes als metaphysisch halten und sie oberhalb der Geschichte zu beantworten suchen. Doch solche Wesensterminologie und -philosophie war bei Troeltsch nicht gemeint.

Geht man davon aus, dass die charakteristischen Grundzüge reformatorischer Theologie ihre Prägnanz zeigen, wenn sie im Horizont gegenwärtiger Selbstbesinnung rezipiert werden, so kommt der zweite Leitbegriff des vorliegenden Bandes in den Blick. Die Art und Weise, wie sich die reformatorische Theologie in weiteren Entwicklungen transformiert, gehört zu ihrer Sachbestimmtheit und Physiognomie. Wie die Aneignung reformatorischer Theologie diese in neuen Kontexten zur Geltung bringt und sie gerade dadurch einem Bedeutungswandel aussetzt, so arbeitet die Rezeption zugleich heraus, was als das Reformatorische bzw. als typisch reformatorisch gilt. Die Suche nach neuen Formen, die als Transformationsgestalten gelten können, verhält sich also nicht bloß äußerlich zur Identifikation dessen, was als ursprüngliche Sache der Reformation gilt. Doch gerade weil dem so ist, erhält die jeweils letzte Umgestaltung keinen Primat, als könne sie mit ihrer Form- oder Farbgebung beliebig über das Bild des Reformatorischen verfügen.

Vor allem im Rahmen der Ethik mag es gelegentlich so scheinen, als ob die Transformation des Reformatorischen die historischen Bezüge virtualisierte. Die Berufung auf reformatorische Hauptworte (Freiheit, Liebe, Berufsarbeit, Amt, Dienst), auf die Weltlichkeit der Handlungen, die politische Vernunft oder das Gewissen der Einzelnen erscheint dann als Residuum der Ausbildung protestantischer Profile bzw. der Bewährung evangelischer Perspektiven, während die Handlungsfeldanalyse und Normenreflexion sich an heterogenen Kontexten und Maßstäben orientiert. Will man diesem Eindruck begegnen, wird man sich über die (sit venia verbo!) Transformationsgrammatik verständigen müssen. Ohne eine solche Verständigung kann nicht nachvollzogen werden, welche Umgestaltungskräfte zur evangelischen Lehre bzw. zur protestantischen Tradition gehören und welche nicht. Weicht man dieser Verständigungsaufgabe aus, so verfängt man sich in Unbestimmtheitsschleifen wie denen des Säkularisierungsdiskurses, in dem noch alles, was in der Moderne Rang und Namen hat, irgendwie auf die reformatorischen Anfänge zurückgeführt worden ist. Historischer Blick für die Konstellationen der Reformationszeit und Aufklärung über die transformativen Kräfte ihrer Theologie sind also gleichermaßen erforderlich.

I.

Der Begriff der Transformation ist dem Begriff der Umformung, den Emanuel Hirsch von Richard Rothe4 und Ernst Troeltsch5 übernimmt und den er in den dreißiger Jahren in den Mittelpunkt seiner Theologie stellt, sprachgeschichtlich und sachlich benachbart. Das Verhältnis der in diesem Band gebrauchten Terminologie zu Hirschs Theorieprogramm ist deshalb einleitend zu klären, ohne eine Verbindlichkeit für die in ihm gesammelten Beiträge suggerieren zu wollen. Wichtig ist freilich, dass es auch in Hirschs Umformungstheorem vor allem um ein gegenwärtiges Verhältnis zur reformatorischen Theologie geht. Umformung ist bei Hirsch zunächst eine Art Normalfall der Religionsgeschichte (der Antike nicht weniger als der Moderne). Denn zur Geschichtlichkeit der Religion gehöre ihr Wandel, zur kulturellen Prägung der Religion ihre innere Bezogenheit auf (sich ändernde) soziale Ordnungen. Unter Umständen versteht sie sich auch selbst als transitorisch, als religio viatorum. Überlieferung und Aktualität, traditionelle Formen und gegenwärtige Lebenswelt, Bewährtes und Neues stehen jedenfalls in einer Spannung und fordern zu Anpassungs- und Veränderungsprozessen heraus. Sogar eine Kirche, welche die ihr von Gott selbst anvertrauten ewigen Wahrheiten ihrem Selbstverständnis nach nur zu explizieren braucht, leugnet seit nunmehr einem halben Jahrhundert den Bedarf an Inkulturation und Aggiornamento nicht, will auf Herausforderungen sich verändernder Umwelten reagieren, um sich so als lebendig zu erweisen. Wenn selbst eine dogmatisch, kirchenrechtlich und liturgisch gehärtete Institution wie die römisch-katholische Kirche die Dynamik von Umformungsprozessen anerkennen kann, überrascht es nicht, dass unbeaufsichtigte Religionsformen den permanenten Aneignungs- und Abstoßungsprozess synkretistisch bewältigen. Religionen als sozio-kulturelle Gestalten verfügen über Plastizität, aufgrund derer Formung und Verformung beständig ineinandergreifen. Genau das macht das Phänomen der Umformung, deskriptiv betrachtet, aus.

Transformation bestimmte, Hirsch zufolge, bereits die Geschicke der alten Germanen: »das Schicksal hat es so gefügt, daß die Germanen nicht frei aus Eigenem sich eine Gestalt des Christentums und der Kirche aufbauen konnten, sondern in eine äußerlich und innerlich ausgeformte Kirche eintraten. Sie mußten ihr eigenes Christentumsverständnis in mühseliger Umdenkung und Umformung einer ihnen fremden Geschichtsgestalt christlichen Glaubens ausdrücken«6. Sie »mußten« das – aus prinzipiellen Gründen (weil die vorgegebene, äußerlich und innerlich ausgeformte Kirche heteronom bliebe, wenn es der Religion nicht gelänge, im Prozess der Aneignung auch das Eigene zur Geltung zu bringen) und aus historisch kontingenten Gründen (weil die Sprache, die Vorstellungswelten und Sozialstrukturen der germanischen Sippen durch kulturelle Hegemonie Roms entfremdet wurden). Übersetzungen sind ein Paradigma für die nötigen Umformungen: Sie ersetzen nicht bedeutungsidentisch Worte durch andere Worte, sondern variieren den Sinn (ohne ihn freilich ins Beliebige aufzulösen). Man könnte auch sagen: Gerade weil Religionen kulturell codiert, ihre Sprachen mit Lebensformen verwoben sind, unterliegen sie Veränderungen, passen sie ihr Welt- und Selbstverständnis den wechselnden Plausibilitätsstrukturen an.

Umformung ist also ein Strukturmerkmal religiöser Dynamik, das in den geschichtsbewussten Religionen auch eigens thematisiert werden kann. Dieser grundsätzliche Prozess stellt sich nun freilich anders dar, wenn der lange ruhige Fluss sich ablösender Erscheinungen in Turbulenzen gerät. Das Säkularisierungstheorem bietet für die Analyse veränderter Strömungsverhältnisse ein prominentes Beispiel: Es begreift die langfristigen Prozesse der Umformung von einem Ende her, von einem Erschöpfungszustand aus, in dem sich das Ursprüngliche nicht länger gegenüber dem Gefälle behaupten kann, so dass Veränderung zu Lasten des Umgeformten und also auf Kosten des Ausgangspunkts eintritt. Unabhängig von der Frage, ob Säkularisierung geisteswissenschaftlich als Übertragung einer ursprünglich religiösen Idee in einen weltlich konstituierten Zusammenhang oder soziologisch als Ausdifferenzierung sozialer Systeme beschrieben wird, unterstellen Säkularisierungstheorien Umformungen, die ihre Kontinuität verspielen und in Auflösung und Katastrophen geraten. Gehörte zur allgemeinen Beschreibung von Transformation, dass eine Religion ihre traditionalen Formen mit der Zeit durch neue Gestaltungen ersetzt, so kommt nun eine letzte und definitive Veränderung in den Blick, an der die Gestaltungskraft abklingt und unter Umständen gänzlich erlischt. Diese These eines kontinuierlichen Bedeutungswandels wird also krisentheoretisch eingefärbt. Man darf es einen Grenzwert des Umformungstheorems nennen, wenn die Figur permanenter Wandlung in die Erschöpfung der Wandlungskräfte überführt wird.

Emanuel Hirsch denkt Umformung nach Maßgabe einer solchen Umformungskrise. Seine Beschreibung des Geschichtsverlaufs nutzt die Plausibilitäten historischer Analysen, um diesen eine geschichtsphilosophische, ja man wird sagen müssen: apokalyptische, Unterschicht zu verpassen. Bei Hirsch zielt die Beschreibung von Transformation auf ein Ende aller Dinge, auf eine letzte Phase und Krise des Christentums, in der dieses »die überkommenen Gestalten christlichen Denkens und Lebens, auch die altevangelischen, über den Haufen« werfen und sich der Gegenwart stellen muss – oder aber es wird untergehen: »Das Christentum muß also entweder sterben oder sich in eine Geistes- und Lebensgestalt hinein umformen, in der es dieser Rechenschaft [sc. der von Hirsch entworfenen Aufgabe der Rechenschaft vor einem sich als autonom begreifenden europäischen Menschentum] gewachsen ist«7. Es entspinnt sich eine Geschichtserzählung, die nicht nur enddramatisch angelegt ist, sondern ohne ihre appellativ-rhetorischen Dimensionen nicht funktionsfähig wäre.

Der Singular Umformungskrise ist deshalb für Hirschs Theorieanlage unverzichtbar. Von vielfältigen Krisen im Plural und deren jeweiliger Überwindung soll und kann nicht die Rede sein, für alltägliche Variantenbildungen ist kein Raum. Vielmehr geht es um eine einzige Krise, mag diese sich historisch auch durchaus weitläufig erstrecken, sich aus den Tagen der Reformation speisen, mit der Aufklärung in ihre Inkubationsphase eintreten und schließlich, jedenfalls in Deutschland, mit der Mitte des 19. Jahrhunderts offen ausbrechen.8 Unvergleichbarkeit mit Umformungsroutinen ist für die Diagnostik ausschlaggebend.

Als Krisenfaktoren gelten Hirsch der Verlust aller Selbstverständlichkeiten, das Hervortreten und Überhandnehmen eines Zweifels, der alle Gewissheiten, die früher die christliche Religion zusammenhielten, mit einem Schlag zersetze. In begründender Absicht führt er wahlweise die Genese der Naturwissenschaften und deren Destruktion des Wunderglaubens, die veränderte Kosmologie, die Macht der historischen Frage, welche die biblischen Erzählungen im Säurebad der Kritik zersetze, das Ende der Metaphysik und ihres traditionellen Gottesbildes an. Der Zusammenbruch einst tragender Gewissheiten, dargestellt nach Maßgabe einer individuellen Lebens- und Identitätskrise, fällt umso dramatischer aus als die positiven Gehalte der christlichen Religion (die Trinitätslehre, die Logos-Christologie, die Zweinaturenlehre und auch die reformatorischen Bekenntnisschriften) jede praktische Lebensbedeutsamkeit für die Glaubenden verloren hätten: »All das war einmal und ist nicht mehr so und kommt auch nicht wieder«9.

Zugleich habe sich Neues herausgebildet: ein Wahrheitsbewusstsein, das intellektuelle Redlichkeit mit Forschungsdrang und Entdeckerlust verbindet, die Freiheit eines Verstandes, der selbst einsehen, und eines Willens, der (sich) selbst bestimmen will. Autonomie im theoretischen wie im praktischen Sinne, mit ihr auch Gewissens- und Religionsfreiheit, schüttelt die Autoritäten als Hüter der Traditionen ab. Es resultiert eine Situation der Bodenlosigkeit,10 in der die zertrümmerten11 Gewissheiten den aufgekommenen Zweifel in den Sog existentieller Verzweiflung ziehen. Das Bild, das auf diese Weise entsteht und das Hirsch nicht müde wird, in immer neuem Farbauftrag zu präsentieren, ist eine unverkennbare Kopie derjenigen Selbstinszenierung neuzeitlicher Rationalität, wie sie Descartes in der ersten und am Anfang seiner zweiten Meditation bietet. Es handelt sich um eine (lebens-)geschichtliche Stilisierung, um die Präsentation einer idealtypischen Situation, welche die Genese und den Kontext der Leitfragen auch verschleiert. Denn die Krisenbeschreibung erfolgt immer schon im Blick auf die Lösung, die der Autor (Descartes genauso wie Hirsch) vorbereitet. Mit den historischen Bedingungen der Moderne hat die Beschreibung wenig, mit programmatischer Illustration und rhetorischer Zuspitzung umso mehr zu tun.

Dass die Krisendiagnostik glaubwürdiger erscheint als die Tradition, verdeckt interne Ambivalenzen des Umformung-Programms. Hirsch orientiert sich einerseits an Entwicklungen, die der (christlichen) Religion ohnehin widerfahren, sei diese doch zu »immer neuen geschichtlichen Wirklichkeiten […] ein Verhältnis eingegangen«12, so dass sie Veränderungen sowohl im Stil der Frömmigkeit wie in der Lehre freisetzen konnte.13 Neben dieser passivischen Bestimmung ist Umformung andererseits aber auch Tätigkeit und eine der Theologie gestellte Aufgabe, so diese nur ihrer Gegenwart Rechenschaft zu geben willens und in der Lage ist. Umformung! ist sozusagen ein reformatorischer Appell, mit dem Hirsch eine in den dogmatischen Schlummer gefallene Theologengeneration aufzuwecken sucht. Zum Markenkern seines Unternehmens gehört es, dass der Autor genau zu sagen weiß, auf welchen Zweck Umformung hinauswill: »Niemand möge die Frage, ob unser Völkerkreis sich das geschichtliche Verhältnis zum Christentum erhält oder nicht, leicht nehmen. Es ist eine Frage auf Leben und Tod […]. Sollte das Christentum wirklich eine verwesende Leiche sein, so hätten die Völker unsers Kulturkreises, auch unser Volk, eine seelische und geistige Krise vor sich, deren lebensbedrohende Auswirkungen niemand von uns auch nur von ferne ahnen oder ermessen könnte. Die Umformung des Christentums zu einer unserm Denken und Leben gemäßen Gestalt wäre auf jeden Fall ein Weg, […] das Geschick und die Vollmacht der weißen Völker […] zu bewahren. Die Verantwortung aber, daß dieser Weg möglich wird, liegt auf den […] deutschen evangelischen Christen, die am tiefsten in der Umformungskrise drinstehen und trotz allem immerhin noch am wenigstens gegen sie sich verstockt haben«14. Man muss die Wortstellung nur leicht variieren, um zu ahnen, dass Hirsch die »unserem Denken und Leben gemäße Gestalt« des Christentums bei den evangelischen Deutschen Christen finden wird.

Es ist in diesem Zusammenhang nicht nebensächlich, dass Hirsch die von Schleiermacher und Tillich beschriebene und von beiden systematisch in Anspruch genommene Wende der Religion gegen sich selbst15 als ein für das Christentum wesentliches Element auszeichnet. Die Angel, um die sich die zukünftige Veränderung drehen soll, liegt freilich nicht in der Positivität einer Religion, die Religion zum Stoff der Religion macht (wie bei Schleiermacher) oder in der Bedingtheit ihrer jeweiligen Gestalt, die vom Unbedingten erschüttert wird (wie bei Tillich), sondern in dem Vorschlag, dass sich das Christentum von seiner jüdischen Herkunft zu befreien habe. Hirsch erklärt dazu: »der entstehende christliche Glaube findet einen geprägten Ausdruck seines Wesens an ihm unangemessenen, fremdartigen Material. Er muß das schlechthin Neue, das er ist, mit Elementen eben der alten Religion, gegen die er polemisch ist, sagen […] er ist polemisch wider eben das, dessen er bedarf, um es zu klarer geschichtlicher Ausprägung zu bringen. Hieraus ist die tiefe Unruhe der christlichen Religion entsprungen: sie bleibt das, was sie sein will, Ausdruck des Glaubens an das Evangelium, nur dann, wenn sie gegen ihre eigene Gestalt, in der sie dieser Ausdruck allein sein kann, fort und fort das Nein richtet, das vom Evangelium ausgeht wider alles zu Gesetz Werden des Gottesverhältnisses […] Darum darf christlicher Glaube sich nie mit seiner Geschichtsgestalt versöhnen und in ihr gleichsam für ewig zur Ruhe kommen«16. Der letzte Satz verdiente, im Lichte Schleiermachers und Tillichs gelesen, Zustimmung, jedoch wirft es bezeichnende Schatten auf Hirschs Begriff der Umformung, dass er das kritische Verhältnis des Christentums zu sich selbst als Abrogation des Alten Testaments bzw. des Judentums, mit dem es notwendigerweise fremdle, beschreibt. Konsequenterweise ist »die Umformungskrise« deshalb »zur Krise des Verhältnisses unsers Volks zur christlichen Religion herangewachsen«17 und gilt als »Stätte der Entscheidung« zwischen Abendland und Christentum »das Deutsche Volk«18, denn nur es verbinde auf der Linie Jesus, Paulus, Luther, und im Gleichklang mit Aufklärung und Idealismus, den christlichen Glauben mit einem neuzeitlichen Wahrheitsbewusstsein. »Die von Luther so scharf herausgearbeitete Antithese des Evangeliums wider die Gesetzesreligion hat an der Aufhellung des Gegensatzes Jesu gegen den jüdischen Glauben und Dienst eine feste geschichtliche Grundlage erhalten. Wir können heute das Verhältnis des christlichen Glaubens zur alttestamentlich-jüdischen Religion überschauen und aus ihm das Wesen des Evangeliums klarer herausarbeiten als alle christlichen Generationen vor uns« – wirke doch die historisch-kritische Forschung »als ungeheure Befreiung des christlichen Glaubens von solchen Elementen […], die für unser heutiges Wahrheitsbewusstsein untragbar sind« und ermögliche so allererst »eine positive Voraussetzung für die Umformung christlichen Glaubens und Lebens […] Aus dieser Umformung wird eine Gestalt christlichen Glaubens erstehen, die das Evangelium reiner als die alten Gestalten widerzuspiegeln vermag«19.

Es lässt sich kaum leugnen, allenfalls verdrängen, dass die prima facie kritische Spitze der Umformungs(krisen)semantik trotz aller Bezugnahmen Hirschs auf Wissenschaft, Vernunft und Moderne dem Christentum den Weg in den Nationalsozialismus weist. Hirschs Ausführungen zum Wesen des Christentums kulminieren denn auch in einem Anhang, der, mit allen Mitteln der zeitgenössischen historisch-kritischen Forschung gewaschen, einen Arier-Nachweis für Jesus von Nazareth zu geben versucht. Eilert Herms hat darauf bereits aufmerksam gemacht: »Mit Hirschs Bild der Umformungskrise der Neuzeit werden unvermeidlich diejenigen Überzeugungen Hirschs thematisch, die seinem Engagement für die nationalsozialistische Bewegung zugrundelagen«20. Diese zutreffende Feststellung impliziert freilich nicht, dass es keine Transformationsprozesse oder keinen Bedeutungswandel im Spannungsfeld von Christentum und Moderne gäbe oder dass dieser Frage gewidmete Analysen von Haus aus faschistoid wären oder mit einer solchen Behauptung auch die diagnostizierten Krisen selbst überwunden werden könnten. Festzuhalten ist nur, dass auch die Beschwörung des neuzeitlichen Wahrheitsbewusstseins die Theologie nicht davor schützt, sich gerade dort ideologisch zu gebärden, wo sie sich selbst für kritisch hält.

Der in diesem Band teils explizit gebrauchte, teils vorausgesetzte, teils kriisierte oder relativierte Begriff der Transformation hält jedenfalls Abstand von Hirschs Figur der Umformung und insbesondere von seinem Konstrukt der Umformungskrise. Weder müssen die Transformationen, welche die heutigen Autorinnen und Autoren beschreiben, als Bestätigung des Theorieprogramms Emanuel Hirschs verstanden werden noch verlaufen die Wege der systematischen Interpretation in Kontinuität zu dessen Werk. Es dient der Klarheit, festzustellen, dass der Transformationsbegriff auch andere Wurzeln und Bedeutungen hat.

II.

Der Begriff der Transformation erscheint bei Karl Polanyi (1886–1964) als geschichtsdiagnostische, kapitalismuskritische Kategorie und zwar gesteigert als »The Great Transformation«21 (1944). Es dürfte sich begriffsgeschichtlich um eine Analogbildung zum Great Awakening handeln. Nur ist die Umbruchsmetapher bei Polanyi primär negativ getönt: Er beschreibt eine »verheerende Umwälzung«22, die mit der Bekehrungstheologie die zeitliche Bestimmung des Plötzlichen teilt23 und den Zusammenbruch des kapitalistischen Systems gleichsam als Ausdruck der contritio cordis auf der Schwelle zum Heil loziert. Zur Transformationsmetapher gehört bei Polanyi wesentlich ein Index der Beschleunigung: »Das Tempo einer Veränderung ist oft nicht weniger bedeutsam als ihre Art«24 und »ergibt im Vergleich mit dem Tempo der Anpassung den Nettoeffekt der Veränderung«25. Diagnostisch geht es insofern um ein schlagartiges Freisetzen von Kräften, das durch ein entbettetes Marktprinzip ausgelöst werde und das einen europaweiten Untergang nach sich ziehe. Der zeitgenössische Faschismus wie der um ihn tobende Weltkrieg sind für Polanyi die sachgemäßen Resultate eines auf Arbeit, Boden und Geld übergreifenden Marktprinzips, das alles (eben auch diese allgemeinen Ressourcen) zur bloßen Ware herabsetzt. Die Transformation ist daher nicht nur groß, sondern auch total, der Durchbruch einer alle Bereiche gesellschaftlichen Lebens bedrohenden Verdinglichung: »Die Transformation der vorangegangenen Wirtschaftsform in das neue System ist so total, daß sie eher der Verwandlung der Raupe in einen Schmetterling gleicht als jegliche andere Veränderung, die sich in stetem Wachstum und Entwicklung äußert«26. Im Sinne von Polanyis Generalthesis wäre die Metaphorik einer (Rück-)Verwandlung des Schmetterlings in eine Puppe wohl zutreffender. Denn dem Leben werden die Flügel beschnitten, wenn es unter die Botmäßigkeit sich selbst regulierender Märkte gerät. Entscheidend aber ist die begriffliche Pointe: Transformation ist hier nicht eine Angelegenheit der Reform, sondern des revolutionären Umsturzes.

Trotz emphatischer Beschreibungen etwa des Handels auf den Trobriandinseln, der Reziprozität der Gaben und Gegengaben,27 zielt Polanyi nicht auf eine Rückkehr zur Natur oder auf eine andere Implementierung rousseauistischer Sozialutopien. Eher hofft er auf eine zukünftige Umstellung, die als Rückeroberung der Lebenswelt zu beschreiben wäre. Der Autor suggeriert, dass auf die große Transformation eine noch größere folgen könne: »Den Faktor Arbeit aus dem Markt herauszunehmen, bedeutet eine ebenso radikale Transformation, wie es die Errichtung des wettbewerbsbestimmten Arbeitsmarktes gewesen war«28. Auch bei Polanyi schließt, was Transformation heißt, eine geschichtsphilosophische Dimension ein: Das Marktprinzip sei oktroyiert, es scheitere in einer Geschichtskatastrophe und löse die »nachchristliche Ära der westlichen Zivilisation«29 aus. Ihr bleibt gleichsam residual die Hoffnung auf eine ganz andere Form der Veränderung eingeschrieben. Der dritte Teil des Buches trägt denn auch die Überschrift »Die Transformation schreitet fort« (als habe der Autor Schleiermacher im Ohr) und zeichnet die Utopie einer Gesellschaft, in der sich Freiheit allererst realisiert.30

Transformation ist bei Polanyi kein Prozess der Umformung substantieller Gehalte, sondern der Titel für einen schicksalhaft um sich greifenden Geschichtsprozess, der auf einen Abgrund zuläuft, aber auch einen Sinn fürs ganz Andere hervorruft. Nur eines ist Transformation ganz sicher nicht: eine allmähliche Umformung unter langanhaltendem Veränderungsdruck.

Genau das hat Volker Leppin in seiner Verwendung des Transformationsbegriffs im Sinn.31 Mit dieser Terminologie setzt Leppin ein Gegengewicht gegen die mit der Lutherrenaissance selbstverständlich gewordene Vorstellung einer plötzlichen Einsicht und Wende Luthers, eines reformatorischen Durchbruchs,32 kurz: gegen die narratio des Turmerlebnisses. An die Stelle einer punktuellen Ereignisgeschichte tritt die longue durée allmählicher Veränderungen im Spätmittelalter, denen Luther Ausdruck verschaffe,33 indem er Impulse, die in der Luft lagen, aufnahm und miteinander kombinierte. Die Vorstellung einer konsequenten und einheitlichen Entwicklung reformatorischer Lehre aus der Zentralanschauung der (wiederentdeckten) Rechtfertigungslehre vermittle ein schiefes Bild der historischen Vorgänge. Transformation ist Überführung einer Gestalt in eine andere, wobei schon in der Wortbildung die Präposition für Differenz und Übergang stehe und an einem Stammnomen der Kontinuität mit dem bereits Gegebenen erscheine (trans-formare).34

Bei Leppin verliert das Wort Reformation seine semantische Nachbarschaft zu Revolution und Epochenbruch und wird zu »einer langandauernden Umwandlung, die freilich in den Jahren 1517–1525 eine erhebliche Akzeleration erfuhr«35. Der Leitbegriff der Transformation ist temporal bestimmt, aber zugunsten des Allmählichen und »Sachten«36 akzentuiert. Die Grenzen dieses Unternehmens kann man an dem Umstand ermessen, dass Leppin die Denkfigur der erheblichen Akzeleration in kurzer Zeit in Anspruch nehmen muss, um seine Theorieperspektive mit den historischen Phänomenen zu vermitteln. Ob es gelingen kann, aus dem Reformator sozusagen einen Transformator zu machen, darf offenbleiben, jedoch ist Leppins Interesse berechtigt, jene Mischung aus Ursprungsdenken, Konversionsbiographie und senkrecht von oben einbrechendem Novum abzuhalten, mit der die Frage nach dem initium theologiae Lutheri einherging. Von der Phänomenologie hätte man lernen können, dass es Anfänge oft nur in der Gestalt dessen gibt, was bereits angefangen hat und was Zeit braucht, bevor es sich bemerkbar macht (für das Bewusstsein gilt das ebenso wie für sein Zeiterleben). Das Interesse für das, was Luther aus Augustinus, aus der Mystik oder von seinem Mentor von Staupitz aufnimmt und aufnehmend sich anverwandelt, prägt Leppins Transformationsbegriff im Kontrast zu dem, was Hirsch als Umformungskrise und Polanyi als revolutionären Bruch zu beschreiben sucht. Vom dramatischen Wechsel, vom Zusammenbruch der symbolischen Ordnung ist keine Rede, eher von einem Auswuchs oder von einem kontinuierlichen Klimawandel.

Wollte man die Alternativen des Transformationsbegriffs ins Verhältnis setzen, könnte man zwischen einer Transformation erster und zweiter Ordnung unterscheiden. Jene ist im Grunde eine Systemanpassung an sich verändernde Zustände der Umwelt, durch die sich die Binnenordnung und wohl auch die Eigendynamik des Systems wandelt, aber im Wesentlichen unter neuen Bedingungen bewährt und erhält, während Transformationen zweiter Ordnung Strukturen ändern, so dass das auf diese Weise Veränderte nicht mehr mit dem status quo ante kompatibel ist. Als Grenzwert solcher Systemtransformation gilt der Bruch der bestehenden Formen, eine Destabilisierung, welche die ursprüngliche Ordnung sprengt.37 Aufgrund der jeweiligen Zeitform unterscheiden sich beide Transformationsbegriffe, der eine gleichsam reformistisch, der andere mit dem Akzent gewaltsamer Veränderung.

Transformation war schließlich bei Karl-Otto Apel der Titel eines systematischen Programms, mit dem der kürzlich verstorbene Philosoph die Doppelstrategie bezeichnete, eine Theorie durch radikalen Umbau weiterzuentwickeln und gegen ihre ursprüngliche Fassung fortzuschreiben. Apel unterstellte (wiederum mit geschichtsphilosophischem Zungenschlag) eine Abfolge von Paradigmen Erster Philosophie innerhalb der europäischen Denkgeschichte, die an konstitutiven Leitfragen und Problemen festhält, auch wenn sich deren Bearbeitung immer wieder als aporetisch und unzureichend erweist. So war Kants Ersetzung der klassischen Ontologie durch eine Analytik des menschlichen Verstandes eine Umstellung vom Grundbegriff des Seins zu dem des Bewusstseins; gegenwärtig jedoch sei eine Transformation der kantischen Transzendentalphilosophie erforderlich, die vom Bewusstsein zur Sprache führen und den methodischen Solipsismus und Mentalismus der Erkenntnistheorie sowie die Trennung von theoretischer und praktischer Philosophie überwinden sollte. Apel wollte interne Reparatur mit Anschlussfähigkeit an aktuelle Theorieentwicklungen verbinden und sprach darum wahlweise von hermeneutischer, sprachanalytischer, pragmatischer oder semiotischer Transformation der Transzendentalphilosophie, je nachdem welcher Theorie er die jüngste Einsicht in Unhintergehbares zuschrieb. Apels Transformationsbegriff operiert so ähnlich wie die vielfältigen Wenden der Kultur- und Geisteswissenschaften (linguistic turn, pragmatic turn, iconic turn, performative turn) oder die Paradigmenwechsel der Naturwissenschaften. Problematisch gewordene Elemente einer Theorie sollten abgestoßen, eine neue integrative Betrachtung ermöglicht, aber auch nichts von dem verspielt werden, worauf es um der Einheit der Erkenntnis willen ankam. Statt bloßer Ersetzung sogenannter alteuropäischer Philosophie durch den jeweils neuesten Trend verbürgte der Transformationsbegriff Apels Vermittlung und also Kontinuität im Wandel.

Mit Händen zu greifen war dies im Übergang von den (substanzontologischen) aristotelischen Kategorien zu der kantischen Kategorientafel und von ihr zu Charles Sanders Peirce′s »A New List of Categories«, wie es Apels Aufsatz »Von Kant zu Peirce. Die semiotische Transformation der Transzendentalen Logik«38 vorführt. Die Möglichkeit, die ursprüngliche Einsicht eines Autors vor dessen eigener Theorieentwicklung gleichsam zu retten bzw. in einem umfassenderen Ansatz aufzuheben, macht den Charme der Rede von der Transformation aus. Einschlägig ist sie überall dort, wo es, sei es im Übergang vom Kantianismus zum Neokantianismus, sei es vom Hegelianismus zum Neohegelianismus, oder vom Pragmatismus zum Neopragmatismus zur Neuformation philosophischer Schulen kommt. Besonderes Interesse verdient es, wenn in solcher Transformation ein Theoriemotiv aus einem heterogenen Kontext aufgenommen und unter neuen Bedingungen zur Geltung gebracht wird. Sie muss dann keine Notoperation unter Krisendruck sein, sondern kann auch schlicht der Anziehungskraft eines überzeugenden Motivs folgen.

III.

Der Transformationsbegriff erlaubt es, Veränderungen, allmähliche wie grundstürzende, zu beschreiben, ohne diese notwendigerweise in eine verfallstheoretische Perspektive einzuzeichnen. Er markiert Bedeutungswandel, ohne diesen bereits als Bedeutungsschwund und Sinnverlust zu bewerten: im Umkreis der vielfältigen Varianten des Säkularisierungsthemas, in Theorien der Rationalisierung, der Entzauberung, der Individualisierung und Privatisierung, der zunehmenden Entflechtung der religiösen und der gesellschaftlichen Ordnung, der Entkopplung von subjektiver Religiosität und konfessioneller Kirchlichkeit, der Verinnerlichung, Pluralisierung, Ästhetisierung oder Urbanisierung. Man wird sagen müssen, dass keines dieser Stichworte bei der Beschreibung der aktuellen Lage der Religion(en) ungestraft überhört oder übergangen werden kann, aber man darf im Sinne des Transformationsbegriffs davon ausgehen, dass keines ausschließlich an den Kontext eines definitiven Abschmelzens der Bestände gebunden ist. Und dies nicht etwa deshalb nicht, weil religionssoziologische Analysen Anlass zur Entwarnung gäben, sondern ausschließlich deshalb, weil die Bedeutungsschwundmodelle einem substantialistischen Verständnis des religiösen Repertoires verhaftet bleiben. Letzteres zeichnet sich dadurch aus, dass es alle Transformationen als Verlusterscheinungen verbucht, weil es Übersetzungsleistungen und funktionale Äquivalente nicht erkennt und anerkennt. Doch die Orientierung an dem, was eine Sache ursprünglich war, unterschätzt, was aus ihr geworden ist, nachdem sie sich zum ersten Mal geändert hatte. Ernst Cassirer hat dies in seiner Auseinandersetzung mit dem schwedischen Philosophen Axel Hägerström zur Geltung gebracht: gegen dessen (kritisch-skeptischen) Verweis auf die (mythisch-magischen) Ursprünge des Rechts und die Unmöglichkeit, diese zu repristinieren, und gegen das darauf beruhende Plädoyer für Konventionalismus und Positivismus hat er den »im Lauf der Entwicklung« sich vollziehenden »charakteristische[n] Bedeutungswandel« zu erkennen gefordert: »es handelt sich dann nicht nur darum, was diese Funktionen, was die Sprache, die Kunst, das Recht ursprünglich gewesen sind, sondern was sie kraft dieses Bedeutungswandels geworden sind«39. Dies gilt, so scheint es mir, auch für die Reformation. Der Zeitenabstand von nun fünf Jahrhunderten ist abgründig und unüberbrückbar. Doch die Veränderungen, die sie veranlasst hat, setzen sich noch fort, und die Deutungen, die sie auslöst, sind Antrieb und Unruhe reformatorischer Theologie.

IV.

Von Konstellationen sprach – sieht man einmal von gelegentlichem Begriffsgebrauch bei Max Weber ab – zuerst Dieter Henrich in einem methodischen und forschungsprogrammatischen Sinne.40 Henrich entwickelte sein Konzept einer Konstellationsforschung an einem speziellen Fall systematischer Interpretation, nämlich im Zusammenhang seiner Studien zum Verhältnis zwischen Kants Spätwerk und der Entwicklungsgeschichte des Deutschen Idealismus, also im Spannungsfeld von Kantvollendung und Kantkritik. Henrichs exemplarische Erprobung einer solchen Forschungsperspektive wurde hernach auf andere historische Kontexte (auf die Frühromantik und Schleiermachers Rolle in ihr durch Manfred Frank oder auf die Cambridge Platonists durch andere Henrichschüler) angewandt und insofern, wenigstens dem Anspruch nach, zu einer allgemeinen Forschungsmethode41 erweitert. Damit wurden Standards philosophischer Interpretation gesetzt, ohne dass diese ohne Weiteres auf andere Bereiche übertragen werden könnten. Das ist in diesem Band auch nicht beansprucht.

Henrich verfolgte allerdings systematische Leitfragen (wie die nach der Rationalität des Übergangs von der kritischen Philosophie Kants zu den in sich phasenverschobenen Systembildungen des Deutschen Idealismus), die sich nicht im Sinne einer immanenten Entwicklung einzelner Autoren, ihrer Kantlektüren und der von ihnen selbst geschriebenen Abhandlungen beantworten ließen. Stattdessen forderte Henrich eine Rekonstruktion von Debattenzusammenhängen, die er als Kraftfelder der Rezeption wirksam werden sah, in denen auch längst vergessene, unbedeutendere Denker oder bisher unbekannte, aber von Henrich entdeckte Dokumente eine entscheidende Rolle spielten: die Rezeption der Kantschriften im Tübinger Stift, der Kreis um Fichte in Jena oder Hegels und Hölderlins Kooperation in Bad Homburg bzw. Frankfurt bildeten markante Zusammenhänge. In solchen Konstellationen und nicht in einer linearen Abfolge von Gedankenschritten, mithin in Anknüpfung und Widerstreit, in Resonanz oder Missklang entstand in einem relativ kurzen Zeitraum dasjenige Novum, das mit dem Epochenbegriff Deutscher Idealismus bezeichnet wird.

Dem von Henrich gewählten Begriff liegt eine Metapher zugrunde: Eine Konstellation ist ein Verhältnis von Sternen, das als Figur erscheint oder doch so gesehen wird, und in dem durch die Bewegung der Planeten vorübergehende Veränderungen bzw. figürliche Spannungen entstehen. Statt des einen Stars am Philosophenhimmel interessiert an einer Konstellation die Stellung der Denker zueinander, die in Dialogen vor Ort vielleicht ad hoc entwickelte (und später in unterschiedlichen schriftlichen Fassungen artikulierte) Spitzenthese oder eine für zentral gehaltene Opposition, die Denkalternativen organisiert; gelegentlich auch schlicht eine zufällige Begegnung, die aber einen Stein ins Rollen brachte. (Aus dieser Vielheit von Perspektiven resultiert auch eine gewisse Vagheit.) Henrich kombinierte die Rekonstruktion philosophischer Texte mit der Interpretation von Tagebucheinträgen und Briefdokumenten, aber auch mit Erinnerungen Unbeteiligter, mitunter sogar mit Vermutungen, worüber gesprochen worden sei oder hätte gesprochen werden können. Da die Sache des Denkens nur denkend erschlossen werden kann, greifen der jeweilige historische Befund und die Einschätzung systematischer Relevanz ineinander. Was für eine Konstellation konstitutiv ist, kann unter Umständen erst an einer philosophischen Position verdeutlicht werden, die im historischen Kontext niemand vertreten hat, die aber auch damals denkbar war und zu der man sich darum in Ablehnung oder Annäherung konstruktiv verhielt. Anregen können – wer hätte das nicht selbst erfahren – Fragen oder Nebensätze, die einem nicht mehr aus dem Sinn gehen.

Wenn mit entsprechenden Prozessen und Rezeptionswegen zu rechnen ist, wird man die Vorstellung eines sogenannten Keimentschlusses, durch den ein Autor im Laufe seiner Lebenszeit und in der kontinuierlichen Abfolge seiner Veröffentlichungen sein Werk hervorbringe wie das Weizenkorn die Ähre, mit Vorsicht behandeln. Sie ist vielleicht nur eine Fiktion. Ihre imaginären Anteile speisen sich aus Genie- und Individualitätskult, aus der Verehrung und Monumentalisierung sogenannter großer Denker, sie blenden aber die Brüche, Zufälle und Problemturbulenzen aus, die ein Denken genauso prägen können wie Konflikte und Konkurrenzen mit anderen Zeitgenossen.

Die Doppelfrage nach den Antagonismen, die faktisch wirksam, und den Alternativen, die möglich waren, bearbeitet die Konstellationsforschung im Spannungsfeld von historischer Interpretation und systematischer Rekonstruktion – was sie zugleich als Sache philosophischer Reflexion auszeichnet, die nach Argumenten und deren Geltung fragt. Die Spannung zwischen historischer Genauigkeit und systematischer Stringenz erfordert einen Seiltanz, wobei dieses Bild eines Protagonisten der Konstellationsforschung auch an den Abgrund denken lässt, in den stürzt, wer die Balance nicht hält oder unter dessen Bewegungen die gegeneinander gerichteten Kräfte die Spannung des Seils lösen.42 Wie sich Quellenforschung und Geltungsfragen vermitteln, lässt sich nicht generell entscheiden, sondern hängt auch an individuellen Interessen und Perspektiven der Interpreten.

Zugleich ergibt sich – über das oben Notierte hinaus – eine Nachbarschaft zwischen solcher Konstellationsforschung und dem, was ich oben Transformation nannte. Denn Dieter Henrich und seine Mitstreiter beschreiben die formative Phase einer Konstellation als ein bewegliches Feld von Leitgedanken, unter denen die Überzeugungen und Fragen philosophischer Autoren beeinflusst, geprägt und umgeformt werden. Die »Transformation […] eines Denkraums« ist ein »bedeutende[s] Thema der Konstellationsforschung«43. Fragt Letztere nach den aktuellen Potentialen philosophischer Theorien, öffnet sie diese einer kritischen Umformung unter den Bedingungen der Gegenwart.

Damit deutet sich an, warum es sinnvoll erscheinen kann, das Leitmotiv eines philosophischen Forschungsprogramms auch auf Themen der Theologie,44 vor allem aber – wie in diesem Band – auf die Genese reformatorischer Theologien anzuwenden. Denn es ist offensichtlich, dass in den Jahren nach 1517 eine intensive, durch die zeitgenössischen neuen Medien vermittelte Kommunikation entstand, von der man – wie von der nachkantischen Situation – sagen kann, dass sie »von einer identischen oder ähnlichen Problemlage bestimmt« war und »eine Vielzahl kreativer Entwürfe in schneller Abfolge« hervorbrachte,45 dass sich die an der öffentlichen Debatte Beteiligten wechselseitig anregten, aber auch solche Konflikte untereinander auslösten, die zur Ausbildung eigener Positionen durch Abstoßung und Distanznahmen beitrugen. Da reformatorische Theologie mehr und vor allem anderes ist als (die allmähliche Entwicklung und öffentliche Entfaltung von) Luthers Denken, mehr auch als die Ausprägung einer reformatorischen Wende im Leben des Wittenberger Bibelauslegers mit Folgen für Kirchenreform und Weltpolitik, legt sich eine Weitung des Blicks über die Individualbiographie und Werkgeschichte hinaus nahe. Was Luther auf den Weg brachte, wurde durch die Resonanz, die er fand, mitgeprägt und geformt, weshalb man die Verbreitung seiner Gedanken nicht nur an der Geschwindigkeit von Druckerpressen messen kann, sondern auch an der Bereitschaft, Resonanzen in eigener Zuspitzung aufzunehmen und umzuprägen. Die Selbstpositionierungen von Luthers Fakultätskollegen und die Reaktionen anderer Universitäten, Städte und Stände setzten Bewegungen frei, für deren Erfassung es unzureichend ist, sie über den Leisten individueller Autorschaft zu schlagen.

Von Konstellationen reformatorischer Theologie zu sprechen, legt sich aber nicht nur im Blick auf die miteinander kommunizierenden Reformatoren und die von ihnen diskutierten Themenkomplexe nahe,46 sondern entspricht auch dem Interesse der systematischen Theologie an den heute verantwortbaren Gestalten evangelischen Glaubens und christlicher Theologie. Die systematische Rekonstruktion der reformatorischen Theologie erfolgt im Horizont der Geltungsfrage, ob und gegebenenfalls wie sich die Sache der Reformation (im Kontext aktueller akademischer Forschung, gegenwärtiger kirchlicher Praxis oder in existentieller Selbstverständigung) aufnehmen und fortsetzen, also eine gegenwärtige evangelische Theologie in eigener Verantwortung vertreten lässt. Dieses systematische Interesse im Verbund mit historischer Aufklärung rückt die Arbeit der Theologie in Nachbarschaft zur Konstellationsforschung der Philosophie – selbst wenn die inhaltlichen Themen und Kontexte anders gelagert sind.

Es war das Interesse der in diesem Band dokumentierten Zusammenarbeit der Fachgruppe Systematische Theologie innerhalb der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie e.V., das Reformationsjubiläum 2017 vom vielzitierten Luther-Jahr (unter dessen Titel es dann doch begangen wurde) abzuheben, die Beziehungen zwischen den reformatorischen Theologien, ihre Dissonanzen wie ihre Abständigkeit gegenüber unserer Zeit, aber auch ihre Produktivität für gegenwärtige Anknüpfungen auszuloten. Dieses Interesse verbindet die Beiträge (sie werden im nächsten Abschnitt noch knapp präsentiert), nicht die Einheitlichkeit einer Terminologie oder eine programmatische Ausrichtung und schließlich auch nicht eine Koordination von Forschungsarbeiten von langer Hand. Der Titel des Buches ist bescheidener, weil exemplarisch und tentativ gemeint, und die Beitragenden, Mitglieder wie Gäste der Fachgruppe, operieren selbständig und ohne Vereinigungszwang.

V.

Die Ausrichtung aller Themen der Theologie an einer allernötigsten Frage, sei es die nach der Gerechtigkeit Gottes oder die nach der Vergebung der Sünden, begreift der diesen Band eröffnende Beitrag als Kennzeichen reformatorischer Lehrbildung. Wenn im Blick auf sie Gewissheit entsteht, bilde sich ein Gravitationsfeld, in dem andere Lehrstücke (loci) loziert werden können. Die Themen der Theologie werden auf diese Weise konstelliert, sie erhalten eine kommunikative Ordnung, wie Walter Sparn in seinem Beitrag darlegt. Die protestantische Eigenart solcher Gewissheit färbt sich an ihrem Verhältnis zu Wort, Schrift und Erfahrung ein und setzt zugleich Polyvalenzen frei, die die Vielfalt reformatorischer Theologien begründen und ausmachen. Schon in der Reformationszeit, erst recht in der ihr folgenden konfessionellen Ausdifferenzierung blieb strittig, ob Gewissheit durch den Erwählungsgedanken gestützt oder im Gegenteil verstellt und verbaut wird. Diese Frage kann auch auf Transformationsgestalten gerichtet werden, welche den Glauben als Wiedergeburtsgewissheit oder in Nachbarschaft von belief, Urvertrauen und existentieller Daseinsgewissheit als unbedingte Gewissheit denken und beschreiben. Sparn zeigt, welche Verschiebungen und Verluste sich ergeben (können) und legt dar, warum er den Anspruch unbedingter Gewissheit für problematisch, ja aporetisch hält. Jedoch erklären sich noch die kritisierten Transformationen aus Konstellationen, die Veränderungsdruck erzeugen: etwa der neuzeitlichen Beziehung von Glauben und Wissen, von Religion und Rationalität oder von Subjektivität und Erfahrung. Sparn skizziert eine Phänomenologie der christlichen Gewissheit, die der Anfechtung, der Nicht- Identität, dem Zusammenhang von Affektion und Kognition, aber auch der semiotischen Verfasstheit medialer Wirklichkeit besser gerecht werden könne als die kritisierten Unbedingtheitsfiguren im Raum der Subjektivität.

Reformierte Theologie ist nach Michael Beintker (unabhängig von ihrem geographischen Vorkommen) typischerweise eine westeuropäisch orientierte reformatorische Theologie. Sie ist presbyterianisch, kongregationalistisch, synodal und in ihren Bekenntnissen plural verfasst und außerdem sozialethisch, anti-hierarchisch und autoritätskritisch orientiert. Lutheraner erscheinen mit ihr verglichen »als auf halbem Wege stehen gebliebene Evangelische«. Insofern gilt die reformierte Theologie als eine erste Transformations- und Modernisierungsgestalt der Reformation, die zudem innovativ auf Veränderungsdynamiken im heutigen Europa zu reagieren vermag und sich von bloßem Konfessionalismus abhebt. Die Arnoldshainer Abendmahlsthesen und auf ihrer Basis die Leuenberger Konkordie werden als Hinweise auf die protestantische Bereitschaft zu Veränderung und Annäherung dargestellt, und es wird gezeigt, wie sich traditionelle Gestalten der Lehre mit der Überwindung von Substanzontologie und platonischem Dualismus oder mit Barths Revision der Erwählungslehre verändern. Der Gegensatz zwischen Luther und Zwingli wurde durch Calvin entschärft und so die Konstellation verändert. Der Heidelberger Katechismus steht für eine reformierte Theologie in enger Nachbarschaft zu Melanchthon, die aus dogmatistischen Verhärtungen herausführen will. Das Interesse an Lebensgestaltung, politischer Praxis und kirchlichen Ordnungen ziele nicht auf Biblizismus und Gesetzlichkeit, sondern entstamme einem Selbstbewusstsein, das intrinsisch auf permanente Selbstkorrektur angelegt ist und um Geschichtlichkeit und Gestaltwandel der Religion weiß.

Auch Rebekka Klein arbeitet Potentiale reformatorischer Theologie heraus, die »zu jeder Zeit neu Gestalt« annehme. Sie gewinne im Kontext politischer Theologie, insbesondere im gegenwärtigen Souveränitätsdiskurs, erneut Aktualität. Souveränität habe sich in der Moderne vom Souverän, von dessen Einheit und Sichtbarkeit, gelöst und in Verfahren, in Rechtstexte und Parlamente übersetzt, die den Souverän zwar zu repräsentieren beanspruchen, aber ihn nicht länger verkörpern. Rebekka Klein diskutiert die These Ulrich Halterns, die Stellung des politischen Denkens zur Souveränität verlaufe in den Bahnen der zwischen dem reformatorischen und dem altgläubigen (bzw. gegenreformatorischen) Lager umstrittenen Abendmahlstheologie: der substantiellen Wandlung von Brot und Wein einerseits (mit ihrem Gefälle zu Magie, Mythos und Ritual), der Prädominanz des Wortes andererseits (mit ihrer Tendenz zu entsinnlichtem Fideismus). Dieser Sichtweise setzt Rebekka Klein eine Relektüre von Calvins, auf Entspannung des Konflikts zwischen Zwingli und Luther gerichteter Abendmahlslehre entgegen, die sie als subversive Dekonstruktion von Souveränität interpretiert. Die Himmelfahrt Christi sei als Versetzung des Leibes des Souveräns an einen ganz anderen Ort eine heterotopische Denkfigur, die auf bleibenden Entzug ausgerichtet sei. In dieser Konstellation erweise sich ein klassisches Lehrstück reformierter Theologie als transformative Kraft der politischen Theologie unserer Gegenwart.

Am Gegenüber von Luther und Melanchthon interessiert Cornelia Richter der Übergang von einem erfahrungsbezogenen und auf aktuelle Probleme fokussierten theologischen Denken zu einer Theologie, die der philosophischen Präzisierung fähig sei und über das Momenthafte hinausführe, weil sie auf interdisziplinäre Kontexte der Universität referiere. Lebensnahe Glaubensreflexion bestimme freilich den Stil beider Reformatoren; vor allem die Affektenlehre Melanchthons zeige, dass seine Charakterisierung als Systemdenker und erster Dogmatiker des Protestantismus einseitig bleibe. Indem Melanchthon den evangelischen Glauben und mit ihm die reformatorische Theologie anthropologisch dechiffriert und fundiert, rückt er einen Zusammenhang ins Licht, der für die weitere Geschichte protestantischer Theologie wegweisend und charakteristisch ist. Spätere Transformationsgestalten evangelischer Theologie gründen in dieser Wittenberger Konstellation. Die Aufgabe, das Verhältnis von affectus, voluntas und ratio zu bestimmen, führe jedoch auch in Melanchthons eigenem Werk zu immer neuen Varianten theologischer Reflexion und münde gleichsam in einer Subjektivitätstheorie avant la lettre.

An der aktuellen Präsenz der Rede vom Erfolg (nicht nur in sogenannter Beratungsliteratur, sondern auch in der wissenschaftlichen Ethik, in der evangelischen Theologie und insbesondere in Programmen kirchenleitenden Handelns) verdeutlicht Christoph Seibert einen Bedeutungswandel im Selbstverständnis handelnder Subjekte. Man könnte auch sagen: Seibert rekonstruiert den Erfolg des Erfolgs in der Selbstbeschreibung der Handelnden. Der Übergang von der konsequentialistischen Identifikation der Folgen eigenen Handelns (dessen, was aus Handeln erfolgt) zu einer an Prämien und Boni orientierten Gewinn- oder Verlustberechnung transformiere das Verständnis rationalen Handelns, lege aber auch religiöse Dimensionen humanen Selbstverständnisses frei. Wie mit Erfolg oder Scheitern, mit Kontingenz und Unkontrollierbarkeit des Lebens umgegangen wird, werfe die Frage nach der Ungewissheit in einer neuen Form wieder auf, die nach Max Weber die protestantische, näherhin die reformierte Mentalität entscheidend bestimmt habe. Webers Diagnose müsse nicht als kausale These zur Genese des Frühkapitalismus gelesen werden, sondern behalte einen anthropologisch-handlungstheoretischen Sinn. Handelnde suchen Erfolg und also auch nach Wegen, wie ihnen noch das Scheitern gelingen könnte. Die reformatorische Theologie kann als Analytik dieser conditio humana gelesen werden, aber als auch als produktive Bearbeitung der modernen Situation.

André Munzinger beschreibt »Konflikte kultureller Transformationsprozesse« vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Migrationsbewegungen. Diese verstärkten die Veränderungen wie auch deren Konfliktpotentiale, verursachten beide aber nicht. Denn zur Kultur (auch zur islamischen Religionskultur) gehörten Transkulturalität, fließende Übergänge und kulturelle Mischformen – wie ja auch die protestantische Konfessionskultur auf fortwährende Reformation angelegt sei. Kultur tradiere sich in der Spannung von Labilisierung und Stabilisierung personaler wie kollektiver Identitäten. Diese wahrzunehmen und auszutragen gehört zu den Orientierungsleistungen evangelischer Theologie.

Philipp David erinnert in seinem Beitrag an Uneindeutigkeiten der Rede vom Tod Gottes. Sie sei Motiv, Denkfigur, Metapher, Ereignis, Lebensgefühl und könne sich als Zeitdiagnose, als Ausdruck einer Grundlagenkrise, als Werteverfall, als Erfahrungsverlust oder als Revolutionierung des Gottesbildes präsentieren. Statt sie christologisch zu integrieren oder als Dekonstruktion von Allmacht in Dienst zu stellen, komme es darauf an, ihr Irritationspotential festzuhalten – sei und bleibe diese Rede vom Tod Gottes doch eine lebendige Metapher. Der Autor skizziert einen Abschied von der Kosmologie, der Schöpfungstheologie durch eine Anthropologie ersetzt, in der die Erdverbundenheit des Menschen im Blick bleibt und als Bewusstsein erschütterter Endlichkeit ausgelegt wird. Die Frage, ob dieses Deutungsangebot als Transformation reformatorischer Theologie erkennbar ist, entschärft sich, wenn Theologie, wie David vorschlägt, sich darauf fokussiert, religiöse Vorstellungen wissenschaftlich aufzuklären.

Wege der Transformation reformatorischer Theologie zu einer kritischen Bildreligion bahnt der Beitrag von Malte Dominik Krüger. Vor dem Hintergrund der als Bildtheorien verstandenen Bildwissenschaften skizziert Krüger einen negationstheoretischen Bildbegriff, der sich mit Luthers Rede von den Bildern wie mit dessen Kreuzes- und Rechtfertigungstheologie verbinden lässt. Martin Kähler und Paul Tillich haben (in Anschluss an Schleiermacher) die zentrale Stellung des Bildes Jesu in der Rezeption der Evangelientexte erkannt, so dass es sich nahelegt, die von ihnen gelegte Spur im Dialog mit gegenwärtigen Bildanthropologien (Belting) und Sprachwissenschaften (Tomasello) aufzunehmen, nicht zuletzt im Interesse der dogmatischen Kategorie der Gottebenbildlichkeit, in der sich Anthropologie und Christologie verbinden. Im Gegenüber einer durch Bilder bestimmten Medienkultur erweise sich der Protestantismus als eine Religion selbstkritischen, freiheitsaffinen Umgangs mit Bildern. Sie mache den Bildbezug aller Religionen zum Gegenstand ihrer eigenen Symbole, so dass in Anlehnung an die Unterscheidung zwischen Material- und Formalprinzip des Protestantismus einerseits die Rechtfertigung des Gottlosen im Streit der inneren Bilder entfaltet, andererseits die Schriftlehre an Bildlichkeit orientiert werden kann. Der iconic turn erscheint als Ferment einer Transformation evangelischer Theologie, durch den diese ihren Aktualitätsanspruch zur Geltung zu bringen sucht.

Gesche Linde bestreitet in ihrem Beitrag sowohl die Einschlägigkeit des Transformationsbegriffs wie auch die von Ulrich Barth und anderen neuzeittheoretisch begründete Verabschiedung der Theologie von der Kosmologie. Altprotestantisch vorbereitet in der Konzentration des Schöpfungsglaubens auf das Verdanktsein des je eigenen Lebens, habe die neuprotestantische Theologie seit Schleiermacher, so lautet die einschlägige These, auf Ansprüche der Welterklärung zugunsten eines Verständnisses von Religion als Lebensdeutung verzichtet und damit Ursprungsvorstellungen in Endlichkeitsreflexionen transformiert.47 Linde führt diese protestantische Selbstbeschreibung auf Blumenbergs Reformationsdeutung zurück und kritisiert Letztere sowohl aus historischen wie aus systematischen Gründen. Die Schöpfungstheologie Luthers spreche eher gegen als für Barths These. Denn in ihr gehe die Allwirksamkeit Gottes tendenziell zu Lasten einer natürlichen Erklärung von Ereignissen, eine wahre Einsicht in die Abläufe der Natur vermittele allein der Gottesglaube und darum letztlich die Theologie. Entsprechend weite Luthers Zurückweisung des kopernikanischen Weltbilds mit dem Hinweis auf Josua 10 das Schriftprinzip auf jedwede Wissenschaft aus, so dass die Autorität des Wortes Gottes die Naturwissenschaft nicht freisetze, sondern zu dirigieren suche. Lindes reichhaltige Sammlung von Lutherzitaten unterstreicht, dass Luther ein mittelalterlich geprägter Mensch war, dessen Lebenswelt und Theologieverständnis nicht mit den Positionen verwechselt werden darf, für die er heute herangezogen wird. Statt von kontinuierlicher Transformation von Theologiegestalten möchte sie lieber vom definitiven Bruch und unüberwindbaren Graben zwischen Rationalitätskulturen sprechen, die unterschiedlicher nicht sein können.

Aus der Perspektive der Kultursoziologie befasst sich Karl-Siegbert Rehberg mit der reformatorischen Institutionenlehre. Diese umgreift beide Reiche, das von Gott eingesetzte Predigtamt genauso wie basale weltliche Ämter, und sie führt hier wie dort die bestehende Ordnung auf göttliche Stiftungsakte zurück. Wie sich diese Vorstellung mit der protestantischen Selbstbeschreibung als einer nicht-institutionalisierten, ja anti-institutionellen Religion der Innerlichkeit und Freiheit verträgt, muss gefragt werden. Ein antirömischer Affekt alleine, der auf Abstand angelegte Selbstvergleich mit der römisch-katholischen Kirchenhierarchie als dem Inbegriff einer Hyper-Institution werden nicht ausreichen, um die eigene Faszination für institutionelle Ordnungen wirksam zu verschleiern. Die soziologische Außenperspektive provoziert daher auch die sogenannte aufgeklärte Religion zur Aufklärung – und das heißt hier zur Einsicht, dass sie sich nicht ausschließlich als permanente Transformation institutioneller Ordnungen in individuelle Praktiken liberaler Lebensführung präsentieren kann.

Aufmerksamkeit für die eigene Deutungsmacht und Durchsetzungsroutinen, also für die Kultur der Ordnungen muss jedoch nicht Rückfall in konservative Muster der Stiftung starker Institutionen bedeuten. Der Dresdner Kultursoziologe plädiert für eine dynamische Theorie der Institutionalisierung, für prekäre Balancen aus Stabilisierung und Labilisierung von Ordnungen, die Außer-Ordentliches und Erwartbares verbinden. Sinn für die innere Dialektik zwischen Aufbau und Abbau der Ordnungen erlaubt ein gewandeltes protestantisches Selbstverständnis. Rehberg erinnert insbesondere an den Bedarf der Institutionalisierungsprozesse an Reinszenierung von Gründungserlebnissen und an aktueller Vergegenwärtigung von Selbstbildnissen. Die Kultur des Reformationsgedenkens kann als Symbolisierungs- und Visibilisierungsleistung verstanden werden, als ein Mittel, ein Gefühl der Zugehörigkeit gerade durch unbestimmte Verpflichtungen nacherlebbar zu machen. Die Rede von einer durchgreifenden Spiritualisierung und Verinnerlichung alles Kirchlichen erweist sich als moderner Mythos, der das institutionelle Wirken verdeckt und das Bewusstsein der Handelnden schwächt. Die Transformation von Ordnungen ist durch antiinstitutionelle Dauerreflexion nicht abgetan.

Die beiden letzten Beiträge dieses Bandes widmen sich einem zentralen Problem reformatorischer Theologie: der Ausstrahlung des für die Rechtfertigungslehre unverzichtbaren Sündenbegriffs auf das Selbstverständnis des Menschen, also die (vermeintliche oder tatsächliche) Heraufbeschwörung einer schwarzen Anthropologie (Habermas), welche die Kräfte des Menschen lähme, ihn entmutige, das humane Subjekt der Negativität preisgebe.

Knut Wenzel diskutiert die Frage, ob die lutherische Variante des Rechtfertigungsglaubens ohne die Figur einer Annihilation des Subjekts auskommen könne, ob also die Rede von einer vollständigen Passivität des sich Rechtfertigung ab extra gefallen lassenden Subjekts nicht auf Abschaffung von Subjektivität, auf Leugnung der Aktivität des Menschen hinauslaufe. Um die Affirmation des Lebens durch Gott zum Ausdruck zu bringen, seien andere Begriffe (wie der Begriff der Schöpfung, der Gnade und schließlich der der Liebe) als Grund- oder Zentralbegriff des Glaubens attraktiver. Insbesondere von der Liebe gelte, dass in ihr eine Einheit von äußerster Selbstbeteiligung und Aktivität einerseits, von Hingabe an den Anderen (bzw. die Andere) und Attraktivität andererseits liegt. In und an der Liebe eröffnet sich ein Raum zwischen Aktivität und Passivität, zwischen Machenmüssen und Handlungsunfähigkeit, zwischen Konservierung von Identität und Selbstverlust. In Orientierung an diesem Phänomen sei eine andere Form der Fundamentaltheologie und Anthropologie möglich – um willen des Menschseins freilich auch nötig, denn weder annihilatio des Subjekts noch eine abrogatio guter Werke komme infrage.

Knut Wenzel hat die Aufgabe, sich als katholischer Theologe in den Transformationsdiskurs der protestantischen Theologie einzumischen, nicht nur mit dieser Erinnerung an die Brüche und Unvereinbarkeiten, die zwischen modernem Selbstverständnis und (alt)protestantischer Theologie klaffen, erfüllt, sondern macht mit seinem Beitrag auch den Vorschlag, den Transformationsbegriff auf das interkonfessionelle Verhältnis selbst zu beziehen, ihn also nicht (fortschritts-)geschichtsphilosopisch, sondern pluralitätstheoretisch zu gebrauchen. Die verschiedenen Konfessionen seien für einander je eigene und selbständige Transformationsgestalten eines Christentums, das keine für sich haben und repräsentieren kann. Der Überschuss an Sinn und der Reichtum des Glaubens kann von keiner Form des Christentums vollständig erfasst, sondern immer nur transformiert werden.

Auch Dietrich Korsch sieht die Crux der Rechtfertigungslehre in ihrem negativen Menschenbild, das, anthropologisch unplausibel geworden, den Abstand unserer Zeit und ihrer Lebenswelt gegenüber der Reformation vor Augen stelle. Freilich nehme sich die Distanzvermessung anders aus, wenn man Luthers Denken im Verhältnis zu der Sünden-, Buß-, Reue- und Wiedergutmachungstheologie und -praxis betrachte, von der es sich absetzt. Korsch verweist auf Unschärfen und Unbestimmtheiten, die durch die Kirche nur oberflächlich verdeckt wurden, dem Einzelnen aber zu schaffen machten – und zwar ganz unabhängig davon, ob wenig oder viel von göttlicher Gnade und Vergebung die Rede war. Demgegenüber konzentriert sich Luthers theologisches Denken auf das Gottesverhältnis des Menschen, an dem es eine eigentümliche Dialektik herausarbeitet: das Selbstsein des Menschen fordert die Negation Gottes und ist doch mit ihr unvereinbar, darum der Aufhebung bedürftig. Letztere findet ihren Ausdruck im simul iustus et peccator, nicht in einer Synthese zwischen Gott und Mensch. Die Negativität im Selbstverhältnis und also auch im Menschenbild sei ein Moment dieser Dialektik. Korsch erneuert die von Wenzel kritisierte, in Luthers Lehre vom Gesetz fundierte Auffassung, der sich selbst behauptende Mensch müsse untergehen (annihiliert werden), um Rechtfertigung zu empfangen. Aber er verweist auf den Gewinn an Allgemeinheit und Universalität, welcher die Rede von Sünde und Schuld kennzeichne, ja die im Grunde überhaupt erst gemeinsame Angelegenheiten aller Menschen entdecke. Auch teile die reformatorische mit der modernen Anthropologie die Überzeugung, dass es stets um den ganzen Menschen geht, aber sie denke Totalität weder als Harmonie von Natur und Freiheit noch als gegebene. Der Pessimismuseindruck entstehe im Übergang der Totalitätsfiguren, im Rückblick von hier nach dort. Ihm produktiv zu begegnen, ohne die Rechtfertigungslehre preiszugeben, setze eine Transformation der reformatorischen Theologie voraus, in der die Sündenerkenntnis als Einsicht in eine der conditio humana eigentümliche Differenzerfahrung zu rekonstruieren sei. Wie eine solche Begrenzung Transformation aussieht, kann Dietrich Korsch an dieser Stelle nur skizzieren. Aber diese Begrenzung trifft auf den hier vorgelegten Band als Ganzen zu. Für ihn stimmt auch in dieser Hinsicht: Die Reformation geht noch fort.

1FRIEDRICH D. E. SCHLEIERMACHER, Gespräch zweier selbst überlegender evangelischer Christen über die Schrift: Luther in Bezug auf die neue preußische Agende. Ein letztes Wort oder ein erstes (1827), in: KGA I/9, 381ff., 471; vgl. MARTIN OHST, Schleiermacher und die Bekenntnisschriften. Eine Untersuchung zu seiner Reformations- und Protestantismusdeutung, Tübingen 1989 (BhTh 77) 40–45, 75.

2FRIEDRICH D. E. SCHLEIERMACHER, Hermeneutik und Kritik, MANFRED FRANK (Hrsg.), Frankfurt a. M. 1977, 93f.

3ERNST TROELTSCH, Was heißt »Wesen des Christentums«?, in: DERS., GS II, 386–451; 431.

4Vgl. STEFAN ATZE, Ethik als Steigerungsform von Theologie. Systematische Rekonstruktion und Kritik eines Strukturbegriffs im neuzeitlichen Protestantismus, Berlin 2008, 148.

5Vgl. ARNULF VON SCHELIHA, Emanuel Hirsch als Dogmatiker, Berlin/New York 1991, 130; insb. Anm. 41.

6EMANUEL HIRSCH, Das Wesen des Christentums, Weimar 1939, 95.

7A.a.O., 132.

8Zur Bedeutung des Epochenbruchs um 1850 vgl. VON SCHELIHA, Hirsch als Dogmatiker, 140f.

9Hirsch, Das Wesen des Christentums, a.a.O., 70.

10»[W]ir haben den Boden, auf dem diese Lehren [sc. Trinitätslehre, Christologie] wuchsen, nicht mehr unter den Füßen« (a.a.O., 74).

11Vgl. a.a.O., 63.

12A.a.O., 4.

13Zur Unterscheidung: a.a.O.,153f.

14HIRSCH, a.a.O., 156f.

15Vgl. MICHAEL MOXTER, »Tote Schlaken inneren Feuers«. Tillichs Kulturtheologie im Lichte der fünften Rede Schleiermachers, in: Aufgeklärte Religion und ihre Probleme. Schleiermacher – Troeltsch – Tillich (TBT 165), ULRICH BARTH u. a. (Hrsg.), Berlin/New York 2013, 293–310.

16HIRSCH, Wesen des Christentums, 50.

17A.a.O., 147.

18A.a.O., 133.

19A.a.O., 145.

20EILERT HERMS, Die Umformungskrise der Neuzeit in der Sicht Emanuel Hirschs, in: Christliche Wahrheit und neuzeitliches Denken, HANS MARTIN MÜLLER (Hrsg.), Tübingen/Goslar 1984, 87–141, 88, Anm. 5. Für die Gründe seiner Einschätzung vgl. a.a.O., 129 und 136. Einen strukturellen Zusammenhang setzt auch Georg Pfleiderer voraus, wenn er Hirschs Theologie als »ungesättigte ethisch-politische Elitentheorie« analysiert, die mit der Volkswerdung der deutschen Stunde ihr Subjekt identifiziert bzw. konstituiert – mit Folgen fürs eigene: Hirsch operiert als »Chefideologe der Deutschen Christen« (GEORG PFLEIDERER, Karl Barths Praktische Theologie. Zu Genese und Kontext eines paradigmatischen Entwurfs systematischer Theologie im 20. Jahrhundert, Tübingen, 2000, 105ff.).

21So auch der Titel der deutschen Ausgabe: KARL POLANYI, The Great Transformation. Politische und ökonomische Ursprünge von Gesellschaften und Wirtschaftssystemen, Frankfurt a. M. 1978. Vgl. zur aktuellen Verwendung des Transformationsbegriffs in Politik-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften: WOLFGANG MERKEL, Systemtransformation. Eine Einführung in die Theorie und Empirie der Transformationsforschung, Wiesbaden 22010, 62ff.

22Polanyi, a.a.O., 20.

23A.a.O., 20; 41.

24A.a.O., 63.

25A.a.O., 65.

26A.a.O., 70.

27A.a.O., 77ff.

28A.a.O., 332.

29A.a.O., 343.

30Vgl. a.a.O., 342f. Vor allem die theologische Ordnung von Gesetz, Evangelium (Lehre Jesu) und Reich der Freiheit ist sprechend. Freilich zielen wir nicht darauf, Polanyis Ausführungen im Sinne der Löwithschen Säkularisierungsthese zu interpretieren.

31Das lässt schon das Verhältnis von Titel und Untertitel seiner Aufsatzsammlung erkennen: VOLKER LEPPIN, Transformationen. Studien zu den Wandlungsprozessen in Theologie und Frömmigkeit zwischen Spätmittelalter und Reformation, Tübingen 2015.

32Vgl. die Sammlung: Der Durchbruch der reformatorischen Erkenntnis bei Luther, BERNHARD LOHSE (Hrsg.), (Wege der Forschung Bd. CXXIII).

33Vgl. LEPPIN, Transformationen 4.

34A.a.O., 25.

35A.a.O., 26.

36A.a.O., 425.

37So EBERHARD SANDSCHNEIDER, Stabilität und Transformation politischer Systeme. Stand und Perspektiven politikwissenschaftlicher Transformationsforschung, Wiesbaden 1995, 40f.

38Vgl. KARL-OTTO APEL, Transformationen der Philosophie, Bd. 2: Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft, Frankfurt a. M. 1973, 157–177.

39ERNST CASSIRER, Axel Hägerström. Eine Studie zur schwedischen Philosophie der Gegenwart, in: Gesammelte Werke, Hamburger Ausgabe hg von BIRGIT RECKI, Bd. 21, 1– 118; 87.

40DIETER HENRICH, Konstellationen. Probleme und Debatten am Ursprung idealistischer Philosophie (1789–1795), Stuttgart 1991.

41Konstellationsforschung, MARTIN MULSOW/MARCELO STAMM (Hrsg.), Frankfurt a. M. 2005 (darin wiederum Beiträge von DIETER HENRICH, vgl. a.a.O. 15–30; 207–218).

42DANIEL DAHLSTROM, Seiltänzer. Herausforderungen der Konstellationsforschung, in: MULSOW/STAMM (Hrsg.), Konstellationsforschung, 125–138.

43A.a.O., 130.

44Für eine theologische Rezeption der Konstellationsforschung vgl. SUSANNE HENNECKE, Barth-Forschung in den Niederlanden, Göttingen 2014, 20ff. sowie CHRISTIAN BAUER, Ortswechsel der Theologie. M.-Dominique Chenu im Kontext seiner Programmschrift »Une école de théologie: Le Saulchoir«, Bd. 1, Berlin 2010, 140ff. Auch Wilhelm Gräb verwendet den Begriff nicht nur, um Veränderungen der Religionskultur zu beschreiben, sondern auch zur inhaltlichen Charakterisierung der religiösen Erfahrung selbst, die als Erfahrung immanenter Transzendenz, etwa einer ästhetischen Inszenierung, sogenannte »Transformationserfahrungen« freisetze, welche die Menschen »in Konstellationen ihres Wirklichkeitsverhältnisses geraten« lassen (WILHELM GRÄB, Sinnfragen. Transformationen des Religiösen in der modernen Kultur, Gütersloh 2006, 94; vgl. 7; 17; 105).

45MARTIN MULSOW, Zum Methodenprofil der Konstellationsforschung, in: DERS./STAMM (Hrsg.), Konstellationsforschung, 75.

46Vgl. HENRICH, Konstellationen, 24.

47Vgl. ULRICH BARTH, Abschied von der Kosmologie. Welterklärung und religiöse Endlichkeitsreflexion, in: DERS., Religion in der Moderne, Tübingen 2003, 401–426.

Konstellationen und Transformationen reformatorischer Theologie

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