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Ellen Norten: Der Klimagott
Es gibt sie seit Beginn der Zeiten. Haben sie einen Namen? Menschen würden sie vielleicht als naturwissenschaftliche Konstanten bezeichnen, und als Naturgewalten, als Geister oder vielleicht auch als – Götter. Wir reden vom Weltall und wir reden von ihnen.
Die drei wabern als strukturlose Energiehaufen umher. V steht für das Vakuum, das im Weltall herrscht. Eigentlich ein Nichts und dennoch allumfassend. V kümmert sich darum, wo es den luftleeren Raum geben soll und wo nicht. E ist der Energiewart: Sterne, Supernovae, schwarze Löcher, alles, was mit Energie zu tun hat, unterliegt seinem Wohlwollen. Und dann gibt es noch K. K wie klein? Nein – K wie Klima! Doch sein Einfluss ist im Vergleich zu den anderen beiden gering und begrenzt. K bestimmt lediglich das Klima der Planeten; Sterne, Wurmlöcher und andere Weltraumattraktionen fallen nicht in sein Ressort. Armer K. V und E nehmen ihn nicht ganz für voll, sind es doch nur »lokale« Dinge, um die sich ihr kleiner Bruder kümmern darf, das große Ganze bleibt ihm verschlossen und verborgen. So war es und so wird es immer sein – oder?
Lange Zeit hatte K sich dementsprechend verhalten. Er war V und E geradezu devot ergeben und bewunderte sie. Das ging über Jahrmillionen gut. Doch die Zeiten haben sich geändert. Seit Kurzem plustert K sich auf, macht sich wichtig und braust um die Planeten. K entwickelt zunehmend Selbstbewusstsein. Er sieht sich gegenüber V und E als ebenbürtig an, in den letzten Jahren blickt er sogar auf die beiden herab, soweit ein solcher Vergleich in dieser merkwürdigen Dreierkonstellation überhaupt funktionieren kann.
»Ich bin der Klimagott«, prustet es aus K heraus und er schwebt aufgeblasen und prall in Richtung eines Planeten, der nicht nur wegen seiner schönen blauen Farbe zu seinem Lieblingsplaneten geworden ist.
»Dort wird mir gehuldigt«, teilt K seinen großen Brüdern mit. »Die Bewohner bringen mir Opfergaben dar.«
V und E hören kaum zu, lachen und glauben er mache einen Spaß. Da wird K ungemütlich. Er faucht den beiden entgegen und zitiert aus Zeitungen, Nachrichtensendungen und schildert die Weltpolitik:
»Es finden Klimagipfel statt, Klimakonferenzen. Klimaschutz ist allerorts Thema und es gilt, mich, ja mich zu schützen«, berichtet er zum Platzen stolz. »Vor wem soll ich wohl geschützt werden?«
V und E stutzen nun doch, fühlen sich zunächst gemeint, aber die Sache geht nicht auf. Ihre Namen fallen nicht einmal, und eine weitere Gefahrenquelle ist unbekannt. Wo ist also der Feind zu vermuten?
Das interessiert K nicht, er genießt seine Huldigungen: Schulkinder lassen den Unterricht ausfallen, weltweit gehen sie demonstrieren und fordern Opfergaben für den Klimagott. Energie soll für ihn eingespart werden, Verbraucher müssen auf allerlei Komfort verzichten, nur für ihn. K sieht gerührt auf seine Schäfchen herab und ein paar Tränen prasseln als Platzregen auf die Erde.
»Ich will den Menschen Wärme schenken. Wie lange haben sie an kalten Winterabenden gefroren. Es gab sogar Kältetote. Wie oft war die Ernte geschmälert, weil der Frühling seine wärmenden Sonnenstrahlen zu spät oder zu wenig ausgesandt hatte?«
K schickt seine Schamesröte als mollige Strahlen zu seinem Planeten. Er denkt an die Eiszeiten zurück, bei denen die Gletscher halb Europa bedeckten. Damals hatte ihn dies nicht interessiert. Er ließ es laufen und kümmerte sich nicht darum, schließlich gab es noch andere Planeten zu versorgen.
Doch nun ist alles anders. K fühlt sich geliebt, bestätigt und als Dank für seine Wärme nehmen die Opfergaben weiter zu. Die Menschen geben ihm das Liebste, was sie haben: Sie verschrotten ihre Autos, wollen mit ihrem Verzicht zeigen, wie sehr sie ihn schätzen. Ganze Industriezweige werden ihm zur Ehre umgestaltet und selbst die Wirtschaft unterstützt an vielen Orten die Opfergaben. Sie verteuert die Energie und Politiker schaffen einen neuen Ablasshandel: die CO2-Abgaben, all dies zu seiner Ehre.
K, der lange Zeit gelassen, ja geradezu gleichgültig existiert hatte, wie es sich für Naturgewalten eigentlich auch gehört, entwickelt Allmachtsfantasien. Was sind schon V und E, um die sich niemand schert, während er, K, zum Gott stilisiert wird, dem ein ganzer Planet dient?
V und E nehmen die Allüren ihres Mitgenossen zwar nicht wirklich ernst, denn Eitelkeit und Götzendienst sind ihnen fremd, doch wollen auch sie nun genauer sehen, was sich auf dem Planeten Erde tut. So beginnen sie den Himmelskörper und die Vorgänge darauf zu beobachten und merken sehr bald, dass die Wärmezuwendung, die K dem Planeten zollt, gar nicht erwünscht ist. Ganz im Gegenteil, die langsame Erwärmung des Klimas macht vielen Menschen Angst. Die Opfergaben sind gar keine an K gerichteten Zuwendungen, sondern sollen eigenen Einfluss auf die Temperaturentwicklung nehmen. K ist den Menschen gleichgültig, die sehen nur sich selbst und wollen den Planeten nach ihren Bedürfnissen gestalten. Dabei spielen Machtintrigen und politisches Kalkül die entscheidende Rolle. Das breite Volk dagegen soll verzichten auf Komfort, auf Autos, Energie und dergleichen. Großindustrielle, Manager, Fluglinienbetreiber und andere Wirtschaftsgiganten werden keineswegs in die Pflicht genommen.
V und E erklären K nun diesen Zusammenhang, der die Sache nicht glauben will.
»Die Erwärmung nutzt nicht allen Menschen, sondern es gibt Gewinner und Verlierer«, deklamiert der Energieexperte E, und V ergänzt:
»Je nachdem, wie stark die Temperaturen klettern, können Flutkatastrophen entstehen, begleitet von Wirbelstürmen und anderen Katastrophen. Davor haben sie Angst und das ist der Grund für ihre eigenartigen Aktivitäten, die du Opfergaben nennst. Es ist keine Huldigung an dich, mein lieber K.«
K ist beleidigt, lässt Luft ab, schrumpft regelrecht in sich zusammen und V und E entwickeln fast schon Mitleid mit ihrem Genossen. Doch dann scheint dieser sich selbst auszulüften. Er wabert und pumpt, analysiert den Sachverhalt und verblüfft sie mit seiner Idee: »Ich werde als Gott zu ihnen sprechen und mich dabei selbst vom Sockel stoßen.«
K stürmt um die gesamte Erde, braust zunächst auf und beginnt dann Worte zu blasen, die dem Spuk ein Ende setzen sollen.
»Ich bin das Klima, wie wollt ihr mich schützen?
Ich bin das Klima, wem sollte das nützen?
Ich bin das Klima und glaube es mir
Der ganze Schutz, der nützt nur dir:
Dem Menschen, der sich zu Gott aufschwingt
Der Wetter und Temperaturen bestimmt?
So meinst du zumindest und legst dich krumm
Das findet so mancher gar nicht dumm
Und zieht daraus seinen Profit
Nimmt alles, was kommt, einfach mit
Klimawandel – hilft dem Handel!
Politiker und Industrie
Fühlen sich so wohl wie nie
Füllen sich die dicken Taschen
Aus Geldern gewonnen mit dummen Maschen
Mit Klimagasen, Abgashandel
Geht es gegen Klimawandel
Und alles wird für mich getan
Meint ihr wohl – wird’s nicht getan!
Ich bin schon Jahrmillionen alt
Und ändere mich, mal heiß, mal kalt
Ich bin das Klima und wandele mich
Ohne Veränderungen geht es nicht:
Der Klimaschutz hilft einem nur
Das ist der Mensch, da bleib ich stur
Die Menschen, die ihre Gelder machen
Mit Gesetzen, Abgaben, anderen Sachen
Und alles für den guten Zweck
mich Klima schert es einen Dreck
Macht, was ihr wollt, doch müsst ihr wissen
Ihr tut es für euch, für euer Gewissen
Der Schmutz in der Umwelt ist wirklich schlimm
Ist Gift für euch und hat keinen Sinn
Der greift euch an und schädigt nicht mich
Ich bin das Klima, bin ewiglich!!!!«
Nach diesem Wortschwall geht K die Puste aus. Mit einem leichten Hauch startet er in Richtung Weltall. V und E blicken betroffen drein und folgen ihm. Nie haben sie ihren kleinen Bruder so engagiert und so bewegt erlebt. Sie nehmen ihn in ihre Mitte. Vielleicht hat seine Rede etwas bewirkt, vielleicht haben die Menschen ihn verstanden, vielleicht würden sie sachlich überlegen, was gut für sie wäre und was nicht und dementsprechend handeln? K würden sie nun vermutlich keine Autos mehr opfern oder doch? Hatten sie ihn überhaupt gehört und wollen sie ihn überhaupt hören? Die Antwort kann K nicht mehr verfolgen, denn er bewegt sich mit V und E in die Tiefen des Universums. Dort wird es sein, wie es vordem war, vom Anfang der Zeiten an bis zu ihrem Ende.