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Die zwei Titanen

VON FRED S. MILLER

Als die Titanic die Werft verließ um ihre einzige Reise anzutreten, waren alle, die sich an Bord befanden, von tiefen Gefühlen erfüllt. Sklaven, die schwitzend in der Gluthitze der Kesselräume schufteten, erfolgreiche Geschäftsmänner auf den luftigen Oberdecks und vergnügungssüchtige Millionäre, denen das Schiff unendlichen Luxus bot, Horden von Auswanderern, zusammengepfercht in den engen Quartieren der Zwischendecks, aber mit Herzen voller freudiger Erwartung auf das neue, freie Land ihrer Sehnsüchte; sie alle und derjenige, den man an ihre Spitze gestellt hat, mit der Aufgabe über ihr Leben zu wachen, der Kapitän auf seinem verantwortungsvollen Posten auf der Brücke, seine unterschiedlichen Passagiere, und selbst der niedrigste Rang seiner Crew, sie alle fühlten gleichermaßen diesen triumphalen Glanz, den Gefahren der Tiefe zu trotze, den Triumph, geboren aus dem Stolz dieses enormen, wundervollen neuen Schiffes, das sie alle mit sich trug.

Sie war das größte jemals auf der Welt gebaute Schiff. Sie verkörperte den letzten Stand der Technik, das Maximum an Effizienz, die perfekte Verpackung für einen schier unglaublichen Luxus, den sich höchstens die Reichsten auf der Erde leisten konnten. Die Kosten der Titanic waren schrecklich hoch – es hat viele Millionen Dollar gekostet –, es hat viele Monate gedauert, sie zu bauen. Zudem (und das war das Beste an ihr) war sie praktisch unsinkbar, wie ihr Eigner sagte: Durchlöchere ihren Rumpf an irgend einer Stelle, und dahinter ist dann immer ein wasserdichter Schott, eine sichere Maßnahme, die Fluten zu bändigen und den grimmigen Ozean von seinem Werk abzuhalten.

Grimmig! Denn trotz all des Triumphes der Perfektion war die Titanic dennoch das neueste Opfer an die See. Jeder Gegenstand auf ihr war nichts weiter als ein Opfer an die Macht und Erhabenheit der Tiefe. Das Schiff ist nicht der Stolz der Meere: Stählerne Hülle und Masten, drehende Wellen und pulsierende Maschinen–Herzen – was haben sie der wilden und wässrigen Macht entgegenzusetzen? Sie sind ein Affront und nicht eine Huldigung dem fremden, kalten und unbarmherzigen Element, das immer wieder versuchen wird, sie zu unterwerfen.

Aber niemand auf der Titanic ahnte die Gefahr, als ihr Ruder gen Westen steuerte und die Propeller diesen Rhythmus anstimmten, der nicht eher aufhören sollte, als dass der Atlantik überquert war. Bei all den Staatsmännern, Journalisten und berühmten Finanziers, die unter den Passagieren waren (viele von ihnen hatten ihre Geschäftskontakte nutzen müssen, um sich noch eine Passage auf dem großartigen Boot zu sichern), bei all der hochkarätigen Gesellschaft, kann man bezweifeln, dass auch ein einziger von ihnen – und sei es nur im Geringsten – eine Vorahnung der Gefahr hatte. Auch andere Schiffe waren sicher und sicher war vor allem dieses Monster. Denn, sollte es zum Schlimmsten kommen – sie war ja buchstäblich zu groß, um überhaupt sinken zu können! Dies war die instinktive Gewissheit der Passagiere und der Crew. Und dies war auch die unangezweifelte, weltweite Meinung aller, die ihre Abfahrt begleiteten, an jenem tragischen Tag, an dem ihre erste und zugleich letzte Reise beginnen sollte.

Zweifellos bezeugte aber auch ihr Name diese Gewissheit: Titanic wurde sie genannt – womit sie zu den berühmten, fabelhaften Giganten alter Zeiten gehörte – den Titanen –, die einen wagemutigen Krieg gegen die Kräfte der Schöpfung führten.

So wurde er gebaut, dieser Gigant der Schiffe, um der elementaren Kraft des Meeres zu strotzen. Die allerneuste Waffe im immerwährenden Kampf des Menschen gegen die Natur, das Produkt Tausender Gehirne, der Träger Myriaden von Hoffnungen. Und in diesem Sinne wirkte sie sogar überheblich in ihrem Überfluss an Kraft, so wie die Elemente, die sie bezwang – den heulenden Wind über und die reißende Flut unter ihr. Aber dies galt nur, wenn sie am Tage noch nahe dem Land war, viele andere Dinge um sie herum, wenn das größte Schiff neben ihr sie nur noch größer erscheinen ließ. Wenn wir sie uns ganz alleine vorstellen, umhüllt von der Einsamkeit der Nacht, nur ein glitzernder Punkt – nicht mehr – auf dem weiten Wasser und über der endlosen Tiefe, während ihre Gäste noch tanzen oder der Rest schon von Sicherheit eingelullt tief schlummert, wenn wir sie uns in ihrem tatsächlichen Größenverhältnis vorstellen, dann erscheint sie nicht mehr arrogant und übermächtig; sie ist nur ein Umriss, ein Schatten, der wertvolle Seelen als Fracht mit sich führt, eine dünne Spur auf der Oberfläche hinterlässt, ganz den stillen aber zerstörerischen Mächten ausgeliefert, gegen die er so zerbrechlich wirkt wie eine Eierschale.

Derweil hat sich etwas in Bewegung gesetzt, eine seit Jahrhunderten angestaute Macht, weit größer als alles vom Menschen erschaffene. In unendlicher Geduld immer weiter ausgedehnt, auf dem grönländischen Kontinent: Unmengen von Eis und Schnee haben sich aufgetürmt, miteinander verbacken, ausgebreitet, sich nur wenige Zentimeter pro Jahr bewegend. Ein der Zeit trotzender, unbarmherziger Fluss aus Eis, der letztendlich das offene Wasser der Arktis erreicht und in kilometergroße Stücke zerbricht.

Ist alles, was passiert, vorherbestimmt? Und hat eben diese Macht, die jede Sekunde der Reise unseres Planeten überwacht, den Berg aus seinem Schlaf aus Schnee und Eis gerissen, ihn exakt im richtigen Moment freigelassen, um ihn an genau der Stelle im Meer treiben zu lassen, wo der winziger Punk – die schlanke Titanic – auf den Wellen tanzt?

Es ist einfach, spektakulären Naturphänomene dem Allmächtigen zuzuschreiben – unsere Gesetze nennen dies »den Willen Gottes«. Trotz Jahrhunderten der Zivilisation sehen wir Erdbeben noch immer als eine Demonstration Seiner Macht, Überschwemmungen als Seine Wut an. Die schwimmende Bedrohung der Meere aus Eis gehört mit dazu. Angsterfüllte, die von ihrem Schiff aus ein solches Monster haben sehen können, sagen, es sei jenseits allen Vorstellbarem, groß und schrecklich, Dutzende von Meter hoch, unendlich in seiner Ausdehnung und tiefschwarz, wenn es nicht vom Mond beleuchtet wird. Bedenke, wie eine der stolzesten Kreationen der Menschheit, der größte Dampfer aller Zeiten, allein durch eine sanfte Berührung mit dem Eisberg abgebremst, aufgerissen und gehäutet wurde! Der wahre Titan hat ein Spielzeug zerstört.

Oh, was war nun mit diesem mächtigen Stahlrumpf? Gegen den Eisberg gestoßen, wurde er verbogen und zerbrochen. Was für ein unsinkbares Schiff, durch modernste Technik perfektioniert … Im Meer versenkt durch eindringendes Eiswasser und explodierenden Dampf! Dieses Werk der Tausend geschäftigen Gehirne, die Myriaden Hoffnungen die es gebar – versunken, ganz tief unten!

Es ist einfach, Gott nur in den größeren Naturgewalten zu sehen; aber manchmal spricht er zu uns auch mit leiser Stimme. In der Nacht des Untergangs wurden Hunderte auf diese Weise angesprochen. Als der riesige stählerne Leviathan in den Fluten versank, hörten die in den Rettungsbooten entkommenden nach dem Donner des zerbrechenden Monsters und dem Rauschen des über ihm zusammenfließenden Wassers einen sanften Klang, eine triumphierende Hymne. Der Mensch hat aufgehört, sein Werk zu preisen und sich zu Gott gewandt.

Der Mensch mag Großes erschaffen, wenn er seine Titanics baut und vom Stapel lässt, aber nur wenn er weltlichem Pomp und Macht abkehrt, kann er Erhabenheit erreichen. Die manschen auf dem Schiff haben dieses Ziel erreicht. Das Erwachen kam, als die Männer des Intellekts und weisen Worte, von adliger und ehrenhafter Herkunft, zusammen mit den Dritte-Klasse-Passagieren Passagieren überwachten, dass alle Frauen und deren Kleinen sicher in die Boote kamen. Sie taten dies besonnen und ruhig während der Dampfer sank und das Wasser ihnen jeden Augenblick näher bis zur Brust reichte. Sie zeigten nur wenig Angst; Besonnenheit war ihre Berufung. Captain Smith hingegen hatte Angst, aber nur um all diese wertvollen Wesen für die er zu sorgen hatte. Und wie gekonnt männlich hielt er die Gefahr auf einem Minimum, bis die ersten Welle über Deck krochen und die schreckliche Wahrheit ans Licht brachten. Das war der Moment, in dem die Panik kam! Welch Schreie man hören konnte! Welch eine Liebe wurde gezeigt, als Männer und Frauen sich weigerten, in die Rettungsboote zu gehen, nur um nicht getrennt zu werden. Was den unweigerlichen Tod bedeutete. Doch die Helden der Titanic blieben während all diesen Schreckens standhaft, keine Verzweiflung, keine Schreie. Und dann, als alles getan war, als das letzte voll beladene Boot sicher zu Wasser gelassen war, als das eisige Wasser in der Dunkelheit immer höher kroch, sprachen die freiwillig den Tod erwartenden die Worte »Niemand hat mehr Liebe, als derjenige, der sein Leben für seine Freund lässt«. Dann wendeten sie sich Ihm zu, der über das Wasser zu einem sinken Schiff laufen kann, und sangen ekstatisch die einfache Hymne der Gnade: »Nearer, My God, to Thee, nearer to Thee»!«

Dies versichert ein ums andere mal die Überlegenheit des Menschen über andere Kreaturen – allein er ist in der Lage, immer wieder zum unsichtbaren Schöpfer hinter allem zurückzukehren. Auch wenn er sich selbst mit den grimmigen Titanen der Elemente misst und sich selbst zum Schöpfer von Spielzeug-Titanen macht, so wie das zerschlagene Schiff, die der Gnade der See und des Himmels ausgeliefert sind – bei jeder neuen Katastrophe, die sein Werk zunichte macht, wendet er sich erneut dieser einen Macht zu, die man sich nur vorstellen aber nicht sehen kann. Und zeigt, das Gottes Liebe zu ihm weder durch den Tod noch das Leben, weder durch Engel, Gesetze, Mächte, weder durch das Heute noch das Morgen, weder durch Höhen oder Tiefen, noch durch andere Lebewesen zerstört werden kann.


Die Grafik offenbart das Verhältnis des Verlustes an menschlichem Leben zwischen den Klassen und Geschlechtern

Die Geschichte des Untergangs der RMS Titanic

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