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Conradus Overbeck

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Es hält sich zur Verfügung: Conradus Overbeck, ein Mann mittlerer Größe, Gesicht durch Pockennarben leicht gezeichnet, ein Eckzahn und ein Vorderzahn fehlen, ansonsten guter Musicus, schlägt akurat die Laute, kann sowohl den Dudelsack spielen als auch den Contrabass und die Fiedel bedienen. Hauslehrer beim Kaufmann Schwertfeger zu Wittenberg, wo er auch dessen Kinder unter anderem in der Kunst der Musik unterrichtet. Overbeck ist verlobt mit der Jungfer Adelheid, Tochter des ansässigen Bäckermeisters Brandes. Der Zeuge war des Öfteren als Musicus bei einem Essen zugegen, bei dem auch der Luther geladen war, der in guter Manier Sprüche und Meinungen zu etlichen Dingen hat zum Besten gegeben, unter anderem auch, wie man als Christenmensch heut in der Messe Musik darbieten kann, damit es Gott und dem Volk gefalle. Berichtet werden soll, wie ich … wie er, der Gesandte des Papstes, ihn traf …

Der Agent schwitzte. Die Fenster der Kutsche waren eindeutig zu klein und ließen sich auch mit großer Anstrengung nicht öffnen, da der Holzrahmen durch Feuchtigkeit verzogen war. Ein Skandal, dass man ihm, dem päpstlichen Gesandten, ein so schäbiges Gefährt in dieser wichtigen Angelegenheit zugedacht hatte.

Aber er ließ sich davon nicht wirklich berühren. Schließlich ging es darum, diesem Dr. Lutter, dem Lügner, Prahlhans und Lästerer des Papstes, das theologische Handwerk zu legen.

„Er hat es zu weit getrieben, der Lutter“, murmelte er, zog das Schweißtuch aus seinem Ärmel und wischte sich über das Gesicht.

Lutter, der die Tradition für nichts erachtete und die Bibel dafür in den Himmel hob. Was sollte das? Das brachte nur ein teuflisches Ungleichgewicht in den erhabenen Dom der Kirche auf Erden. Jeder Mensch steht nun einmal auf zwei Beinen, und es war doch sonnenklar, dass die kirchliche Lehrautorität in der Person des Papstes und die Bibel gleichwertig nebeneinanderstehen müssen, um nicht umzufallen oder zu humpeln.

Aber nicht genug damit. Jetzt verwirrte der Lutter angeblich die Geistlichkeit und das Volk obendrein noch mehr, indem er die gute, lateinische Gottesdienstordnung umstieß, um stattdessen teutsche Lieder auf seiner Laute zu klimpern, wie man hörte! Wenn das stimmte!

Der Agent sah nach draußen in die reifen Felder, die langsam vorbeizogen. Auf der Gerste lag ein Glanz wie von grüner Seide. Und wenn der Wind über die Halme glitt, bewegte sich das Feld wie ein Gewand. Aber er übersah die Schönheit. Sein Kopf war voll mit Argumenten und Gegenargumenten.

Nach Meinung Lutters sollte nun nicht mehr das Kyrie und das Gloria gesungen werden, sondern die edlen Worte sollten auf Teutsch geplärrt werden. Er konnte es kaum glauben, aber das würde er heute feststellen, wenn er seinen Zeugen befragte.

Der Bote schüttelte den Kopf. „Teutsch! Plumpe, dumpfe Bauernsprache, die sich anhört, als ob man Holz spaltet!“

Dabei wusste doch jedes Kind, dass Gott in den Tagen des Babylonischen Turmes das Latein und vielleicht noch das Griechische erwählt hatte, um die Musik zu zieren. Eine Sprache wie geschaffen dazu, Gott in würdiger Weise anzubeten.

„‚Herr, erbarme dich!‘ Wie klingt denn das auf Teutsch? Oder: ‚Ehr sei Gott in der Höhe‘? Lächerlich. Da hört sich doch Gloria in excelsis Deo ganz anders an. Und außerdem …“

Er wurde unsanft aus seinen frommen Betrachtungen gerissen, als die Kutsche sich gefährlich zur Seite neigte und der Kopf des katholischen Gesandten unsanft gegen die rechte Holzwand schlug. Die Kutsche stand. Man hörte das Wiehern eines Pferdes und die Stimme des Kutschers: „Gott sei‘s gedankt, wir sind in Wittenberg.“

Etwas langsamer und mit vielen Schaukelbewegungen fuhr das Fahrzeug über das holprige Pflaster und stand endlich vor dem behäbigen, dreistöckigen Haus des Kaufmanns Schwertfeger. Die Fenster waren weit geöffnet, um eine kühle Brise hereinzulassen.

Er quälte sich aus der Kutsche. Sein Diener reichte ihm die Hand. Die ersten Schritte machte der Gesandte noch unsicher, rieb sein Hinterteil und die Beule am Kopf und klopfte ans Tor. Über der Tür ging ein kleiner Holzladen auf, ein gerötetes Frauengesicht schaute aus dem weißen Leinengebinde wie aus einem Gemälde und blickte fragend den Mann an.

„Gott zum Gruß. Ich bin … äh … Magister Bolemius und werde erwartet.“

„Heut wird keiner erwartet!“, sagte die Magd. „Die Herrschaft ist auch gar nicht da.“

„Aber ich hab Boten geschickt, die schon vor drei Tagen hätten da sein sollen.“

„Wir haben keine Boten gesehen. Es ist nur der Hauslehrer Overbeck da, aber der steckt in der Holzwanne und singt. Also, gehabt Euch wohl und …“

„Nun, eben dem Overbeck gilt ja mein Besuch!“

„Was? Dem Conrad?“ Die Magd lachte.

Der angebliche Magister Bolemius richtete sich zu seiner vollen Größe auf, setzte sein Birett zurecht und rief: „Ich bin es nicht gewohnt, so behandelt zu werden. Melde dem singenden Overbeck, dass der Gesandte des allergnädigsten Bischofs von Rom vor der Tür steht und erwartet, empfangen zu werden. Wenn nicht, wird es deinem Herrn Schwertfeger teuer zu stehen kommen und dem Overbeck erst recht.“

Der kleine Holzladen schloss sich. Schritte entfernten sich, die nach ein paar Augenblicken zurückkehrten, ein Riegel wurde zur Seite gezogen, und das große Tor öffnete sich zu einem gepflasterten Innenhof.

Der Gesandte trat würdevoll herein, nickte der Magd hoheitsvoll zu und stieß mit einem nur spärlich bekleideten Mann zusammen, der eben aus einem Raum stolperte, aus dem Wasserdampf quoll.

„Entschuldigt den seltsamen Empfang, Meister Bolemius“, stieß Overbeck hervor. „Wir hatten erst morgen mit Euch gerechnet. Setzt Euch derweil in das Zimmer. Ich komme nach. Agnes wird uns etwas Bier und eine Brotzeit hinstellen.“

Die Magd stemmte die Arme in die Hüften und holte gerade Luft, um eine gepfefferte Bemerkung herauszulassen, aber Overbeck kam ihr zuvor und sagte: „Er ist ein päpstlicher Gesandter, Agnes, dein Herr würde ihm auch etwas anbieten.“

Der Gast wandte sich zu seinem Diener und sagte: „Fahr zu unserem Quartier, bereite alles vor, und hole mich zum Sonnenuntergang ab.“ Dann folgte er der Magd, die ihm stumm die Treppe nach oben wies und ihn in ein Zimmer führte, das wohl das Esszimmer der Kaufmannsfamilie war, denn ein breiter Holztisch nahm fast den ganzen Raum ein. Von der Decke hing ein Holzrahmen, auf dem halb heruntergebrannte Kerzen mit schwarzen Dochten steckten.

Ungefähr nach zehn Vaterunser erschien Overbeck in roten Beinlingen, deren Naht an einer Stelle aufgeplatzt war, und in einem dunkelblauen Oberteil, in der Mitte gegürtet. Unter dem Arm trug er mehrere Holztafeln und ein paar Blätter, die er vorsichtig auf den Tisch legte.

Sein Besucher saß vor einem Krug Bier neben einer geöffneten Ledermappe, die Pergamente enthielt. Die weißen Handschuhe hatte er ausgezogen, und man sah einen breiten Siegelring an dem Zeigefinger der rechten Hand. Neben den Handschuhen stand ein Tintenfass. Magister Bolemius war gerade dabei, die Feder mit einem Messer zu spitzen.

Nach dem üblichen Höflichkeitsaustausch sagte der Gesandte: „Nun, Overbeck, ich hoffe, du hast wenigstens Material für mich, auch wenn ich früher gekommen bin als erwartet. Ich habe noch ein paar Besuche vor mir, also beeilen wir uns.“

Overbeck giff zu dem anderen gefüllten Krug, setzte ihn an und tat einen herzhaften Zug. Er fühlte sich in der unverhofften Rolle, einen so vornehmen Gast zu empfangen, ganz wohl.

„Oh ja, Magister Bolemius“, grinste der Hauslehrer und zeigte seine Zahnlücken, „Material hab ich gesammelt. Hab doch den Dr. Lutter des Öfteren gesehen und gesprochen, wie er an der gemeinen Tafel seine Weisheiten allen kundgetan hat. Auch wenn wir Tischmusik machten, bekommt man ja das eine oder andere mit. Hab auch alles fein säuberlich danach notieret.“

Overbeck griff nach seinen Holztafeln, auf die er mit Kreide Notizen gemacht hatte.

„Was haltet Ihr davon?“, begann er und las: „Die musica sei den teufeln zuwider und unerträglich, verschaffe sie doch ruhe und ein fröhliches gemüthe.“

„Hm“, knurrte Bolemius, der schon die Feder ergriffen hatte und sie nun sinken ließ, „das scheint mir noch keine üble Rede zu sein. Man könnte ihr sogar zustimmen.“

„Oder hier, was er zur Messe sagt, das war erst vor ein paar Monaten, im vergangenen Jahr.“ Er drehte eine Holztafel herum: „Es mus beide, text und noten, sowie accent, weise und geberde bei der hl. Messe aus rechter muttersprach und stimme kommen, sonst ist alles ein nachahmen wie die affen thun.“

Der Gesandte hieb auf den Tisch, dass das Tintenfass gefährlich schwankte. „Eine Unverschämtheit, die lateinische Liturgia als ein Affenwerk zu bezeichnen!“ Er wischte die Federspäne zur Seite, tunkte die Feder ein und sagte: „Noch einmal von vorne!“

„Es mus beide …“, diktierte Overbeck dem päpstlichen Gesandten in die Feder.

Als das Zitat schwarz auf weiß auf dem Pergament stand, sagte Overbeck: „Der Lutter fängt auch an, selber geistliche Lieder zur Laute zu singen, die er gar nicht so übel schlägt, und er fordert, man solle sie in der Messe singen.“

„So? In der Messe? Aber nach welchen Melodien?“

„Nun, nach Melodien, die das gemeine Volk zu singen pflegt: Gassenhauer und andere Stücke. Hört nur selbst, ich will euch eins vortragen.“

Overbeck stand auf, griff nach der Laute, die an der Wand hing, stimmte die Saiten, nahm ein Notenblatt und sagte: „Das Liedchen hat er erst vor ein paar Wochen ersonnen und großen Beifall bei Tisch erhalten. Hört nur zu!“ Er räusperte sich, trank noch einen Schluck Bier und fing an: „Ein feste burg ist uhunser gott, ein gute weer und waffen. Er hilft uns frey aus ahaller not, die uns itzt hat betroffen. Der alt böse feint, mit ernst er‘s itzt meint, groß macht und viel list, sein grausam rüstung ist, auf erd ist nicht seinsgleichen.“

Magister Bolemius hatte aufmerksam zugehört und starrte unentschlossen auf das Pergament. Schließlich brummte er: „Nun, nun, das Lied ist roh und feist, aber die Melodie schlägt anders ins Gemüth als die gregorianischen Gesänge. Das muss ich schon sagen, und das könnt gefährlich werden, wenn‘s überhandnimmt.“

„Ja“, nickte Overbeck, „er will es sogar in der Messe die Leut singen lassen! Stellt Euch vor, wenn das Schule macht, dann legt man nachher das Kyrie, das Gloria, das Agnus Dei und die anderen Stücke beiseite, und aus der Kirche klingen die ungehobelten Lieder von der Gasse. Ich hab ja nichts dagegen, wenn man die Liedchen beim Essen singt, aber …“

„Grauenhaft“, stöhnte der Gesandte. „Die Kirche wird zum Wirtshaus. Und die Anbetung Gottes verfault auf dem Altar!“ Er trank einen Schluck und sagte: „Hast du dafür einen Ausspruch, den man als öffentliche Anklage vorbringen könnte?“

„Oh ja, den hab ich!“ Overbeck nahm wieder seine Holztafeln, sah sie durch und fand die richtige: „Ah, hier ist es, passt auf!“ Er las: „Ihr müsset die gassenhauer, reiter- und bergliedlein christlich, moraliter und sittlich verändern, damit die bösen, ärgerlichen weisen, die unnützen und schandbaren liedlein auf den gassen, feldern und häusern und anderswo mit der zeit abgehen möchten, wenn man christliche, gute, nützliche texte und worte darunter haben könnte.“

Der Gesandte schrieb die Worte nieder, dass die Feder nur so über das Pergament kratzte. Als er fertig war, stand Overbeck auf und sagte: „Hab schon des Öfteren gesehen, wie Bettler und fahrende Leut bei dem Lutter eingegangen sind und haben ihm ihre Lieder vortragen müssen, so lang, bis der Lutter sie selber auf seiner Laute schlagen konnte. Und seine neue Frau, die entlaufene Nonne, singt kräftig mit!“

Bolemius kratzte sich nachdenklich an seiner Beule und schrieb: „Bettler und fahrende leut bringen ihre gemeinen lieder dem Lutter ins Haus, auf dass sie ihren weg in die allerheiligste kirche finden …“ Er setzte die Feder ab. „Oh Christenheit“, seufzte er, „wohin geht deine Reise? Hinab in den Schlamm der Straße! Mönche brechen ihr Gelübde, heiraten Nonnen und knechten die heiligen Texte in gemeine Weisen. Wenn das so weitergeht, sitzen am End die Bauern, Spielleut und Bettler in der Messe, und die hohen Herren finden keinen Platz mehr und stehen draußen.“ Er blickte Overbeck an, der sich wieder gesetzt hatte. „Hast du noch ein Lied?“

Overbeck dachte nach. „Ja, ich hab noch eins. Ein Osterlied. Das ist schon ein paar Jahre alt. Die Weise hat er in einigen Teilen genommen nach einer Sequenz des victimae paschali laudes des Wipo von Burgund.“

Overbeck zog ein anderes Blatt hervor, schlug ein paar Akkorde an und sang: „Christ lag in todesbanden für unsre sünd gegeheben, der ist wieder erstanden und hat uns bracht dahas leben. Des wir sollen froelich seyn Gott loben uhund dankbar seyn und singen halleluhuja, halleheluja …“

Er unterbrach das Lied und sagte: „Eigentlich keine schlechte Weise, aber wisst Ihr was? Nirgendwo kommt die heilige Kirche vor oder die Tradition. In der vierten Stroph heißt es gar: Die schrift hat verkündet das, wie ein tod den andern fraß. Die Bibel hier, die Bibel da, die Schrift hat verkündet, und die Schrift sagt dieses und so fort. Als ob man die Priester und die Bischöfe und Kardinäle gar nicht mehr braucht.“

„Ja, ja“, nickte Magister Bolemius, „das hast du gut erkannt, und dein Schädel hat nicht nur Platz für Noten, sondern auch für die Theologie. Der Lutter ist ein ganz gefährlicher Bursch. Die Lieder erregen das Gemüt, dadurch schleicht er sich in die Seelen und Herzen der Menschen ein, und sie merken gar nicht, dass heimlich still und leise eine ganz andere, eine fremde Theologie gelehret wird. Das müssen wir verhindern.“

„Wie soll das gehen?“, fragte Overbeck und leerte seinen Krug. „Die Lieder sind schon in den Köpfen drin. Die kann man nit herausreißen. Und hier in Wittenberg hat der Lutter schon ein Buch drucken lassen. Er nennt es das Achtliederbuch. Und jetzt ist sogar ein neu Gesangbuch herausgekommen.“

Der Gesandte lächelte und legte den leeren Krug flach auf den Tisch.

„Agnes!“, rief Overbeck. „Schenk nach!“

Agnes erschien nach ein paar Augenblicken, nahm den leeren Krug und goss ihn voll. Ihre missmutigen Blicke streiften den Musicus. Dann wollte sie sich zurückziehen.

„Und dann kannst du Brot, Sauermilch, Gemüse und den Schinken auftragen.“

„Das werd ich alles dem Schwertfeger sagen, wie du mit seinem Schinken umgehst“, murmelte sie.

„Ja, sag‘s ihm nur“, antwortete der Musicus. „Hier werden wichtige Dinge verhandelt.“ Murrend zog sie sich zurück.

Magister Bolemius tat noch einen ehrbaren Zug aus dem vollen Krug, wischte sich mit dem Ärmel über den Mund und sagte: „Wir können den Lauf der Dinge verhindern und die Evangelischen zurücktreiben, wenn wir die Idee des Lutter übernehmen. Die Musik von der Straße und die rechte Theologie hineinpacken. Die lateinische Messe beibehalten und die neuen Weisen sanft dazwischenstreuen!“

Overbeck lachte. „Schlau“, nickte er.

„Und du“, sagte Bolemius und wies mit dem Zeigefinger auf ihn, „kannst gleich damit anfangen, dann klingeln die Taler nicht nur für deine gesammelten Worte auf den Holztafeln, sondern auch für deine Musik.“

Overbeck starrte den Gesandten mit großen Augen und offenem Mund an. Vor seinem inneren Auge sah er sich schon als berühmten Liederdichter, dessen Weisen im ganzen deutschen Land gesungen wurden. Wenn die Macht der Kirche hinter ihm stand, wer konnte seine Lieder dann noch verhindern?

„Nun, was hast du noch notiert, Overbeck?“, fragte der Gast.

Der Musicus klapperte mit seinen Holztafeln und hielt eine hoch. „Hier ist noch etwas, das gefährlich werden könnt. Der Lutter will nämlich, dass seine Liedlein auch vor Fürsten und in den Schulen gesungen werden. Hört her. Er beugte sich zum Fenster, weil die Sonne unterging, und las: „Könige, fürsten und herren müssen die musica erhalten. Denn großen potentaten und regenten gebühret, ihr hand über die guten freyen künsten und gesetzen zu halten. Man muß musicam von noth wegen in schulen behalten und soll die jugend stets zu dieser kunst gewöhnen, denn sie machet fein geschickte leut.“

„Ja, ja, der Lutter ist nicht dumm“, murmelte der Gesandte, und Overbeck rief: „Agnes, mach Licht!“

„Ja, ja, ich komm schon!“, hörten sie die Magd rufen.

„Wir legen eine Pause ein, Herr Magister“, sagte Overbeck und grinste. „Ich denk, da habt Ihr von mir doch ein paar gute Worte für Euren schweren Dienst bekommen, nehme ich an.“

„Das ist wahr!“, nickte Magister Bolemius und streckte sich. „Eine gute Ausbeute.“

Die Tür ging auf, und Agnes kam mit einem Brett voller Speise herein. Ein Junge, der einen Kienspan in der Hand hielt, zündete die Kerzen auf dem Gestell an.

Magister Bolemius streute indessen Sand über die Pergamente, blies darüber und legte sie vorsichtig auf einen leeren Stuhl zum Trocknen. Dann betrachtete er wohlwollend, wie sich der Tisch mit Brot, Schinken und Gemüse füllte.

„Dem Lutter werden wir seine Lieder austreiben“, sagte er zu Overbeck.

Der nickte nur und meinte: „Ich geb den Liedlein ein paar Jahre, dann sind sie abgesungen und vergessen!“

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