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Pressemeldung
23. Mai 2014
„Luther-Akte“ entdeckt
Landesdenkmalamt bestätigt Sensationsfund
Die am Mittwoch bei Restaurierungsarbeiten im historischen Gasthaus „Zum Löwen“ (15. Jh.) in Gelnhausen entdeckte mittelalterliche Gürteltasche aus Leder enthält, wie von Fachleuten vermutet, tatsächlich wertvolle Dokumente aus der Reformationszeit. Dies bestätigte Professor Dr. Gerd Weiß, der Präsident des „Landesamtes für Denkmalpflege Hessen“, gestern bei einer Pressekonferenz in Wiesbaden.
Erste Untersuchungen der mit Bandzugfeder und Eisengallustinte geschriebenen Texte hätten ergeben, dass sie vermutlich im Jahr 1527 verfasst worden seien und sich intensiv mit dem Leben und Wirken des Reformators Martin Luther befassten. Offensichtlich wurden auf den handgeschöpften Papierbögen von verschiedenen Schreibern Zeugenaussagen festgehalten.
Gerd Weiß betonte, dass es zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch zu früh sei, Genaueres über die Hintergründe der Dokumente zu verkünden. Möglicherweise handle es sich aber um Protokolle von Gesprächen mit Zeitgenossen des großen Wittenberger Theologen. Sollte sich dies bestätigen, dann müsse hier von einem „Jahrhundertfund, ja von einem Jahrtausendfund“ gesprochen werden. Denn: „Authentische Augenzeugenberichte aus der Lutherzeit – und das so kurz vor dem Reformationsjubiläum –, so etwas kann man nur als Sternstunde der Geschichtsschreibung bezeichnen.“
Mitarbeiter eines Heizungsbaubetriebs hatten zwei Tage zuvor beim Ausstemmen einer Wand im Keller der historischen Gelnhausener Lokalität einen versiegelten Hohlraum entdeckt, in dem die Papiere wegen der trockenen Luft, so Weiß, „in erstaunlich gutem Zustand“ konserviert worden seien. Da Gelnhausen schon im Mittelalter an einer viel genutzten Handelsstraße lag, scheint es durchaus möglich, dass ein durchziehender Reisender die Tasche dort verborgen hat. Kurioserweise war das Gasthaus „Zum Löwen“ schon mehrfach Schauplatz bedeutender Ereignisse. So soll dort auch Georg Sabellicus, der als Dr. Faust berühmt wurde, mehrfach logiert haben.
Gerd Weiß kündigte auf der Pressekonferenz zugleich an, dass das Landesamt in Zusammenarbeit mit verschiedenen universitären Fachbereichen der Auswertung der gefundenen Quellen höchste Priorität einräume. Schließlich müssten die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus einer derart ungewöhnlichen Entdeckung der Öffentlichkeit möglichst bald zugänglich gemacht werden. Es könne durchaus sein, dass das Lutherbild der Forschung an manchen Stellen völlig überarbeitet werden müsse.
Vorher aber gehe es darum, die Echtheit der Papiere zu prüfen, fügte der Präsident in heiterem Tonfall hinzu. Schließlich wolle man als Historiker auf keinen Fall noch einmal ein Desaster wie damals mit den gefälschten „Hitler-Tagebüchern“ erleben. Spätestens im Herbst würden dann, wenn das umfangreiche Material wissenschaftlich verifiziert und ausgewertet sei, erste Publikationen erscheinen, im kommenden Jahr auch eine ausführliche, kommentierte Edition.
mkv.