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2.3 DVG-Folgegesetze

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Das DVG beantwortete im Hinblick auf diese detaillierten Umsetzungsaspekte noch nicht alle Fragen in Gänze. Um einige Lücken zu schließen, brachte das Bundesgesundheitsministerium im Laufe des Jahres 2020 das DVG-Folgegesetz mit dem Namen „Patientendateschutzgesetz (PDSG)“1 in den Bundestag ein. Das Gesetz wurde nach intensiven Beratungen zügig verabschiedet und ist dann mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt im Oktober 2020 in Kraft getreten. Aktuell liegt schon das 3. Digitalisierungsgesetz, das „Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege“ (DVPMG), als Referentenentwurf vor. Eine entsprechende Einordnung in die hier gewählte analytische Heuristik, wird in der folgenden Abbildung vorgenommen. In der Logik des Policy-Zyklus-Modells können PDSG und DVPMG bereits als Instrumente der Nachsteuerung durch Schärfung einzelner Regulierungssachverhalte und durch Konkretisierung verstanden werden. Angepasste Fristen oder Reihenfolgen in der Umsetzung (z. B. der Berufsgruppenintegration in den Kreis der TI-Teilnehmer) können in diesem Sinne als „Policy-Lernen“ auf Seiten des Gesetzgebers verstanden werden.

Mit dem PDSG wurden insgesamt wichtige Konkretisierungen zum Konzept der Telematikinfrastruktur, ihrem Betrieb und ihren Zugriffsberechtigungen vorgenommen. Zum einen wurde durch die Einführung des § 343 in das SGB V „Angebot und Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA)“, die Rechtsgrundlage für das eigentliche Herzstück der Telematikinfrastruktur gelegt.

Dort heißt es im ersten Absatz:

„(1) Die Krankenkassen sind verpflichtet, jedem Versicherten spätestens ab dem 1. Januar 2021 auf Antrag und mit Einwilligung des Versicherten eine nach § 325 Absatz 1 von der Gesellschaft für Telematik zugelassene elektronische Patientenakte zur Verfügung zu stellen, die jeweils rechtzeitig den Anforderungen gemäß Absatz 2 entspricht.“ 2

Zum anderen konkretisiert das Gesetz mit dem § 340 (PDSG)3 die Verantwortlichkeit für die Entwicklung und den Aufbau eines Prüf- und Vergabeverfahrens für die Ausgabe von elektronischen Heilberufe und Berufsausweisen sowie von Komponenten zur Authentifizierung von Leistungserbringerinstitutionen der Gesundheitsfachberufe:

„§ 340 Ausgabe von elektronischen Heilberufs- und Berufsausweisen sowie von Komponenten zur Authentifizierung von Leistungserbringerinstitutionen (1). Die Länder bestimmen 1. die Stellen, die für die Ausgabe elektronischer Heilberufsausweise und elektronischer Berufsausweise zuständig sind, und … die Stellen, die bestätigen, dass eine Person … befugt ist, … einen … Berufe im Geltungsbereich dieses Gesetzes auszuüben …“ 4


Damit wurde ein zentrales Problem der Anbindung von Gesundheitsfachberufen an die Telematikinfrastruktur adressiert. Denn auf Basis des aktuellen technischen und organisatorischen Aufbaus der Telematikinfrastruktur ist der Besitz eines elektronischen Heilberufeausweises die Voraussetzung für den Zugriff auf die TI und Ihre Anwendungen. Die Vergabe der eHBA`s für Gesundheitsfachberufe bedarf allerdings eines administrativen Unterbaus, der erst noch geschaffen werden muss. Mit dem PDSG hat die Bundesregierung klar gemacht, dass hierfür die Bundesländer zuständig sind. Die Bundesländer sind bereits seit längerer Zeit zu diesem Thema im Gespräch und haben nach Inkrafttreten des PDSG die zielorientierte Abstimmung hierzu konkretisiert. Nach jetzigem Stand hat das Land NRW federführend die Koordination übernommen. Das erscheint aus einer außenstehenden Perspektive zunächst sehr sinnvoll, denn in NRW existieren schon seit Jahren Ansätze, die sich um den Aufbau des „elektronischen Gesundheitsberuferegisters“ (eGBR) drehen, an welche hier nun angeknüpft wurde.

Um dieses Ziel erfolgreich umzusetzen fokussiert das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) des Landes Nordrhein-Westfalens drei Teilziele:

1. Den Abschluss eines Staatsvertrages mit mindestens acht weiteren Bundesländern.

2. Die Entwicklung verwaltungsrechtlicher Grundlagen für den Aufbau und den Betrieb des elektronischen Gesundheitsberuferegisters.

3. Die technische Entwicklung eines elektronischen Gesundheitsberuferegisters.

Grundsätzlich soll sich aus Sicht der Gesundheitsfachberufe, das Antragsverfahren wie in Abb. 2c skizziert darstellen5.

1. Der Leistungserbringer initiiert über eine Plattform selbst den eigenen Antrag auf Aufnahme in das elektronische Gesundheitsberuferegister.

2. Über die Antragsplattform werden die Angaben zur beruflichen Qualifikation des Antragsstellers einer „bestätigenden Stelle“6 zugeordnet, welche die Eingaben des Antragstellers verifiziert bzw. falsifiziert. Im Verifikationsfall erfolgt eine Aufnahme in das elektronische Gesundheitsberuferegister.

3. Nach Aufnahme des Antragstellers in das Register wird der Antragsteller über die Antragsplattform informiert, so dass der Antragsteller über die Antragsplattform bei einem Vertrauens-Dienstanbieter (VDA) die Produktion eines elektronischen Heilberufeausweises beantragen kann.

4. Nach Produktion des eHBA stellt der jeweilige VDA den Ausweis dem Antragsteller auf einem sicheren Weg zu.

Im Hinblick auf die Umsetzung dieser Planungen zeigt sich, dass neben der Institutionalisierung des hier beschriebenen Prozesses auch noch erhebliche verwaltungstechnische Vorbereitungen erforderlich sind. Die Einführung einer neuen Aufgabe in die kommunale öffentliche Verwaltung ist kein trivialer Vorgang, so dass zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ganz klar ist, in welchem Zeitfenster das Gesamtkonzept vollumfänglich umgesetzt und das eGBR betriebsbereit sein wird. Nach Einschätzungen der handelnden Akteure wird in NRW aktuell davon ausgegangen, dass die Architektur bis zum Sommer 2021 bereitstehen soll und dann zeitnah auch der Betrieb aufgenommen werden kann. In diesem Fall könnte der gesetzliche Zeitplan zur Einbindung der ersten gesundheitsfachberuflichen Leistungserbringer in die Telematikinfrastruktur funktionieren.

Eine zweite zentrale Hürde für die effiziente Einbindung der Gesundheitsfachberufe in die Prozesse der Telematikinfrastruktur, neben der Authentifizierungsfrage, ist nach wie vor die passende technische Zugriffstechnologie. Wie bereits erwähnt, arbeitet ein Großteil der gesundheitsfachberuflichen Leistungserbringer nicht in einer Praxis, sondern im häuslichen Umfeld des Patienten. Das gilt besonders für die freiberuflichen GeburtshelferInnen (Hebammen) und die ambulanten Pflegekräfte. Aktuell existiert noch keine, durch das Bundesamt für Informationstechnik (BSI) zertifizierte, mobile Zugriffstechnologie. Es existieren bis dato lediglich Überlegungen und Forschungen in diese Richtung. In Anbetracht der gesetzlichen Zeitfenster für die Anbindung der Gesundheitsfachberufe könnte hier die Zeiterfordernis für die Zulassung durch das BSI zum Flaschenhals des rechtzeitigen Rollouts der TI im Feld der Gesundheitsfachberufe werden. Dieser Aspekt wird auch im nächsten Jahr genau zu beobachten sein.

Die Abbildungen 2d und 2e zeigen exemplarisch die jüngste Generation der aktuell zugelassenen Hardware. Abb. 2d zeigt ein Gerät des Typs „Einboxkonnektor (EBK)“, wie er üblicherweise im Praxisbetrieb zum Einsatz kommt. Die Abb. 2e zeigt ein Gerät des Bautyps „Rechenzentrumskonnektor (RZK)“. Beide Bautypen sind für den Einsatz in den meisten gesundheitsfachberuflichen Praxisfeldern nicht wirklich geeignet, weil sie nicht für eine mobile Nutzung ausgerichtet sind.

Die Telematikinfrastruktur verspricht vor allem durch die verbesserte ad hoc Verfügbarkeit von relevanten Patientendaten einen echten Mehrwert für Patienten und Leistungserbringer. Beispiel: die Veränderung der Medikation eines ambulanten Pflegepatienten stellt regelmäßig eine Herausforderung für den ambulanten Pflegedienst dar. Insofern scheint die Verfügbarkeit eines stets aktuellen elektronischen Medikationsplans, wie er als Anwendung der Telematikinfrastruktur verfügbar sein soll, eine echte Verbesserung für die ambulante Pflegepraxis dar. Ein anderes Beispiel lässt sich aus der Praxis der freiberuflichen Hebammen herausarbeiten. Die freiberufliche Hebamme ist im Rahmen einer Entbindung ohne Hinzuziehung eines Arztes berechtigt, der werdenden Mutter ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel zu verabreichen. Für den behandelnden Gynäkologen ist die Information über die Verabreichung eines Arzneimittels an seine Patientin ebenfalls relevant. Das Konzept der Telematikinfrastruktur umfasst aus genau diesem Grund auch schon seit der ersten Stunde die Bereitstellung eines elektronischen Medikationsplans. Damit diese Anwendung im Sinne der Idee funktioniert, muss mit der technischen Umsetzung aber auch ein ausgewogenes Zugriffsrechtekonzept umgesetzt werden. Es liegt auf der Hand, dass der maximale Nutzen für Patienten und Leistungserbringer mit der Ausgestaltung des „feingranularen Zugriffsrechtekonzepts“ steht und fällt. Auf dieser regulativen Ebene kann die optimale Verzahnung der unterschiedlichen Leistungsansätze am Patienten abgebildet werden. Neben diesen, für die Telematikinfrastruktur relevanten Aspekten des PDSG, wurden mit dieser Norm weitere Digitalisierungsthemen auf den Weg gebracht.

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