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Mein kreatives Element – Birgitte Arker

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Mein Leben als Kuh hat mich immer mit Stolz erfüllt. Wie gern schaue ich über die Felder und grüße meine Verwandten, die genau wie ich die frische Luft durch ihre Nüstern ziehen, die grüne Fläche mit ihren kleinen Hügeln so in sich aufnehmen, dass sie ansatzweise Glücksgefühle entfalten.

Falls es gelingen sollte, einige der besonders grünen Gewächse von der Wiese in das Maul zu stecken, um sie dort durch Kauzermalmungen zu zerkleinern und zu genießen, würde ich zufrieden sein und – immer noch kauend – nachdenklich träumend in die Gegend schauen.

Was ich absolut vermeide, ist, mir Gedanken über die Zukunft zu machen. Wie Karl Valentin erkannt hat, kommt die Zukunft jedes Mal früh genug. Für mich wird sich, vermute ich, dadurch nicht viel ändern. Mein Leben bewegt sich innerhalb der Grenzen von „Grasfressen“, mit dem siebenstufigen Verdauungsprozess über alle meine Mägen verteilt, versteht sich, und des „Sich-häufig-an-der-Grenze-Befindens“ zu einer noch größeren kreativen Leistung.

Es sollte mich – statt phlegmatisch vor Glück zu werden – viel mehr beschäftigen, worüber einige Artgenossen ein engagiertes Geschrei veranstalten. Sie bilden sogar Kleingruppen von Empörten, die die Menge der Pestizide im Erdboden reduzieren wollen. Und noch mehr: Sie versuchen, Aufrufe im Sinne dieser grünen Tendenz in der Kuhzeitung zu veröffentlichen! Allerhand! Als würde das etwas gegen die Agrarlobby bewirken können.

Es hilft viel mehr, eine akzeptierende Haltung zu der Umwelt einzunehmen.

Das zeigt sich zum Beispiel, wenn in mir das Gefühl entsteht, dass eine gewisse Körpersättigung erreicht ist. Dann muss auch ich – wie meine Verwandten – von einem Teil meines Gewichts Abschied nehmen. Welche Wonne, wenn so ein Ballen Gewicht unterwegs und kurz davor ist, meinen Körper zu verlassen, um letztlich als halbflüssige olivgrüne Masse mit ihrer Wärme meine Oberschenkel herunterzulaufen.

Gewissermaßen ist dieses Erlebnis einer der Höhepunkte des Tages.

Das zu spüren, genieße ich intensiv! Ja, ich könnte noch weitergehen und von der Wonne sprechen, die durch die Temperatur der olivschwarzen Masse entsteht, und die ich in mir wirken lassen darf. Im besonderen Grade spüre ich in diesem Moment die vereinende Gemeinsamkeit mit meinen Artgenossen.

Jetzt können Sie denken, dass es Ihnen aber wirklich reicht, einer derartigen Verteidigungsrede zuhören zu müssen. Sie finden eventuell den Sermon ziemlich beschissen. Hinzuzufügen gibt es nur eines: Eine solche vulgäre Formulierung würde keine einzige Kuh in das Maul nehmen. Ein solches Wort ist arg übertrieben, nicht zuletzt durch das liebevolle Verhältnis zu den anderen Kühen, die sich mit ihrem kreativen Wirken auf dieser Wiese breitgemacht haben.

Womit ich mich vor allem brüste, wie ich zu Anfang angedeutet habe, ist, dass es mir gelungen ist, meine kreative Potenz noch zu verstärken, indem ich die restliche Flüssigkeit an meinen Oberschenkeln mit einem besonderen Muster versehen habe. Mein Schwanzwedel ist nämlich fähig, punktweise und derart mit Druck zu arbeiten, dass sowohl Punkte, waagerechte Striche als auch die Form kreisförmiger Ornamente an meinem Körper entstehen, die man kunsthistorisch als pointillistisch bezeichnen muss.

Ich bin stolz, mich vor Ihnen im Namen der Kreativität präsentieren zu können.

Nordlichter erzählen - Band II

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