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Besitzstandswahrung

Die Couch

Christa Burow

Gestatten, dass ich mich zunächst kurz vorstelle? Ich heiße Jaska und bin eine „Malahusk-Hündin“. Im Rasselexikon findet man diesen Begriff allerdings nicht. Er ist nur ein Wortmix aus Malamute und Husky, denn das sind meine Vorfahren. Und von diesen beiden nordischen Rassen habe ich einige ausgeprägte Eigenschaften geerbt, die sich zudem auch noch decken. Dummerweise, wie meine Menschen finden. Fantastischerweise, wie ich meine. Denn diese Eigenschaften wie z. B. Jagdleidenschaft oder Eigenständigkeit (meine Menschen sagen meistens Sturheit dazu) im Doppelpack, das hat schon was für sich. Zum Ausgleich besitze ich aber auch die doppelte Menge der den Menschen genehmen Eigenarten. Das versöhnt sie dann wieder. Seit acht Monaten lebe ich bei meinem Husky-Kumpel Ronny und unseren Zweibeinern Ronald (auch kurz Boss genannt) und Christa.

An dieser Stelle möchte ich unbedingt betonen, dass ich meinen Lebensabschnittsgefährten wirklich mag. Doch – ich mag ihn sogar sehr. Aber manchmal kann er mir auch den letzten Nerv rauben. Da ist zum Beispiel die Geschichte mit meiner Couch. Jawohl, ich besitze eine eigene (!) Couch. Die habe ich damals, als ich hier einzog, einfach in Beschlag genommen. Der Boss und Christa haben sie mir dann – wenn auch nicht gerade freudig– überlassen, damit ich mich wohlfühlen und schneller einleben sollte. Ist auch prima gelungen! Auf dieser Couch verbringe ich einen Teil des Tages und der Nacht. Sie ist ziemlich bequem und ich kann wunderbar darauf entspannen. Inzwischen habe ich verschiedene Liegetechniken entwickelt. Besonders erholsam ist diese:


Anfangs hat Christa noch eine Decke über die Couch gelegt. Die habe ich jedes Mal wieder heruntergezogen. So lange, bis unsere Zweibeinerin endlich begriffen hat, dass ich einfach keine Decke möchte.

Diese Couch war also immer die meine und keiner hat sie mir in der Zeit, die ich jetzt hier lebe, je streitig gemacht. Ronny erst recht nicht, der geht nie auf irgendwelche Möbel. Nun liegt unsereiner aber nicht nur auf der Couch. Nein, da gibt es auch noch verschiedene andere Ruheplätze in der Wohnung. Und ab und zu müssen selbige mal inspiziert werden, damit alles seine Ordnung hat.

Aber gestern ist etwas Ungeheuerliches geschehen! Als ich mich nach solch einem Kontrollgang wieder zu meinem Lieblingsplatz begeben wollte, war dieser besetzt!!! Und kein anderer als Ronny grinste mich an: Weggegangen – Platz vergangen … Ich dachte, ich sehe und höre nicht richtig. Zwar kann ich manchmal auch ziemlich albern sein, aber was meine Couch betrifft, bin ich sehr empfindlich.

Zum Glück funktionieren meine kleinen grauen Zellen noch sehr gut, auch wenn ich nicht mehr die Jüngste bin. Ich brauchte nur ganz kurz zu überlegen, dann wusste ich, was zu tun war. Mitspielen durfte ich auf keinen Fall und schon gar nicht Ronny zeigen, dass ich mich ärgerte. Das hätte er dann immer wieder bei Bedarf ausgenutzt. Ich kenne meinen Kumpel da inzwischen sehr gut. Ganz spontan fiel mir der Korb ein, den die Unbepelzten zu Anfang für mich gekauft hatten. Doris, mein Pflegefrauchen, hatte ihnen nämlich erzählt, dass ich einen solchen heiß und innig lieben würde. Das traf damals bei Doris auch zu. Ihr Rüde Cosmo ist nämlich ein Gentleman. Als ich dort ankam, hat er mir sofort sein Körbchen zur Verfügung gestellt. Na ja, kann sein, dass ich ihn ein wenig dazu genötigt habe … Jedenfalls hat er den Korb nie zurückverlangt und ich habe mich sehr wohl darin gefühlt.

Aber was ist schon ein Korb, wenn man als Alternative eine ganze Couch zur Verfügung hat! Folglich wurde er hier auch nicht weiter beachtet und stand eigentlich nur im Weg herum. Denn auch Ronny zeigte keinerlei Interesse daran. Jetzt jedoch kam das Teil mir wie gerufen. Ich wandte mich also von Ronny und meiner Couch ab, schlenderte betont gleichgültig zum Korb, kletterte hinein, drehte mich einige Male um mich selbst und ließ mich wohlig hineinplumpsen. Und was soll ich sagen: Ich empfand das Liegen darin wirklich als sehr angenehm. Je mehr ich darüber nachdachte, umso müder wurde ich. Und schon war ich eingeschlummert.

Als ich aufwachte, hatte ich einen Riesendurst. Also ging ich erst einmal in die Diele zu unserem Wassernapf und trank eine große Portion. Dabei überlegte ich mir, dass ich den Korb doch eigentlich öfter benutzen könne. Ich wollte es gleich noch einmal probieren, lief wieder ins Wohnzimmer – und was musste ich sehen?! Ronny, diese Wuchtbrumme, hatte sich in meinen Korb gezwängt und tat so, als würde er schlafen. Dabei sah ich doch ganz genau, wie er feixte. Aber ich blieb ganz cool, zumindest äußerlich. In mir brodelte es allerdings gewaltig. Doch meine Überlegung war, dass Ronny diese Position nicht lange würde durchhalten können. Der Korb passt nämlich nicht so recht zu seinen Körpermaßen. Und ich hatte wirklich recht. Nach ein paar Minuten kletterte er (unter erheblicher Anstrengung übrigens) wieder heraus, warf mir einen schiefen Blick zu, wie ich aus den Augenwinkeln bemerkte, und trottete zu seinem Platz unter dem Tisch. Damit war Ronnys Versuch einer feindlichen Übernahme gescheitert und Couch und Korb befanden sich wieder in meinem alleinigen Besitz.

Diese Geschichte zeigt einmal mehr, dass das Älterwerden doch tatsächlich auch gewisse Vorteile haben kann. Zwar bin ich von der allseits gerühmten Altersweisheit noch weit entfernt, aber immerhin bin ich schon um einiges abgeklärter und löse manche Probleme anders als früher. Denn da wäre ich dem dreisten Burschen sofort an den Kragen gegangen. Was jetzt aber nicht heißen soll, dass ich mich nicht doch maßlos über den unverschämten Kerl geärgert habe …

HUNDE JA-HR-BUCH VIER

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