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Vorwort

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Cornelius Roth

Die Frage, inwieweit Theologie und Spiritualität eine Einheit bilden oder zumindest stärker in Beziehung zueinander gesetzt werden müssen, beschäftigt die Theologie schon seit langem. Die wohl beiden größten Theologen des 20. Jahrhunderts – Karl Rahner und Hans Urs von Balthasar – haben sich immer wieder damit auseinander gesetzt, wohl wissend, dass nur eine Theologie, die erfahrungsbezogen ist und die geistliche Dimension unseres Nachdenkens über Gott thematisiert, den Menschen von heute noch etwas zu sagen hat.

Die „Arbeitsgemeinschaft Theologie und Spiritualität“ (AGTS), die mit diesem Band eine neue Reihe mit Arbeiten zur Theologie der Spiritualität beginnen möchte, beschäftigt sich schon seit geraumer Zeit auf verschiedene Weise mit diesen Fragen. Die Tagung im September 2009 in Würzburg blickte dabei besonders auf die Rolle der Spiritualität im Leben der Seelsorgerinnen und Seelsorger von heute. Nach einigen systematischen Überlegungen zur Rolle der Spiritualität in Berufung und Sendung (Peter Schallenberg) wurde zunächst die Bedeutung der Spiritualität in der Ausbildung thematisiert. Von katholischer Seite aus scheint dabei die Spiritualität in der Priesterausbildung eine klare, institutionalisierte Rolle inne zu haben, die durch die Grundlagendokumente des Konzils und der Nachkonzilszeit gedeckt ist, was aber nicht heißt, dass es weiterhin Desiderata gibt (Cornelius Roth). Innerhalb der evangelischen Ausbildung ist man noch stärker auf der Suche hinsichtlich der Institutionalisierung bzw. Implementierung spiritueller Inhalte in das Studium. Allerdings gibt es auf diesem Gebiet vielversprechende Anstöße verschiedener evangelischer Theologen (Peter Zimmerling).

Immer wieder wurde auf der Tagung deutlich, wie groß die Bedeutung der ignatianischen Spiritualität hinsichtlich der Einheit von Leben und Amt ist. Die Regeln zur Unterscheidung der Geister sind gerade auch für das geistliche Leben im Alltag eine wichtige Hilfe (Hans Schaller). Aus seiner Erfahrung als Generalvikar und Begleiter von Priestern und pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kann Martin Kopp berichten. Wie tragfähig die Spiritualität im Alltag wirklich ist, zeigt sich in den Herausforderungen der heutigen pastoralen Umbruchsituation, die für den einen oder anderen eine Überforderung darstellt. Es wird in Zukunft immer wichtiger sein, eine geistliche Heimat zu haben, eine Quelle, aus der man schöpfen kann.

Wie Seelsorger und Seelsorgerinnen zu einem positiven Selbstwertgefühl gelangen können, schildert aus psychotherapeutischer Sicht der Leiter des Recollectio-Hauses in Münsterschwarzach, Wunibald Müller. Die verschiedenen durch archetypische Bilder charakterisierten „Energien“, die in jedem Menschen und Seelsorger mehr oder weniger stark vorhanden sind, können dabei positive Kräfte freisetzen, die zu einem gelingenden Leben als Seelsorger führen.

Wenn wir von Seelsorgern sprechen, sind nicht nur Priester gemeint. Welche wichtige Rolle heute und in Zukunft die Spiritualität der Laien – seien sie hauptamtlich oder ehrenamtlich tätig – in der Kirche spielt und inwiefern das Verhältnis von Priestern und Laien in der Seelsorge nicht immer unproblematisch war und ist, zeigt zum Schluss der Beitrag von Michaela Christine Hastetter.

Es ist uns wichtig, hinzuzufügen, dass die Vorträge und Artikel etwa vier Monate vor Bekanntwerden des sexuellen Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche verfasst wurden. Insofern konnte die Krise, die ja auch das Leben der Seelsorgerinnen und Seelsorger in den Gemeinden betrifft, nur im Nachhinein von den Autoren berücksichtigt werden. Der Umgang mit der eigenen Sexualität, Nähe und Distanz, Ehrlichkeit und Offenheit, Schuld und Sühne spielt eine wichtige Rolle in der Spiritualität eines Priesters oder pastoralen Mitarbeiters. Deshalb werden diese Themen gerade in der Ausbildung noch deutlicher angesprochen werden müssen. Dennoch ist die Spiritualität eines Seelsorgers umfassender zu konzipieren. Aufgabe der Tagung war zum einen, die positiven Ressourcen und Quellen der Spiritualität im Alltag eines Seelsorgers darzustellen (also die Frage zu beantworten, woraus der /die Einzelne geistlich lebt), und zum anderen, den Umgang mit Belastungen und Anfragen an das eigene Selbstverständnis zu thematisieren. Die Missbrauchsproblematik, welche die Kirche sicher noch länger beschäftigen wird, hat in dieser Hinsicht zwar durchaus mit der Spiritualität eines Seelsorgers zu tun, ist aber für sich genommen noch einmal ein anderes Thema, das einer eingehenderen Behandlung bedürfte.1

Alles in allem gilt: Die Herausforderungen, die auf die Seelsorgerinnen und Seelsorger in Zukunft zukommen, sind nur von einem starken geistlichen Fundament her zu bewältigen. Die Frage, wie die Spiritualität immer mehr das Leben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kirche tragen kann, ist nichts weniger als eine Überlebensfrage – für den einzelnen wie für die Kirche. Deswegen bleibt das Thema hochaktuell und der erste Band der Reihe „Arbeiten zur Theologie der Spiritualität“ der AGTS hofft, in der Diskussion dabei einiges Wegweisendes beitragen zu können.

1 Weiterführende Hinweise finden sich dazu bei W. Müller, Verschwiegene Wunden. Sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche erkennen und verhindern, München 2010.

Spiritualität in der Seelsorge

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