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Bernhard Bürgler SJ | Wien

geb. 1960, Priester, Provinzial der Österreichischen

Jesuitenprovinz, Beiratsmitglied von

GEIST & LEBEN

bernhard.buergler@jesuiten.org

„Sie meinte, es sei der Gärtner“

Die Rede ist von Maria von Magdala. Die Erzählung ist bekannt: Am ersten Tag der Woche, frühmorgens, als es noch dunkel ist, kommt sie zum Grab. Der Stein ist weggewälzt. Sie steht da und weint. Während sie weint, beugt sie sich ins Grab hinein. Es ist leer. Sie sieht zwei Engel in weißen Gewändern, dann den Gärtner – den Auferstandenen als Gärtner. „Maria!“ – „Rabbuni, mein Meister!“; sie nennen sich beim Namen, sie erkennen einander und es geschieht Begegnung. Leben, neues Leben entsteht. Maria geht und verkündet es, sie, die apostolorum apostola.

„Sie meinte, es sei der Gärtner …“ (Joh 20,15) Wie kommt der Gärtner in das Evangelium? Diese Frage beschäftigt mich immer wieder. Er war und ist für mich die interessanteste, weil geheimnisvollste Figur dieser Szene. Hat sich Maria von Magdala etwa getäuscht? War es einfach ein Missverständnis, das sich dann ja schnell aufgeklärt hat? Viele sind dieser Ansicht – ich nicht. Maria, davon bin ich überzeugt, sieht schon richtig. Mit ihren Augen der Liebe ahnt, ja weiß sie intuitiv, dass Christus der Gärtner ist.

Dass das alles nicht so geschehen ist, wie es geschildert wird, ist klar. Evangelien sind keine Berichte, sondern Deutungen von Glaubenserfahrungen. Der Autor des Johannesevangeliums verlegt die Begegnung mit dem Auferstandenen in einen Garten – so wie auch den Verrat, die Kreuzigung und das Grab. Warum tut er das? Was will er damit sagen? Welches erhellende Licht wirft das auf das Geschehen und auf die Bedeutung von Auferstehung?

In der Bibel wird von einem anderen Garten erzählt, vom Garten in Eden, dem Garten des Anfangs, dem Paradies. Die Spur stimmt. Der Mensch des Anfangs wohnt in einem Garten. Der Garten ist in der Bibel der Ort des Lebens, des Lebens in Fülle, der Liebe und der Liebenden. Der Mensch ist glücklich, er ist in Frieden mit sich, der Welt und Gott. Der Mensch ist verbunden, ja eins mit allem. Er wird geliebt und er liebt. So ist der Mensch – nach christlicher Überzeugung – von Gott her gedacht. So sollte es eigentlich sein. Heute, in dieser unserer Welt, ist es nicht so. Wir alle wissen das, wir alle erleben es Tag für Tag. Man könnte resignieren, man könnte verzweifeln. Aber genau dagegen spricht die Frohe Botschaft. Auferstehung meint, das Leben siegt über den Tod. Das Leben und nicht der Tod hat das letzte Wort, so unglaublich das ist. Es war ja auch für die Jüngerinnen und Jünger damals nicht selbstverständlich. Wie oft ist von ihren Zweifeln die Rede. Aber, was mit Jesus geschehen ist, gibt uns Hoffnung!

Jesus, der Auferstandene, er ist der Gärtner. Wie JHWH einst im Garten Eden, so ist er der himmlische Gärtner, der den Tod weggeschafft hat. Mit seinem Kommen hat die neue Schöpfung unwiderruflich begonnen. Die Verlegung des Geschehens um Leiden, Tod und Auferstehung in einen Garten besagt, dass das ursprüngliche Bild des Menschen zwar verschattet und überlagert, aber nicht ganz weg ist. Es ist da – und das nicht nur als Zukunft – für die Zeit nach dem Tod, sondern auch hier und jetzt, mitten im Leben.

Die erste, die das erfahren hat, ist Maria von Magdala. Wie sie sind wir alle beim Namen gerufen; gerufen, in diesen Garten (wieder) einzuziehen und in ihm die Fülle des Lebens zu finden. Jesus will, dass wir wieder zu dem werden, was wir vom Ursprung her im Grunde sind: Bild, Statue, Repräsentant(in) Gottes in der Welt. Er will, dass wir in das Bild Gottes zurückverwandelt, dass wir „vergöttlicht“ werden. Gott ist Mensch geworden, damit wir wie Gott werden. So betet die Kirche auch in einer weihnachtlichen Präfation: „Denn einen wunderbaren Tausch hast du vollzogen: dein göttliches Wort wurde ein sterblicher Mensch, und wir sterbliche Menschen empfangen in Christus dein göttliches Leben.“

Geist & Leben 4/2016

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