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Fazit

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Die Publikationen im Hinblick auf den hundertsten Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs haben eine Auseinandersetzung über die Ursachen dieses Kriegs ausgelöst, die in ihrer Heftigkeit schon fast an die Fischer-Debatte der 1960er-Jahre erinnert. Christopher Clark wollte in seinem Bestseller eigentlich nur der Frage nachgehen, wie Europa in diesen Krieg geriet. Die durch Polemik und Propaganda belastete Kriegsschuldfrage wollte er bewusst ausklammern.37 Doch das erwies sich letztlich als unmöglich, weil sich eben die Frage nach den Verantwortlichkeiten für Millionen von Toten dennoch stellt.38 Dabei nahmen die Entscheidungsprozesse im Sommer 1914 mitunter geradezu absurde Züge an.39 Doch die Entscheidungsträger handelten nicht in einem Vakuum. Vielmehr standen sie unter dem Druck struktureller Rahmenbedingungen, die man als langfristige Kriegsursachen begreifen kann. Die strukturellen, langfristigen Kriegsursachen gegeneinander abzuwägen ist eine äusserst schwierige Aufgabe, die hier nicht weiter verfolgt werden soll. Häufig werden in diesem Zusammenhang allerdings der Imperialismus, die Rivalität der europäischen Mächte in Übersee und die sich daraus entwickelnden Konkurrenzkämpfe erwähnt. Sicherlich spielte all dies in der internationalen Politik vor 1914 eine erhebliche Rolle. Doch im Licht der Forschung der letzten Jahre kann man wohl nicht davon sprechen, dass die Auseinandersetzungen um Kolonien und Märkte zu den entscheidenden Ursachen des Ersten Weltkriegs gehörten. Zwischen dem Deutschen Reich und Grossbritannien zeichnete sich sogar eine kolonialpolitische Annäherung ab.40

So lagen denn die Kriegsursachen primär in Europa. Doch angesichts der bereits weit vorangeschrittenen Globalisierung und der Effekte der europäischen Expansion konnte dieser Krieg nicht auf Europa beschränkt bleiben. Wie schon um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert resultierte ein allgemeiner Krieg in Europa zwangsläufig in einem Weltkrieg. Damit war dieser Krieg aber auch keineswegs mehr eine rein europäische Veranstaltung. Die Entwicklungen in Aussereuropa wirkten mittelbar und unmittelbar auf Europa zurück: politisch, wirtschaftlich, militärisch und auch kulturell. Letztlich veränderte dieser Krieg in zahlreichen Wechselwirkungen die Welt. Es war auch bezeichnend, dass nach jahrelangem entscheidungslosem Ringen, in dem sich Europa zugrunde richtete, es des Eingreifens einer aussereuropäischen Macht, nämlich der USA, bedurfte, um dem blutigen Treiben ein Ende zu setzen. Und es mag kein Zufall sein, dass gerade die Führungen jener Mächte, die es nicht schafften, diesen Krieg global zu führen, sondern primär regional fixiert blieben – also Russland, das Osmanische Reich, Österreich-Ungarn und das Deutsche Reich –, zu den unmittelbaren Verlierern gehörten. Frankreich und vor allem die angelsächsischen Mächte mit ihrem direkten Zugang zum Weltmarkt waren hier in einer ungleich besseren Position.

Vor diesem Hintergrund und angesichts des begrüssenswerten Trends zu einer transnationalen Geschichtsschreibung ist eine auf Europa fixierte Historiografie des Ersten Weltkriegs nicht mehr adäquat. Sie war es eigentlich nie, denn dieser Krieg ist ohne seine globale Dimension gar nicht zu verstehen. Damit aber eröffnen sich neue Forschungsfelder und neue Kooperationsmöglichkeiten mit Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen aus vielen Teilen der Welt. Der Anfang ist gemacht, und die Zukunft verspricht noch viele neue Einsichten und Erkenntnisse zu liefern. Man darf darauf gespannt sein.

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