Читать книгу Die Rede von Gott Vater und Gott Heiligem Geist als Glaubensaussage - Группа авторов - Страница 36
5. Schlussgedanken: Möglichkeiten und Grenzen der Vater-Metapher
ОглавлениеGott kann nur metaphorisch beschrieben werden. Das antike Christentum fand in der auch im zeitgenössischen Judentum und in den paganen Religionen verwendeten Vater-Metapher Konnotationen, die bestimmt waren durch die patriarchalische Gesellschaftsstruktur der Zeit, den frühen Christinnen und Christen für ihr Gottesbild jedoch als besonders zutreffend erschienen. Das oben genannte Zitat aus dem Philippusevangelium (EvPhil 11a; s.108) zeigt allerdings, dass man sich der Verwendung metaphorischer Sprache für Gott bereits in der Antike bewusst war. Auch Justin stellt in seiner zweiten Apologie in anderer Weise fest, dass »Vater, Gott, Schöpfer, Herr und Herrscher keine Namen« sind, sondern Bezeichnungen, die Gott aufgrund seiner »guten Taten und Werke« zugesprochen werden,[61] die also auf menschlicher Heuristik beruhen und damit letztlich auch austauschbar sind. Auch Tertullian relativiert die Namensgebung in seiner Exegese des Vater-Gebets, indem er die »Mutter«, d.h. die Kirche, hinzufügt und diese letztlich zur Grundlage der Benennung von Vater und Sohn erklärt: »Wenn wir aber sagen: ›Vater‹, so erkennen wir damit zugleich auch die Gottheit an. Diese Anrede ist Ausdruck des Kindesverhältnisses und der Macht. Im Vater wird auch der Sohn angerufen, denn es heißt: ›Ich und der Vater sind eins‹. Nicht einmal die Mutter, die Kirche, wird übergangen. Im Sohne und im Vater wird ja die Mutter erkannt; in ihr findet die Benennung Vater und Sohn ihre Grundlage.«[62] Einige antike christliche Denker waren sich also |113|durchaus bereits der Metaphorizität der Vater-Anrede bewusst und interpretierten sie entsprechend.
Heutige Glaubende assoziieren bei der Verwendung der Vater-Metapher andere, durch ihre eigenen individuellen und gesellschaftlichen Erfahrungen geprägte Konnotationen. Dazu gehört inzwischen auch die Infragestellung der mit der Vater-Metapher aufgerufenen »Geschlechtlichkeit«, die Gott einseitig als männlich fokussiert, bzw. der Wunsch, Gott auch als Mutter zu apostrophieren. Die nur auf der Ebene von Metaphern mögliche Rede über Gott lässt die Frage nach der Aktualität von Gottes-Metaphern berechtigt erscheinen. Die Diskussion um eine Bewahrung oder Nicht-Bewahrung der in traditionellen Gebets- und Bekenntnistexten wie dem Vaterunser und dem Apostolikum überlieferten Metaphern sollte sich jedoch jeweils der besonderen historischen Genese und der identitätsstiftenden Kraft dieser Texte von der Antike bis in die Moderne hinein bewusst sein.[63]