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ELMAR KRAUTKRÄMER Generalfeldmarschall Albert Kesselring

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Albert Kesselring, geboren 1885 im fränkischen Marktsteft als Sohn eines Lehrers und späteren Stadtschulrats, trat nach dem Abitur 1904 in das in Metz stationierte 2. Bayerische Fußartillerieregiment ein. In seiner vielseitigen Ausbildung stand bald die neue schwere Artillerie des Feldheeres im Vordergrund, was später in seinem Interesse an der Flakartillerie nachgewirkt hat. Das Kriegsende 1918 erlebte er als Hauptmann, und die folgenden Monate erschienen ihm aufgrund der Willkürakte der Räte- und Spartakusbewegung rückblickend als die dunkelste Zeit seines Lebens. 1945 war es ihm eine Genugtuung, daß Deutschland trotz seiner totalen Niederlage eine Wiederholung der Geschehnisse von 1918/19 erspart blieb.1

In den zwanziger Jahren nahm Kesselring Truppenkommandos in Bayern und Aufgaben im Reichswehrministerium wahr, wobei er zum Experten der militärischen Verwaltung und des Finanzwesens wurde und als „Sparkommissar“ galt. Die Heeresleitung stellte 1933 den Oberst für den Aufbau der Luftwaffe zur Verfügung, zunächst als Verwaltungschef (Abteilung D) in Görings künftigem Ministerium. Zu seinen Aufgaben gehörte die Überwachung und Finanzierung der Flugzeugproduktion sowie der Bau von Flugzeugen und Kasernen. Seine Fähigkeit zum Management und die joviale Umgangsart brachten ihn bei Industriellen und hohen Militärs in Gunst. 1935 wurde er Generalmajor und 1936 Generalleutnant. Bei diesem beachtlichen Aufstieg dürfte neben dem Können auch sein Talent, sich strikt auf die Wünsche der Vorgesetzten einzustellen, eine Rolle gespielt haben.

Die nationalsozialistische Umwälzung berührte den in der Seecktschen Tradition des unpolitischen Soldaten erzogenen Offizier zunächst wenig, zumal Göring seiner neuen Truppe die unmittelbare politische Indoktrinierung ersparte. Mit den außenpolitischen Erfolgen Hitlers, der Stabilisierung seiner Macht und dem Aufstieg Görings wurde der General zum Bewunderer und Diener des NS-Regimes, ohne der Partei und ihren Machenschaften besonderes Augenmerk zu widmen. Sein gewinnendes Wesen brachte ihm Achtung und Zuneigung ein. Doch wird ihm auch unterstellt, daß sein nach außen getragener Frohsinn Fassade war.2

Im Frühjahr 1935 lüftete Hitler den Schleier des Geheimnisses der deutschen Luftrüstung. Göring wurde Oberbefehlshaber der Luftwaffe, die als eigenständiger Wehrmachtsteil neben Heer und Marine trat. 1936 wurde Kesselring als Nachfolger des tödlich verunglückten Generals Wever Chef des Generalstabs der Luftwaffe. Als solcher konnte er, 1937 zum General der Flieger befördert, in Fragen der Organisation und Ausbildung, der Koordination von Fliegertruppe, Flakartillerie und Luftnachrichtentruppe sowie beim Aufbau der Luftlandeverbände sein Managertalent weiter entfalten. Allerdings wird ihm wegen dieser Zeit auch die Verantwortung für das spätere Scheitern der Luftwaffe zugeschrieben, weil er Göring in der Ablehnung der Produktion des Langstreckenbombers unterstützte.3

1936 befürwortete er unbedingt die kriegsmäßige Erprobung der neuen Waffe im Spanischen Bürgerkrieg. Doch fühlte sich Kesselring bald durch Eingriffe Milchs4 beengt. Nur schwer einen Gott neben sich duldend, ersuchte er um seine Ablösung, wurde zunächst kommandierender General des Luftkreises 3 (Dresden) und übernahm im Oktober 1939 den Oberbefehl über die künftige Luftflotte 1 in Berlin. Sie kam nach Kriegsbeginn 1939 zur Unterstützung der Heeresgruppe Nord unter Generaloberst von Bock zum Einsatz. Kesselrings Taktik entsprach den Lehren des italienischen Generals Douhet.5 In den ersten zwei Kriegstagen vernichteten seine Flieger einen großen Teil der polnischen Luftwaffe am Boden und wandten sich dann den gegnerischen Nachschublinien zu. Durch den kombinierten Einsatz von Luftwaffe und Heer mit den Panzerverbänden wurde der Polenfeldzug zum „Blitzkrieg“. Ein schweres Bombardement Warschaus, bei dem auch Wohngebiete zerstört wurden und die Zivilbevölkerung Verluste erlitt, wurde mit der wiederholt verweigerten Übergabe der polnischen Hauptstadt gerechtfertigt.

Im Januar 1940 übernahm Kesselring den Oberbefehl über die für den Raum Holland, Belgien und Nordfrankreich zuständige Luftflotte 2, die im Westfeldzug eng mit der Heeresgruppe B (wiederum General von Bock) zusammenwirken sollte. Besonders stolz war Kesselring auf die Erfolge der Luftlandetruppen unter General Student bei der Sicherung strategisch wichtiger Brücken und Befestigungsanlagen. Die Bombardierung der Altstadt Rotterdams am 14. Mai 1940 erregte als Terrorangriff die Weltöffentlichkeit. Auch hier ging es darum, die Kapitulation der als verteidigt geltenden Stadt zu erzwingen. Als sie zur Übergabe dann bereit war, konnten die gestarteten Maschinen nicht mehr informiert werden. Kesselring sah sich von der Haager Landkriegsordnung gedeckt, die den Angriff auf eine verteidigte Stadt zuläßt.6 Gleichwohl stellt sich die Frage, ob militärische Verbände in einer von der Zivilbevölkerung nicht geräumten Stadt oder die Nichtbeantwortung einer Kapitulationsaufforderung bereits deren Verteidigung belegt. Bemerkenswert ist, daß gerade zuvor die irrtümliche Bombardierung Freiburgs durch deutsche Flieger von der deutschen Propaganda als britischer Terrorangriff hochgespielt worden war.7 Kurz nach Rotterdam begann die Royal Air Force den strategischen Luftkrieg gegen Deutschland.

Als Görings Luftwaffe nach Hitlers Haltebefehl vor Dünkirchen den Auftrag zur „endgültigen Vernichtung des Feindes“ erhielt, waren Kesselrings erschöpfte Besatzungen nicht in der Lage, die sich unter einem Schirm von Jägern der Royal Air Force vollziehende Evakuierung des britischen Expeditionskorps von über 200.000 Mann und zusätzlich 123.000 Franzosen zu verhindern. Danach war die Luftflotte 2 an der Zermürbung der französischen Armee beteiligt. Kesselring wurde am 19. Juli 1940 unter Überspringung des Ranges des Generalobersten zum Feldmarschall befördert. Im folgenden Kampf um England gelang es der deutschen Luftwaffe nicht, die britische Jagdabwehr auszuschalten. Die deutschen Geschwader mit den bis an die Grenze der physischen Leistungsfähigkeit strapazierten Besatzungen erlitten erhebliche Verluste. Die geplante Luftherrschaft über Süd england zur Vorbereitung einer Landung (Operation „Seelöwe“) konnte nicht erreicht werden.

Anfang Juni 1941 wurde die Luftflotte 2 in den ostpreußischen Raum ver legt, um von hier aus beim Angriff auf die Sowjetunion zum Einsatz zu kommen. Zum drittenmal kam es zur Zusammenarbeit mit Feldmarschall von Bock bei dessen Vorstoß bis vor Moskau. Doch im November 1941 wurden die Geschwader nach Sizilien verlegt. Kesselring hatte als Oberbefehlshaber Süd Rommels ‘Panzergruppe Afrika’ zu unterstützen und ihren Nachschub über das Mittelmeer zu sichern. Nach einem Rückzug durch die Cyrenaika bis Tripolitanien verfügte Rommel Mitte Januar über genügend Material und Treibstoff für einen Gegenangriff. Als er am 21. Juni Tobruk einnahm, waren seine Panzerspitzen tief in ägyptisches Gebiet eingedrungen. Kesselring vertrat die Meinung, daß zunächst Malta ausgeschaltet werden müsse, um das in Afrika Eroberte zu halten.8 Doch Rommel glaubte, in wenigen Tagen Alexandria und Kairo erreichen zu können. Der Oberbefehlshaber Süd aber sah wie der italienische Generalstabschef Cavallero logistische Schwierigkeiten voraus. Dennoch gab er nach, denn der „Wüstenfuchs“ stand auf der Höhe seines Ruhms und war zum Feldmarschall befördert worden. Nach Kesselrings Meinung übte Rommel zu jener Zeit „einen fast hypnotischen Einfluß“ auf Hitler aus, was jede objektive Lagebeurteilung behinderte. Die Rivalität der beiden Marschälle wird wiederholt in Kesselrings Erinnerungen wie in Rommels Aufzeichnungen deutlich. Als Rommels Vorstoß bei El Alamein zum Stehen kam, sah sich Kesselring in seinen Befürchtungen bestätigt.

Nach dem britischen Durchbruch durch die deutsche Abwehrfront am 23. Oktober 1942 befahl Rommel am Morgen des 3. November den Rückzug. Kesselring trug dazu bei, daß Hitler nicht auf seinem zunächst erteilten „Sieg oder Tod“-Befehl bestand. Nach der alliierten Landung in Marokko und Algerien hielt Rommel Afrika für verloren und wollte seine Truppen bereits nach Italien überführen. Doch dafür war der Oberbefehlshaber Süd nicht zu gewinnen, der sich mit Hitler und dem Duce einig war, Tunesien zum Brückenkopf auszubauen, wohin er alle in Italien entbehrlichen Kräfte verlegte. General Nehring, Oberbefehlshaber in Tunis, der zweifelte, den Brückenkopf auf Dauer halten zu können, ließ er an die Ostfront versetzen. Zweifel oder Widerspruch konnte Kesselring schwer ertragen. Das Kommando über die neu gebildete 5. Panzerarmee übernahm Generaloberst von Arnim. Kesselring hatte damit seinen Kriegsschauplatz mit der Verfügung über eine Armee. Sie hatte Ende 1942 eine Stärke von 100.000 Mann und wurde weiterhin aufgefüllt. Nach dem Willen Hitlers, und Kesselring stimmte dem zu, sollte Tunesien zum Ausgangspunkt für einen Vorstoß durch Algerien nach Marokko und nach Osten zum Suezkanal werden. Doch das waren Illusionen.

Mit dem Rückzug in Libyen verschärfte sich der Gegensatz zwischen Rommel und Kesselring, zumal dieser mehr zu den Italienern als zum „Wüstenfuchs“ hielt. Die Offensive zum Durchbruch der tunesischen Westfront scheiterte am alliierten Widerstand, am unzulänglichen Treibstoffvorrat und an der mangelnden operativen Kooperation von Arnims und Rommels. Dieser war für die radikale Verkleinerung des Brückenkopfes, aber Kesselring unterstützte ihn nicht. Die Ablösung Rommels war jetzt eine zwischen Hitler und Mussolini beschlossene Sache. Nach wenigen Tagen des Oberbefehls über die neu gebildete Heeresgruppe Afrika9 verließ Rommel schließlich am 9. März Tunesien.

Nun aber kam es zum Konflikt zwischen Kesselring und von Arnim. Dieser erkannte, als am 20. März die britische Offensive begann, die aussichtslose Lage und forderte Konsequenzen. Kesselring aber behinderte eine korrekte Berichterstattung an das OKW und beschönigte die Situation, obwohl die Sizilienstraße ganz unter alliierter Kontrolle war. Am 12. und 13. Mai kapitulierte dann der Rest der Heeresgruppe Afrika, und 240.000 deutsche und italienische Soldaten gingen in Gefangenschaft. Wieder war eine Armee in aussichtsloser Lage geopfert worden, und hier hatte Kesselring ein großes Maß an Schuld.

Nach dem Verlust Siziliens und den feindlichen Landungen in Süditalien zog Kesselring seine Verbände auf die gut ausgebaute ‘Gustavlinie’ zurück. Inzwischen war Mussolini gestürzt und verhaftet worden. Die am 12. September durchgeführte Befreiungaktion mit SS-Hauptsturmführer Skorzeny war in ihren Einzelheiten in Kesselrings Hauptquartier vorbereitet worden. Der Abfall Italiens zog die deutsche Besetzung des Landes und die Entwaffnung der italienischen Streitkräfte nach sich („Fall Achse“). Die in Nord italien stehenden Divisionen wurden zur Heeresgruppe B unter Feldmarschall Rommel zusammengefaßt, dessen Befehlsbereich sich bis zu einer Linie ca. 100 km nördlich von Rom erstreckte. Erneut prallten die gegensätzlichen Lageeinschätzungen der beiden Marschälle aufeinander. Während Rommel für einen Rückzug nach Norden zur ‘Gotenlinie’ war, wollte Kesselring den Gegner in Süditalien schlagen. Hitler wollte zunächst Rommel den Oberbefehl in ganz Italien geben, aber Kesselring gewann beim Lagevortrag durch Eingehen auf die Wünsche Hitlers und Görings das Spiel. Rommel wurde an die Atlantikküste versetzt und Kesselring Oberbefehlshaber Südwest mit dem Oberkommando über alle zur Heeresgruppe C zusammengefaßten Verbände in Italien. Die beiderseits verlustreichen Kämpfe um die ‘Gustavlinie’ im Winter 1943/44 konzentrierten sich schließlich um Cassino. Mitte Februar wurde die Benediktinerabtei auf dem Monte Cassino von alliierten Bombern gänzlich zerstört, obwohl Kesselring sie zur neutralen Zone erklärt hatte, die kein deutscher Soldat betreten durfte. Die Kunstschätze und Teile des Archivs hatte er zuvor in Sicherheit bringen lassen. Die Ruine des Klosters wurde nun zur deutschen Festung. Die hohen Verluste auf beiden Seiten standen in keinem Verhältnis zur Bedeutung des Platzes. Im Mai 1944 durchbrach der Gegner die Front, am 4. Juni zogen die Alliierten in Rom ein. Der deutsche Rückzug kam im folgenden Herbst nördlich der ‘Gotenlinie’ zum Stehen.

Bald darauf erlitt Kesselring bei einem Verkehrsunfall eine schwere Schädelverletzung. Er kehrte erst im Februar 1945 an die Front zurück. Während seiner Abwesenheit vertrat ihn Generaloberst von Vietinghoff. Wenige Wochen später ernannte Hitler Kesselring als Nachfolger Rundstedts zum Oberbefehlshaber West, verantwortlich für die Westfront von Norwegen bis zur Schweizer Grenze.

Als Kesselring am 10. März 1945 in seinem neuen Hauptquartier in Ziegenberg eintraf, schenkte er den Lageberichten seines Stabschefs wie auch Feldmarschall Model, Oberbefehlshaber der Heeresgruppe B, keinen Glauben. Für ihn war nur Hitler maßgebend. Nach mehreren Rheinübergängen jedoch war der Vormarsch der Alliierten mit ihrer unangefochtenen Luftherrschaft nicht mehr aufzuhalten. Trotzdem war Kesselring, wenn er von Besprechungen im Führerhauptquartier zurückkehrte – und das war bis zum 12. April noch dreimal der Fall –, noch immer von Hitlers Durchhaltewillen beeindruckt, und er bemühte sich, ihn auf seine Untergebenen zu übertragen. Stets spielte er den Optimisten. Gegen Kriegsmüdigkeit und Lockerungen der Disziplin gingen fliegende Standgerichte vor. Gegenüber Speers Bemühungen, die Ausführung von Hitlers ‘Nero-Befehl’ der verbrannten Erde zu verhindern, zeigte er sich unzugänglich.10

In der zweiten Aprilhälfte 1945 wurde das noch feindfreie Deutschland gemäß einem Befehl Hitlers in einen Nord- und Südraum eingeteilt. Großadmiral Dönitz erhielt im Norden, Kesselring im Süden den Oberbefehl und die vollziehende Gewalt. Der Feldmarschall erkannte die Aussichtslosigkeit des Krieges, aber er sah sich an seinen dem ‘Führer’ gegebenen Eid gebunden und stand zugleich im Banne der eigenen Macht. Die von Abgesandten Vietinghoffs und Wolffs in der Schweiz geführten Verhandlungen führten am 29. April in Caserta zur Unterzeichnung der Kapitulation der Italienfront.

Kesselrings spätere Behauptung, die seit dem Spätjahr 1944 geführten geheimen Kontakte hätten mit seiner Billigung stattgefunden, entspricht nicht dem Sachverhalt.11

Er versuchte vielmehr noch jetzt, die Teilkapitulation rückgängig zu machen, enthob Vietinghoff seiner Funktion und ersetzte Wolff durch den berüchtigten SS-Obergruppenführer Kaltenbrunner, Chef des Reichssicherheitshauptamtes. Als jedoch die Nachricht von Hitlers Tod eintraf und Dönitz’ Entschlossenheit zur Kapitulation vor den Westmächten erkennbar war, schwenkte Kesselring um. Die für Caserta Verantwortlichen wurden wiedereingesetzt, und die Kapitulation erhielt seine Billigung. Sie trat am 2. Mai in Kraft. Am 4. Mai kapitulierte auch die Heeresgruppe G, die aus den Resten der 1. und 19. Armee bestand. Die Kapitulation aller Streitkräfte des süddeutschen Raums trat am 6. Mai in Kraft. Kesselring nahm für sich in Anspruch, damit die Gesamtkapitulation vorbereitet zu haben. Auch das ist unzutreffend. Die Vorgänge im Süden spielten bei den Verhandlungen in Reims keine Rolle.

Für Kesselring begann die Gefangenschaft. Nach Aufenthalten in verschiedenen Lagern und einer fünfmonatigen Einzelhaft im Nürnberger IMT-Gefängnis wurde er im Sommer 1946 in das von der Historical Division der US-Armee geführte Lager Allendorf gebracht. Hier hatten ehemalige Generale und Generalstabsoffiziere ihre Kriegserfahrungen niederzuschreiben, und diese Arbeit war in vieler Beziehung lohnend. Kesselring hatte mehrere Projekte zu beaufsichtigen und arbeitete emsig an seinen eigenen Erinnerungen. Merkmal der in Allendorf entstandenen „studies“ ist das Bestreben, eine auf deutscher Seite saubere Kriegsführung nachzuweisen und die Zuverlässigkeit und Kampfesüberlegenheit des deutschen Soldaten zu belegen.12

Im Frühjahr 1947 stand Kesselring wegen der Vorgänge in den Ardeatinischen Höhlen im März 1944 vor einem britischen Militärgericht in Venedig. Bei einem von italienischen Partisanen durchgeführten Sprengstoffattentat in der Via Rasella in Rom waren damals 33 Angehörige des Polizeiregimentes Bozen zu Tode gekommen. Die vom OKW befohlene Sühnemaßnahme bestand in der Erschießung von Geiseln im Verhältnis 1:10. Kesselring wie Generaloberst von Mackensen, Oberbefehlshaber der 14. Armee, und Generalleutnant Maelzer, Stadtkommandant von Rom, akzeptierten, daß der Polizei- und SD-Führer Kappler dafür Häftlinge aus römischen Gefängnissen zur Verfügung stellte, die angeblich bereits zum Tode verurteilt waren, was in etlichen Fällen nicht dem Sachverhalt entsprach. Ob die Hinrichtung von 330 Geiseln kriegsrechtlich als gedeckt gelten kann, ist umstritten, nicht aber die das Verhältnis 1:10 überschreitende Hinrichtung von 335 Opfern. Ein Verbrechen war die unbeschreiblich brutale Art der Exekution in den Ardeatinischen Höhlen in Rom. Kesselring hat sich, ebenso wie von Mackensen und Maelzer, wenig darum gekümmert, dürfte aber von Kappler über den Vollzug informiert worden sein. Da ihm als Oberbefehlshaber Südwest auch die SS-Einheiten des Kriegsschauplatzes unterstanden, war er letztlich für den Vorgang mindestens mitverantwortlich.13

Bei dem Verfahren zeigte er kein Schuldbewußtsein und bestritt seine damalige Zuständigkeit. Belastend waren zudem zwei im Sommer 1944 erlassene Befehle Kesselrings, die dem Gericht als Verletzung der Gesetze und Gebräuche des Landkriegs galten. Immerhin heißt es im Befehl vom 17. Juni 1944: „Ich werde jeden Führer decken, der in der Wahl und Schärfe des Mittels über das bei uns übliche Maß hinausgeht.“14 Gerade das hatte Kappler getan, der sicher sein konnte, für sein Vorgehen nicht belangt zu werden. Hatte doch der Oberbefehlshaber Südwest schon zuvor durch etliche Anweisungen für die Art der Durchführung von Sühnemaßnahmen gezielt Enthemmungen bewirkt.15 Wie Mackensen und Maelzer zuvor in Rom, so wurde auch Kesselring zum Tode durch Erschießen verurteilt. Sein überzogen selbstbewußtes Auftreten mag dazu beigetragen haben, daß ihm ein Schlußwort verweigert wurde. Doch wurde das Urteil in lebenslängliche Haft umgewandelt, worauf er ins Zuchthaus Werl verlegt wurde, wo er die Arbeiten für die Historical Division fortsetzen durfte. Seine Entlassung 1952 war offiziell krankheitsbedingt, in erster Linie aber, wie die Mackensens, Mansteins und anderer, Folge von Bedingungen, die die mit dem deutschen Verteidigungsbeitrag befaßten Persönlichkeiten den Alliierten stellten. Kesselrings im folgenden Jahr erschienene Erinnerungen »Soldat bis zum letzten Tag« waren in Werl vorbereitet worden und dokumentieren das starke Bedürfnis der Selbstdarstellung und Rechtfertigung. Nicht selten stoßen wir auf Arroganz und gelegentlich gar Zynismus. Zwar ging es dem Autor darum, „ein Ehrenmal für unsere Wehrmacht zu schaffen“, doch dringt an vielen Stellen die Hochschätzung des ‘Führers’ durch, und man kann Kesselring als einen der treuesten Paladine Hitlers bis in dessen letzte Tage bezeichnen. Sogar für die Taten Himmlers als Oberbefehlshaber des Ersatzheeres fand er nach dem Krieg noch Lob.16

Gewiß verdankte Kesselring seine Karriere zunächst den Fähigkeiten in Planung, Administration, Organisation und Truppenführung. Doch hinzu kam, besonders in den Kriegsjahren, die Anpassung nach oben und das rechtzeitige Gespür für die richtige Windrichtung. Eine besondere Achtung des menschlichen Lebens hat ihn nicht ausgezeichnet.

In seinen letzten Lebensjahren war Kesselring engagiert in Traditionsverbänden wie „Stahlhelm“ oder „Verband deutsches Afrikakorps“. Von diesen wurde er auch als Held und Märtyrer gefeiert. 1960 verstarb er an Herzversagen. In Bad Wiessee wurde er mit großer Anteilnahme von Veteranen bestattet. Die Grabesrede hielt sein ehemaliger Geschwaderkommodore, der späterer General der Flieger Josef Kammhuber, damals Inspekteur der Bundesluftwaffe.

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