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Ein kurzer Einblick in den Lauf der Geschichte anderer europäischer Länder
ОглавлениеNicht nur das Heilige Römische Reich war in innere und äußere Kämpfe verstrickt. Prominentestes Beispiel sind England und Frankreich, deren Geschichte über einen langen Zeitraum untrennbar miteinander verknüpft war. Ende der 1330er Jahre begann der Hundertjährige Krieg. Zur Zeit der Geburt des Nikolaus von Kues herrschte jedoch ein Waffenstillstand. In Frankreich war der vermutlich psychisch kranke Karl VI. König, dessen Tochter den englischen König Richard II. geehelicht hatte.
1404 starb Philipp der Kühne von Burgund, sein Sohn Johann Ohnefurcht wurde neuer Herzog von Burgund und mit der Zeit verstärkte sich der Konflikt mit dem Herzog von Orléans, der in der Ermordung des Herzogs Ludwig von Orléans in Paris seinen ersten unheilvollen Höhepunkt fand. Kurz darauf bekannte sich Johann Ohnefurcht dazu, die Tat in Auftrag gegeben zu haben. Ludwigs Sohn Karl von Orléans konnte hochrangige Unterstützer für sich gewinnen. An der Spitze dieser Partei stand Bernhard von Armagnac, von dessen Namen sich die Bezeichnung dieser Gruppe, Armagnacs, ableitet. Diese zwei Parteien, Armagnacs und Bourguignons, stritten in Frankreich um die Macht, spalteten das Land und führten es in bürgerkriegsähnliche Verhältnisse. Die Position des Königs in dieser Zeit war nicht klar und England konnte und wollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, in die Geschicke des geschwächten Frankreich einzugreifen. 1414 gingen das Herzogtum Burgund und das Königreich England ein folgenreiches Bündnis ein. Der Hundertjährige Krieg entbrannte von Neuem und anfangs stand das Glück auf Seiten der Engländer. Bei Agincourt errangen sie einen überwältigenden Sieg über das Heer des französischen Königs und die Armagnacs. Der englische König Heinrich V. eroberte in der Folgezeit die Normandie und die verbündeten Burgunder konnten Paris einnehmen und die Königin Isabella auf ihre Seite ziehen. Der Dauphin Karl wurde Anführer der Armagnacs. Somit war auch die königliche Familie gespalten – der Dauphin auf der einen, die Königin und der kranke König Karl VI. auf der anderen Seite (Contamine 1989, 766; Folz 1987, 750).
1419 – Nikolaus von Kues weilte zu dieser Zeit für seine juristischen Studien in Italien – suchte Johann Ohnefurcht den Ausgleich mit Heinrich V. sowie mit dem Dauphin. Mit Letzterem traf er sich auf der Brücke von Montereau und wurde dort von Begleitern Karls ermordet. Die Burgunder schlugen sich in der Folge endgültig auf die Seite der Engländer und konnten die Königin dazu bewegen, sich anzuschließen. Diese neue Allianz schloss 1420 den Vertrag von Troyes, in dem Heinrich V. von England neben der Heirat mit Katharina, der Tochter des französischen Königs, außerdem die Thronfolge und der Ausschluss des Dauphins von derselben zugesagt wurde.
Zwei Jahre später starben Karl VI. von Frankreich und Heinrich V. von England. Karl VII. folgte seinem Vater auf den Thron, blieb aber abhängig von den Armagnacs. Ende der 20er Jahre betrat dann Jeanne d’Arc, die Jungfrau von Orléans, die historische Bühne. 1429 konnte durch sie verhindert werden, dass das von den Engländern belagerte Orléans endgültig eingenommen wurde. Daraufhin nahm das französische Heer die Kämpfe wieder auf. Im selben Jahr wurde Karl VII. in Reims zum König gewählt. Die Burgunder nahmen Jeanne d’Arc 1430 gefangen und lieferten sie an die Engländer aus. Diese strebten einen Häresieprozess gegen Jeanne an, welcher mit der Verurteilung und Verbrennung der Jungfrau von Orléans endete. Ulrich von Manderscheid machte Nikolaus von Kues in diesem Jahr zu seinem Kanzler und dieser hielt seine ersten Predigten. Der englische König Heinrich VI. wurde in eben diesem Jahr in Paris zum König von Frankreich gekrönt, so dass es dann zwei französische Könige gab: Karl VII. und Heinrich VI. Im ganzen Land kam es zu Aufständen, eine Befriedung schien nicht in Sicht, bis es schließlich doch zu Gesprächen mit den Burgundern kam. Der Vertrag von Arras beendete den Konflikt zwischen den Armagnacs und den Bourguignons. Eine Einigung mit den Engländern konnte indes nicht erzielt werden (Contamine 1989, 766; Folz 1987, 750–755).
Beeinflusst von dem Konzil, das in Basel tagte, erließ der französische König Karl VII. 1438 in Absprache mit dem französischen Nationalkonzil die „Pragmatische Sanktion von Bourges“, in der u.a. die gallikanischen Freiheiten gewahrt blieben und das Verhältnis zwischen französischer Kirche und Kurie geregelt wurde. Im selben Jahr kehrte Nikolaus von Kues mit einer byzantinischen Delegation aus Konstantinopel zurück nach Italien.
1444 wurde in Tours erneut ein Waffenstillstand mit den Engländern ausgehandelt, der durch die Heirat Heinrichs VI. mit Margarete von Anjou untermauert wurde. Die Zeit danach nutzte Karl VII. für Heeresreformen und war alsdann besser gewappnet, als sich der Waffenstillstand nicht als dauerhaft erwies. Das Kriegsglück lag nun auf Seiten der Franzosen, die die Normandie zurückeroberten. Ein schwerer Schlag für England. Als ferner im Westen die Guyenne in die Hände der Franzosen fiel und diese hernach alle englischen Besitzungen auf dem Festland (bis auf Calais) erobert hatten, war der Hundertjährige Krieg zu Ende (Folz 1987, 754f., 766).
Karl VII., der lange Zeit unter Einfluss der Armagnacs stand, hatte schon in den 30er Jahren begonnen, eigene Berater um sich zu versammeln, um mit ihrer Unterstützung vor allem die inneren Probleme seines Reiches zu bewältigen. Der König stand nicht unangefochten an der Spitze. Die alten Adelsgeschlechter, allen voran die sogenannten Prinzen von Geblüt (zu diesen zählten u.a. die Herzöge von Orléans und Burgund), waren starke und einflussreiche Konkurrenten um die Herrschaft in Frankreich und suchten für sich und ihre Besitzungen zunehmend Unabhängigkeit zu erreichen – man denke nur an die enorme Entwicklung, die das Herzogtum Burgund nahm. Daneben hatte Frankreich infolge der unterschiedlichen kriegerischen Auseinandersetzungen mit einer Reihe sozialer und wirtschaftlicher Schwierigkeiten zu kämpfen. Als Karl VII. 1461 starb, hatte er weitreichende Reformen durchgeführt. Sein Sohn Ludwig XI. übernahm ein stabilisiertes Reich.
Ludwig ging den Reformweg seines Vaters weiter, setzte dabei aber andere Schwerpunkte und machte sich damit nicht nur Freunde. Insbesondere der Konflikt mit Burgund flammte erneut auf. Ludwig XI. starb 1483 (Contamine 1989, 767f.; Folz 1987, 762–770).
Da der Krieg mit Frankreich bereits Thema war, werden sich die folgenden Ausführungen über England auf die Geschehnisse in England selbst konzentrieren. Dieses hatte mit diversen innenpolitischen Problemen zu kämpfen. 1399 hatte das Parlament König Richard II. abgesetzt. Er starb nur ein Jahr später unter ungeklärten Umständen. Heinrich IV. bestieg, nicht unumstritten, mit Unterstützung des Parlaments den englischen Thron und war der erste König aus dem Hause Lancaster. Während seiner Regierungszeit (bis 1413) bedrohten verschiedene Aufstände von adliger Seite seine Herrschaft (Storey 1986, 1954).
Sein Sohn Heinrich V. hatte mit weniger Gegenwehr zu kämpfen, wenngleich der englische Adel teilweise aufbegehrte. Nachdem die Herrschaft im eigenen Land verhältnismäßig stabil war, wandte sich der König wieder dem sich zusammenbrauenden Konflikt mit dem Königreich Frankreich zu und verbündete sich mit dem Herzogtum Burgund. Der Hundertjährige Krieg wurde von neuem entfacht (Storey 1986, 1955).
Nachdem Heinrich V. 1422 in Frankreich gestorben war, wurde sein einjähriger Sohn Heinrich VI. zum König ernannt. Die Krönung fand hingegen erst 1429 statt. 1431 wurde er, dem Vertrag von Troyes folgend, darüber hinaus zum französischen König gekrönt. Aufgrund seiner Jugend stand Heinrich VI. unter dem Einfluss seiner Vormunde und auch in späteren Jahren hatten wahrscheinlich seine Berater die eigentliche Macht inne. Die Abtretung der Grafschaft Maine, die Rückeroberung der Normandie durch die Franzosen und andere Misserfolge lösten in England Unzufriedenheit und Unruhen aus (Storey 1986, 1956f.).
Der schlechte Gesundheitszustand des Königs in den 50er Jahren verschärfte die Machtkämpfe zwischen den Adelshäusern Lancaster und York, die zu der Schlacht von St. Albans (1455) führten, die gemeinhin als Beginn der sogenannten Rosenkriege angesehen wird. Die „Yorkisten“ konnten Heinrich VI. in der Schlacht von Northampton (1460) gefangen nehmen. Im darauffolgenden Jahr wurde Eduard (IV.) von York zum König erhoben. 1471, also zehn Jahre später, wurde Heinrich VI. im Tower ermordet. Die Rosenkriege endeten 1485 mit der Schlacht bei Bosworth, in der das Heer des damaligen Königs Richards III. von der Armee Heinrich (VII.) Tudors geschlagen wurde, den man daraufhin zum König krönte (Storey 1986, 1957–1960).
In Italien war das 15. Jahrhundert ebenfalls eine Zeit der politischen Umbildung. Das Papsttum kehrte nach Rom zurück, das Königreich Neapel wurde bis in die 30er Jahre von Herrschern aus dem Haus Anjou regiert und ging dann in den Besitz der Aragonesen über. Ober- und Mittelitalien waren Teil des Heiligen Römischen Reiches (Reichsitalien). Aus den dortigen Städten bzw. Stadtrepubliken entwickelten sich im Laufe der Zeit die sogenannten Signorien. Nach und nach strebten die Signori nach allgemeiner Anerkennung. Ende des 14. Jahrhunderts erreichte Gian Galeazzo Visconti seine Erhebung zum Herzog von Mailand durch König Wenzel; er erweiterte seinen Machtbereich stetig (u.a. Verona, Padua sowie Vicenza) und brachte damit seine stärksten Konkurrenten Venedig und Florenz in Bedrängnis. Nach Gian Galeazzos Tod 1402 wurde sein Besitz zwischen seinen Söhnen aufgeteilt. Das Herzogtum musste in den folgenden Jahren einige Verluste hinnehmen, konnte aber seinen Kernbereich halten und versuchte später wieder auf andere Gebiete auszugreifen (Haverkamp 1991, 726f.).
Mailands stärkster Gegner war Venedig. Dieses betrieb, wie Mailand, eine intensive Expansionspolitik und brachte in den ersten Jahren des 15. Jahrhunderts Vicenza und Verona in seinen Besitz. Später folgten u.a. Brescia, Bergamo und Udine. Venedig hatte Besitzungen beiderseits der Adria. Es konnte also seine Stellung auf dem Festland erheblich festigen, seine östlichen Besitzungen gerieten dagegen durch die türkische Bedrohung zunehmend in Gefahr.
Florenz war nach dem Tod Gian Galeazzos von der akuten Gefahr durch Mailand vorerst befreit. Später kam es jedoch erneut zu Konfrontationen. 1434 übernahm Cosimo (Il Vecchio) de’ Medici die Herrschaft in Florenz.
Bis in die 50er Jahre hinein befanden sich die unterschiedlichen italienischen Herrschaftsgebiete (Neapel, Kirchenstaat, Mailand, Venedig, Florenz u.a.) in fast ständigen Auseinandersetzungen. Diese wurden 1454 im Frieden von Lodi zunächst zwischen dem Herzogtum Mailand und Venedig beigelegt, Florenz, das Königreich Neapel und der Papst schlossen sich an. Der Frieden von Lodi setzte den Status quo fest und richtete sich des Weiteren gegen ein Eingreifen Frankreichs in Italien. So konsolidierten sich im 15. Jahrhundert auch auf der Apenninhalbinsel die Machtverhältnisse – zumindest für eine gewisse Zeit (Haverkamp 1991, 727–730; Meuthen 52012, 65–68).
Auf der Iberischen Halbinsel hatte sich zu Lebzeiten des Nikolaus von Kues ebenfalls noch keine staatliche Einheit herausgebildet, der Weg dorthin zeichnete sich indes mit der Zeit immer mehr ab. 1406 war König Heinrich III. von Kastilien verstorben. Sein Erbe sollte sein nicht einmal zweijähriger Sohn Johann II. antreten. Aufgrund seiner Minderjährigkeit übernahmen jedoch seine Mutter Katharina von Lancaster und sein Onkel Ferdinand von Antequera die Vormundschaft und die Regierungsgeschäfte. Für Ferdinand und seine Söhne, die „Infanten von Aragon“, brachte dies einen enormen Machtzuwachs. Insgesamt konnte der Adel unter Johann II. seinen Einfluss noch weiter ausbauen. Immer wieder kam es zu Adelsrevolten. Die Probleme mit den Infanten erstrecken sich bis in die 50er Jahre und auch als Johann II. sie in der Schlacht von Olmedo geschlagen hatte, bestanden die inneren Kämpfe mit dem Adel weiter. Als der König 1454 starb, hinterließ er ein Land, das finanziell kurz vor dem Zusammenbruch stand und politisch völlig zerrissen war. Es war also kein leichtes Erbe, das Heinrich IV. von Kastilien antrat. Die bürgerkriegsartigen Auseinandersetzungen mit der Adelsopposition erreichten während seiner Regierung ihren Höhepunkt. Die Adelspartei konnte ihre Macht stetig ausweiten, so dass Heinrichs Herrschaft zunehmend Beschränkungen unterlag. Ein Sieger ging aus diesen Kämpfen nicht hervor. 1468 wollten die Adligen Heinrichs Halbschwester Isabella (die Katholische) zur Königin erheben, diese bestand aber darauf, dass zuvor Heinrichs Tochter für illegitim erklärt wurde. Im Jahr darauf ehelichte Isabella Ferdinand, den Erbprinzen von Aragon (Ladero Quesada 1991, 1047f.).
Dort, in Aragon, erlosch 1410 die Herrschaft des Hauses Barcelona. Durch den Kompromiss von Caspe erlangte Ferdinand I. von Antequera die Königswürde. Unter seiner Regentschaft wurden Aragon und Sizilien vereint. Seine Versuche, zusätzlich das Königreich Neapel unter seinen Einflussbereich zu bekommen, scheiterten dagegen und auch als König von Aragon hatte er weiterhin die Regentschaft in Kastilien inne. Als Ferdinand I. 1416 verstarb, ging seine Regentschaft auf seinen Sohn Alfons V. über. Dieser verfolgte wie sein Vater das Ziel, das Königreich Neapel in seinen Besitz zu bekommen. Mit diesem Ansinnen stand Alfons nicht allein in Europa. Nach einem kurzen Italienintermezzo musste er für kurze Zeit seine Pläne unterbrechen, startete aber in den 30er Jahren eine erneute Offensive. 1442 war er schließlich erfolgreich und konnte Neapel in sein Reich eingliedern, zu welchem nun u.a. Aragon, Sizilien, Sardinien, Korsika und eben Neapel gehörten. König Alfons V. kehrte über Jahrzehnte nicht nach Spanien bzw. Aragon zurück. 1458 verstarb er in Neapel. Den Thron des Königreichs Neapel erbte sein Sohn Ferdinand. Seine Nachfolge in Aragon trat sein Bruder Johann II. an, der bereits während der Abwesenheit Alfons’ die Regierungsgeschäfte geführt hatte. Nikolaus von Kues verließ im Todesjahr Alfons’ V. die Burg Buchenstein bzw. Andraz in den Dolomiten und reiste nach Rom.
Johann II. war durch seine Ehefrau Blanca von Navarra zugleich König eben dieses Reiches. Auf diese Weise waren die Kronen von Aragon und Navarra verbunden. Sein Sohn und späterer Erbe Ferdinand ehelichte, wie bereits erwähnt, Ende der 60er Jahre Isabella (die Katholische) von Kastilien. Als er dann 1479 das Erbe seines Vaters antrat, wurden die Königreiche von Aragon, Kastilien sowie Navarra vereint (Salrach Marés 1980, 85f.).
Portugal wurde im 15. Jahrhundert vom Haus Avis regiert. Unter ihm stieg das Land zur bedeutenden See- und Handelsmacht auf. Prominenteste Persönlichkeit dieser Entwicklung war Heinrich der Seefahrer, ein Sohn von König Johann I. Mit seinem Namen sind die (Wieder-)Entdeckungen der Azoren, Madeiras und der Kanarischen Inseln verbunden. Portugal expandierte immer weiter in Richtung Westen und nach Afrika, während sich der Rest Europas primär mit seinen inneren und äußeren Feinden auseinandersetzte (Vonn 1995, 120).
Die Länder Europas waren Ende des 14. und im Laufe des 15. Jahrhunderts nicht allein in innere und äußere politische Kämpfe involviert. Die Entwicklungen dieser Zeit waren stark vom Abendländischen Schisma und dessen Auswirkungen geprägt.