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Ein Überblick über die Entwicklungen im Römisch-Deutschen Reich

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1400, ein Jahr vor Cusanus’ Geburt, wurde Wenzel IV. als deutscher König abgesetzt, König von Böhmen blieb er weiterhin. An seiner Stelle wurde Pfalzgraf Ruprecht III. mit den vier Stimmen der rheinischen Kurfürsten zum deutschen König gewählt, also mit den Vota der Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier sowie seiner eigenen Stimme. Wie seine Mitwähler war er wohl der Meinung, dass Wenzel das Binnenreich vernachlässigt und sich zu sehr auf seine böhmischen Stammlande konzentriert hatte (Schubert 1995, 1108). Mit seiner Wahl war Ruprecht zugleich mit dem Auftrag betraut worden, sich für die Lösung der Kirchenfrage einzusetzen. Er selbst hielt an der römischen Obödienz fest.

Um Ruprechts Finanzen war es seit seinem Amtsantritt schlecht bestellt. Dies wirkte sich auch auf seinen Italienfeldzug aus, den er 1401 antrat – im Geburtsjahr des Nikolaus von Kues. In Norditalien musste sich der König der Übermacht des Herzogs von Mailand, Gian Galeazzo Visconti, geschlagen geben.

Nach seiner Rückkehr sah er sich mit einem Kernproblem seiner Regierungszeit konfrontiert: dem Gegensatz zwischen der Kurpfalz und Kurmainz. Letzteres hatte sich mit anderen potentiellen Feinden im Marbacher Bund (1405) zusammengeschlossen (Moraw 1986, 851). Durch seine eigene Bündnispolitik konnte Ruprecht aber konkrete Auseinandersetzungen vermeiden. Der Konflikt als solcher blieb weiterhin bestehen.

Sowohl Kurmainz als auch Wenzel schlossen sich 1409 dem Konzil an, welches die Kardinäle nach Pisa einberufen hatten. Ruprecht bewies abermals seine Treue zu Rom, indem er dieses ablehnte, weil er es als „frankreichhörig“ (ebd., 852) ansah. In der Heidelberger Appellation protestierte er gegen das Konzil und appellierte an den wahren (römischen) Papst und ein rechtmäßiges Konzil. König Ruprecht starb 1410, kurz bevor der Konflikt mit dem Mainzer Kurfürsten offen ausbrach.

Obwohl sich Wenzel in Böhmen noch immer als König behauptete, strebten die deutschen Kurfürsten eine Neuwahl an. Man war nach Ruprechts Tod allein darin einer Meinung, dass sein Nachfolger wieder aus dem Haus der Luxemburger kommen sollte, wie Wenzel und dessen Vater Karl IV. Auf einen Kandidaten konnte man sich nicht einigen. Am 20. September 1410 wurde schließlich Sigismund, der Bruder von Wenzel und König von Ungarn, von den Kurfürsten der Pfalz, Trier und Brandenburg zum König gewählt. Die Wahl war unzulässig, weil nur drei der sieben Kurfürsten für ihn gestimmt hatten. Am 1. Oktober wurde Jobst von Mähren, ein Cousin Wenzels, von den Kurfürsten von Mainz, Köln, Sachsen, Brandenburg und Böhmen zum König gewählt (Wefers 1995, 1869). Doch er starb bereits Anfang des Jahres 1411. Mitte des Jahres wurde dann Sigismund einhellig zum deutschen König gewählt. Dieser hatte seine Kindheit und Jugend im Osten (in Prag, in der Mark Brandenburg, Polen und Ungarn) verbracht. 1387 war er dann zum König von Ungarn gekrönt worden. Er konnte seine Macht also nicht auf eine Hausmacht im Reich bauen, zumindest nicht bis zum Tode Wenzels im Jahr 1419, als er dessen Nachfolge antrat. Nach seiner Wahl zum deutschen König zog es ihn ebenfalls nicht nach Westen. Deshalb war es erforderlich, dass er seine Macht im Reich auf wechselnde Adelshäuser und Reichsstädte stützte. So ernannte Sigismund den Burggrafen Friedrich VI. von Nürnberg zum Verweser und obersten Hauptmann Brandenburgs. 1417 wurde dieser mit der Kurfürstenwürde der Mark Brandenburg belehnt. Friedrich VI. war der Begründer des Hauses Hohenzollern (Koller 1987, 441).

Von Anfang an kämpfte der neue König an mehreren Fronten: Bereits als ungarischer König, also vor seiner Wahl zum deutschen König, sah er sich und sein Land von den Osmanen bedroht, unterlag diesen 1396 in der Schlacht bei Nikopolis. Und auch später als deutscher König war er infolge der Bedrohung durch die Türken immer wieder an seine ungarische Hausmacht gebunden und selbst fern der deutschen Lande. Zudem war er in Auseinandersetzungen mit Venedig und Neapel verwickelt, die weiter expandieren wollten. So kam er nach seiner ersten (ungültigen) Wahl 1410 erst 1414 zu seiner Krönung in Aachen wieder ins Reich (Wefers 1995, 1870; Moraw 1986, 851f.).

Entscheidenden Anteil hatte der König zudem an der Einberufung und Durchführung des Konzils von Konstanz (dazu später mehr), das im Dezember 1414 eröffnet wurde. Koller ist der Meinung, dass Sigismund in einem Konzil zusätzlich die Möglichkeit sah, die Konflikte in Böhmen zu erörtern und eventuell zu beenden (Koller 1987, 441). Im Zentrum eines solchen Konzils sollte nichtsdestoweniger die Lösung der Kirchenfrage stehen, zu der sich Sigismund als deutscher König verpflichtet hatte. Zudem waren die Kirchenreform und kirchliche Verkündigung zentrale Themen des Konzils. Im Fokus standen außerdem Johannes Hus und seine Anhänger. Hus’ Verurteilung und Hinrichtung im Sommer 1415 feuerte die Kämpfe in Böhmen weiter an.

Bereits vor seiner Wahl zum deutschen König war Sigismund in die Politik Böhmens involviert. Während der Gefangenschaft Wenzels 1402/03 übernahm er dort als Reichsverweser die Herrschaft. Als Wenzel 1419 starb, trat Sigismund dessen Nachfolge als böhmischer König an und sah sich mit den Hussiten konfrontiert. Noch bevor ihm in Prag die Wenzelskrone aufgesetzt werden konnte, ging er rigoros gegen die Aufständischen vor. Fast 20 Jahre wurde seine Herrschaft lediglich von den katholischen Landesteilen anerkannt. Erst nach der Bestätigung der ‚Vier Prager Artikel‘ in den 30er Jahren wurde Sigismund allgemein als König von Böhmen akzeptiert (Graus 1983, 340; Wefers 1995, 1870). Seine Machtbasis und seine Ansprüche festigte er frühzeitig, als er seinem Schwiegersohn Albrecht V. von Österreich bereits 1422 die Markgrafschaft Mähren übertrug.

Sigismunds Reformversuche im Reich waren nur von kurzer Dauer. Teilweise gab es Gegenwehr aus dem Reich, die Kosten konnte und wollte wohl niemand tragen, und Sigismunds lange Abwesenheit vom Reich war vermutlich auch nicht förderlich (Koller 1987, 448).

Als Sigismund seinen Italienfeldzug unternahm (1431–33) und 1433 in Rom zum Kaiser gekrönt wurde, hatte schon längst das Konzil von Basel begonnen. Im Todesjahr des Kaisers, 1437, ließ Papst Eugen IV. das Konzil nach Ferrara verlegen. Mit Sigismund endete die Regierungszeit der Luxemburger im Reich sowie in Böhmen.

Der Habsburger Albrecht V., Herzog von Österreich, war früh von seinem Schwiegervater Sigismund als dessen Erbe designiert worden. Wenige Tage nach Sigismunds Tod wurde er im Dezember 1437 zum König von Ungarn gewählt und im Januar 1438 gekrönt (Koller 1987, 446, 454). Im März 1439 wählten ihn die Kurfürsten einhellig zum römisch-deutschen König. Bekannt wurde er unter dem Namen Albrecht II. Die Kurfürsten hatten die Zeit der Sedisvakanz genutzt und Bestimmungen für eine Reichsreform ausgearbeitet und sich zudem noch vor der Königswahl im Streit zwischen Papst Eugen IV. und dem Basler Konzil für neutral erklärt. Der neue König schloss sich dieser Politik an und nahm auch die sogenannte Mainzer Akzeptation (26 Reformdekrete des Konzils) an. Albrecht, der wie Sigismund keine Hausmacht im Reich besaß, sondern lediglich seine Erblande in Ober- und Niederösterreich, betrat die Kernländer des Reiches während seiner kurzen Regierungszeit kein einziges Mal (ebd., 454f.; Hödl 1980, 313f.). Zu seiner Krönung kam es ebenfalls nicht. An seiner Statt legte er die Aufgaben, die das Reich betrafen, in die Hände von Beratern und Mit gliedern der Reichskanzlei. Dieser Beraterkreis zeigte sich für die Ansätze einer Reform nach 1438 verantwortlich, die vor allem das Rechtsleben und die Missstände im Münzwesen betrafen. Viel wurde nicht erreicht (Koller 1987, 455; Hödl 1980, 314). Für wirkliche Reformen wäre wahrscheinlich die Anwesenheit des Königs im Reich erforderlich gewesen. Dieser konzentrierte sich und seine Politik in der Tradition der Luxemburger und in der Nachfolge Sigismunds auf Böhmen. Im Juni des Jahres 1439 wurde er dort zum König gekrönt. Obgleich er die „Prager Kompaktaten“, also das Abkommen zwischen dem Basler Konzil und böhmischen Ständen, anerkannt hatte, sah er sich mit der starken hussitischen Gegenwehr des böhmischen Adels konfrontiert. Dieser trug die Wenzelskrone sogar Kasimir, einem jüngeren Bruder des polnischen Königs, an, was diesen in die Position eines Gegenkönigs rückte. Das Vordringen der Türken auf dem Balkan zwang Albrecht II. dazu, nach Ungarn zu reisen. Noch bevor es zur direkten Konfrontation mit den Osmanen kam, geriet er in Ungarn, wo sich eine Opposition gegen ihn gebildet hatte, in innere Auseinandersetzungen. Zu einer Entscheidung zwischen dem königlichen Heer und den Türken kam es nicht, da sich Letztere vorzeitig entzogen hatten und Albrecht II. im Oktober 1439 überraschend starb. Sein Sohn und Erbe, Ladislaus Postumus, kam erst Monate später auf die Welt (Koller 1987, 455f.).

Anfang des Jahres 1440 einigten sich die Kurfürsten auf Friedrich, Herzog der Steiermark, von Kärnten und Krain sowie Österreich. Er hatte sich die Vormundschaft über Sigismund von Tirol und Ladislaus Postumus gesichert und verfügte so über die gesamten österreichischen Länder. Außerdem übernahm er die Schulden König Albrechts II., ohne jedoch ausreichend finanzielle Mittel zu besitzen, um diese begleichen zu können. Hatten seine Vorgänger ihr politisches Handeln stark auf Böhmen als Zentrum ihres Reiches konzentriert, zog sich Friedrich III. dort zurück und wandte seine Aktivitäten Österreich zu. Er sann darauf, die Territorien, die das Haus Habsburg an die Eidgenossen verloren hatte, wiederzugewinnen und so einen zusammenhängenden Alpenstaat zu schaffen. Dabei schloss er in seinem Kampf gegen die Schweizer unterschiedliche Bündnisse (mit der Stadt Zürich und den französischen Armagnacs) und konnte dennoch seine Ziele für Österreich nicht verwirklichen. Einen entscheidenden Anteil daran hatten in diesem Zusammenhang Friedrichs Gegner im eigenen Land, d.h. in den österreichischen Gebieten. Bereits 1442 verlangte der Tiroler Adel, dass Friedrich die Vormundschaft über Sigismund von Tirol aufgebe und dieser allein regiere. Kurz darauf wurde auch noch Ladislaus Postumus, Erbe der Königreiche Ungarn und Böhmen, in Ungarn gekrönt. Ihm wurde allerdings der von den Ständen gewählte Johannes Hunyadi an die Seite gestellt, und mit der Krönung zum böhmischen König geriet Ladislaus in den Einflussbereich des Georg von Podiebrad, der die Regierungsgeschäfte führte. Somit verlor Friedrich einen großen Teil der Gebiete, die unter seinem Einfluss gestanden hatten. Die Konflikte im eigenen Land gingen sogar so weit, dass Friedrich 1462 von seinem Bruder Herzog Albrecht VI. in der Wiener Burg festgesetzt und belagert wurde (ebd., 458; Koller 1989, 940f.).

In Friedrichs Regierungszeit fiel auch die Eroberung Konstantinopels durch die Türken 1453, auf die Nikolaus von Kues verschiedentlich Bezug nimmt. Aber der Kaiser blieb untätig und reagierte gleichfalls nicht auf den Kreuzzugsaufruf Papst Nikolaus’ V.

Neben der Rückgewinnung der habsburgischen Gebiete im Südwesten stellten die Reformen für das Reich ein zentrales Anliegen dar. Friedrichs III. besondere Aufmerksamkeit bei den Reformbemühungen galt dem Rechts- und Gerichtswesen. So erließ er im Jahr seiner Krönung, 1442, auf dem Frankfurter Reichstag – an dem auch Nikolaus von Kues teilnahm – einen Landfrieden, die sogenannte Reformatio Frederici, die Basis für umfassendere Maßnahmen sein sollte. Das Finanzwesen ließ er dagegen weitgehend außer Acht (Koller 1987, 458; 1989, 941f.). Andere Reformmaßnahmen betrafen den Klerus, den der neue König stärker an seinem Hof binden und fördern wollte. Damit kam er den Interessen der Kurie entgegen, und so nahm Friedrich III. im Laufe der Zeit Abstand vom Basler Konzil und den Konziliaristen. Stattdessen suchte er die Nähe zu Papst Eugen IV. bzw. zur Kurie. Dieser Kurswechsel führte im Jahr 1448 zum Abschluss des Wiener Konkordats zwischen dem deutschen König und Papst Nikolaus V. Dieser Vertrag, der bis Anfang des 19. Jahrhunderts Bestand hatte, sprach dem Papst u.a. das Recht zu, bei der Besetzung von Bischofssitzen und Abteien mitzubestimmen. Nicht unwesentlich waren die zahlreichen neuen Pfründen, die dem Papst zugesprochen wurden. 1452 krönte Nikolaus V. Friedrich im Gegenzug zum römisch-deutschen Kaiser und bestätigte das Recht der Ersten Bitte (das Recht des Kaisers anlässlich seiner Krönung die erste freiwerdende Pfründe an einem Stift, einer Abtei o.ä. im Heiligen Römischen Reich zu besetzen). Dieses Übereinkommen zwischen König und Papst löste nördlich der Alpen und explizit bei den Konzilsanhängern wenig Begeisterung aus, widersprach es doch ihren Reformvorstellungen. Während er in den 60er Jahren des 15. Jahrhunderts eher in eine passive Position verfallen zu sein schien, zeigte Friedrich in den 70er Jahren wieder neue Aktivitäten. Er suchte die Nähe zu Karl dem Kühnen von Burgund und legte damit bzw. mit der Eheschließung seines Sohnes Maximilian mit Maria von Burgund den Grundstein für das Reich Karls V., „in dem die Sonne niemals untergeht“. Als Friedrich III. 1493 starb, war Nikolaus von Kues bereits seit nahezu 30 Jahren tot.

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