Читать книгу Logos - Группа авторов - Страница 16

5. Die Fragmente der Ideenzahlenlehre bei den Kommentatoren

Оглавление

Stenzel und Taylor haben in summa lediglich die folgenden Stellen aus den Kommentatoren des Aristoteles herangezogen, die ich, um einige wenige vermehrt, nach denjenigen Aristotelesstellen anordne, welche sie kommentieren, und in dieser Reihenfolge mit C1, C2… bezeichne; ich zitiere nach der Ausgabe der Berliner Akademie.


Dazu kommen zwei Zeugnisse in Schriften von unmittelbaren Schülern des Aristoteles:

C11. Theophrast de prima philos. p. 312f. Br. VI a 23 Us. (cf. Heinze, Xenokrates, Leipzig 1892, p. 169, fragm. 26). C12. Aristoxenus, harmonica 30, 16–31, 2 (ed. Marquard, Berlin 1868, p. 44).15

Aus diesen Stellen ergibt sich über den äußeren Rahmen von Platons Vorlesung „Über das Gute“ folgendes. Plato kündigt eine Vorlesung (ἀόασις, C12, oder συνουσία) πεὶ τοῦ ἀγαθοῦ an, und es findet sich eine große Hörerschar ein (C12). „Alle erscheinen in der Annahme, sie würden irgendeines von den menschlichen Gütern erlangen, wie Reichtum, Gesundheit, Kraft oder übehaupt eine wundervolle Glücklichkeit. Als dann aber die Auseinandersetzungen mit Mathematik, Zahlen, Geometrie, Astronomie anhuben und mit der These, daß τὸ πέας ἀγαθόν ἐστιν ἕν16, dürfte die Überraschung allgemein gewesen sein. Ein Teil verlor das Interesse am Gegenstand, die anderen kritisierten ihn.“ Indem Aristoxenus diese Reminiszenz aus Erzählungen des Aristoteles wiedergibt, will er damit sagen, wie fehlerhaft bei einer Schrift oder einer Vorlesung eine falsche – wie man heute sagen würde – Aufmachung wirken kann. Aus den anderen Stellen erfahren wir, daß die bedeutendsten Gelehrten der Akademie bei der Vorlesung zugegen waren und Nachschriften davon angefertigt haben (πάντες γὰ συνέγαψαν α διεσώσαντο τὴν δόξαν ατο, C1). Die eine, die des Aristoteles, muß in einer festen Form niedergelegt, wenn nicht gar ediert gewesen sein (C3, C5, C5a, C6 p. 56, 33–35, C7, C8, C9, C10); C9, C10 reden von einem Buch II dieser Schrift des Aristoteles (C5 scheint, wie Stenzel bemerkt, diese Schrift mit der πε ϕιλοσοϕίας zu verwechseln). Aber auch Speusipp und Xenokrates, die später nacheinander die Nachfolger Platos in der Leitung der Akademie wurden, fertigten Nachschriften an (C1, auch C11), ferner Hermodorus (C2), Herakleides aus Pontos (der Astronom), Hestiaios und der ganze Kreis der Akademie (C3).

Alle aufgeführten Fragmente berichten mit geringen Schwankungen des Wortlauts:

πάντων ἀχα α ατν τν δεν τό τε ἕν ἐστι α ἡ ἀόιστος δυάς, ἣν μέγα α μιόν ἔλεγεν. Eins und unbestimmtes Paar, oder, wie Plato es nannte, das „Groß und Klein“ sind die Grundprinzipien von allem und auch von den Ideen (C1 und C8).

oder, um noch eine der vielen Varianten danebenzustellen:

ἀχὰς δε τν δεν ὡς μὲν λην α τὸ ποείμενον ἔλεγε τὸ μέγα α τὸ μιόν, δυάδα τινα οσαν, ὥς ϕησιν, ἀόιστον, ὡς δὲ οσίαν α εδος τὸ ἔν. Als Grundprinzipien führt er auf: als Material und Grundlage das Groß und Klein, eine Art unbestimmtes Paar, wie er sagt, als Begriff und Form dagegen das Eine (C6, pag. 53, 2–4).

Diese Wortlaute unterscheiden sich im wesentlichen nur darin, daß sie bald mehr, bald weniger darüber aussagen, wovon die Grundprinzipien gesucht wurden; nicht nur von den ἀιθμοί, den Zahlen, nicht nur von den ὄντα, den νοητά, den ewigen, unveränderlichen Denkdingen, sondern auch von den ασθητά, den Gegenständen der Wahrnehmung, also von allem schlechthin. Wir erfahren ferner in C1, daß das Groß und Klein dasselbe sei, was Plato im Timaios für den Bereich des sinnlich Wahrnehmbaren λη nennt, und in C2, daß er diese λη, das Material, dem ἄπειον und ἀόιστον entnimmt, dem Bereich der das Mehr und Weniger erfahrenden Dinge (τν τὸ μλλον α τὸ ττὸν ἐπιδεχομένων), den wir aus dem Philebos kennen. Wir erfahren endlich (C9, C10, vgl. auch C1b), daß die aristotelische Schrift auch einen Aufsatz ἐλογὴ τν ἐναντίων (eine Auswahl von Gegensätzen) enthalten oder darauf Bezug genommen habe, und daß diejenigen Gelehrten insbesondere, die alles auf den Gegensatz πέας – ἄπειον (begrenzt – unbegrenzt) ausspielen, genau dieselben seien, die ἕν und ἀόιστος δυάς unter den ἀχαί annehmen (C10, pag. 262, 7). In C4a tritt auch noch der Name μεθετιόν für das Groß und Klein auf als gelegentliche Benennung Platos, also „das Teilnehmende“, sowie die Bezeichnung εδητιος ἀιθμούς (Ideenzahlen).

Nur die Stellen C2, C2b, C3, C6, C8 enthalten etwas über das bisherige dürftige Gesamtergebnis hinaus. C8 ist in zwei wesentlich differierenden Fassungen überliefert, die beide sehr dunkel sind; gewiß ist, daß es nicht Reste aus der Vorlesung Platos enthält, sondern Argumente gegen dessen Lehre, die bestenfalls aristoteleischen Ursprungs sein könnten. Die kurze und gleichfalls nicht gerade durchsichtige Andeutung von C10 (pag. 248, 5) wird unten zu erwähnen sein. C2b scheint nur von der äußerlichen Frage zu handeln, ob man das Groß und Klein als ein einziges Grundprinzip oder als zwei zählen müsse, – das erstere sei die Auffassung Platos. Es bleiben also nur C3 und C6, die beiden umfangreichsten Stellen.

C6 findet sich in dem Kommentar Alexanders zu derjenigen Stelle im Buch I der Metaphysik, wo Aristoteles die Entwicklung der Philosophie in kurzen Strichen skizziert. Dem folgenden Paragraphen vorgreifend müssen wir diese Aristotelesstelle schon hier behandeln. Aristoteles schildert (I 6) was Plato von den „Italikern“, vor allem von den „sog. Pythagoreern“ übernimmt, worin er von ihnen abweicht. Die Pythagoreer haben, ausgehend von der Rolle, die den Zahlen in der Harmonielehre zukommt, in allen Dingen Zahlen gesehen und mehr als das: alle Dinge nur noch als Zahlen angesehen. Plato, der von Heraklit ausgeht und von der veränderlichen Natur der Wahrnehmungswelt, ersetzt das Verhältnis der μμησις, der Nachahmung, in dem nach pythagoreischer Auffassung die Dinge der Wahrnehmung zu den Zahlen stehen, durch das der μέθεξις, der Teilnahme der wirklichen Dinge an der δέα, dem ἕν, dem Begriff, der sie in eines zusammenfaßt17. Zwischen den Ideen und den Dingen der Wahrnehmung dazwischen (μεταξ) nimmt Plato eine dritte Welt an, die der mathematischen Dinge18. Grundbegriffe (ἀχα) sind für Plato das „Groß und Klein“ als Material (λη) und das ἕν, das zur Einheit Zusammenfassen, als formendes Prinzip (οσα). Eben diese Einführung der δυάς des Groß und Klein statt des schlichten ἄπειον der Pythagoreer ist für Plato charakteristisch (987b25–27). Und nun folgen die letzten Worte dieser Skizze (987b31–988a1), denen dann, mit den Worten

ατοι συμβανει γ᾿ ἐναντος· ο γὰ ελογον οτως. in Wahrheit liegt es gerade umgekehrt; so ist es nicht gut gedacht

einsetzend die Kritik des Aristoteles angefügt ist. Diese Worte, diejenigen, die C6 kommentieren will, lauten:

ἡ τν εδν εσαγωγὴ διὰ τὴν ἐν τος λόγοις ἐγένετο σέψιν (ο γὰ πότεοι διαλετις ο μετεχον), τὸ δὲ δυάδα ποισαι τὴν ἑτέαν ϕύσιν διὰ τὸ τος ἀιθμος ἔξω τν πώτων ε ϕυς εξ ατς γεννσθαι, ὥσπε ἔ τινος ἐμαγείου. Die Einführung der Ideen vollzog sich (bei Plato) wegen der Betrachtung ἐν τος λόγοις (die Älteren verfügten nämlich noch nicht über die Dialektik): das Paar aber machte er zum zweiten Erzeugungsprinzip, weil die Zahlen mit Ausnahme der πτοι wohlgestaltet aus ihm hervorgehen, wie aus einer Art bildsamen Stoffs.

Diese Stelle, das Schmerzenskind Stenzels, ist das einzige explizite Wort, das Aristoteles hier von Platos Lehre ausspricht. Vom Standpunkt meiner These erhält diese Stelle einen prägnanten Sinn. Dabei denke ich nicht an die Worte σέψις ἐν τος λόγοις, die dazu herausfordern könnten, λόγοις als Verhältnis zu lesen, die aber im Zusammenhang mit der erläuternden Klammer offenbar anders zu verstehen sind. Es handelt sich vielmehr um die Deutung der dunklen zweiten Hälfte des Satzes. Zunächst, daß er die δυάς als eine ϕύσις, als ein Erzeugungsprinzip anspricht, nicht als ein mathematisches Gebilde, entspricht so ganz der Rolle, die die Paarung beim Bilden des λόγος, des Verhältnisses in der Proportionenlehre spielt; das Bild vom Stempel, mit dem man wie aus einem bildsamen Stoff die einzelnen Exemplare entstehen läßt, könnte hierfür gar nicht besser gewählt sein: die verschiedenen Größenpaare z.B., die im Verhältnis 1:2 stehen, wie 2:4, 3:6, 4:8 oder zwei Strecken, deren eine doppelt so lang ist als die andere, sind die verschiedenen Abdrücke eines einzigen Klischees, das sie alle zu einem Begriff, einem ἕν zusammenfaßt, zu dem λόγος oder der „Zahl“ (im neuen Sinne) 1:2 (wir schreiben hierfür heute 1/2). Man vergleiche hiermit die kurz zuvor stehenden aristotelischen Worte 987b21

ἐξ ἐείνων γὰ ατὰ μέθεξιν το ἑνὸς τὰ εδη εναι τος ἀιθμούς. aus dem Groß und Klein gehen vermöge des Erzeugungsprinzips der Teilhabe an einer Gesamtheit die Ideen als Zahlen hervor19.

Die Worte ἔξω τν πώτων, die für Stenzel eben die Schwierigkeit darstellen, bereiten hier keine mehr. Man hat bisher übersetzt: „mit Ausnahme der ersten Zahlen“ (ohne dem irgendeinen mathematisch befriedigenden Sinn beilegen zu können) oder „mit Ausnahme der Primzahlen“, indem man sich erinnerte, daß πτοι ἀιθμοί bei Euklid die Primzahlen bedeutet, und doch nicht imstande war, damit irgendeine klare Vorstellung zu verknüpfen. Man hat vergessen, daß πτος unmittelbar daneben bei Euklid noch in einem anderen Sinne auftritt: zwei Zahlen heißen „zueinander πτοι“ (relativ-prim), wenn sie gegeneinander gekürzt sind. Verwendet man an unserer Stelle diese Bedeutung, so ist alles völlig klar; 2:4, 3:6, u.s.w. erscheinen alle als Stempelabdrücke des gekürzten Paares, nach dessen Bilde sie geformt sind, 1:220.

Die Stelle fügt sich nach dem Gesagten meiner These zwanglos ein. Aber mehr als das: sie fügt sich mit dem in § 4 zum Philebos Bemerkten zu einem einheitlichen Bilde zusammen. Die Klasse des Unbegrenzten war dort in eine klare Formel gefügt: sie besteht aus den Dingen, die das μλλον τε α ττον fassen, wozu auch das Groß und Klein gehört; diese Dinge erscheinen dort als die „Siegelabdrücke“ (ἐπισϕαγισθέντα) des allgemeinen Klischees. Dagegen war es bewußt aufgeschoben worden, die Klasse der Begrenzten in eine analoge Formel, einen σνδεσμος zusammenzufassen. Das eben hat Plato im Bewußtsein der mathematischen Vorbildung, die er beim Leser dazu voraussetzen müßte, nicht in einem exoterischen Dialog gegeben, sondern in jener Vorlesung über das Gute – und der Erfolg hat seiner pädagogischen Scheu recht gegeben –. In dieser Vorlesung also hat er das, was er im Philebos nur an Beispielen andeutete, als allgemeines Prinzip entwickelt21. Und wie er dort von den Siegelabdrücken spricht, die die einzelnen ἄπεια vom μλλον α ττον darstellen, so redet er hier vom bildsamen Stoff, in den das Prinzip des unbestimmten Paares die einzelnen Paare einstempelt.

Hierzu halte man nun die im Eingang dieses Paragraphen noch unübersetzt gelassene Wendung aus der Aristoxenosstelle τὸ πέας ὅτι ἀγαθόν ἐστιν ἕν, das einzige Wort über den eigentlichen Inhalt der Vorlesung, das uns diese Stelle offenbart. Die Übersetzung, die Marquard mit den sinnentbehrenden Worten „daß die Grenze ein Gut ist“ vollzieht, ergibt sich in unserem Gedankengang folgendermaßen: „die Klasse des Begrenzten, zu einem Begriff (ἕν) zusammengefaßt, ist das Gute.“ Der σνδεσμος der πέας-Klasse und seine Identifizierung mit dem Guten erscheint also auch hier als das Hauptstichwort der ganzen Vorlesung.

Soweit die Aristotelesstelle. Alexander kommentiert sie (pag. 57, 3–34) ganz unzweideutig in der Weise, die sich aus meiner These eben ergab: er redet von 1:2 und 2:4 und 3:6, von den zueinander primen Zahlen u.s.f.; einen breiten Raum kostet ihn dabei eine offenbare Ungeschicklichkeit im mathematischen Darstellen (die Scheidung der Besonderheiten des Verhältnisses 1:2, das hier als Beispiel dient, von irgendeinem Verhältnis), die hier nicht weiter von Belang ist. Es erscheint als ein Vorzug meiner These vor allen bisherigen Behandlungen der hier zu Grunde liegenden Aristotelesstelle, daß sie sich als erste zu diesem Kommentar Alexanders nicht in Gegensatz zu stellen braucht, sondern mit ihm aufs beste harmoniert22.

Bevor Alexander zu dem eben erwähnten Kommentar übergeht, schickt er (pag. 55, 20–56, 35) als Grundlage dafür ein Referat über die Vorlesung vom Guten voraus, die ihm, sei es in der aristotelischen Nachschrift, sei es in irgend welchen indirekten Berichten, vorgelegen haben muß. Diese Seite stellt also – und das scheint bisher nicht genügend beachtet worden zu sein – das ausführlichste dar, was wir von dieser Vorlesung besitzen. Authentisch freilich ist der Wortlaut auch hier in keiner Zeile.

Alexander begründet zuerst, warum Plato und die Pythagoreer gemeinsam die Zahlen als allem anderen übergeordneten Begriff ansehen, und somit als ἀχή, die nicht weiter analysiert werden kann, der nichts mehr übergeordnet ist. Denn wie die Ebenen die Urbestandteile der Körper, die Linien die der Flächen sind, so die Punkte, oder, wie die Pythagoreer sagen, die μονάδες (eigentlich „Einheiten“) die unteilbaren Bestandteile der Linien, und ihnen ist nichts mehr übergeordnet. α δὲ μονάδες ἀιθμο, fährt er fort. Es ist sinnlos zu sagen, daß μονάδες und ἀιθμο dasselbe sind. Der Satz erhält einen Sinn, wenn man sich erinnert, wie Euklid (Elemente VII, Def. 2) die Zahl definiert: ἀιθμὸς δὲ τὸ ἐ μονάδων συγεμενον πλθος, eine Zusammenstellung von Einheiten. Eine derartige Definition scheint es zu sein, die Alexander hier meint, und es ist zu übersetzen: „Mehrzahlen von Einheiten aber sind Zahlen.“

Rein formalistisch also ist hier eine Schuldefinition eingesetzt. Nur deshalb habe ich diese Vorbemerkung, aus der hier gar nichts zu folgern ist, so genau wiedergegeben. Sie zeigt, wie auch die oben erwähnte mathematische Ungeschicklichkeit, wie auch das, was wir aus des Simplicius Bericht über die Menisken des Hippokrates wissen23, daß Alexander dem Mathematischen fernsteht, daß dieser Hauptzeuge mit großer Vorsicht zu verwerten ist, wo es um Mathematisches geht.

Wenn nun, fährt Alexander fort, alles Zahlen sind, so sind die ἀχα der Zahlen auch die aller Dinge. ἀχα der Zahlen aber sind nach Plato μονάς und δυάς. Mit ausdrücklicher Berufung auf Plato fährt er dann (pag. 56, 13) fort: „Indem er sodann darauf ausging, die Begriffe gleich und ungleich als Grundlage von allem aufzuweisen (denn alles wollte er auf die obersten, einfachsten Begriffe zurückführen), τὸ μὲν σον τ μονάδι ἀνετθει, τὸ δὲ ἄνισον τ πεοχ α τ ἐλλεψει, stellte er die Gleichheit der 1 gegenüber (eigentlich: weihte sie der 1), die Ungleichheit dem Größersein und Kleinersein (also dem > 1 und dem < 1) … Und darum nannte er sie unbestimmtes Paar, weil keiner von beiden Bestandteilen, weder der große noch der kleine, an sich bestimmt ist. Durch die Zusammenfassung zu einem Begriff (τ ἑν) gehe daraus die gewöhnliche ganze Zahl 2 hervor.“

So schreitet dieser Bericht, dessen letzte halbe Seite (56, 21–33) wir übergehen, fort; aus dem ἔτι (ferner), mit dem jeder zweite Satz anhebt, errät man den paragraphenweisen Fortschritt der Vorlage, aus der Alexander referiert. Zweifellos lichtet sich das Dunkel, das bisher über diesen Sätzen lag, einigermaßen, und zweifellos handelt es sich um einen einigermaßen authentischen Bericht. Denn mit den Worten Metaphysik XIII 5, 1093b1 ὡς σ τ ἑν χώμενος (indem er sich der 1 als der Gleichheit bediente) bezeugt Aristoteles, daß wir in diesem Halbsatz wiederum vor einem der wenigen greifbaren Trümmer aus Platos Vorlesung stehen. Und gerade dieses Trümmerstück fügt sich in meine These ganz von selber ein und liefert für sie eins der wenigen handgreiflichen Beweismomente. Denn daß dem Verhältnis der Gleichheit A: A die gewöhnliche 1, daß dem Verhältnis 2A:A die gewöhnliche ganze Zahl 2 gegenübertritt ( schreiben wir in diesem Falle), ist selbstverständlich.

Von dem, was Alexander im Umkreis dieser Stelle sagt, sei nur eines noch angeführt. Aristoteles schließt seine kurze Polemik mit Plato an dieser Stelle mit den referierenden Worten ab (988a14):

ἔτι δὲ τὴν το ε α το ας ατίαν τος στοιχεοις ἀπέδωεν ἑατέοις ἑατέαν. weiter ordnete er die Ursachen von gut und von schlecht den beiden Grundprinzipien seiner Theorie zu.

Hierzu bemerkt kommentierend Alexander, daß Plato das Gute mit dem ἕν, das Böse mit der ἀόιστος δυάς identifizierte. Das ist einer der wenigen Hinweise auf das ethische Ziel der Platonischen Vorlesung und berührt sich mit manchem im letzten Teil des Philebos Gesagtem, fügt sich auch mit der Aristoxenosstelle gut zusammen24.

Auch C3 enthält ein umfangreiches Referat über Platos Colleg, in seinem ersten Teil (453, 20–454, 19) dem Phileboskommentar des Porphyrius entnommen, im zweiten (454, 19–455, 14) aus Alexanders Bericht über die Platonische Vorlesung; wo dieser stand, ist nicht gesagt. Das Referat aus Porphyrius schließt Simplicius mit den Worten ab:

Τατα ὁ Ποϕύιος επεν ἀυττ σχεδὸν τ λέξει, διαθον ἐπαγγειλάμενος τὰ ἐν τ Πε τἀγαθο συνουσία ανιγματωδς ηθέντα, α σως ὅτι σύμϕωνα ἐενα ν Τος ἐν Φιλήβω γεγαμμένοις. das ist fast wörtlich der Bericht des Porphyrios, der ankündigt, er wolle das im Kolloquium über das Gute in rätselhafter Art Gesagte klarstellen, vielleicht weil es einen Anklang an eine Stelle im Philebos enthält.

Das Referat knüpft an das Beispiel von der Elle an, die halbiert wird, und deren rechte Hälfte dann wieder halbiert wird. Der neue Teilpunkt läßt links von sich ¾ der Elle, rechts ¼. Nun wird das rechte Viertel abermals halbiert, und der neue Teilpunkt hat links von sich ⅞, rechts von sich ⅛ der Elle, und so geht es fort. Es wird also ein unendlicher Prozeß geschildert, bei dem der rechte Teil ἐπ τὸ ἔλαττὸν ποϊόν ist, der linke ἐπ τὸ μεζον ἀτελευτήτως. Der Prozeß bricht nie ab, man stößt nie auf eine nicht mehr teilbare Strecke; die Elle ist ja stetig.

Es wäre vom größten Interesse, hier einen solchen spezifischen Ausdruck der Stetigkeitslehre, die Aristoteles in der Physik entwickelt, als Platonisches Gut wiederzufinden, wie dieses Wort „stetig“ (συνεχές). Leider kann man es durch die vorliegende Stelle nicht beweisen; der gewissenhafte Simplicius kann, wie es seine Art ist, für seine Leser diese Vokabel aus dem Wortschatz der Physik, um deren Kommentierung es sich doch bei ihm handelt, eingefügt haben – er betont, daß er Porphyrius nur fast wörtlich wiedergibt –; gar nicht von den Veränderungen zu reden, die Porphyrius an der Stelle angebracht haben mag.

Und diese letztere Besorgnis hindert überhaupt, aus diesem Referat etwas Wesentliches herauszuziehen, was nicht anderweitig gestützt wird. Eine Ausnahme macht nur der eine Terminus, das oben zitierte ποϊόν. Dasselbe Wort tritt nämlich in dem darauffolgenden Alexanderauszug (pag. 455, 1) auf, und es findet sich außerdem in der in § 4 herangezogenen Philebosstelle 24d4 ποχωε γὰ α ο μένει τό τε θεμότεον ἀε α τὸ ψυχότεον ὡσατως, τὸ δὲ ποσὸν ἔστη α ποϊὸν ἐπασατο, sowie 25d11 τὴν το σου α διπλαςου, α ὁπόση παει πὸς ἄλληλα τἀναντα διαϕόως ἔχοντα, σμμετα δὲ α σμϕωνα ἐνθεσα ἀιθμὸν ἀπεγάζεται.

Der Anklang liegt ersichtlich nicht nur in dem einen Wort, und nicht umsonst hat Porphyrius diesen Bericht gerade in einen Phileboskommentar aufgenommen. Man steht hier also vor einem unzweideutigen Residuum aus Platos Vorlesung, das ernste Folgerungen zu ziehen erlauben würde. Und die Folgerungen, um die es sich hier handeln könnte, sind in der Tat ernste. Denn es kann sich nur um irgend etwas von der Idee der unendlichen Prozesse aus der griechischen Geometrie handeln, also um die berühmte Exhaustionsmethode, deren Meister, wo nicht Erfinder Eudoxos, Platos Arbeitsgenosse, gewesen ist. Die überlieferte Beziehung gerade des Philebos zu Eudoxos ist ein Argument mehr in dieser Richtung. Aber gerade die angeführten beiden Phileboszitate stellen das philologisch und sachlich schwierigste an dieser ganzen Partie des Philebos dar, das, was schon in § 4 als noch unklar angedeutet wurde, den Kern der Meixislehre, die von der mathematischen Seite in wirklicher Klarheit zu erfassen bisher nicht entfernt geleistet ist. Eben deshalb ist eine Übersetzung der beiden Stellen lieber vermieden worden.

Ich breche diesen Bericht über C3 mit dem vorläufigen Ergebnis ab, daß auch der unendliche Prozeß in Platos Ideenzahlenlehre irgendeinen Platz gehabt haben mag, daß aber zur Klärung dieser Frage eine viel tiefergreifende Analyse von Platos mathematischem Bewußtsein und seiner mathematischen Terminologie die Voraussetzung wäre, als sie bisher irgendwo auch nur entfernt geleistet oder auch nur systematisch genug angegriffen worden wäre.

Logos

Подняться наверх